Arthritis ist eine Erkrankung des Muskel-Skelett-Systems. Hierbei kommt es zu einer chronischen Entzündung eines oder mehrerer Gelenke. Juvenil heißt, dass die Gelenkentzündung vor dem 15 Lebensjahr aufgetreten sein muss. Poly-arthritis heißt, dass mehrere Gelenke beteiligt sein müssen.
Generell wird die juvenile Polyarthritis zu den Autoimmunerkrankungen gezählt.Als Auslöser einer juvenilen Arthritis vermutet man externe Faktoren, z.B.: Viren oder Bakterien als Krankheitserreger, die bei einer bestehenden genetischen Prädisposition die Krankheit auslösen können. Es gibt zahlreiche Orte der DNA, die eine juvenile Arthritis begünstigen können, zumeist sind es aber andere Genbereiche als bei Rheuma-Erkrankungen beim Erwachsenen.
Auch der Morbus Still gehört zur juvenilen Polyarthritis und stellt somit eine Unterform dar. Lesen Sie im folgenden Artikel, was den Morbus Still von den anderen Formen unterscheidet: Morbus Still - Was steckt dahinter?
Pro Jahr erkranken etwa 5 bis 6 von 100.000 Kindern und Jugendliche unter 16 Jahren an einer juvenilen Arthritis. Sobald in einer Familie mehrere Angehörige betroffen sind, erhöht sich das Erkrankungsrisiko um das Zehnfache.
Eine Eineiige Zwillingsuntersuchung konnte zeigen, dass mit erhöhter Wahrscheinlichkeit das zweite Kind etwa ein halbes Jahr nach dem Ersten erkrankt.
Die typischen Zeichen einer Gelenkentzündung mit Schwellung, Rötung, Überwärmung und Schmerzen treten nicht so häufig bei Kindern wie bei Erwachsenen auf. Viele Kinder äußern ihre Schmerzen nicht von Beginn an, sie lassen sich eher mal von ihren Eltern tragen, sind weinerlich und oft müde.
Eine Schonhaltung wird im betroffenen Gelenk eingenommen, meistens werden die Gelenke gebeugt. Fällt das über einen längeren Zeitraum nicht auf, kann es durch das Nichtbewegen des Gelenks zu einer dauerhaften Verkürzung der Muskeln und Sehnen kommen. Im schlimmsten Fall kann es zu einem asymmetrischen Auswachsen der Gelenke kommen.
Durch Druck auf das betroffene Gelenk kann man einen moderaten „Druck-Schmerz“ auslösen. Die Kinder geben an, dass die Schmerzen zumeist morgens oder nach längerer Bewegungslosigkeit stärker werden. Ebenso kann bei den betroffenen Kindern eine Morgensteifigkeit beobachtet werden.
Die Arthritis (Gelenksentzündung), die viele Gelenke befällt, tritt zuerst an den kleinen Gelenken beider Hände und Füße auf.
Bei der chronischen Form der juvenilen Polyarthritis mit hoher Krankheitsaktivität kann das Wachstum sowie die Entwicklung im Bezug auf die Pubertät gestört sein und es zu einer Abnahme des Gewichts kommen.
Lesen Sie mehr zum Thema unter: Wie erkennt man Rheuma?
Hierbei müssen folgende Kriterien erfüllt sein: Mindestens fünf oder mehr Gelenke müssen in den ersten sechs Monaten von einer juvenilen Gelenkentzündung befallen werden. Im Blut muss der Rheumafaktor nachgewiesen werden. Der Test muss zweimal im Abstand von drei Monaten positiv sein.
Folgende Krankheiten müssen ausgeschlossen werden:
Die juvenile Polyarthritis mit Rheumafaktor positivem Befund tritt bei 7 bis 13 Jährigen auf, zu 90% bei Mädchen. Typische Zeichen wie Schwellung, Rötung, Schmerz, Erguss können auftreten. Es zeigt sich eine Morgensteifigkeit. Das heißt, nach dem Schlafen oder längerem nicht bewegen, sind die Gelenke oft steif und schmerzhaft. Nach mäßigen Bewegen beruhigt sich der Schmerz und die Gelenke können wieder leichter gebogen werden.
Die Entzündung tritt zu beiden Seiten gleichzeitig auf und kommt vor allem an den Hand-, Finger- und Zehgelenken vor, aber im Grunde genommen kann auch jedes andere Gelenk betroffen sein. Häufig treten schwere Funktionsschäden auf, die zum Teil nicht mehr
Wie bei der chronischen Polyarthrtitis im Erwachsenenalter können auch bei Kindern und Jugendliche Rheumaknoten auftreten. Zusätzlich können kleinere und mittelgroße Gefäße und innere Organe von der Entzündung befallen werden.
Weitere Symptome der juvenilen Polyarthritis mit positivem Rheumafaktor sind:
Im Verlauf der Krankheit können rasch schwere Folgen auftreten. Die Krankheitsaktivität ist leicht am Anstieg des Rheumafaktors und an der Entzündungsaktivität, die man anhand von BSG, CRP im Blut messen kann, abzulesen.
Innerhalb von kurzer Zeit können knöcherne Verletzungen auftreten, die zu einer eingeschränkten Beweglichkeit und zu Gelenkfehlstellungen führen können. Deshalb ist eine frühzeitige Diagnose mit sofortiger Behandlung notwendig und es kann ein Fortschreiten der Krankheit gestoppt und eine eventuelle stufenweise Heilung erreicht werden.
Folgende Faktoren müssen zutreffen, um eine Gelenkentzündung bei Kindern und Jugendlichen in eine juvenile Polyarthritis ohne Rheumafaktor einzuordnen:
Es müssen fünf oder mehr Gelenke innerhalb eines sechsmonatigen Zeitraums von einer Entzündung befallen werden.
Zusätzlich müssen ausgeschlossen werden:
Bei dieser Unterform der Polyarthritis sind zu 80% Mädchen im Alter zwischen 2 und 16 Jahren betroffen. Zu Beginn der Erkrankung zeigen sich oft keine ausgeprägten Symptome. Es besteht lediglich eine leichte Schwellung mit Erguss und eine geringe Überwärmung. Nur die Bewegungsgrade sind meist auffällig eingeschränkt. Typisch für das Krankheitsbild ist ein symmetrischer Befall der Zehen, Finger und Handgelenke, aber auch Halswirbelgelenke und das Kiefergelenk kann betroffen sein.
Diagnostik: Im Blutbild kann eine leichte Erhöhung der Entzündungswerte (BSG, C-reaktives Protein) gezeigt werden.
Im Verlauf der Erkrankung der juvenilen Polyarthritis ohne Rheumafaktor kann es zu einer ausgeprägten Osteoporose der Gelenke kommen. Ein unregelmäßiges Wachstum tritt auf, da die entzündeten Gelenke oft schneller reifen. Im Verlauf kommt es zumeist zu einem Minderwachstum mit einer Rückbildung der Muskulatur. Eine Zerstörung der Gelenke tritt eher selten und erst im späteren Verlauf der Erkrankung auf.
Die Ziele der Behandlung sind klar definiert. Es soll der Schmerz gelindert und die Entzündung weitestgehend unter Kontrolle gebracht werden. Zusätzlich versucht man Gelenkschäden zu meiden und eine normale Wachstumsentwicklung des Kindes zu erlangen. Gefährlich ist vor allem die Uveitis, die bei beiden Formen vorkommen kann. Sie kann bei nicht behandeln zur Sehbehinderung bis zur Blindheit führen.
Je nach Schwere der Erkrankung wird die Behandlung individuell an das Kind angepasst. Sowohl Physiotherapie als auch Medikamente kommen dabei zum Einsatz.
In der Physiotherapie soll die eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit durch intensives Training wieder vergrößert werden. Fehlhaltungen sollten vermieden oder verbessert werden und die Muskulatur wird trainiert. Die Behandlung kann durch Kälte oder Wärmetherapie sowie Elektro-Behandlung komplettiert werden.
Studien belegen den positiven Effekt von Sport. Schulsport kann begrenzt durchgeführt werden, Springen und Rennen sollte eher vermieden werden. Oft reicht die alleinige Physiotherapie nicht aus und Arzneimittel müssen zum Einsatz kommen.
Am Anfang werden häufig Diclofenac, Ibuprofen oder Indometacin verabreicht. Sie zählen zur Gruppe der Nichtsteroidalen Antirheumatika und wirken entzündungshemmend und schmerzlindernd. Sie sollten in etwa sechs bis zehn Wochen verschrieben werden. Tritt am Ende dieses Zeitraums keine Besserung ein, müssen andere Arzneimittel zum Einsatz kommen.
Dazu zählen Glukokortikoide. Sie wirken sehr gut, haben aber auch viele Nebenwirkungen. Häufig werden diese ins Gelenk gespritzt und haben so eine gute lokale und geringere systemische (auf den ganzen Körper bezogene) Wirkung.
Bei einem schweren Krankheitsbild der juvenilen Polyarthritis kommen Basistherapeutika (Disease modifying anti rheumatic drugs oder DMARDs) ins Spiel. Sie können mit den Glukokortikoiden und nichtsteroidalen Antirheumatikern in Kombination verschrieben werden.
Bis die Wirkung eintritt, dauert es jedoch zwei bis drei Monate. Methotrexat, Sulfasalazin oder Azathioprin werden häufig bis zu neun Monaten verabreicht, um eine ergiebige Eindämmung der Erkrankung zu erreichen.
Erst seit kurzem auf dem Markt sind so genannte Biologika, welche auch als DCARDs „Disease Controlling Anti Rheumatic Drugs" bezeichnet werden. Dazu zählen Etanercet, Tocilizumab, Infliximab, Adalimumab, Anakinra und Rituximab, die alle unterschiedlich in die Entzündungskette eingreifen und diese blockieren. Sie wirken sehr gut und können bei schweren Formen der juvenilen Polyarthritis, die nicht auf Methotrexat oder andere DMARDs eingedämmt werden konnte, verschrieben werden.
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