Man unterscheidet grundsätzlich zwei Formen des Haarausfalls: Effluvium beschreibt das Ausfallen der Haare, wodurch mehr als 100 Haare pro Tag verloren gehen. Alopezie bezeichnet den Umstand der Haarlosigkeit. Dieser äußert sich in Form kahler Stellen bzw. einer Glatze. Ist die Haarlosigkeit angeboren, spricht man von Hypotrichie (teilweise) bzw. Atrichie (total). Effluvien und Alopezien können diffus oder umschrieben, vernarbend oder nicht vernarbend sein.
Ein spärlicher Haarwuchs oder Haarausfall ist nicht selten.
Insgesamt sind jedoch deutlich mehr Männer betroffen als Frauen. In Deutschland leiden ca. 1,5 Millionen Männer und 500.000 Frauen unter Haarausfall.
Der hormonell- erbliche Haarausfall (Alopezia androgenetica) ist mit ca. 95% die häufigste Form des Haarausfalls. Etwa jeder zweite Mann leidet unter dieser Form des Haarausfalls.
Der kreisrunde Haarausfall (Alopezia areata) ist deutlich seltener. Ca. 1-2% aller Menschen entwickelt im Laufe ihres Lebens einen kreisrunden Haarausfall. In der Regel beginnt dieser jedoch schon in der Kindheit oder Jugend.
Der physiologische Haarzyklus besteht aus 3 Phasen:
Die Symptome sind abhängig von der Art des Haarausfalls.
Anageneffluvien: Der normalerweise vollkommene Haarausfall beginnt nach ca. 14-20 Tagen und ist in den meisten Fällen reversibel. Die Haarwurzeln der ausgefallenen Haare sind auffällig dünn.
Telogeneffluvien: Es fallen mehr als 100 Haare pro Tag aus. Beim Kämmen und Haarewaschen kann man die Haare leicht ausziehen.
Androgeneffluvien beginnen mit der Pubertät, beim Mann als erstes in Form von sog. „Geheimratsecken“ und am Scheitel, die sich nach und nach ausbreiten. Oft verspürt man einen Juckreiz. Bei Frauen bleiben die vorderen Haarpartien erhalten, lediglich die Haare am Scheitel fallen aus.
Kreisrunder Haarausfall beginnt meist plötzlich, wobei sich kreisrunde kahle Stellen am Kopf oder am Barthaar bilden. Selten können auch Wimpern und Augenbrauen ausfallen.
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Die Ursache dieser Form des Haarausfalls ist eine erblich bedingte Empfindlichkeit gegenüber dem männlichen Sexualhormon Testosteron. Durch die Empfindlichkeit wird die Wachstumsphase der Haare verkürzt, und die Haarfollikel schrumpfen.
Die schrumpfenden Follikel produzieren zunächst nur noch kurze und dünne Haare (Vellushaare). Diese können bestehen bleiben oder ausfallen. Neue Haare können dann nicht mehr gebildet werden. Aufgrund der Empfindlichkeit gegen das männliche Geschlechtshormon, sind vor allem Männer von dieser Form des Haarausfalls betroffen.
Zwar produzieren auch Frauen geringe Mengen Testosteron, erleiden aber sehr viel seltener diese Form des Haarausfalls.
In den Wechseljahren, welche mit starken Hormonumstellungen einhergehen, ist die Gefahr des Haarausfalls bei Frauen deutlich erhöht.
Die Haare lichten sich bei dieser Form des Haarausfalls zunächst an den Schläfen und der Stirn. Dadurch entstehen Geheimratsecken und eine Stirnglatze. Im Anschluss dünnt das Haar am Hinterkopf aus, sodass eine Tonsur entsteht. Bei jungen Erwachsenen Männern beginnt der langsame Haarausfall oft schon zwischen dem 20. und 25. Lebensjahr.
Bis heute sind die genauen Ursachen für diese Form des Haarausfalls nicht detailliert erklärt.
Es wird vermutet, dass der Haarausfall durch Störungen des Immunsystems hervorgerufen wird. Das würde bedeuten, dass körpereigene Abwehrzellen (Immunzellen), fälschlicherweise die Haarwurzeln angreifen. Diese sind für das Haarwachstum verantwortlich. Durch die Abwehrzellen wird die Haarproduktion gestoppt und die Haare fallen aus.
Es wird angenommen, dass die Haarwurzeln nicht vollständig zerstört, sondern nur inaktiviert werden. So ist es möglich, dass sie plötzlich wieder aktiv werden und neue Haare produzieren. Die Tatsache, dass viele Betroffene weitere Autoimmunerkrankungen, wie Neurodermitis oder Heuschnupfen haben, belegen diese These.
Auch eine genetische Veranlagung als Ursache wird diskutiert, da bei ca. 20% der Patienten der kreisrunde Haarausfall familiär gehäuft auftritt.
Bei dieser Form des Haarausfalls finden sich an verschiedenen Stellen münzgroße, runde bis ovale kahle Stellen. In deren Randzone werden, bei Betrachtung unter Vergrößerung, so genannte Ausrufungszeichenhaare sichtbar. Hierbei handelt es sich um dünne, kurze, abgebrochene Haare, welche in Richtung Kopfhaut dünner werden. Die kahlen Stellen sind bevorzugt am Hinterkopf oder den Seiten sichtbar, können jedoch auch am gesamten Kopf auftreten.
Zudem können die Haare auch bei dieser Form des Haarausfalls vollständig ausfallen. In vielen Fällen wachsen die Haare nach einigen Monaten wieder nach. Es kann jedoch zu Rückfällen kommen.
Allgemein gilt, dass bei einem diffusen Haarausfall die Haarwurzeln geschädigt werden, wodurch die Haare diffus ausfallen.
Die Schädigung der Haarwurzeln kann verschiedene Ursachen haben. Hierzu gehört beispielsweise die Einnahme von Medikamenten im Rahmen einer Chemotherapie (Zystostatikaeinnahme). Aber auch Infektionskrankheiten wie Scharlach oder Typhus, Schilddrüsenfunktionsstörungen, länger anhaltende Mangelernährung oder Hormonumstellungen im Rahmen einer Schwangerschaft, durch die Einnahme hormonhaltiger Medikamente (z.B. „Pille“) oder in den Wechseljahren können zu diffusem Haarausfall führen.
Ebenso kann eine entzündliche Erkrankung der Kopfhaut (z.B. Schuppenflechte der Kopfhaut) oder viel Stress Haarausfall auslösen. In vielen Fällen handelt es sich um eine natürliche Alterserscheinung. Durch den diffusen Haarausfall entstehen keine kahlen sichtbaren Stellen, sondern das gesamte Haar dünnt aus. Sofern eine Ursache für den Haarausfall gefunden und behandelt wird, wachsen die Haare in der Regel wieder nach und der Haarausfall verschwindet.
Eine Pilzinfektion der Kopfhaut (Tinea capitis) kann an infizierten Stellen zu Haarausfall führen. Hiervon sind meist Kinder betroffen. Durch lang anhaltenden Druck oder Reiben der Kopfhaut kann diese geschädigt werden, und an den betreffenden Stellen zu Haarausfall führen.
Ebenso kann durch starken Zug an den Haaren (Traktionsalopezie), ein Haarausfall Folge sein. Durch den starken Zug werden die Haarwurzeln geschädigt. Auch durch eine psychische Erkrankung, welche zu zwanghaftem Haare ausreißen, Abschneiden oder Ziehen an den Haaren führt, lichtet sich das Haar. Betroffene verspüren oft über kurze Zeit ein Gefühl der Druckentlastung.
Eine angeborene Anlagestörung des Haars (Anagenhaar) führt zu dünnem, brüchigem Haar und fällt schon in der frühen Kindheit auf. Die Haarstruktur ist hierbei durch einen vererbten Defekt verändert.
Eine weitere Ursache für Haarausfall kann ein Zinkmangel darstellen.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Haarausfall Ursachen
Der Zusammenhang zwischen körperlichem Stress und Haarausfall gilt schon lange als erwiesen. Körperlicher Stress kann z.B. eine Schwangerschaft, eine Operation oder hohes Fieber sein.
Lesen Sie mehr zum Thema unter: Haarausfall in der Schwangerschaft
Der Stress bedingt, dass sich eine bestimmte Zahl von Haarfollikeln (nicht alle!) von der Wachstumsphase in die Abstoßungsphase begeben, welche 2-4 Monate dauert. Nach dieser Zeit fallen die Haare der betroffenen Follikel gleichzeitig aus. Es zeigt sich ein Haarausfall, der über den ganzen Kopf verteilt ist und nur zu einer Ausdünnung führt (diffuser Haarausfall), denn nicht beeinflusste Follikel haben weiterhin ein normales Haarwachstum. Nach dem Ausfall wachsen aus den betroffenen Haarfollikeln wieder normal Haare.
Ein Zusammenhang zwischen psychisch bedingtem (psychogenem) Stress und Haarausfall wurde lange als Mythos angesehen. Es kann jedoch heute als erwiesen gelten, dass es Wechselwirkungen gibt. Einzig beim männlichen hormonbedingten Haarausfall (Alopecia androgenetica) scheint Stress keinen Einfluss zu haben.
Akuter oder chronischer psychogener Stress kann diffusen Haarausfall nach ähnlichem Mechanismus verursachen wie körperlicher Stress. Dies ist jedoch meist nach Überprüfung aller körperlichen Ursachen eine Ausschlussdiagnose.
Zu beachten ist auch, dass psychogener Stress wiederum körperliche Veränderungen (körperlichen Stress) bedingen kann, zum Beispiel wenn im Trauerzustand Gewicht verloren wird. Diese Veränderungen können ebenfalls zu Haarausfall führen.
Außerdem kann psychogener Stress Haarausfall verschlimmern, der durch andere Faktoren bedingt ist. Hierzu gehört auch der kreisrunde Haarausfall (alopecia areata), bei welchem meist in Schüben in scharf abgegrenzten, runden Bereichen die Haare ausfallen. Ursächlich ist eine durch Nervenfasern vermittelte Entzündung an den Haarwurzeln: Jede Haarwurzel wird von einem Netz von Nervenfasern erreicht, die verschiedenste Überträgerstoffe (Transmitter) abgeben, durch welche sie in Kontakt mit Entzündungszellen stehen. Durch psychischen Stress erhöht sich die Zahl der Nervenfasern und dies bedingt eine Aktivierung von Entzündungszellen, die Entzündung des Gewebes und den Zelltod der Haarfollikelzellen. Als Folge kommt es zum Stopp des Haarwachstums und zum Ausfall der Haare. Insgesamt ist es auch wichtig, den umgekehrten Zusammenhang zu betrachten. Haarausfall löst meistens psychischen Stress aus, welcher wiederum den Haarausfall verschlimmern kann.
Leidet man unter Stress und Haarausfall, sollten trotzdem zunächst beim Arzt körperliche Ursachen ausgeschlossen werden. Zusätzlich sollten die Stressquellen beseitigt werden. Es helfen ausreichend Schlaf, Entspannungstechniken und Zeitmanagement im Sinne von mehr Raum für Freizeit. Bei psychischen Erkrankungen oder sehr schweren seelischen Krisen sollte eine Psychotherapie in Anspruch genommen werden. In allen Fällen hilft es mehr, den Stress als Auslöser oder Kofaktor des Haarausfalles zu bekämpfen als den Haarausfall selbst als Symptom zu behandeln.
Einige Formen des Haarausfalls, wie der kreisrunde Haarausfall und der erblich- hormonbedingte Haarausfall lassen sich oft schon durch eine Blickdiagnose erkennen.
Bei einem diffusen Haarausfall oder Unklarheiten der Diagnose werden die Haare, Kopfhaut und das Blut genauer untersucht. Laborchemisch lässt sich so eine chronische Entzündung, eine Schilddrüsenfunktionsstörung, eine Blutarmut, Eisenmangel oder Hormonunregelmäßigkeiten leicht feststellen.
Die genaue Anamnese, besonders bezüglich Medikamente, anderer chronischer Krankheiten, Familienanamnese und Menopause bei Frauen sind ebenso wichtig.
Durch den Zupftest (Epilationstest) kann der Arzt feststellen, wie stark der Haarausfall ist. Hierzu zieht der Arzt leicht an einem kleinen Büschel Haare um zu sehen, wie einfach sich diese von der Kopfhaut lösen lassen.
Die Haarwurzeln können mit Hilfe eine Trichogramms genauer untersucht werden. Hierbei werden die verschiedenen Wachstumsphasen einiger Haare mikroskopisch betrachtet.
Für die Erstellung eines Trichogramms werden dem Patienten 20- 50 Haare in Wuchsrichtung ausgerissen. Unter dem Mikroskop lässt sich dann die Phase des Haarzyklus feststellen. Da jedes Haar verschiedene Phasen durchläuft, lässt sich somit der Anteil der Haare in den einzelnen Phasen abschätzen. Bei gesunden Haaren sollten mehr als 80% der Haare in der Wachstumsphase und weniger als 20% in der Abstoßungsphase sein.
Die übrigen ca. 1-3% befinden sich in der Regel in der Übergangsphase. Das auszupfen der Haare ist für die Untersuchung unumgänglich, da schon zuvor ausgefallene Haare offensichtlich in der Abstoßungsphase waren, und somit keine Aussage zu den vitalen Haaren der Kopfhaut getroffen werden kann.
Mit Hilfe eines TrichoScans lassen sich weitere Parameter der Haare bestimmen.
Hierbei handelt es sich um eine spezielle Computer- Software, welche durch digitale Fotografie eine Aussage über die Haardichte pro Quadratzentimeter, den Haardurchmesser und die Wachstumsgeschwindigkeit der Haare im Zeitverlauf möglich macht.
Hierdurch lässt sich nicht nur der aktuelle Haarausfall in seiner Intensität beurteilen, sondern ermöglicht zudem eine Verlaufsuntersuchung, um den Therapieerfolg zu beurteilen. Bei dieser Untersuchungsmethode müssen die Haare zwar nicht ausgerissen werden, jedoch müssen an einer oder zwei Stellen der Kopfhaut kleine Areale abrasiert werden.
Die nachwachsenden Haare werden nach drei Tagen angefärbt und dann in starker Vergrößerung abfotografiert. Anhand der Wachstumsgeschwindigkeit berechnet eine spezielle Software den Anteil der einzelnen Haare in den Wachstumsphasen.
Wenn das klinische Bild nicht mehr ausreicht, um eine Diagnose zu stellen, müssen kleine Gewebeproben (Biopsien) entnommen werden. Die Gewebeproben werden dabei tief genug entnommen, dass der gesamte Haarfollikel im Mikroskop sichtbar wird.
Das diagnostische Vorgehen sollte individuell nach der speziellen Anamnese und richtungsweisenden Befunden abgestimmt werden. Dazu wird eine Untersuchung des Haarwuchses und des Haarausfalls am gesamten Körper vorgenommen. Nach Diagnostik und Befundanalyse sollte ein individuelles Behandlungskonzept erarbeitet werden.
Die Ausschaltung der ursächlichen Faktoren, wie z.B. das Ersetzen der auslösenden Medikamente bzw. schädigenden Substanzen kann von einer spontanen Erholung gefolgt sein.
Es kann auch helfen Maßnahmen auszuprobieren, die das Haarwachstum anregen oder beschleunigen.
Lesen Sie mehr zum Thema unter: Haarwachstum beschleunigen
Das für die Ausbildung des androgenetischen Haarausfalls entscheidende Androgen ist das Dehydrotestosteron (DHT). Es wird mittels zweier Enzyme aus Testosteron verstoffwechselt. Therapeutischer Ansatzpunkt ist die hormonelle Follikelinteraktion. Durch selektive Enzymhemmer kommt es zu einer Senkung des DHT (5-alpha-Reduktasehemmer, Finasterid, Handelsname: Propecia®).
Finasterid darf jedoch nicht bei Frauen angewandt werden, da im Falle einer Schwangerschaft die Gefahr einer Schädigung des ungeborenen männlichen Kindes besteht!
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Eine Alternative ist eine lokale Therapie einer 2-oder 5% Minoxidil-Lösung. Durch das Auftragen kommt es zu einer Erhöhung der lokalen Durchblutung und Haarwachstumsanregung.
Bei Frauen kann auch die Einnahme von oralen Kontrazeptiva („Pille“) Wirkung zeigen.
Zur permanenten Kopfhaarrekonstruktion erzielen modernste chirurgische Verfahrenstechniken exzellente ästhetische Ergebnisse. Eine Haarwiederherstellung kann durch eine Haartransplantation und plastisch-chirurgische Rekonstruktionsmöglichkeiten erfolgen.
Auch homöopathische Arzneimittel können einen Haarausfall positiv beeinflussen. Hierbei wird die Ursache des Haarausfalls berücksichtigt. Mehr zur Homöopathie und Haarausfall finden Sie in dem Thema: Homöopathie bei Haarausfall.
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Haarausfall ist ein weit verbreitetes Problem in der Bevölkerung und betrifft vorrangig Männer.
Grundsätzlich werden drei verschiedene Arten des Haarausfalls unterschieden:
Hormonell- erblich bedingter Haarausfall (Alopezia androgenetica), kreisrunder Haarausfall (Alopezia areata), und diffuser Haarausfall (Alopezia diffusa).
Die Ursachen dieser Formen des Haarausfalls sind noch nicht vollständig erklärt und damit die Therapie teilweise erschwert. Die Diagnostik erfolgt durch die genaue Betrachtung des Haarausfallmusters, die Anamnese bezüglich anderer Grunderkrankungen und Medikamenteneinnahme, sowie Bluttests und weiterer spezifischer Tests.
Mit Hilfe dieser diagnostischen Möglichkeiten können Haarzyklus und Haarfollikel genau begutachtet und so möglicherweise diagnoseführend sein.
Die Therapie besteht in vielen Fällen in einer lebenslangen Medikamenteneinnahme. Dabei ist die Form des hormonell- bedingten Haarausfalls verhältnismäßig gut zu therapieren, weil hier die genaue Ursache und damit ein therapeutischer Ansatzpunkt gefunden wurde.
Die Therapie des diffusen Haarausfalls besteht in der Behandlung der auslösenden Grunderkrankung. Der kreisrunde Haarausfall ist hingegen verhältnismäßig schwer zu therapieren, da die genaue Ursache noch nicht gefunden wurde. Grundsätzlich gilt, dass die Therapie oft eine lange Zeit benötigt, und vor allem im Rahmen des hormonell- bedingten Haarausfalls lebenslang eingenommen werden muss. Entsprechend der verschiedenen Ursachen und Arten des Haarausfalls ist die Prognose sehr unterschiedlich.
Männlicher Haarausfall (Alopecia androgenetica des Mannes) ist der Grund für 95% aller Haarausfälle bei Männern. Er ist sowohl genetisch determiniert als auch durch das Lebensalter beeinflusst. Es liegt eine erhöhte Empfindlichkeit gegen männliche Sexualhormone (Androgene) zu Grunde. Da mit 60-80 % in Europa über die Hälfte der Männer unter diesem mehr oder weniger ausgeprägten Haarausfall leiden, wird er nicht als Krankheit als solche angesehen. Die Krankenkassen übernehmen demnach nicht die Kosten einer Behandlung. Klinisch lassen sich vier Ausprägungen unterscheiden: Bei Grad I sind die typischen Geheimratsecken zu erkennen, zu denen im weiteren Verlauf eine Tonsur (Haarschur) (Grad II) auf dem Hinterkopf hinzukommt. Durch Haarausfall auf dem Scheitel verbinden sich diese Bereiche (Grad III) und es bleibt schließlich ein hufeisenförmiger Haarkranz von den Seiten des Schädels bis zum unteren Hinterkopf zurück. Das Haarwachstum in den behaarten Gebieten ist normal und scharf abgegrenzt von den kahlen Gebieten, welche durch die noch intakte Talgproduktion glänzen.
Die Vorgänge dabei sind noch nicht vollständig geklärt. Wahrscheinlich spielt jedoch eine Überempfindlichkeit der Haarfollikel auf die aktive Form des Hormons Testosteron (Dihydrotestosteron, DHT), welches in den Haarfollikeln gebildet wird, eine wichtige Rolle. Dieses bewirkt eine Verkürzung der Wachstumsphase (Anagenphase). Somit werden die Haare, die aus den betroffenen Haarfollikeln wachsen, immer kleiner und feiner bis sie direkt ausfallen. Die entsprechenden Haarfollikel verkümmern, weswegen dieser Vorgang nicht reversibel ist.
Es werden jedoch nicht alle Haarfollikel gleichzeitig überempfindlich für DHT, was sich im zeitlichen Verlauf des Ausfalls (Grad I-IV) widerspiegelt. Die Haarfollikel über den Ohren und am Hinterkopf bleiben meistens weitgehend unempfindlich und die Haare bleiben stehen. Transplantiert man einen unempfindlichen Haarfollikel von der Seite in eine kahle Stelle auf der Stirn, wachsen deswegen dort wieder Haare. Auch die Ausprägung der Empfindlichkeit und somit der Grad des Haarausfalls ist variabel. Zeitlicher Verlauf und Ausprägung sind genetisch auf bislang unbekannten Genen vorbestimmt, vererben sich jedoch in variablem Maße. Um den voraussichtlichen Verlauf einzuschätzen, ist ein Vergleich der Haardichte zwischen Vater und Sohn zum gleichen Lebensalter sinnvoll.
Umwelteinflüsse, wie das Tragen einer Kopfbedeckung oder häufiges Kämmen, spielen auf Grund der starken genetischen Komponente keine Rolle. Auch der oft vermutete Zusammenhang mit Stress trifft nicht zu. Die Umstellung der Ernährung oder kosmetische Artikel beeinflussen den Haarausfall höchstens marginal. Der Testosteronspiegel im Blut, er wird zum Beispiel durch häufigen Geschlechtsverkehr leicht erhöht, beeinflusst den Haarausfall kaum. Die Überempfindlichkeit der betroffenen Haarfollikel ist schon so groß, dass der normale Testosteronspiegel für den Haarausfall reicht. Eine leichte Erhöhung hat keinen Zusatzeffekt mehr. Die einzigen Medikamente, für die eine wirksame Beeinflussung des Haarwachstums derzeit genügend belegt ist, sind Finasterid (Tablette) und Minoxidil (Tinktur). Gerade bei Finasterid sollten jedoch die Nebenwirkungen beachtet und abgewogen werden.
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Ebenso wie bei Erwachsenen können viele verschiedene Ursachen bei Kindern zu Haarausfall führen. Fast immer wachsen die Haare wieder komplett nach, oftmals sogar ohne Behandlung.
Eine seltene Ursache können genetische Erkrankungen sein. Bei diesen stehen aber für gewöhnlich andere, schwerwiegendere Symptome im Vordergrund, sodass der Haarausfall untergeordnet ist.
Häufiger ist eine Infektion der Kopfhaut, die sogenannte Tinea capitis. Der Pilzerreger lässt die Kopfhaut schuppen. Typischerweise brechen die Haare dann auf geröteten Stellen ab. Als mögliche Ursachen kommen der enge Kontakt zu Tieren oder der Aufenthalt in ländlichen Gegenden in Betracht. Diese Art von Haarausfall ist mit der Anwendung von Antipilzsalben oder Tabletten vollständig reversibel.
Eine weitere Art des Haarausfalls, die sich in der Regel komplett zurückbildet ist der kreisrunde Haarausfall. Als wahrscheinlichste Ursache gilt eine Fehlfunktion des Immunsystems, das sich gegen die haarbildenden Zellen richtet. Meistens bilden sich die kahlen Stellen innerhalb eines halben Jahres zurück. Allerdings ist ein erneutes Auftreten möglich. Cortisonpräparate, die auf die kahlen Stellen aufgetragen werden, sorgen für eine schnellere Rückbildung.
Stress oder psychische Belastungen wirken sich ebenfalls auf Kinderhaare aus. Auch das Phänomen des selbst verschuldeten Ausreißens von Haaren wurde bei Kindern beobachtet.
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Die Hormone der Schilddrüse wirken auf viele verschiedene Gewebe und Zellen im menschlichen Körper.
Unter anderem auch auf die haarbildenden Zellen. Normalerweise sorgen die Hormone dafür, dass sich die Haare zum einen neu bilden und zum anderen eine gewisse Zeit stabil überleben. Wenn der Hormonhaushalt durch eine Störung durcheinandergebracht wird, kann sich das in Haarausfall äußern. Dabei ist es nicht entscheidend ob eine Überfunktion oder eine Unterfunktion des Schilddrüsengewebes vorliegt, denn sowohl ein Zuviel als auch ein zu wenig an Hormon können zum Haarausfall führen.
Für eine klinische Unterschiedung sind die Begleitsymptome wegweisend. Bei der Überfunktion (Hyperthyreose) sind die Haare eher fettig und dünn, zudem können Herzrasen, Angstattacken, Durchfall und viele weitere Symptome auftreten.
Im Gegensatz dazu ist die Unterfunktion (Hypothyreose) durch stumpfes, brüchiges Haar, Frieren, Müdigkeit, Depression und Verstopfung gekennzeichnet.
Eine sichere Unterscheidung kann der Hausarzt mit der Kontrolle der Schilddrüsenhormone im Blut treffen. Wenn das Gleichgewicht des Hormonhaushaltes wieder hergestellt ist, bilden sich die Symptome, zu denen ja auch der Haarausfall gehört, langsam und in der Regel vollständig zurück.
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Haarausfall in der Schwangerschaft ist seltener als nach der Schwangerschaft.
Durch die vielen Östrogene werden die Haare meistens schöner und länger. Bei manchen Frauen jedoch besteht vor allem im ersten Drittel der Schwangerschaft ein Haarausfall. Dieser ist jedoch reversibel, die Haare werden wieder komplett nachwachsen. Ein Grund für den Haarausfall kann ein Eisenmangel sein, der mit Eisentabletten nach Rücksprache mit dem Arzt und nach Bestimmung des Eisens im Blut gebessert werden kann.
Neben dem Eisenmangel können auch Stress oder Ängste Haarausfall auslösen oder verstärken.
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Das Stillen selbst hat keinen gesicherten Einfluss auf einen vermehrten Haarausfall.
Deswegen sollte man niemals nur um Haarausfall zu minimieren abstillen!
Viele Frauen leiden nach der Schwangerschaft unter Haarausfall, da sich der Hormonhaushalt des Körpers wieder neu ordnen muss.
Zum Beispiel durch wenig Eisen oder das Absinken der Östrogenspiegel fallen die Haare früher aus als sonst. Auch wenn das beängstigend erscheint, so kann man beruhigt darauf vertrauen, dass die Haare wieder nachwachsen werden.
Die Dauer ist dabei von Frau zu Frau sehr unterschiedlich, meistens lässt der Haarausfall aber innerhalb einiger weniger Monate nach.
Der Haarausfall ist eine recht häufige Störung mit vielfältigen Ursachen. Dabei sind verschiedene Erkrankungen zu berücksichtigen. Insgesamt ist die Therapie des Haarausfalls individuell anzupassen.