Nervus radialis

Der sogenannte Nervus radialis, zu deutsch Speichennerv, ist ein wichtiger Armnerv. Der Nervus radialis wird Speichennerv genannt, weil er sich in seinem Verlauf an der Speiche, einem der zwei Unterarmknochen orientiert. Wie die anderen zwei Hauptarmnerven Nervus ulnaris und Nervus medialis, besteht er aus Fasern.

Nervus radialis

Synonyme

Speichennerv

Medizinisch: Nervus radialis

Englisch: radial nerve

Definition

Der Nervus radialis ist ein wichtiger Armnerv. Er wird Speichennerv genannt, weil er sich in seinem Verlauf an der Speiche, einem der zwei Unterarmknochen (Elle und Speiche) orientiert.
Wie die anderen zwei Hauptarmnerven (Ellennerv und Mittelarmnerv), besteht er aus Fasern, die sensible Informationen von der Haut und den Gelenken in Richtung Rückenmark und Gehirn transportieren (sensible Afferenzen) und aus motorischen Fasern, die Impulse vom Gehirn zu den Armmuskeln senden (motorische Efferenzen).

Ursprung

Der Nervus radialis setzt sich als einer von vielen Nerven aus dem Armnervengeflecht, dem Plexus brachialis , zusammen.
Die Rückenmarsnerven aus dem Halsmark des Rückenmarks (C5-C8) lagern sich direkt nach dem Austritt aus dem Rückenmark zu diesem Nervenstrangbündel zusammen, das als Armnervengeflecht (Plexus brachialis) bezeichnet wird.
Aus diesem Nervenstrangbündel gehen alle Nerven hervor, die den Arm versorgen.
Die Nerven des Nervenstrangbündels (Plexus brachialis) heißen:

  • Kurze Äste:
    N. subscapularis, N. thoracodorsalis, Nn. pectoralis medialis und lateralis, N. cutaneus antebrachii medialis, Nn. intercostobrachiales;
  • Lange Äste:
    N.musculocutanes, N.axillaris, N.radialis, N.medianus, N.ulnaris

Überblick und Einteilung

Ein Nerv enthält dabei Fasern, die sensible Impulse von der Haut und den Gelenken zum Gehirn zurücktransportieren (Afferenzen) und gleichzeitig Fasern, über die Impulse vom Gehirn an die Muskeln geschickt werden (Efferenzen).
Eine Besonderheit des Nervus radialis, im Vergleich zu seinen Geschwistern, dem Mittelarmnerv (Nervus medianus) und dem Ellennerv (Nervus ulnaris), ist, dass er Muskeln sowohl am Ober- als auch am Unterarm versorgt.

Anatomie und Verlauf

Der Speichennerv (Nervus radialis) verläuft von der Achsel, wo er aus dem Armnervenwurzelgeflecht entspringt, über die Rückseite des Oberarmknochens. Dort kerbt er während der Entwicklung eine Grube in den Knochen, die Speichennervengrube (Sulcus nervus radialis). Über die Rückseite des Ellenbogens zieht er im Radialistunnel. Unterhalb des Ellenbogens teilt sich der Nerv in zwei Äste auf: einen tief und einen oberflächlich verlaufenden Ast (Ramus profundus, Ramus superficialis).
Wobei der tiefe Ast seinen Verlauf durch einen vom Unteram-Auswärtsdreher-Muskel  (M. supinator) gebildeten Muskelkanal (Supinatorkanal) nimmt.
Der oberflächliche Ast zieht an der Speiche entlang (daher der Name) geschützt von Unterarmmuskeln zum Daumen und zum Handrücken.

Auf dem langen Weg von der Wurzel zum Handrücken gibt der Speichennerv immer wieder Fasern/Äste an Muskeln (motorische Äste) oder an die Haut (sensible Äste) ab.

Physiologie

Motorik

Der Nervus radialis ist zuständig für die Ansteuerung einiger Muskeln an Ober-, Unterarm und Hand und damit für die Streckung im Ellenbogengelenk, das Anziehen des Armes an den Oberkörper (Adduktion im Schultergelenk), das Überstrecken des Handgelenkes in Richtung Handrücken (Dorsalextension), Spreizen der Finger, Auswärtsdrehung (Supination) des Unterarmes.
Die wichtigsten versorgten Muskeln sind:

  • Dreiköpfiger Oberarmmuskel (M. triceps brachii): Streckung des Ellenbogengelenkes;
  • Oberarmspeichenmuskel (M. brachioradialis): Auswärtsdrehung (Supination) des Unterarmes, Beugung im Ellenbogengelenk;
  • Fingerstrecker (M. extensor digitorum): Streckung von Hand- und Fingergelenken;
  • Auswärtsdrehermuskel (M. supinator): Auswärtsdrehung des Unterames;
  • Langer Daumenabspreizer (M. abductor pollicis longus): Abspreizung des Daumens.

Andere vom Speichennerv versorgte Muskeln:

  • Kleinfingerstrecker (M. extensor digiti minimi)
  • Daumenstrecker (M. extensor pollicis)
  • Zeigefingerstrecker (M. extensor indicis).

Sensibilität

Die Haut des seitlichen Oberarmes und des rückseitigen Unterarmes wird sensibel vom Nervus radialis/ Speichennerv versorgt. Die Hälfte des Handrückens (Daumen, Zeigefinger, Hälfte des Mittelfingers) gehört ebenfalls zum sensiblen Versorgungsgebiet des Nerven. Nicht dazu gehören die Fingerendglieder von Zeige- und Mittelfinger, diese versorgt der Geschwisternerv Nervus medianus, der Mittelarmnerv.

Schädigung

Krückenlähmung“: der Nervus radialis (Speichennerv) wird in der Achsel abgedrückt, zum Beispiel bei der Verwendung von Oberarmgehstützen. Dann entfällt die Streckung im Ellenbogengelenk und die Streckung im Handgelenk („Fallhand“). Das Gefühl an Ober- und Unterarm fehlt.

Beim Bruch des Oberarmes kann der Nerv bei seinem Weg um den Oberarm herum verletzt werden (Läsion des Nerven). Der Ellenbogen kann dann zwar noch gestreckt werden, ansonsten fehlen alle Funktionen, wie bei einer „Krückenlähmung“.

Ist es nur zu einem Druck auf den Nerven in der Speichennervengrube am Oberarm gekommen, spricht man von einer „Parkbanklähmung“. Diese bildet sich in den meisten Fällen wieder zurück.

Bei Einengung der Passage durch den Auswärtsdrehermuskel (Supinatorkanal), kommt es ebenfalls zu einer „Fallhand“ und Beeinträchtigung der Gefühlswahrnehmung am Unterarm. Diese Schädigung wird als Supinatorlogensyndrom bezeichnet.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Supinatorlogensyndrom

Werden neben dem Nervus radialis auch noch weitere Nerven geschädigt, kann es auch zu einer kompletten Plexus brachialis Lähmung kommen.

Nervus radialis Syndrom

Ein Kompressionssyndrom eines peripheren Nerven wie des Nervus radialis entsteht durch chronische Druckschäden. Für jeden Nerven existieren hier anatomisch besonders gefährdete Stellen, an welchen der Nerv leicht geschädigt wird.

Bei einer Schädigung des Nervus radialis kommt es zur Beeinträchtigung der Sensibilität in dessen Innervationsgebiet, also dem Bereich der Haut, der durch den Nervus radialis versorgt wird. So kann es auf dem Handrücken des Daumens und Zeigefingers zu Taubheitsgefühl, Ameisenlaufen oder Schmerzen kommen. Diese Symptome sind auch auf der ventralen Seite des Unterarms, also der Seite, die in die Handfläche übergeht, möglich. V.a. der Übergang in den Daumen (radialer Unterarm) ist betroffen.

Da der Nervus radialis motorisch vor allem die Strecker der oberen Extremität versorgt (M. triceps brachii, M. brachioradialis, M. supinator, Hand-und Fingerextensoren), resultiert aus einem Ausfall des Nervus radialis eine sogenannte Fallhand. Durch den Ausfall der Strecker hängt die Hand mitsamt der Finger im Handgelenk schlaff herab.

Je nachdem, auf welcher Höhe sich die Läsion des Nerven genau befindet, treffen einige der beschriebenen Ausfallerscheinungen zu und andere nicht. Der Arzt kann sich dies zunutze machen, um die genaue Lokalisation der Nervenschädigung zu diagnostizieren. Er unterscheidet hierbei zwischen einer proximalen und einer distalen Läsion (z.B. bei einer Oberarmfraktur), sowie einem Supinatorlogensyndrom und Läsionen des rein sensiblen Ramus superficialis.

Unter dem Wartenberg-Kompressionssyndrom versteht man eine Druckschädigung des sensiblen Astes des Nervus radialis. Hier kommt es zu Gefühlsstörungen, ohne dass eine Muskelschwäche auftritt. Ursächlich können zu enge Armbanduhren, Gipsverbände oder auch Handschellen sein. Die Gefühlsstörungen (hierbei sind Taubheit, Kribbeln oder Schmerzen möglich) befinden sich auf der Rückseite des Daumens und des Zeigefingers, ebenso ist die Haut zwischen den beiden Fingern betroffen.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Nervenengpasssyndrom

Einklemmung des Nervus radialis

Nerven reagieren äußert empfindlich, wenn sie eingeklemmt werden. Gerade an der oberen Extremität verlaufen viele wichtige Nerven auf relativ engem Raum. An bestimmten Stellen ist die Gefahr, dass sich der Nerv zwischen Muskeln, Sehnen, Weichteilgewebe und knöchernen Strukturen einklemmt, besonders groß. Der Nervus radialis ist ein gemischt sensibler und motorischer Nerv, das heißt, dass er an bestimmten Bereichen von Arm und Hand für Gefühl (Sensibilität) und willentliche Muskelkontraktionen (Bewegungen) zuständig ist.
Dabei ist zu beachten, dass immer nur der Teil von Arm oder Hand von Funktionalitätsausfällen betroffen ist, der stammfern der geschädigten Stelle liegt. Liegt eine Schädigung des Nervs im Bereich des Handgelenkes vor, so kann es zu Gefühlsstörungen und Muskelschwäche im Bereich der Hand und Finger kommen, niemals jedoch zu Ausfällen im Bereich von Oberarm oder Unterarm.

Häufige Ursachen für die Einklemmung des Nervus radialis sind Unfälle oder Druckläsionen, sowie sich langsam entwickelnde Engpässe durch eine Zunahme an Muskelmasse oder Weichteilgewebe.
Auch durch ärztliche Behandlungen (z.B. Lagerungen während OPs, Gipsverbände oder Spritzen) kann es zur Einklemmung des Nervus radialis kommen.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Nervenengpasssyndrom

Weitere Informationen zum Thema Nervus radialis

Weitere Informationen zum Thema Nervus radialis finden Sie unter:

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 28.07.2011 - Letzte Änderung: 25.07.2023