Die Metastasierung des Schilddrüsenkrebses hängt von seiner Art ab und erfolgt entweder über die Blutbahn oder das Lymphsystem. Typischerweise betroffene Organe sind Knochen, Lunge, Brust und Gehirn. Je nach dem sieht auch die Therapie unterschiedlich aus.
Der Schilddrüsenkrebs kann sich in vier verschiedenen Formen, je nach vorherrschender Zellart, äußern, welche sich grundsätzlich in ihrer Heilungschance, ihrer Metastasierung und in ihren Behandlungsoptionen unterscheiden.
Es gibt die papilläre und die follikuläre Form mit einer verhältnismäßig guten Prognose sowie den medullären und den anaplastischen Krebs, welcher in den meisten Fällen mit einer schlechteren Prognose einhergeht.
Diese ungünstigere Prognose und die damit verbundene geringere Lebenserwartung lässt sich u.a. an dem frühen und ausgeprägten Metastasierungsverhalten (Metastasierung bedeutet Ausbreitung, Streuung) erklären. Insbesondere der anaplastische Krebs weist ein aggressives Wachstumsverhalten auf, weshalb er bereits im Frühstadium deutlich über Organgrenzen hinauswächst und in die Blut- und Lymphbahn streuen kann.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter Lebenserwartung beim Schilddrüsenkrebs.
Der Begriff Metastasierung bedeutet eine Tochtergeschwülstbildung in ursprungsorganfernen Körperteilen. Zu Beginn der Schilddrüsenkrebsentwicklung kommt es zu einem lokalen Wachstum, d.h. zu einem langsamen Wachstum, welches die umgebende Organkapsel nicht überschreitet. Die Krebszellen sind zu dieser Zeit noch von der Schilddrüsenkapsel geschützt und können nicht in Blut- oder Lymphgefäße auswandern.
Schreitet das Wachstum jedoch weiter voran, kann es dazu kommen, dass die Kapsel durchbrochen wird und sich erste Krebszellen in umgebende Organe bzw. Blut- oder Lymphgefäße absiedeln. Im Falle der Besiedlung von Nachbarorgangen machen sich beim Schilddrüsenkrebs Symptome wie Atemnot (verengte Luftröhre) und Schluckbeschwerden (verengte Speiseröhre) bemerkbar.
Kommt es zu einer Ausbreitung über die Blutbahn, kann es zur Bildung von Tochtergeschwülsten in schilddrüsenfernen Organen kommen. Hier spricht man von Fernmetastasen. Häufige Organe für die Ansiedlung von Fernmetastasen sind Lunge, Gehirn, Brust und Knochen.
Das Vorliegen von Knochenmetastasen (Skelettmetastasen) wird mittels Skelettszintigraphie festgestellt. Hierbei wird dem Patienten eine bestimmte Substanz venös verabreicht, welche für die Knochenbildung von Bedeutung ist. Im Bereich von Knochenmetastasen kommt es durch die knochenaufbauenden Zellen (Osteoblasten) zu einer Knochenneubildung, in welche die verabreichte Substanz eingebaut wird.
Durch den Einsatz einer speziellen Kamera (Gammakamera) kann diese Substanz im ganzen Körper sichtbar gemacht werden. Knochenmetastasen werden durch vermehrte Substanzanreicherung für den Arzt nun deutlich.
Die häufigsten Bereiche, an denen Knochenmetastasen auftreten können, sind die Wirbelsäule, der Beckenknochen, sowie die langen Oberschenkelknochen (Femur). In den meisten Fällen bleiben Knochenmetastasen für lange Zeit symptomlos, doch mit zunehmendem Wachstum nimmt auch die dadurch entstehende Instabilität (abnehmende Belastbarkeit) zu.
Viele Patienten beschreiben vermehrte Rückenschmerzen sowie Empfindungsstörungen, insbesondere in den Beinen. Dies ist dadurch zu erklären, dass Knochenmetastasen, genau wie der Ursprungstumor in der Schilddrüse, organüberschreitend wachsen können. Sie können somit ab einer bestimmten Größe auf wichtige im Rückenmark liegende Nervenbahnen drücken und die Empfindlichkeit der, durch sie versorgten, Strukturen beeinträchtigen.
Fortgeschrittene Knochenmetastasen können die Stabilität der Knochen sogar soweit herabsetzen, dass bereits harmlose Stürze oder Verletzungen zu Knochenbrüchen (man spricht hier von pathologischen Knochenbrüchen) führen können.
Die Therapie von Knochenmetastasen hängt stark davon ab, welche Schilddrüsenkrebsart als Ursprungstumor mit welcher Prognose vorliegt. Oftmals ist eine vollständige Heilung nicht mehr möglich. In jedem Fall kann dem Patienten jedoch eine begleitende Schmerztherapie angeboten werden, um die Lebensqualität möglichst lange aufrecht zu erhalten.
Des Weiteren gibt es die Möglichkeit einer medikamentösen Therapie mit Bisphosphonaten. Diese können von knochenaufbauenden Zellen in den Knochen eingebaut werden und so eine vermehrte Belastbarkeit hervorrufen.
Vielen Patienten mit Schmerzen durch Knochenmetastasen wird auch eine Strahlentherapie angeboten, welche von innen oder von außen erfolgen kann. Von außen bedeutet, dass ein Bestrahlungsgerät durch die Haut auf die Knochenmetastase strahlt und so die Krebszellen zu schädigen versucht. Wenn mehrere, unscharf begrenzte Knochenmetastasen vorliegen, empfiehlt sich hingegen eher die Bestrahlung von innen (Radionuklidtherapie).
Über einen venösen Zugang werden spezielle Knochenbaustein-ähnliche, radioaktive Substanzen gespritzt, die im Bereich der Metastasen in den Knochen eingebaut werden, vor Ort leicht radioaktiv strahlen und so die Krebszellen schädigen bzw. abtöten.
Sollte es jedoch übermäßig häufig zu Knochenbrüchen kommen, die das Leben des Patienten stark einschränken, besteht außerdem die Möglichkeit einer operativen Knochenstabilisierung mittels einer Platte aus Metall oder der abschnittsweisen Wirbelsäulenversteifung (Spondylodese).
Wenn der Verdacht auf eine Brustmetastase vorliegt, sollte dies mittels Brustultraschall, Mammographie oder MRT (Magnetresonanztomographie) schnellstmöglich kontrolliert werden. Liegt ein auffälliger Befund in der Bildgebung vor, erfolgt als nächstes eine Gewebeentnahme aus der verdächtigen Stelle (Biopsie) unter lokaler Betäubung sowie eine genaue mikroskopische Untersuchung durch einen erfahrenen Pathologen.
Metastasen in der Brust durch Schilddrüsenkrebs sind eher selten. Da die weibliche Brust in jedem Monatszyklus aufgrund der hormonellen Schwankungen zahlreiche Gewebsveränderungen durchmacht, fallen Metastasen im Bereich der Brust meistens erst im fortgeschrittenen Stadium auf.
Leichte Verhärtungen, Größenzunahmen sowie ein leichtes Ziehen wird meistens völlig normalen Zyklusabschnitten zugeschrieben.
Im fortgeschrittenen Stadium können Brustmetastasen jedoch eine Größe erreichen, in der sie von außen durch die Haut tastbar oder in manchen Fällen sogar sichtbar werden. Außerdem können sie Schmerzen, Rötungen und starke Schwellungen durch Entzündungsreaktionen hervorrufen.
Die Therapie von Brustmetastasen ist sehr komplex und individuell. Beim Vorliegen von einzelnen Metastasen kann eine Bestrahlung von außen oder in Einzelfällen sogar eine operative Entfernung eine Linderung der Beschwerden erzielen. Bei mehreren Metastasen empfiehlt sich eine systemische Therapie in Form einer Chemotherapie.
Metastasen in der Lunge lassen sich ab einer Größe von 1cm gut in einem Röntgenbild des Brustkorbes (Röntgen-Thorax) diagnostizieren, welches im Stehen und bei starker Einatmung aufgenommen wird. Falls Lungenmetastasen vorliegen, stellen sie sich in Form von runden, hellen Bereichen dar. Lungenmetastasen mit einer Größe von unter 1cm sind lediglich im CT erkennbar.
Lesen Sie mehr zum Thema: Röntgen des Brustkorbs (Röntgen Thorax)
Lungenmetastasen durch Schilddrüsenkrebs machen sich, genau wie Knochen- und Brustmetastasen, erst recht spät bemerkbar. Die Hauptsymptome fortgeschrittener Lungenmetastasen sind in den meisten Fällen Atemnot und Husten.
Die Krebszellen sitzen in der Regel in den Wänden der Lungenbläschen, welche sich bei jedem Atemzug zum Gasaustausch ausdehnen müssen. Durch die Metastase wird die Elastizität der Lungenbläschenwand deutlich reduziert, woraus das Symptom Luftnot (Dyspnoe) entsteht.
Die Therapie sollte hier in erster Linie eine Symptomlinderung erzielen, in dem sie Luftnot und Husten medikamentös vermindert. Außerdem sind eine Bestrahlung oder eine Chemotherapie möglich, je nachdem ob der Ursprungstumor der Schilddrüse strahlen- oder chemosensibel ist.
Für die Diagnostik von Hirnmetastasen ist immer ein computertomographisches Bild (CT) von Nöten, welches verschiedene Querschnittsbilder des Kopfes aus verschiedenen Winkeln ermöglicht und so auch kleine Metastasen zeigen kann.
Die Symptomatik von Hirnmetastasen variiert je nach Lokalisation und Größe. Grundsätzlich bedeuten Hirnmetastasen einen stark fortgeschrittenen, in der Regel nicht mehr heilbaren Ursprungstumor (Primärtumor) und können selbst auch nur sehr eingeschränkt behandelt werden.
Nahezu alle Patienten mit Hirnmetastasen beschreiben ständig anhaltende, sehr belastende Kopfschmerzen, gegen welche es auf jeden Fall möglich ist, eine angemessene Schmerztherapie einzuleiten.
Liegen die Metastasen im Bereich des Großhirns, können außerdem Symptome wie Krampfanfälle (gegen Krampfanfälle gibt es vorbeugende Medikamente), Lähmungen, Empfindungsstörungen, Blickfeldausfälle, Sprachstörungen und sogar Persönlichkeitsveränderungen auftreten, welche besonders das Sozialleben der Patienten stark beeinträchtigen.
In besonders schlimmen Fällen sprechen nahe Angehörige sogar davon, den Patienten kaum noch wiedererkennen zu können. Liegt dies vor, sollte in jedem Fall das Gespräch zu einem psychologischen Fachbegleiter gesucht werden.
Weitere mögliche Beschwerden bei Hirnmetastasen sind Schwindel, Bewusstseinsbeeinträchtigung sowie lang anhaltende Müdigkeit. Durch die Raumforderung der Metastase im Gehirn und somit im knöchernen Schädel kommt es außerdem zu einer Hirndrucksteigerung, welcher unbedingt beobachtet und ggf. therapiert werden muss. Hier helfen abschwellende Medikamente.
Eine Operation ist nur in seltenen Fällen gerechtfertigt, da jeder Eingriff ins Gehirn bleibende Schäden nach sich ziehen kann. Lediglich beim Vorliegen einer einzelnen Metastase und bei guten Heilungschancen des Ausgangstumors der Schilddrüse (z.B. papilläre oder follikulär) ist eine Operation sinnvoll.
Vor jedem operativen Eingriff erfolgt eine sogenannte neoadjuvante („neoadjuvant“ bedeutet „vor einer weiterführenden Therapie“) Bestrahlung, die die Metastase etwas verkleinern soll, um den Operationserfolg zu erhöhen. Eine Chemotherapie hat bei der Therapie von Hirnmetastasen durch Schilddrüsenkrebs eher geringe Erfolgschancen und wird deshalb verhältnismäßig wenig angewendet.
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