In diesem Artikel geht es um die Therapie von Schwindel. Es werden verschiedene Methoden wie Medikamente, Hausmittel, Homöopathie und Übungen vorgestellt. Außerdem werden Fragen zur Schwindelambulanz, Leitlinien, psychosomatischem Schwindel und Hilfe bei Therapieversagen geklärt.
Um die unerträgliche Wirkung des Schwindels zu unterbrechen gibt es verschiedene Möglichkeiten der Behandlung.
Sofern bekannt richtet diese sich nach der ursächlichen Erkrankung des Schwindels. Hierfür sollte der Hausarzt oder ein Neurologe die Ursache der Schwindelgefühle per Patientengespräch und weiterer Diagnostik aufklären. Die Suche nach der genauen Ursache kann außerdem in sogenannten Schwindelambulanzen stattfinden, einer speziellen Sprechstunde für das Symptom Schwindel.
Zunächst können Medikamente gegen Übelkeit helfen (Antivertiginosa, Antiemetika). Hierzu gehören z.B. Metoclopramid (MCP, Paspertin®) und Dimenhydrinat (Vomex®). Diese Medikamente helfen aber nur symptomatisch (gegen sie Symptome des Schwindels) und beheben nicht die Ursache der Erkrankung.
Bei der häufigsten Form, dem Beningnen paroxysmalen Lagerungsschwindel (BPLS), helfen sog. Befreiungsmanöver. Physiotherapeuten (Krankengymnasten) können den Patienten dazu anleiten, solche Manöver regelmäßig in Form von Lagerungsübungen selbst durchzuführen.
Der Hausarzt wird die Medikamentenliste seines Patienten kritisch nach denjenigen Stoffen durchsuchen, die eine Schwindelsymptomatik (z.B. Medikamente gegen Bluthochdruck, Antihypertensiva, Betablocker) auslösen könnten und ggf. eine neue Medikamenteneinnahme mit dem Patienten planen.
Bei Ursachen aus dem Bereich der Orthopädie werden Maßnahmen zur Haltungskorrektur, Lösen von Gelenkblockierungen, physikalische Methoden, Massage bei Verspannungen der Nackenmuskulatur und Rückenschulkurse (Rückenschule) angeboten.
Entzündliche Prozesse im Bereich des Gleichgewichtorgans oder des Gleichgewichtsnerven werden entweder symptomatisch, durch Antibiotika, antivirale Medikamente oder in schweren Fällen mit Kortison behandelt.
Bei akuten Symptomen des Morbus Meniere stehen derzeit Medikamente gegen Übelkeit wie Dimenhydrinat (Vomex®) zur Verfügung. Im anfallsfreien Intervall wird Betahistin (Acqamen retard®) gegeben.
Bevor eine medikamentöse Therapie bei Schwindel eingeleitet werden kann, muss eine genaue Diagnosestellung erfolgen, denn Schwindel ist schließlich bloß ein Symptom.
Um dem Patienten erfolgreich behandeln zu können, muss somit zunächst die den Schwindel verursachende Krankheit entdeckt werden. In jedem Fall gibt es aber auch die Möglichkeit zuerst den Schwindel symptomatisch zu behandeln.
Hierbei werden häufig sogenannte Antivertiginosa verwendet, welche maximal drei Tage lang eingenommen werden dürfen. Sie haben eine beruhigende Wirkung auf das Brechzentrum im Gehirn und auf das Gleichgewichtsorgan im Ohr. In einigen Fällen versuchten Ärzte Schwindelattacken durch ein Lokalanästhetikum in den Griff zu bekommen, welches in den Hals gespritzt wurde (Stellatumblockade), um die dort liegenden Nervenbahnen zu betäuben, welches sich jedoch nach neusten Erkenntnissen als unwirksam herausstellte.
Eine passende medikamentöse Therapie von Schwindel ist in erster Linie davon abhängig, welche Art von Schwindel vorliegt. So gibt man bei gutartigem Lagerungsschwindel lediglich eine geringe Dosis Antivertiginosa, um die Übelkeit, die bei den diversen Lagerungsmanövern auftreten kann, so gering wie möglich zu halten.
Der angstbedingte (phobische) Schwindel hingegen wird meistens mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (SSRI), eine Medikamentengruppe, welche auch bei Depressionen eingesetzt wird, behandelt. Außerdem ist hier der Einsatz von Johanniskraut möglich.
Bei der Verwendung von Johanniskraut muss jedoch die Wechselwirkung u.a. mit oralen Verhütungsmitteln wie der Pille beachtet werden, welches zu einer eingeschränkten Wirksamkeit der Pille führen kann. Weist ein Patient vestibuläre Migräneattacken auf, sollte eine medikamentöse Behandlung in Form von Beta-Blockern oder Valproinsäure eingeleitet werden, um der Migräne vorzubeugen, da sie vermutlich den Schwindel auslöst.
Bei Morbus Menière gibt es mehrere passende Medikamente: Zum einen ist die Therapie mit Betahistin zur Vorbeugung von Schwindelanfällen möglich. Es wirkt über eine Druckreduktion im Innenohr.
Des Weiteren wird häufig Gentamicin eingesetzt, ein Antibiotikum, welches über das Trommelfell gespritzt wird und so einige Haarzellen im Innenohr, welche den Schwindel auslösen, schädigen und so den Schwindel hemmen soll.
Bei diesem Vorgehen besteht jedoch ein relativ großes Risiko umgebende Strukturen zu schädigen und sollte deshalb nur durch eine erfahrenen Arzt durchgeführt werden. Außerdem werden Benzodiazepine, Antivertiginosa zur symptomatischen Therapie sowie Cortison in einer akuten Schwindelattacke eingesetzt. Der genaue Wirksamkeitsmechanismus von Cortison bei der Behandlung von Schwindel ist jedoch noch nicht bewiesen.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie unter: Medikamente gegen Schwindel
Personen, die zu wiederkehrenden Schwindelattacken neigen, können zur Behandlung auch Hausmittel verwenden.
Dazu zählt vor allem ausreichender Schlaf und regelmäßige Bewegung an der frischen Luft. Bei Schwindel, der auf eine Störung des Gleichgewichtsorgans zurück zu führen ist (meist Drehschwindel) helfen spezielle Sportübungen, die das Gleichgewichtsgefühl und die Balance des Körpers fördern.
Bei akuten Schwindelattacken sollten sich die Betroffenen langsam hinsetzen, denn dadurch klingt der Schwindel meist schnell ab und gefährliche Stürze werden vermieden. Auch eine gesunde und ausgewogene Ernährungsweise mit frischem Obst und Gemüse fördern die Gesundheit und können die Beschwerden lindern. Vor allem ältere Menschen trinken häufig zu wenig, wodurch der Körper austrocknet (dehydriert) und Schwindel entsteht. Regelmäßiges und ausreichendes Wassertrinken kann also dabei helfen, Schwindel vorzubeugen.
Da Stress ein häufiger Auslöser von Schwindel ist, kann es hilfreich sein starke nervliche Anspannung vermeiden und gezielte Lockerungsübungen vor allem der Nackenmuskulatur durchzuführen.
Der pflanzliche Heilstoff Gingko biloba fördert die Durchblutung des Gehirns und kann daher bei Schwindelattacken eingesetzt werden. Gingko hilft zudem auch bei Ohrensausen, das häufig in Kombination mit Schwindel auftritt.
Ein weiteres Hausmittel ist Ingwer. Die kleine Knolle unterstützt das körpereigene Immunsystem und wirkt durch seine scharfe Wirkung belebend. Am besten schneidet man Ingwer dazu klein, übergießt ihn mit heißem Wasser und lässt den Tee etwa zehn Minuten ziehen. Ja nach Geschmack kann der Ingwertee auch mit Zitrone und Honig abgeschmeckt werden.
Lesen Sie mehr zum Thema unter: Hausmittel gegen Schwindel
Homöopathische Mittel können vor allem bei wiederkehrenden Schwindelanfällen hinzugezogen werden. Dabei sollte zuvor durch einen Arzt abgeklärt werden, ob keine schwerwiegenden Krankheiten vorliegen, die den Schwindel verursachen (beispielsweise kardiologische Probleme oder strukturelle Veränderungen im Gehirn). Vor allem bei häufig wiederkehrendem Schwindel oder Begleitsymptomen wie Fieber, Ohnmacht oder Herzrasen sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden.
Manche Formen von Schwindel können schulmedizinisch allerdings nicht richtig behandelt werden. In solchen Fällen können die Schwindelattacken unterstützend mit homöopathischen Präparaten behandelt werden. Zur Behandlung von Schwindel werden unter anderem die Wirktsoffe Anamirta cocculus, Conium maculatum, Ambra grisea, Kalium phosphoricum, Belladonna, Arnica und Petroleum rectificatium eingesetzt. Guten Rat zu den jeweils geeigneten Arzneimitteln kann man sich in jeder Apotheke und bei Naturheilmedizinern holen.
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Erfahrungsgemäß gibt es zur Therapie von benignem, paroxysmalem Lagerungsschwindel keine passenden Medikamente.
Stattdessen sollen spezielle Lagerungsübungen eine Linderung der Beschwerden bringen. Dieser Art des Schwindels liegt eine Ablösung von kleinen Teilchen im Ohr zugrunde, welche durch gezielte Bewegungen von Kopf und Körper an ihren Ursprungsort zurückwandern können.
Eine wichtige Übung ist das Lagerungsmanöver nach Sémont:
Zu Beginn sitzt der Patient aufrecht und hat den Kopf um 45°gedreht, sodass die betroffene Seite nach vorn zum Arzt zeigt. Nun wird der Patient plötzlich seitwärts auf die betroffene Seite verlagert, jedoch ohne eine Kopfbewegung (der Blick ist jetzt nach oben gerichtet). In dieser Position wird 2-3 Minuten innegehalten. Dann erfolgt die Umlagerung auf die andere, nicht betroffene Körperseite; auch dieses Mal ohne Kopfbewegung. Abschließend wird der Patient wieder in Ausgangslage gebracht.
Ein weiteres häufig angewandtes Lagerungsmanöver zur Linderung von Schwindelgefühlen ist das Manöver nach Epley. Hierbei sitzt der Patient zu Beginn aufrecht mit gestreckten Beinen. Der Kopf wird auch hier um 45° gedreht, jedoch zur betroffenen Seite, d.h. die gesunde Seite zeigt zum behandelnden Arzt. Nun wird der Patient rasch in Rückenlage gebracht, wobei der Kopf über der Untersuchungsliege überhängen sollte (auch als Kopfhängelage bezeichnet).
In dieser Position muss der Patient verweilen, bis das Schwindelgefühl nachlässt. Meistens erfolgt dies in einem Zeitraum von 1-2 Minuten. Daraufhin dreht der Patient den Kopf zur anderen, gesunden Seite und hält auch so inne bis der Schwindel nachlässt. Als nächstes dreht sich der Patient mit seinem Körper komplett auf die gesunde Seite, allerdings ohne Kopfbewegung. Nachdem auch in dieser Lage der Schwindel nachlässt, kann sich der Patient vorsichtig aufsetzen und das Manöver ist beendet.
Für den Fall, dass das Manöver nach Epley keine Besserung der Beschwerden bringt, gibt es noch das Lagerungstraining nach Brandt und Daroff. Hierbei begibt sich der Patient abwechselnd in rechte und linke Seitenlage für jeweils 30 Sekunden. Dazwischen kehrt er in die aufrechte Position zurück. Um leichte Unterschiede in der Funktion des Gleichgewichtsorgans im rechten und linken Ohr auszugleichen, ist es außerdem möglich Gangschulungen oder Gleichgewichtstrainings durchzuführen. So lernt das „funktionierende“ Gleichgewichtsorgan für das „defekte“ mitzuarbeiten, um der Entstehung von Schwindelgefühlen entgegenzuwirken.
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Eine Schwindelambulanz oder eine Schwindelklinik sind spezialisierte Zentren, die Patienten mit akutem und chronischem Schwindel behandeln. Normalerweise handelt es sich dabei um einen Ableger der neurologischen Abteilung eines größeren Krankenhauses. Eine Schwindelambulanz verfügt über besondere Diagnostikmethoden und speziell ausgebildete Mitarbeiter. Schwindel ist ein häufiges Beschwerdebild und kann vielfältige Ursachen haben, weshalb eine Schwindelambulanz eng mit anderen Abteilungen (beispielsweise Innere Medizin, Hals-Nasen-Ohren-Abteilung oder der Orthopädie) zusammenarbeitet.
In der Schwindelklinik stellen sich Schwindelpatienten vor, nachdem sie eine Überweisung vom Hausarzt oder einem anderen niedergelassenen Facharzt bekommen haben. Zunächst wird versucht, die Ursachen des Schwindels umfassend abzuklären. Dabei verfügt ein Schwindelzentrum über moderne diagnostische Geräte, die in anderen Kliniken oftmals nicht verfügbar sind. Anschließend erfolgt die gezielte Behandlung des Auslösers und der Schwindelsymptomatik.
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Bei psychosomatischem Schwindel liegen keine organischen Störungen im Körper vor, sondern die Beschwerden werden durch psychische Probleme, wie Angststörungen oder posttraumatische Störungen verursacht.
Bei der Behandlung ist es zunächst wichtig, dass körperliche Ursachen, also beispielsweise Erkrankungen der Halswirbelsäule, Herzerkrankungen oder neurologische Defizite, zunächst ausgeschlossen werden. Anschließend erfolgt die Therapie durch einen Psychiater oder Psychologen. Im Rahmen einer Psychotherapie erfolgt die gemeinsame Aufarbeitung der Probleme des Patienten. Verhaltenstherapeutische Ansätze und eine sogenannte psychoedukative Aufklärung des Patienten stehen bei der Behandlung im Vordergrund.
Gegebenenfalls können auch Medikamente, die angstlösend oder antidepressiv, verschrieben werden.
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Da es sich bei dem Symptom Schwindel um ein sehr belastendes, den Alltag beeinträchtigendes Symptom handelt, hat die Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie speziell angepasste Therapieleitlinien entworfen.
Hierbei handelt es sich nicht um Vorschriften wie ein Arzt einen Patienten mit Schwindel behandeln muss, sondern vielmehr um eine Empfehlung für eine optimalere, erfolgreichere Therapie.
Bevor die in den Leitlinien vorgeschlagene Therapiemethode jedoch ausgewählt werden darf, muss eine konkrete Krankheitsdiagnose erfolgen, denn Schwindel ist lediglich das Symptom. In vielen Fällen liegen ursächliche Krankheiten vor, die das Gleichgewichtsorgan im Ohr, das Kleinhirn im Kopf oder einen der zwölf Hirnnerven betreffen.
Zur Behandlung von Schwindel gibt es je nach ursächlicher Krankheit medikamentöse, physikalische (Lagerungsübungen), operative oder psychotherapeutische Möglichkeiten.
Um in Erfahrung zu bringen, welche Krankheit am besten auf welche Therapie anspricht, kann der behandelnde Arzt die Leitlinien zur Therapie von Schwindel begutachten. Hier sind alle möglichen Krankheiten, die den Schwindel verursachen können, aufgelistet und dem jeweils passenden Therapiekonzept zugeordnet.
Des Weiteren gibt es eine Tabelle, in der mögliche Antivertiginosa aufgeführt sind. Antivertiginosa sind Arzneimittel zur symptomatischen Behandlung von Schwindel, welche lediglich das Symptom Schwindel lindern, aber keinen relevanten Einfluss auf die ursächliche Erkrankung haben. Sie dürfen maximal 3 Tage eingenommen werden, da sie Suchtpotenzial aufweisen.
Die Leitlinien enthalten außerdem genaue Informationen darüber, welche Wirkstoffe in welchen Medikamenten sind, sowie über die Dosierung, die Gegenanzeigen, die Anwendungsbeschränkungen und die möglichen Nebenwirkungen. Alles in allem stellen die Leitlinien zur Therapie von Schwindel eine Art „roten Faden“ dar, die dem behandelnden Arzt Empfehlungen und Orientierung für eine bestmögliche Therapie bietet.
Wenn weder Ursache gefunden noch ärztliche Therapien geholfen haben.
In vielen Fällen können keine klaren Ursachen von Schwindel gefunden werden. Viele Schwindelerkrankungen sind nämlich Folge von psychischer Überforderung, emotionaler Belastung und seelischen Konflikten.
Der unbehandelte Schwindel führt zum Verlust an Lebensfreude, Rückzug aus dem Arbeits- und Privatleben bis zum Suizid (Selbstmord).
In solchen Fällen sollten psychosomatische Therapieformen in Betracht gezogen werden. Psychotherapie beruht entweder auf eine Verhaltensänderung des Patienten, um zukünftig mit psychisch belastenden Situationen besser umgehen zu können oder auf analytischen Methoden, die dem Patienten krankmachende Konflikte bewusst machen.
Auch bei psychosomatisch bedingtem Schwindel können Pharmaka im speziellen Fall helfen. Medikamente gegen eine Depression bei gleichzeitigem Schwindel (Antidepressiva) sind in der Lage, die Schwindelsymptomatik zu lindern. Große Angst vor Stürzen und deren Verletzungsfolgen kann allein schon Schwindel, v.a.. bei älteren Menschen, auslösen (phobischer Schwankschwindel).
Sollte die Angst zu belastend sein, sind angstlösende Medikamente (Anxiolytika) angezeigt (indiziert).