Der Begriff „Kryotherapie“ meint ein alternatives, nichtmedikamentöses Therapieverfahren in der Medizin, bei welchem Kälte therapeutisch genutzt wird. Es findet unter anderem in der Dermatologie, Rheumatologie oder Tumortherapie Anwendung.
Der Begriff „Kryotherapie“ (kryos = Kälte) meint ein alternatives, nichtmedikamentöses Therapieverfahren in der Medizin, bei welchem Kälte therapeutisch genutzt wird. Kryotherapeutische Maßnahmen werden in zahlreichen Fachgebieten angewandt, so z.B. in der Dermatologie und in der Rheumatologie. Auch in der Tumortherapie wird die Kryotherapie mittlerweile angewandt.
Von der Kryotherapie verspricht man sich folgende Wirkungen:
schmerzlindernd
entzündungshemmend
abschwellend
muskelentspannend
blutungsstillend durch Verengung der Blutgefäße
zell- bzw. gewebezerstörend
Die Kälte kann im Rahmen der Kryotherapie verschieden zur Anwendung kommen:
Gewebe wird vereist, indem gezielt sehr niedrige Temperaturen lokal angewandt werden. Durch Anwendung extremer Kälte (-70°C bis -200°C) soll krankhaft verändertes Gewebe zerstört werden. Die Kryochirurgie findet insbesondere in der Dermatologie häufig Anwendung, wo mittels Vereissung u.a. Tumoren, Warzen, Dellwarzen, überschießende Narben und andere Gewebe entfernt werden sollen. Neuere Ansätze nutzen diese extreme Kälte auch zur Therapie von Tumoren anderer Organe (z.B. Leber-, Prostatakrebs).
Hierbei wird der gesamte Organismus der Kälte ausgesetzt.
Dies geschieht zum Beispiel in Kältekammern, wo die Temperatur ca. -110°C beträgt. Ziel ist es, bestimmte Stoffwechselvorgänge günstig zu beeinflussen. Diese Verfahren werden eingesetzt bei chronisch rheumatischen Erkrankungen (z.B. rheumatoide Arthritis), aber auch bei psychischen Erkrankungen (z.B. Angst-, und Schlafstörungen). Jedoch ist diese Therapiemethode unter Fachleuten sehr umstritten.
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Hier wird lokal eine Kühlung des darunterliegenden Gewebes erzielt (z.B. Eiskompressen). V.a. im Rahmen der Sportmedizin wird nach Verletzungen häufig die Kühlung der betroffenen Gelenke zur Schmerzlinderung eingesetzt. Daneben wirkt die Kühlung auch abschwellend und entzündungshemmend.
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Im Weiteren sollen einige Einsatzgebiete kryotherapeutischer Verfahren näher beleuchtet werden:
Kryoablation in der Kardiologie:
Hier wird die Kryotherapie zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen eingesetzt, indem diejenigen Zellen im Herzmuskel, die für die Rhythmusstörung verantwortlich sind, durch Vereisung ausgeschaltet werden. Dieses Verfahren wird sowohl mikroinvasiv im Rahmen von Herzkatheteruntersuchungen, als auch in der offenen Herzchirurgie eingesetzt. Die Erfolgsquoten sind vergleichbar mit der Behandlung durch Hitze (Radiofrequenzablation); häufig wird die Kryoablation jedoch als weniger schmerzhaft empfunden.
Kryoextraktion der Augenlinse in der Augenheilkunde:
Diese Methode dient zur Entfernung der Augenlinse im Ganzen beim Katarakt (grauer Star). Die Linse wird dabei gefroren und kann somit komplett entfernt werden.
Kryostripping in der Angiologie:
Hierbei kommt Kälte zur Therapie von Krampfadern zum Einsatz. Mittels einer Kältesonde wird das erkrankte Gefäß auf einen Katheter gefädelt und tiefgefroren. Damit kann dieses innerhalb kurzer Zeit komplett entfernt werden. Das Risiko für ein Rezidiv wird dadurch minimiert.
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Kryotherapie in der Dermatologie:
Auch in der Dermatologie finden kryotherapeutische Methoden eine breite Anwendung. Neben Warzen verschiedenster Art, wird dies auch bei malignen Tumoren eingesetzt, was oben bereits erwähnt wurde.
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Kryotherapie in der Orthopädie:
Auch im Bereich der Orthopädie kommt die Kryotherapie zum Einsatz.Zum Beispiel kann bei chronischem Rückenschmerz, dessen Ursache im Bereich der Facettengelenke liegt, eine perkutane Denervierung Linderung verschaffen. Hierbei soll die Schmerzweiterleitung durch Unterbrechung der entsprechenden Nervenfasern unterbunden werden. Da vereiste Nervenfasern nach einiger Zeit wieder regenerieren, ist die Wirkdauer auf 6-18 Monate begrenzt und das Verfahren muss dann wiederholt werden.Daneben verschafft die Kryotherapie Patienten mit chronischen Gelenkentzündungen, z.B. rheumatische Erkrankungen, Schmerzlinderung. Neben der verminderten Durchblutung durch Verengung der Blutgefäße führt auch die verminderte Weiterleitung über die Schmerzfasern zu einer Erleichterung.
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Ein Vorteil der Kryotherapie ist die gezielte Anwendungsmöglichkeit. Durch verschieden große Sonden können z.B. in der Dermatologie nur die betroffenen Hautbereiche therapiert werden, während das umgebende Gewebe geschützt wird. Auch gilt die Kryotherapie als relativ schmerzarm. V.a. bei der Kryoablation zeigt sich bzgl. des Schmerzes ein deutlicher Vorteil gegenüber der Therapie mit Hitze. Zudem sind die Nebenwirkungen bei fachgerechter Anwendung relativ gering. Auch werden die Eingriffe häufig nur in lokaler Betäubung durchgeführt, sodass kein zusätzliches Narkoserisiko besteht.
Insgesamt gelten einige kryotherapeutischen Methoden weiterhin als alternative Heilverfahren. Auch die Wirksamkeit ist nicht immer wissenschaftlich fundiert. Somit sollte immer zuerst eine Beratung über Erfolgsaussicht, Alternativen und Risiken der kryotherapeutischen Behandlung erfolgen. Die wichtigsten allgemeinen Risiken sind folgende:
Erfrierungen: Schon bei oberflächlicher Kälteanwendung von wenigen Minuten kann es zu Erfrierungen kommen. Dabei kann Gewebe absterben. Eis sollte daher zur Kühlung tieferen Gewebes nie direkt auf die Haut gelegt werden. Eiskompressen sollten in ein Tuch gewickelt werden.
Im Rahmen der Kryochirurgie kann es im Bereich des abgestorbenen Gewebes zu einer Blasenbildung kommen. Die mit Gewebeflüssigkeit gefüllte Blase kann sich eröffnen und so eine Eintrittspforte für Erreger darstellen. Um dies zu vermeiden empfiehlt es sich, äußerliche behandelte Stellen bis zur Heilung stets abgedeckt zu halten.
Warzen sind gutartige Epithelwucherungen der obersten Hautschicht (Epidermis), welche sich von der sie umgebenden Haut scharf abgrenzen lassen und oft leicht erhaben sind. Sie werden durch Viren verursacht und können daher unter Umständen ansteckend sein.
Trotz ihrer Tendenz sich nach einigen Monaten von selbst zurückzubilden, ist die Wiederkehrrate (Rezidivrate) recht hoch. Zudem können sich Warzen durch Selbstansteckung weiter ausbreiten. Deshalb wird oft auf eine Behandlung der Warzen zurückgegriffen.
Die Vereisung (Kryotherapie) zählt zu den beliebtesten und auch erfolgreichsten Methoden, Warzen zu behandeln. Einerseits gilt sie als effektiver, als die Anwendung von Salicylsäure, andererseits geht sie nicht wie die operative Entfernung der Warze mit der Bildung von Narben einher. Ein großer Vorteil besteht außerdem darin, dass mit in der Apotheke erhältlichen Produkten die selbstständige Anwendung ohne Hautarzt erfolgen kann.
Zunächst wird ein Applikator (meist als Sonde bezeichnet) mit einem geeigneten Kühlmittel gefüllt. Hierfür wird in der Regel flüssiger Stickstoff oder ein Diethylether-Propan-Gemisch benutzt. Auch flüssiges Lachgas oder Trockeneis (festes Kohlendioxid) finden Verwendung. Die so präparierte Sonde kühlt innerhalb kürzester Zeit auf weniger als -50°C ab und kann nun für 15 - 25 Sekunden auf das betroffene Hautareal aufgesetzt werden.
Dies kann, wenn nötig, nun mehrmalig wiederholt werden. Jedoch ist Vorsicht geboten, um tiefere Gewebeschichten nicht unnötig zu beschädigen. Die oberste Hautschicht wird durch die Kälte abgetötet und in den nächsten Tagen abgestoßen. Besonders oberflächlich sitzende Warzen, wie beispielsweise Mosaikwarzen, können so gut behandelt werden. Tiefsitzende Warzentypen, wie etwa Dornwarzen, erfordern aber meist eine operative Therapie.
Die Verwendung eines Sprays zum Auftragen des Kühlmittels ist ebenfalls möglich. Jedoch gilt dieses Verfahren generell als weniger effektiv, da ein gezieltes Auftragen schwieriger ist und nicht ganz so niedrige Temperaturen erreicht werden. Beide Methoden können sowohl durch einen Hautarzt, als auch mit in der Apotheke erhältlichen Produkten selbst angewandt werden.
Allgemein ist bei der Anwendung einer Kryotherapie bei Warzen beim gesunden Patienten nicht mit ernsthaften Nebenwirkungen zu rechnen. Eine Blasenbildung nach der Behandlung ist möglich, jedoch nicht bedenklich, auch wenn sie mit Schmerzen einhergehen kann.
Wundheilungsstörungen können vor allem bei Diabetikern auftreten. Sollte man sich nicht sicher sein, ob es sich bei dem betroffenen Hautareal tatsächlich um eine Warze handelt, ist das Aufsuchen eines Dermatologen zu empfehlen.
Lesen Sie mehr dazu auf unserer Seite Entfernung der Warzen durch Vereisen.
Unter dem Begriff der Kryotherapie werden im Fall der Wirbelsäule zwei verschiedene Behandlungen zusammengefasst. Einerseits kann hiermit eine Kältetherapie in einer Kältekammer gemeint sein. Meist versteht man unter dem Begriff jedoch, vergleichbar mit der Behandlung von Warzen, eine Vereisung. Im speziellen Fall der Wirbelsäule ist hier die minimal-invasive Vereisung der arthrosegeplagten Wirbelgelenke und der sie versorgenden Nerven (Denervation) gemeint, mit welcher sich folgende Textabschnitte befassen werden.
Anwendung findet die Kryodenervation bei verschiedenen chronischen Schmerzen im Bereich des Körperstamms dann, wenn physiotherapeutische, physikalische oder medikamentöse Maßnahmen in Form von Tabletten oder Lokalanästhesie (Spritzen) zu keiner dauerhaften Schmerzlinderung mehr führen. Hierunter fallen beispielsweise das Facettensyndrom (Arthrose der Zwischenwirbelgelenke), ausstrahlende Schmerzen nach einem Bandscheibenvorfall oder nach einer Bandscheiben-OP und Schmerzen aufgrund einer Osteoporose. Umso besser der Schmerz zu lokalisieren ist, umso höher sind die Erfolgsaussichten der Behandlung.
Die Kyrotherapie der Wirbelsäule erfolgt ambulant. Nachdem hier eine umfangreiche Diagnostik der Wirbelsäule einschließlich neurologischer und röntgenologischer Untersuchungen erfolgt ist, kann die Behandlung ohne Narkose unter Lokalanästhesie durchgeführt werden.
Hierbei wird eine durch Kohlendioxyd gekühlte Sonde unter bildgebender Kontrolle und Verwendung eines Nervenstimulators durch einen kleinen Hautschnitt an den Behandlungsort gebracht und der entsprechende Nerv vereist.
Die Dauer des Eingriffs selbst beträgt etwa 15 - 20 min. Nach kurzer anschließender Überwachung kann dann die Entlassung erfolgen. Das vorherige Absetzen blutverdünnender Medikamente, wie etwa Marcumar, ist wie bei jeder anderen Operation auch obligat.
Die Kryodenervation wird als sehr schonend, risikoarm und mit guten Erfolgsaussichten von etwa 70% beschrieben. Ein Nachlassen der Schmerzen erfolgt unmittelbar noch während der Anwendung und führt bei Erfolg zu einer Schmerzreduktion für die nächsten ein bis zwei Jahre. Ein anschließendes Programm zum Aufbau der Rückenmuskultur ist sehr zu empfehlen.
Teilweise auch als Kryotherapie bezeichnet und eine weitere Möglichkeit zur Behandlung chronischer Rückenschmerzen und rheumatischer Beschwerden generell, ist die sogenannte Ganzkörperkältetherapie (GKT). Hierbei wird der Patient in einer Kältekammer zunehmend kalten Temperaturen bis schließlich etwa -110°C ausgesetzt. Trotzdem positive Effekte mehrfach beschrieben wurden, ist die Methode dennoch umstritten, da bis jetzt keine umfangreichen Studien zu ihrer Wirkung vorliegen.
Weitere Informationen zum Thema Kryotherapie finden Sie hier:
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