Virusenzephalitis

Bei einer Enzephalitis (Gehirnentzündung) handelt es sich um eine Entzündung des Gehirns. In den meisten Fällen wird Sie durch Viren ausgelöst, seltener auch durch Bakterien oder Pilze. Häufig kommt es auch zu einer Kombination von Entzündung der Hirnhaut, die als Meningitis bezeichnet wird und von Hirngewebe. Diese Kombination nennt man medizinisch Meningoenzephalitis. Bei Beteiligung des Rückenmarks und des Gehirns spricht man von einer Enzephalomyelitis.

Akute Virusenzephalitis

Definition

Die Virusenzephalitis ist eine Entzündung des Gehirns, die durch Viren ausgelöst wird.
Dabei kommen verschiedene Erreger in Frage, wie das Herpes Simplex Virus oder FSME. Oft beginnt die Symptomatik schlagartig, Symptome wie Verwirrtheit, Unruhe, Lähmungen können auftreten. Eine Encephalitis ist eine lebensbedrohliche Erkrankung und bedarf einer schnellen Therapie.

Akute Virusenzephalitis

Viren können auf zwei Wege in das zentrale Nervensystem (ZNS, Gehirn und Rückenmark) gelangen:

  • entweder entlang von Nerven und Nervenwurzeln, z. B. des Riechnerven / Riechkolben, Sehnerv etc.
  • oder aber über den Blutweg (hämatogen), was weit häufiger der Fall ist. Hier überqueren die Viren die Blut - Liqour (Nervenwasser) - Schranke oder Blut-Hirn-Schranke. Diese „Schranke“ ist ein (elektronen-) mikroskopisch kleiner Filter zwischen den Blutgefäßen und den Liquorräumen (Nervenwasserräumen) des Gehirns, der dafür sorgt, dass keine Blutbestandteile in das Nervenwasser, welches das Gehirn umspült, eindringen. Manchmal kommt es dazu, dass dieser Filter nicht besonders dicht ist, so dass Erreger leichter über die Schranke können, oder die Erreger selbst bewirken Entzündungsprozesse an den Gefäßen, die die Schranke undichter werden lassen. Dies hängt allerdings von vielen, z.T. noch unbekannten Faktoren ab, beispielsweise der Aggressivität (Virulenz) des Erregers und der augenblicklichen Abwehrlage und Empfänglichkeit des Menschen.

Symptome einer akuten Virusenzephalitis

Bis auf einige unten aufgeführte Ausnahmen sind die Symptome der Virusenzephalitis für die meisten Erreger ähnlich.
Oft beginnt die Symptomatik schlagartig. Die Temperatur ist erhöht, Nackensteifigkeit, wie sie bei der Meningitis vorkommt, fehlt in der Regel.
Viele Patienten sind bewusstseinsgetrübt (das heißt nicht bei klarem Bewußtsein) und weisen häufig andere psychische Symptome wie:

  • Verwirrtheit
  • Unruhe
  • Aggressivität
  • Antriebsmangel

auf. In der Hälfte der Fälle tritt eine Psychose auf.

Je nachdem, an welcher Stelle im Gehirn der entzündliche Prozess vorherrschend ist, treten unterschiedliche Symptome auf (neurologische Herdsymptome). Diese reichen von:

Typischerweise geht der Virusenzephalitis eine virale Allgemeinerkrankung wie Röteln, Masern, Mumps, Windpocken, Ringelröteln voraus.

Therapie und Prognose

Die Therapie einer akuten Virusenzephalitis richtet sich nach dem Erreger. Gegen solche Viren, die auch unsere einfache Virusmeningitis verursachen wie Coxsackie-, Echo- oder Myxoviren (z.B. das Influenza (Grippe) - Virus, Parainfluenza- und Mumpsvirus), gibt es keine spezifische Therapie und es gelten die gleichen Empfehlungen wie für die einfache Virusmeningitis:

  • Bettruhe
  • Schmerzmittel (z.B. Paracetamol)
  • fiebersenkende Maßnahmen

Bei den übrigen, weiter unten besprochenen und weitaus gefährlicheren Formen der Virusenzephalitis werden zumeist sogenannte Virustatika gegeben. Virustatika hemmen in den meisten Fällen Enzyme, die die Viren zur Vermehrung benutzen. Das Medikamentenspektrum hat sich in den letzten Jahren ständig erweitert und es kommen immer mehr gut verträgliche antivirale Substanzen auf den Markt (z.B. Tamiflu).

In schweren Fällen kann auch eine intensivmedizinische Behandlung notwendig werden: Atmungs- und Herz-Kreislauffunktionen (Blutdruck, Puls, evtl. künstliche Beatmung) sowie der Wasser- und Salzhaushalt werden überwacht. Gegebenenfalls kann auch direkt kontinuierlich der Hirndruck gemessen werden, indem eine Drucksonde direkt in das Ventrikelsystem des Gehirns eingelegt wird.

Wie ansteckend ist eine Virusenzephalitis?

Eine Virusenzephalitis kann abhängig von dem Virus, der die Hirnentzündung auslöst unterschiedlich ansteckend sein.
Generell lässt sich sagen, dass eine Virusenzephalitis keine häufige Krankheit darstellt. Trotzdem gibt es gefährdetere Altersgruppen, wie Säuglinge oder ältere Menschen, bei denen es wahrscheinlicher zu einer Virusenzephalitis kommen kann. Ist eine Person in der unmittelbaren Umgebung betroffen kann die Ansteckung sehr leicht erfolgen, weswegen unbedingt Abstand und Hygienemaßnahmen eingehalten werden sollten. Handelt es sich beispielsweise um eine durch Masern ausgelöste Virusenzephalitis ist diese unter Kindern natürlich ansteckender und kann, wenn ein Kind daran erkrankt ist, leicht übertragen werden. Die FSME, die durch Zecken übertragen wird, ist wiederum in Wald-Gebieten weiterverbreitet, als beispielsweise an einer Küstenregion.

Allgemeine Informationen zu Virusinfektionen finden Sie unter: Virusinfektion

Diagnose einer akuten Virusenzephalitis

Wie bei der akuten lymphozytären (einfachen) Virusmeningitis weist das entnommene Nervenwasser (Liquor) einen fast normalen Befund auf. Hier ist die Untersuchung auf Antikörper am wichtigsten, insbesondere IgM-Antikörper, denn diese zeigen eine akute (frische) Entzündung an. Oft ist jedoch der Erreger nicht sicher nachweisbar.
Mit Hilfe der PCR (Polymerase chain reaction) können die Gene von Viren der Herpes-Gruppe nachgewiesen oder ausgeschlossen. Hierdurch kann mit früher Behandlung ein gefährlicher Verlauf verhindert werden.

Hinweise auf ein umschriebenes und auch allgemeines entzündliches Geschehen im Gehirn gibt hier auch das EEG (Elektroenzephalogramm). Hierbei werden Elektroden auf der Kopfhaut aufgebracht. Sie leiten die elektrischen Hirnströme ab. Die Wellen und Kurven des EEG sind bei einer akuten Virusenzephalitis im Gegensatz zum gesunden Gehirn immer verändert.

Auch bildgebende Verfahren wie das CT (Computertomographie) und das MRT vom Kopf (auch Magnetresonanztomogramm, „Kernspin“), die Schichtbilder vom Kopf machen, kommen zur Anwendung. Sie zeigen oft nur eine allgemeine, uncharakteristische Schwellung des Gehirns.
Hauptsächlich bedient man sich ihrer, um andere Ursachen für die Symptome auszuschließen, z.B. eine Hirnblutung, die sofort operiert werden müsste, einen Hirntumor oder eine Sinusvenenthrombose.

Lediglich die gefährliche Herpes-Simplex-Enzephalitis hat ein charakteristisches Bild im MRT vom Gehirn.

Was sieht man im MRT vom Gehirn?

Das MRT eignet sich besonders gut um eine Virusenzephalitis nachzuweisen.
In ihr können Zeichen einer solchen besonders gut sichtbar gemacht werden, sehr viel früher als in einer CT-Untersuchung. Besonders charakteristisch sind frühzeitige verdichtete Areale im Schläfen- und im Vorderlappen auf beiden Seiten des Gehirns. Das sind die Bereiche seitlich über dem Ohr und hinter der Stirn. Dorf finden sich aufgehellte Bereiche im MRT-Bild, die eine Entzündung des Gewebes beschreiben. Die angeschwollene Hirnsubstanz verdrängt dabei die umliegenden Areale zur Seite, wodurch häufig die Hirnwasserräume eingedrückt werden. Außerdem können in diesen entzündeten Bereichen keine klare Unterscheidung zwischen Rinde und Mark des Gehirns getroffen werden, weil dessen Grenze optisch verschwimmt.

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Erreger der Virusenzephalitis

Die wichtigsten Viren sind auch hier Echo-, Coxsackie- und Polioviren (=Enteroviren), das Mumpsvirus, Masernvirus und Grippevirus (Parainfluenza-Virus), FSME - Virus und die Gruppe der Herpes-Viren.
Insbesondere für das Herpes-Simplex-Virus (HSV) ist eine schnelle Diagnose lebensrettend. Eine Herpes-Simplex-Enzephalitis ist der einzige absolute Notfall unter den viralen Meningoenzephalitiden.

Herpes-Simplex-Virus

Die durch das Herpes Simplex Virus ausgelöste Hirnentzündung ist zwar eine seltene, dafür aber eine sehr schwere Form der Virusenzephalitis.
Auch unter schneller Therapie kommt es bei der Hälfte der Betroffenen zu bleibenden Schäden. Das Herpes simplex virus gelangt vor allem durch Körperflüssigkeiten über die Nase und Nasennebenhöhlen ins Gehirn und führt unter anderem zu Fieber, Verwirrung, Bewusstseinsstörungen, epileptischen Anfällen. Daher ist es wichtig frühzeitig eine Klinik aufzusuchen. Hier wird bereits bei einem Verdacht mit Aciclovir, einem das Herpes simplex virus hemmendem Medikament, therapiert.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter:​​​​​​​ Herpes-Simplex-Enzephalitis

FSME

Die Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME, kommt unter anderem vor allem in Zentraleuropa in Wald-Gebieten, wie beispielsweise Bayern, vor und wird durch Zecken übertragen.
Das FSME-Virus gelangt nach einem Zeckenbiss in das Blut und es kommt zunächst nur zu grippeartigen Symptomen und leichtem Fieber. Drei Wochen später treten bei ca. 10% aller Betroffenen weitere Krankheitsmerkmale auf. Hierzu gehören die Enzephalitis mit Bewusstseinsstörungen, Kopfschmerzen und Sprachstörungen, aber auch Lähmungen der Arme oder Harnblase und ein Befall der Leber, Gelenke und des Herzmuskels. Es gibt zwar keine heilende Therapieoption, aber trotzdem sterben lediglich ca. 2% an FSME. Außerdem existiert eine Schutzimpfung, die vor allem Menschen, die sich viel im Wald aufhalten, sehr empfohlen wird.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter:​​​​​​​ Impfung gegen FSME

Dauer einer akuten Virusenzephalitis

Die Virusenzephalitis kann zwischen einigen Tagen bis zu vielen Wochen dauern.
Abhängig ist der Krankheitsverlauf in erster Linie vom verursachenden Virus und von der Stärke des Immunsystems des Patienten, sodass kaum eine Aussage über eine übliche Krankheitsdauer getroffen werden kann. Meist schließt sich an die erste Phase des allgemeinen Krankheitsgefühls, die wenige Tage andauert, eine kurze Phase der Besserung an. Danach treten zusammen mit den allgemeinen Krankheitszeichen auch jene auf, die sehr spezifisch für eine Hirnentzündung sind. Diese Symptome können unter Umständen viele Tage bis Wochen anhalten.

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Formen der Enzephalitis

Einige wichtige Formen der Virusenzephalitis bzw. durch Viren bedingte Entzündungen des Zentralen Nervensystems sind hier genannt:

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 27.05.2007 - Letzte Änderung: 18.09.2024