Haglund Exostose

Die Haglund Exostose bezeichet in der Medizin das Überbein, also eine zusätzliche Verknöcherung im Bereich der Achillessehne. Ursächlich können nach aktuellem Wissensstand eine genetische Veranlagung und Überbelastung sein.

Haglund Exostose

Definition

Exostosen (bzw. Singular Exostose: von ex = raus, heraus und os = Knochen) bezeichnen in der Medizin stets Überbeine, also zusätzliche kompakte Knochen, die nach außen wachsen.

Herr Patrik Haglund war ein schwedischer Orthopäde und Chirurg, nach dem diese Exostose benannt ist.

Die Begriffe Haglund-Exostose, Haglund-Syndrom, Haglund-Pseudoexostose können synonym verwandt werden.

Anatomie

Einer der sieben Fußwurzelknochen ist der Calcaneus (das Fersenbein). Dieser bildet die Ferse. Am Calcaneus, genauer am Tuber calcanei setzt die Achillessehne an. In diesem Bereich kann es zu knöchernen Ausziehungen (Exostosen) kommen. Es wird eine Exostose am Oberrand des Calcaneus, dort wo die Achillessehne ansetzt von einer Exostose am Fußsohlenrand des Calcaneus unterschieden. Man spricht vom kranialen (oberen) bzw. plantaren (an der Sohle) Fersensporn.

Als Haglund-Exostose bezeichnet man die Exostose am oberen Rand des Calcaneus im Bereich des Tuber calcanei

Häufigkeit

Eine Haglund-Exostose kann bei etwa 10 Prozent der Bevölkerung vorgefunden werden. Jedoch leiden nicht alle Betroffenen an den für das Haglund-Syndrom typischen Beschwerden.

Ursache und Entstehung = Äthiopathogenese

Bei der Haglund Exostose (auch Haglund-Ferse) kommt es zu einer verstärkten Verknöcherung am Ansatz der Achillessehne an der Ferse, wodurch die Betroffenen besonders beim Tragen von Schuhen Druckschmerz in diesem Bereich verspüren.
Die Ursache der Verknöcherung ist bislang nicht ganz geklärt. Zum einen besteht die Theorie, dass die Haglund Exostose angeboren sei, andere Experten vermuten, dass die Erkrankung auch sekundär durch Überbelastung der Achillessehne mit folgender Achillessehnenentzündung oder auch schlecht sitzendes Schuhwerk verursacht werden kann. Es wird diskutiert, ob auch eine Kombination dieser Faktoren ursächlich sein kann, ob die Haglund Exostose zu einem Teil also angeboren ist und durch Fehl-/Überbelastung der Ferse verschlechtert werden kann.
Unterstützt wird diese Theorie dadurch, dass die Haglund Exostose sehr häufig bei jungen, sportlich aktiven Menschen auftritt. Besonders durch den Druck des Schuhrandes auf die verkalkten Sehnenansätze werden die Schmerzen provoziert und es entstehen häufig sekundär Schleimbeutelentzündungen in diesem Bereich. Diese äußern sich durch starke Beschwerden beim Laufen, ausgeprägten Druckschmerz und in vielen Fällen durch eine Schwellung, Rötung und Überwärmung des Gewebes.

Symptomatik

Nicht jeder Mensch mit einer Haglund-Exostose leidet an Beschwerden, die auf diesen Knochenvorsprung zurückzuführen sind.

Auslöser für Symptome können zu starke sportliche Belastung, falsches Schuhwerk (chronischer Druck auf den Bereich der Exostose) oder Fußfehlstellungen sein.

Durch ständige Belastung der umgebenden Strukturen kommt es zu den charakteristischen Beschwerden. Grund dafür ist eine Reizung bis hin zur Entzündung der Achillessehne, des Schleimbeutels zwischen Achillessehne und Fersenbein (Bursa subachillea, bei Entzündung spricht man von der Bursitis subachillea) oder der Knochenhaut des Calcaneus.

Dies macht sich bemerkbar anhand folgender Symptome:

  • Schmerz beim Druck auf die untere Achillessehne / die Ansatzstelle am Fersenbein
  • Schmerzen im Bereich der Ferse v.a. unter Belastung (z.B. Sport)
  • Schwellung und Rötung des Fersenbereichs

Diagnostik

Häufig ergibt sich aus der Schilderung der Schmerzen und dem typischen Lokalbefund (Rötung und Druckschmerz über der Ferse) schon der Verdacht auf ein Haglund-Syndrom. Zur Sicherung der Diagnose sollte außerdem ein Röntgenbild des Fußes und insbesondere der Ferse angefertigt werden, wo die beschriebene Exostose zu sehen ist.

Eine Bursitis subachillea kann mittels Ultraschalluntersuchung der betroffenen Region nachgewiesen werden.

Therapie

Zunächst sollte stets versucht werden eine Haglund-Exostose konservativ, also ohne operativen Eingriff zu therapieren.

Konservative Therapiemöglichkeiten

  • Hierzu genügt meist eine Entlastung der betroffenen Stelle. Dies gelingt durch einen Wechsel der (Sport-) Schuhe. Weiche Schuhe sind zu bevorzugen. Außerdem sollten die Schuhe im Fersenbereich nicht auf Höhe der Exostose enden. Zudem können speziell gefertigte Einlagen helfen, ursächliche Fehlstellungen zu korrigieren und somit die dauerhafte Reizung der Exostose verhindern.

  • Ist dies nicht ausreichend, besteht die Möglichkeit durch physikalische Therapieformen die Beschwerden zu lindern. Dazu zählen die Anwendung von Kälte- und Wärmebehandlungen, sowie lokale Ultraschalltherapie. Dies soll insbesondere einen Rückgang der Entzündungsaktivität bzw. des Reizzustandes bewirken.

  • Auch die Stoßwellentherapie bietet eine Möglichkeit, die Beschwerden zu lindern. Hier werden energiereiche Ultraschallwellen genutzt, um die Entzündung zu mindern und Kalkablagerungen zu minimieren. Die Kosten für eine Stoßwellentherapie werden jedoch meist nicht von der Krankenkasse übernommen.
    Lesen Sie mehr zum Thema: Haglundferse Bestrahlung

  • Daneben können verschiedene Medikamente u.a. zur Schmerzlinderung eingesetzt werden. Häufig wird eine Kombination aus Kortison und lokalem Betäubungsmittel an die schmerzende Stelle gespritzt. Während das Lokalanästhetikum den Schmerz nimmt, führt Kortison zu einem Rückgang der Entzündung. Daneben können vorübergehend bei starken Schmerzen auch klassische Schmerzmittel eingenommen werden.

Operative Therapiemöglichkeiten

Zeigen die konservativen Maßnahmen über einen Zeitraum von 9 bis 12 Monaten keine Besserung, sollte eine Operation in Erwägung gezogen werden.

Hierbei wird der Knochenvorsprung mit einem Meißel abgetragen. Bei chronischer Entzündung des Schleimbeutels (Bursitis subachillea) muss dieser evtl. ebenfalls entfernt werden. Auch die Achillessehne wird im Rahmen der Operation teilweise entfernt und anschließend mittels Knochenankern wieder an der Ferse befestigt.

Etwa 80% der operierten Patienten sind nach der Operation beschwerdefrei. Im Anschluss an die Operation muss zunächst eine Gipsschiene für einige Wochen getragen werden, ehe der Fuß wieder voll belastet werden kann. Die volle Sportfähigkeit ist bei komplikationslosem Verlauf nach drei Monaten erreicht.

Die Operation bietet jedoch einige Komplikationen. So kommt es u.a. zur Ausbildung von Narbengewebe im Operationsgebiet, was wiederum sehr schmerzhaft sein kann.

Einlagen

Orthopädisches Schuhwerk kann helfen, die Beschwerden bei der Haglund Exostose zu mindern. Ziel dabei ist es, durch gezielte Polsterung oder Aussparungen in den Schuheinlagen die Belastung des verknöcherten Überbeins an der Ferse zu verringern.
Dafür gibt es bspw. spezielle Haglund-Polster, die die Ferse im Schuh abpolstern und so eine Überreizung der Ferse inklusive Sehnenansatz verhindern. Eine Variante sind individuell angefertigte Fersenschalen aus Silikon, die nach Belieben in verschiedene Schuhe eingelegt werden können. Zusätzlich ist es wichtig, generell geräumige Schuhe mit möglichst hohem Schuhrand zu tragen, da dadurch ebenfalls möglichst wenig Druck auf den schmerzenden Bereich ausgeübt wird.
Einlagen, die eine geringfügige Erhöhung der Ferse bewirken (um etwa 1cm) können genauso helfen, den Ansatz der Achillessehne zu entlasten. Sind anderweitige Fußfehlstellungen mit ursächlich für die Haglund Exostose, können auch diese mittels orthopädischen Schuheinlagen korrigiert werden. Da im Zusammenhang mit der Haglund Exostose häufig eine Plattfuß-Fehlstellung auftritt, bieten sich Einlagen an, die das Längsgewölbe des Fußes unterstützen und es wieder an seine anatomisch korrekte Position annähern.
Im Sommer empfiehlt es sich, Schuhe mit offener Fersenregion zu tragen. Laufschuhe sollten individuell angepasst werden und optimal sitzen, da besonders nach Laufbelastung Beschwerden auftreten.

Operative Behandlung

Die operative Behandlung der Haglund Exostose ist ein Eingriff, der möglichst Spezialisten vorbehalten werden sollte. In der Regel erfolgt diese Operation endoskopisch, das heißt es ist nur ein kleiner Schnitt nötig, durch den der Chirurg Zugang zu der verknöcherten Zone am Fersenbein erhält. Der Knochenvorsprung wird dann abgetragen und das Fersenbein insgesamt verschmälert. Am Ende des Eingriffs wird dem Patienten oft direkt ein spezieller Schuh angelegt, der der Stabilisierung des Fußes in Normalstellung dient und zusätzlich mit Korkplatten zur Fersenerhöhung ausgestattet ist.

Dieser Schuh wird für einige Tage durchgehend (auch nachts) getragen und nur zur Wundbegutachtung abgenommen. Nach etwa 4 Tagen darf der Patient mit leichter Belastung des operierten Fußes beginnen. Die Ferse wird zunächst mit den Korkplatten um 2,0-2,5cm erhöht, damit die Achillessehne entlastet wird. Auch Wundheilungsstörungen wird auf diese Weise vorgebeugt.
Nach etwa einer Woche kann, je nach Beschwerden des Patienten, wieder eine volle Belastung des Fußes erfolgen. Nach zehn Tagen werden in der Regel die Fäden entfernt. Es schließt sich eine physiotherapeutische Behandlung an, die besonders die Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk fördern soll. Der Patient kann dann bereits auf dem Fahrradergometer gegen leichte Widerstände trainieren.
Nach etwa vier Wochen kann dann begonnen werden, die Fersenerhöhung schrittweise zu reduzieren, sodass etwa sieben Wochen nach der Operation die Rückkehr zu normalem Schuhwerk probiert werden kann, dennoch sollte zunächst auch in den normalen Schuhen eine Fersenerhöhung von ca. 1cm eingelegt werden. Erst frühestens nach zehn Wochen kann der Patient wieder ohne Einschränkung belasten. Bei stärkeren Laufbelastungen wird jedoch weiterhin ein Tragen von Stabilschuhen empfohlen.
Die komplette Behandlung ist schließlich nach etwa 14-20 Wochen abgeschlossen. Insgesamt können mit der operativen Therapie gute Erfolge erzielt werden. Inbesondere die adäquate Nachsorge und das konsequente Tragen der Stabilschuhe mit Fersenerhöhung ist relevant für das Operationsergebnis. In manchen Fällen kann es dennoch im Nachhinein zu Rückfällen kommen, diese sind jedoch vor allem auf eine unzureichende Entfernung des verknöcherten Überbeins zurückzuführen oder aber durch mangelhafte Nachsorge bedingt.

Weiterführende Informationen

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie hier:

Alle bisherigen Themen der Orthopädie finden Sie unter Orthopädie A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 04.12.2013 - Letzte Änderung: 30.03.2024