Unter dem Begriff Nervenengpasssyndrome werden neurologischen Auffälligkeiten zusammengefasst, bei denen ein peripherer Nerv in seinem Verlauf eingeengt wird. Zu den häufigsten Nervenengpasssyndromen zählt das karpaltunnelsyndrom.
Nervenkompressionssyndrome
Unter diesem Begriff wird eine Reihe von neurologischen Auffälligkeiten zusammengefasst, bei denen ein peripherer (das heißt nicht im zentralen Nervensystem, sondern in der Körperperipherie gelegener) Nerv in seinem Verlauf eingeengt wird.
Viele Nerven haben in ihrem Verlauf charakteristische Engstellen zu überwinden, sodass es hier besonders häufig zu einer Kompression kommt. Oftmals macht sich eine Einengung eines Nerven durch neurologische Symptome bemerkbar, denen der Betroffene erst einmal keine allzu große Bedeutung beimisst, die ihn aber über kurz oder lang doch häufig zum Arzt führen.
Zu Beginn treten häufig auf:
Eines der häufigsten Nervenengpasssyndrome ist das Karpaltunnelsyndrom. Hier wird der Nervus medianus – der als ein Teil des Plexus brachialis für die nervale Versorgung des Armes zuständig ist – im Bereich des Handgelenkes komprimiert. Auch andere Nerven im Bereich der oberen Extremität können an verschiedenen Stellen eingeengt werden, so beispielsweise der Nervus radialis bei der umgangssprachlich „Parkbanklähmung“ genannten Einengung am Oberarm oder der Nervus ulnaris im Bereich des Ellenbogens („Musikantenknochen“).
Auch am Bein ist die Entstehung eines Nervenengpasses möglich. So beispielsweise bei der Kompression des Nervus cutenaus femoris lateralis, wie es oftmals durch das Tragen zu enger Hosen oder Gürtel ausgelöst wird oder auch des Nervus tibialis beim Tarsaltunnelsyndrom, das durch Einengung des Nerves im Bereich des Innenknöchels entsteht.
Im Folgenden stellen wir die häufigsten Nervenengpasssyndrome im Überblick vor.
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Bei dem Karpaltunnelsyndrom handelt es sich um ein Nervenengpasssyndrom, welches vor allem den Nervus medianus (Mittelarmnerv) betrifft.
Es gilt unter den verschiedenen Nervenengpasssyndromen als die häufigste vorkommende periphere Nervenkompression und ist mittlerweile eine weit verbreitete Erkrankung, von der Frauen etwa dreimal häufiger betroffen sind, als Männer.
Der Karpaltunnel ist eine tunnelartige, anatomische Durchtrittsstelle an der Hand, welcher aus knöchernen und bindegewebigen Anteilen gebildet und begrenzt wird.
Nach dorsal (zur Rückseite eines Körperteils) wird der Karpaltunnel durch einige Handwurzelknochen begrenzt. Beidseits bilden die Knochen eine tastbare knöcherne Erhebung. Darüber spannt sich ein Band, das Retinaculum musculorum flexorum (Lig.carpi transversum) auf, welches den Karpaltunnel somit nach ventral (also oben) begrenzt.
Die engste Stelle hat eine Querschnittsfläche von 1,6 cm² und liegt ungefähr 1cm über der Mitte der hinteren Knochenreihe der Handwurzeln.
Für weitere Informationen lesen Sie auch unseren Hauptartikel: Karpaltunnelsyndrom
Ein Grund für die Symptome des Karpaltunnelsyndroms liegt in der Kompression des N. medianus während seinem Verlauf durch den Karpaltunnel im Bereich der Handwurzel.
Durch den Karpaltunnel laufen neben der wichtigsten Struktur bezüglich des Karpaltunnelsyndroms, dem Nervus medianus, auch noch zehn Sehnen der Beugemuskulatur der Hand.
Kommt es zu einem Missverhältnis zwischen dem Durchmesser des Karpaltunnels und dem Volumen seiner durchtretenden Strukturen (beispielsweise im Falle einer Schwellung), ist vor allem der Nervus medianus von Komplikationen betroffen.
Daher wird das Karpaltunnelsyndrom manchmal auch als Medianuskompressionssyndrom bezeichnet.
Der Nerv wird jedoch nicht nur durch den mechanischen Druck sondern auch durch eine mangelnde Blutzufuhr geschädigt. Im EMG (Elektromyographie) zeigen sich Denervierungszeichen und eine reduzierte Nervenleitgeschwindigkeit.
Eine Enge im Karpaltunnel kann aufgrund von verschiedenen Faktoren bedingt und begünstigt sein. Strukturelle Abweichungen der begrenzenden Strukturen oder eine erbliche Veranlagung für einen engen Karpaltunnel können ein Karpaltunnelsyndrom begründen.
Degenerative Veränderungen wie bei der rheumatoiden Arthritis oder endokrin-metabolische Störungen wie ein vorliegender Diabetes mellitus oder eine Schwangerschaft führen ebenfalls zur entsprechenden Karpaltunnelsyndrom-Symptomatik.
Bei letztgenannten Störungen kommt es zu einer Vermehrung des Bindegewebes, woraus eine Verengung des Karpaltunnels resultiert.
Eine häufige Ursache, die ebenfalls zur Verengung führt, ist die Sehnenscheidenentzündung, die mit einer Schwellung einher geht und somit einem raumfordernden Prozess entspricht. Verletzungen in Form von Luxationen (Auskugeln) und Frakturen der Handwurzelknochen können ebenfalls ein Karpaltunnelsyndrom auslösen.
Letztendlich ist die Komponente der mechanischen Belastung nicht zu vergessen, da durch alltägliche Bewegungsmuster ein Karpaltunnelsyndrom provoziert werden kann. Dazu zählt die beugende Handbewegung, vor allem in Kombination mit Kraftaufwendung.
Ein erhöhtes Risiko besteht auch für Dialysepatienten und übergewichtige Menschen.
Zudem gelten Krankheitsbilder wie die Polyneuropathie, Hypothyreose, Akromegalie, Gicht und Amyloidose als begünstigende Faktoren.
Die Symptome können je nach Stärke und Grund des Karpaltunnelsyndroms variieren.
Häufig klagen Patienten über nächtliche Schmerzen, sowie Parästhesien, also Missempfindungen wie Kribbeln und Taubheit an Daumen-, Zeige- und Mittelfinger, da diese Areale dem Versorgungsgebiet des N. medianus entsprechen, der durch den Karpaltunnel zieht.
In schweren Fällen kann der Schmerz sogar bis in die Schulter ausstrahlen.
Die Schmerzen können durch Druck oder eine Streckung des Handgelenks verschlimmert werden.
Die Parästhesie lässt sich mit dem klinischen Test „Hoffmann-Tinel-Zeichen“ kontrollieren, bei dem die Vorderseite der Hand beklopft wird. Der Test wird vor allem bei der Diagnostik des Karpaltunnelsyndroms eingesetzt um im Verlauf auch eine mögliche Nervenregeneration beobachten zu können.
Für weitere Informationen Lesen Sie auch unseren Hauptartikel: Karpaltunnelsyndrom Diagnose
Zusätzlich kann die Feinmotorik gestört sein, da es ab einem gewissen Grad auch zur Degeneration der Muskulatur kommen kann.
Typisch für das Karpaltunnelsyndrom ist die Thenaratrophie (lat. Thenar: Daumen; Atrophie: Gewebeschwund der Muskulatur), bei der eine weniger stark ausgeprägte Daumenballenmuskulatur als vor der Erkrankung vorliegt.
Von einem kompletten motorischen Ausfall können die beiden Muskeln Mm. opponens pollicis und Mm. abductor pollicis brevis betroffen sein. In diesem Fall kommt es zu einer Oppositionsschwäche; eine Bewegung, bei der der Daumen in Richtung des kleinen Fingers geführt wird.
Diese Bewegung ist unerlässlich für das Zugreifen, wird der N.medianus jedoch komprimiert, ist die Oppositionsbewegung folglich nur noch eingeschränkt möglich.
Klassische Erstmanifestation der genannten Symptome sind die Schmerzen in der Nacht und Missempfindungen.
Erst im späteren Verlauf können die Schmerzen den ganzen Tagesverlauf über auftreten. Zudem steigt die Wahrscheinlichkeit des Muskelschwunds im weiteren Krankheitsstadium an.
Das Karpaltunnelsyndrom wird in der Regel mit einem operativen Eingriff behandelt. Dieser sieht eine Durchtrennung des Retinaculum flexorum vor, welches den Karpaltunnel nach vorne (ventral) begrenzt.
Somit wird in jenem Kanal für die durchziehenden Strukturen, v.a. den N. medianus, mehr Raum geschaffen, sodass die Kompressionssymptome des Karpaltunnelsyndroms gelindert werden können.
Neben der operativen Therapie kann eine konservative Behandlung im Sinne der Schonung durch eine nächtliche Schiene erfolgen.
Die Wahl der Therapie eines Karpaltunnelsyndroms richtet sich also nach der Schwere des Karpaltunnelsyndroms. Ein in der Schwangerschaft auftretendes Karpaltunnelsyndrom (lesen Sie hierzu auch: Karpaltunnelsyndrom in der Schwangerschaft) kann von alleine wieder abheilen.
Für weitere Informationen lesen Sie auch unseren Hauptartikel: Karpaltunnelsyndrom Operation
Dieses Nervenengpasssyndrom kann in ein vorderes und hinteres Tarsaltunnelsyndrom eingeteilt werden.
Die Klassifikation erfolgt anhand der betroffenen Nerven: Bei dem Vorderen kommt es zu einer Kompression des N. fibularis profundus und bei dem Hinteren zu Kompression des N. tibialis. Beides sind Nervenäste des Ischiasnerv (N. ischiadicus).
Vor allem Frauen die häufig hohe Schuhe tragen, haben ein erhöhtes Risiko für ein vorderes Tarsaltunnelsyndrom.
Auch eine Fußfehlhaltung kann das Entstehen eines Tarsaltunnelsyndroms begünstigen (wie beispielsweise ein Knick-Senkfuß).
Allgemein gelten raumfordernde Prozesse als Ursache für die Symptomatik, welche aufgrund einer entzündlichen Erkrankung (beispielsweise Rheuma), einer Fraktur oder einer Verstauchung des Sprunggelenks entstehen kann.
Die Symptomatik hängt zum Teil davon ab, ob es sich um ein vorderes – oder hinteres Tarsaltunnelsyndrom handelt. Allgemein ist der Schmerz am inneren Fußrand und der Fußsohle charakteristisch.
Tagsüber können sich die Schmerzen aufgrund der mechanischen Belastung der Beine und Füße verschlimmern. Damit gehen Sensibilitätsstörung in Form von Kribbeln und Taubheitsgefühl in entsprechenden Bereichen einher.
Hält die Kompression länger an oder ist sie zu stark kann es sogar zu einer Parese, also einer Lähmung der kurzen Fußmuskeln kommen.
Wie immer stehen zwei Behandlungsoptionen zur Verfügung: entweder die konservative oder die operative Versorgung.
In der Regel versucht man zuerst über die konservative Therapie eine Besserung der Symptomatik zu erzielen. Dabei kommen unter anderem Einlagen zum Einsatz, die den inneren Fußrand leicht anheben und den Kompressionsdruck bei Fußfehlhaltungen lindern können.
Auch die medikamentöse Therapie mit entzündungshemmenden und schmerzlindernden Mitteln ist Standard bei der konservativen Versorgung eines Tarsaltunnelsyndroms.
Operativ kann man durch eine Spaltung des Retinaculum musculi flexorum pedis, eine bandartige Struktur zwischen dem inneren Fersenbein und dem Innenknöchel eine Entlastung bewirken.
Für weitere Informationen lesen Sie auch unseren Hauptartikel: Tarsaltunnelsyndrom
Das Loge-de-Guyon-Syndrom ist ein Nervenengpasssyndrom, welches den distalen Anteil des Nervus ulnaris (Ellenbogennerv) betrifft, daher auch das Synonym „Syndrom der distalen Ulnarisloge“. Der N. ulnaris kann nämlich auch weiter oben im Bereich des Ellenbogens, im Sulcus ulnaris, geschädigt werden.
Die Guyon-Loge ist ein anatomischer Engpass im Bereich des Handgelenks durch den neben dem N. ulnaris noch die Arteria ulnaris (Ellenbogenschlagader) verläuft.
Wie auch der Karpaltunnel wird die Guyon Loge durch knöcherne und bindegewebige Strukturen begrenzt. Dazu zählen das Erbsenbein (Os pisiforme), der Hakenfortsatz des Hakenbeins (Hamulus ossis hamati) und das Retinaculum flexorum.
Das Retinaculum flexorum begrenzt gleichzeitig die Loge de Guyon nach dorsal (unten) und den Karpaltunnel nach ventral (oben).
Zu einem Loge de Guyon Syndrom kann es nach einer Handgelenksfraktur oder durch eine maximale Streckung im Handgelenk kommen, wodurch daraufhin der Ellenbogennerv in seinem Verlauf durch die Guyon-Loge komprimiert wird.
Zudem kann es in der Loge de Guyon durch ein Ganglion (Überbein) zu raumfordernden Prozessen kommen.
Das Ganglion ist eine geschwulstartige Gewebeveränderung, die für diese Stelle sehr typisch ist und sich an Gelenkkapseln oder Sehnenscheiden ausbildet.
Für weitere Informationen lesen Sie auch unseren Hauptartikel: Ganglion
Außerdem stellen mechanische Überbeanspruchungen wie zum Beispiel langes Fahrradfahren oder regelmäßige Handwerksarbeiten mit dem Kleinfingerballen einen Risikofaktor für ein Loge de Guyon Syndrom dar.
Der N. ulnaris teilt sich während dem Verlauf durch die Guyon Loge in 2 Äste auf: in eine oberflächlichen (Ramus superficialis) und eine tiefen Ast (Ramus profundus).
Der Ramus profundus, welcher für die motorische Innervation der Muskeln zuständig ist, ist viel häufiger von einer Einklemmung betroffen als der oberflächliche Ast, welcher die sensiblen Anteile beinhaltet.
Daher stehen auch eher die motorischen Ausfallerscheinungen im Vordergrund. Diese äußern sich in der Beeinträchtigung der Daumenadduktion, sodass die Feinmotorik und das Schreiben Probleme bereiten.
Zudem kommt es zu Parästhesien (Missempfindungen) mit Kribbel –und Taubheitsgefühl im Versorgungsgebiet des N. ulnaris; also im kleinen Finger und Teilen des Ringfingers.
Die Symptome des Loge-de-Guyon-Syndroms werden entsprechend ihrer Stärke nach der Gross und Gelbermann-Klassifikation eingeteilt.
Das Loge de Guyon Syndrom ist in seinem Anfangsstadium eine weitgehend reversibles Nervenkompressionssyndrom. Bevor die Indikation einer Operation gestellt wird, ist eine konservative Therapie häufig ausreichend.
Die Therapiewahl hängt aber auch von der Ursache ab.
Ein Loge-de-Guyon-Syndrom bedingt durch eine mechanische Überbeanspruchung kann zuerst mit einer konservativen Methode behandelt werden.
Dies erfolgt im Sinne von Entlastung und Vermeiden der starken und regemäßigen Belastung, da sich der Nerv relativ schnell wieder regenerieren kann.
Für weitere Informationen lesen Sie auch unseren Hauptartikel: Loge-de-Guyon-Syndrom
Maßgeblich für die Diagnostizierung eines Nervenengpassyndromes ist erst einmal die Anamnese (was berichtet der Patient?) und die klinische Untersuchung.
Als Zusatzuntersuchungen bieten sich vor allem solche aus dem Bereich der Elektrophysiologie, beispielsweise eine Messung der Nervenleitgeschwindigkeit, an.
Hierbei wird ermittelt, ob ein elektrisch von außen applizierter Reiz in „normaler“ Geschwindigkeit zu einer entfernt gelegenen Stelle geleitet wird, oder ob es hier zu einer Leitungsverzögerung kommt.
Bei einer eher milden Symptomatik bietet sich in der Regel der Versuch einer konservativen Therapie an. Hierbei kommen beispielsweise
Bei Persistenz der Beschwerden oder deutlichen neurologischen Ausfällen kann eine operative Therapie Mittel der Wahl sein. Hier ist das Ziel eine Dekompression des Nerven. Dies kann zum Beispiel durch Spaltung von einengenden Strukturen oder gar Verlagerung des betroffenen Nerven in einen weniger engen Bereich geschehen, ist aber für das jeweilige Krankheitsbild spezifisch.
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