Gedächtnis

Das Gedächtnis wird grob in Langzeit- und Kurzzeitgedächtnis unterteilt. Es gibt diverse Übungen, mit denen man die Gedächtnisleistung trainieren und verbessern kann.

Gedächtnis

Definition

Unter dem Gedächtnis versteht man die Fähigkeit des menschlichen Gehirnes, Informationen zu speichern und zu einem späteren Zeitpunkt wieder abrufen zu können. Der Zeitraum bis zum Wiederabrufen dieser Informationen kann sehr variabel sein, weshalb man unterschiedliche Arten des Gedächtnisses unterscheidet. Außerdem besteht das Gedächtnis aus einem Komplex mehrerer aufeinanderfolgender Schritte, um den eigentlichen Sinneseindruck zunächst zu filtern, in eine abspeichbare Form zu bringen, Verknüpfungen im Gehirn dazu zu schaffen und diese später wieder abrufen zu können.

Heute weiß man, dass die Hauptakteure beim Gedächtnis die über 100 Milliarden Nervenzellen sind, aus denen unser Gehirn besteht. Diese speichern nicht etwa Bilder oder Formen ab, sondern kommunizieren über eine Abfolge elektrischer Impulse und Botenstoffe so miteinander, dass unsere Erinnerungen vor dem gesitigen Auge wieder als das ursprüngliche Bild erscheinen. Je nach dem, wie stark diese Verbindung zwischen bestimmten Nervenzellen ist und wie häufig sie abgerufen wird, ist diese Erinnerung auch dauerhafter als Andere.

Kurzzeitgedächtnis und Langzeitgedächtnis

Die wohl geläufigste Unterscheidung des Gedächtnis ist die Unterteilung in Kurz- und Langzeitgedächtnis. Wie der Name es schon sagt, werden im Kurzzeitgedächtnis Informationen eher nur kurzfristig gespeichert. Im Langzeitgedächtnis dagegen, für längere Zeiträume bis hin zu lebenslang.

Beim Kurzzeitgedächtnis unterscheidet man zudem noch das Ultrakurzzeitgedächtnis. Dieses speichert Sinneseindrücke nur für einige Sekunden ab, etwa um sich den Anfang eines Satzes noch merken zu können, bis die Person ihn zu Ende gesprochen hat. Alternativ wird bei dieser Form des Gedächtnisses auch vom sensorischen Gedächtnis gesprochen, da hierbei vor allem primäre Sinneseindrücke gespeichert werden.
Weiterhin gibt es das Arbeitsgedächtnis, auch eine Form des Kurzzeitgedächtnis bei der die Informationen allerdings ein bisschen länger gespeichert werden. Ein typisches Beispiel hierfür wären die Tagesziele, welche man sich morgens vornimmt und über den Tag lang nicht vergisst, in den nächsten Tagen allerdings rasch wieder aus dem Gedächtnis verschwinden.

Beim Langzeitgedächtnis unterscheidet man auch zwei Arten. Das episodische Gedächtnis speichert Informationen, die uns bewusst sind. Besipielsweise gehören hierzu wichtige Lebensereignisse sowie unsere persönliche Lebensgeschichte.
Das semantische Gedächtnis hingegen speichert eher unser Allgemeinwissen ab, welches wir jederzeit abrufen können, was uns allerdings nicht in jedem Moment wirklich bewusst ist. Beispiele hierfür sind Namen wichtiger Hauptstädte, Wortbedeutungen oder Fakten zu berühmten Persönlichkeiten.
Außerdem unterscheidet man noch das prozedurale Gedächtnis. Dieses ist vor allem für bereits erlernte Bewegungsabläufe zuständig, welche wir jederzeit unbewusst wiederholen können. Typisches Beispiel hierfür ist das Fahrradfahren, bei dem das Gehirn unbewusst die Steuerung der richtigen Muskeln zum richtigen Zeitpunkt übernimmt.

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Wie funktioniert das Gedächtnis?

Um eine neue Information überhaupt abspeichern zu können, muss zunächst ein Reiz auf eine Sinneszelle treffen. Dieser kann entweder visuell, akustisch oder auch taktil sein und erregt eine Sinneszelle indem er einen elektrischen Impuls auslöst. Diese Energie wird dann auch als elektrischer Impuls an eine Nervenzelleauch Neuron genannt – an das Gehirn weitergeleitet.
Im Gehirn stehen die Nervenzellen über sogennante Synapsen untereinander in Verbindung. Dabei handelt es sich um Spalten zwischen zwei Nervenzellen, über welche sie mithilfe von Botenstoffen miteinander kommunizieren können. Je nach dem wie viele solcher Synapsen erregt werden und in welcher Kombination dies geschieht, wird auch die neue Information dementsprechend abgespeichert.

Ist dies einmal geschehen, können diese Informationsnetwerke beispielsweise durch Lernen und Wiederholung erneut aktiviert werden und bleiben länger im Gedächtnis als weniger genutzte Synapsenverbindungen. Auch die Anzahl der beteiligten Synapsen spielt bei der Erinnerung eine wichtige Rolle. Je mehr davon aktiviert werden, desto stärker ist die Erinnerung und es fällt uns leichter, diese Information jederzeit wieder abzurufen.
Ähnlich verhält es sich auch mit dem Vorgang des Vergessens. Weniger genutzte Infromationstrassen werden dabei von neuen, öfter aktivierten Synapsenverbindungen ersetzt und in gewisser Weise mit der neuen Information "überschrieben." Die alten Inhalte gehen meist jedoch nicht gänzlich verloren, sondern werden für das Gehirn schlechter bis hin zu gar nicht mehr abrufbar.

Nach dem bisherigen Stand der Forschung spielen sich Vorgänge im Kurzzeitgedächtnis eher über biochemische Reize an den Synapsen ab, wohingegen Vorgänge im Langzeitgedächtnis die Synapsen eher langfristig verändert. Diesen Prozess bezeichnet man auch als Langzeitpotenzierung.

Wie kann ich das Gedächtnis verbessern?

Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, Gedächtnisverlust entgegenzuwirken und damit die Merkfähigkeit des Gehirns zu verbessern. Dies kann auch in Lebenssituationen nützlich sein, in denen man sich sehr viele Dinge gleichzeitig im Kopf behalten muss und dadurch schnell mal den Überblick verlieren kann.
Die beste Übung um das Gehirn zu trainieren ist, es mit anspruchsvollen Aufgaben immer wieder herauszufordern. Im Alltag lässt sich dies möglicherweise mit dem Arbeitsplatz kombinieren. Das Lösen komplexerer Aufgaben oder die Übernahme von mehr Verantwortung wirkt sich laut moderner Studien positiv auf das Gedächtnis aus und soll vor einer Alzheimer-Demenz schützen. Auch das Pflegen sozialer Kontakte und enger Freundschaften fordert das Gehirn in einer positiven Weise heraus und kann dabei helfen, das Gedächtnis zu verbessern. Denn in der sozialen Interaktion mit Anderen entstehen häufig neue Assoziationen, werden alte Erinnerungen wieder abgerufen oder Konflikte gelöst. All dies stellt ein Training für das Gedächtnis dar.

Zusätzlich kann durch regelmäßige körperliche Betätigung die Leistungsfähigkeit des Gehirns und somit das Gedächtnis verbessert werden. Auch die Veränderung bestimmter Schlaf- und Essgewohnheiten kann unter Umständen dabei helfen, das Gedächtnis zu verbessern. Beispielsweise ist bekannt, dass ausreichend guter Schlaf unabdingbar für die Leistungsfähigkeit und vor allem für die Merkfähigkeit des Gehirns ist. Auch ein kleines Nickerchen zwischendruch kann dabei helfen, neue Informationen besser zu festigen.

Auch bestimmte Lebensmittel haben sich in diversen Studien positiv auf das Gedächtnis ausgewirkt. Generell gilt – nicht nur für das Gedächtnis – eine gesunde und ausgewogene Ernährung als ein sehr wichtiger Pfeiler der Gesundheit, den wir direkt durch unser Handeln beeinflussen können. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass der Konsum bestimmter Gemüsesorten bei Probanden einen positiven Effekt auf das Gedächtnis hatten. Darunter waren Kohl, Brokkoli und Spinat vertreten. Besonders gut für das Langzeitgedächtnis sollen diverse Beeren sein. Insbesondere für Blaubeeren konnte dieser Effekt nachgewiesen werden.
Der moderate Konsum von Koffein konnte zudem bei einer anderen Studie das Gedächtnis von Probanden gegenüber der Placebo-Gruppe verbessern. Dabei wirkte sich eine Menge von etwa 200mg Koffeinwas etwa drei bis vier Espressotassen entspricht – einige Stunden nach Einnahme positiv auf die Merkfähigkeit der Testpersonen aus.
Der gegenteilige Effekt kann durch den Konsum von Alkohol erzeugt werden. Dabei scheint diese Substanz nicht nur kurzfristig im betrunkenen Zustand einen Gedächtnisschwund zu bewirken, sondern auch bei einer regelmäßigen Langzeiteinnahme das Gedächtnis nachhaltig zu schädigen.

Wie kann ich das Gedächtnis trainieren?

Es gibt diverse Methoden, das Gedächtnis und die Gehirnleistung als Solches zu trainieren und unter Umständen sogar zu verbessern. Allen gemeinsam ist die Herausforderung mit neuen, bisher unbekannten Aufgaben. Alternativ zum Gedächtnistraining werden auch Begriffe wie Gehirnjogging oder Gehirnmeditation benutzt. Sie alle bezeichnen Übungseinheiten, welche der natürlichen Alterung und damit der Abnahme der Gedächtnisleistung entgegenwirken sollen.

Um den Gedächtnisschwund aktiv aufzuhalten, müssen im Gehirn neue Nervenzellen stimuliert werden und somit Bereiche aktiviert werden, die sonst weniger aktiv sind oder Verbindungen zwischen Hirnregionen neu hergestellt werden. Reines Auswendiglernen hat nicht diese Effekte und stellt für das Gehirn somit lediglich eine Ausdauerübung dar.
Dahingegen bewirken Übungen, bei denen man aktiv neue Zusammenhänge knüpfen muss und dadurch sehr viel Konzentration benötigen langfristig eher sogar eine Verbesserung der Gedächtnisleistung. Passt man nun die Übungen entsprechend dem Alltag an, sind die Effekte des Trainings auch dort meist spürbar. Ein veranschaulichendes Beispiel kann Folgendes sein: Während das sture Auswendiglernen von Zahlenfolgen oder Städtenamen eher als Gehirnjogging eingestuft werden kann, fordert man das Gedächtnis auf eine interaktive Art und Weise beispielsweise damit heraus, dass man auf den gewohnten Weg zur Arbeit mal verzichtet und einen Umweg nimmt oder die gewohnte Zeitschrift mal auf den Kopf dreht und andersherum liest. Es geht vor allem darum, gewohnte Tätigkeiten und Abläufe zu hin und wieder zu durchbrechen und kreativ zu variieren.

Auch das Erlernen einer neuen Sprache kann im Alter ein gutes Training für das Gedächtnis sein. Am allerbesten eignet sich dabei eine Sprache, welche im nächsten Urlaub auch angewendet werden kann. Dies hilft einerseits bei der Motivation, andererseits kann das Gehirn viel leichter Sachen abspeichern, die sich als nützlich erweisen können.
Aber auch Emotionen und Bilder können hierbei nützlich sein. Fühlt sich jemand wohl, wird sein Gehirn von mehreren Botenstoffen durchflutet, die den Lernprozess signifikant verbessern können. Viele Gedächtnistrainer setzten zudem auf die Verknüpfung zwischen Gedächtnisinhalten und Bildern, welche man beispielsweise als zusammengedichtete Geschichte besser abrufen kann als die einzelnen Posten auf der Einkaufsliste.

Wichtiges Kriterium bei der Auswahl des passenden Gedächtnistrainings sollte sein, dass es der individuellen Leistungsfähigkeit des Anwenders entspricht. Zu einfache Übungen führen dabei schnell zur Unterforderung und damit zu Langeweile, zu schwierige Aufgaben hingegen könnten zu Frustration führen. Ein guter Marker für den Schwierigkeitsgrad kann die Ermüdung sein. Eine leichte Ermüdung nach anspruchsvollen Aufgaben beispielsweise ist Zeichen dafür, dass das Gehirn gearbeitet und dadurch auch trainiert hat.
Darüber hinaus sollte darauf geachtet werden, dass die Übungen nicht eintönig werden und genügend Abwechslung vorhanden ist. Zum einen steigert dies die Motivation, zum Anderen fordert es aber auch immer wieder unterschiedliche Hirnregionen heraus, was für die Gesamtleistung des Gehirns von entscheidender Bedeutung sein kann.

Kann man ein Gedächtnis löschen?

In Tierversuchen konnten durch bestimmte Substanzen einzelne Gedächtnisinhalte bei Ratten bereits gelöscht werden. Es handelte sich dabei um Angstreaktionen, die die Tiere auf einen gewissen Reiz (hier ein Stromreiz) entwickelten. Bekamen sie direkt danach das Medikament gespritzt, verloren sie die Angst vor der zuvor am eigenen Körper erfahrenen Gefahr.
Am Menschen ist dies nur bedingt anwendbar, da die belastenden Ereignisse meist weiter in der Vergangenheit liegen und somit schlecht von Außen manipulierbar sind. In einzelnen Fällen im Rahmen von Studien konnte die Anzahl von Personen mit posttraumatischer Belastungsstörung durch die Gabe bestimmter Medikamente etwas reduziert werden, eine flächendeckende Therapie hat sich daraus jedoch bisher noch nicht ergeben.

Etwas etablierter ist ein Verfahren in der Verhaltenstherapie, bei dem man an bestimmte Gedächtnisinhalte geknüpfte Emotionen verhindern und die Erinnerung als Solche dadurch abblassen lassen kann. Ein Beispiel hierfür sind Patienten, die ein traumatisches Erlebnis hatten und seitdem unter starken körperlichen Symptomen wie Angst, Schweißausbrüchen, Schwindel oder gar Panik leiden, sobald sie die Erinnerung abrufen.
Durch die kontrollierte Einnahme bestimmter Medikamente (wie beispielsweise Betablocker) ist es in einigen Fällen bereits gelungen, diese Symptomengruppe von der eigentlichen Erinnerung zu entkoppeln und somit die Wucht und die Stärke der Erinnerung zu mindern. Dabei geht diese nicht gänzlich verloren, sondern hinterbleibt lediglich als abgeblasste, schlechte Erinnerung.
Zudem gibt es Anbieter die von sich behaupten, mithilfe von Hypnose Erinnerungen löschen zu können. Dabei handelt es sich meist auch um Verfahren, bei denen die Gefühle und Reaktionen auf die Erinnerung konstruktiv umgeändert werden und somit ein anderer Umgang mit der Erinnerung trainiert wird.

Allen Verfahren zur Manipulation des Gedächtnisses ist gemein, dass sie ethisch höchst umstritten sind und viele Kritiker haben, die sich mit der Sinnhaftigkeit und Vertretbarkeit dieser Maßnahmen auseinandersetzen.
Im Rahmen schwerer Unfälle mit dauerhafter Gehirnschädigung kann auch ein Verlust von Gedächtnisinhalten (sogenannte Amnesie) eintreten. Besonders schwerwiegend sind dabei Schädigungen im Bereich des Stirnhirnes. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen allein durch eine sehr hohe Stressbelastung oder traumatisierenden Erfahrungen das Gedächtnis bei Betroffenen wie ausradiert zu sein scheint. Dabei spielen sowohl das Unterbewusstsein und als auch diverse Verdrängungsmechanismen wohl eine nicht unerheblich große Rolle. Eine Läsion von Hirngewebe ist bei diesen Fällen allerdings nicht nachweisbar.

Lesen Sie dazu auch unsere Seite Amnesie.

Weitere Informationen zum Thema Gedächtnis

Weitere Informationen zum Thema Gedächtnis finden Sie hier:

Einer Übersicht aller Themen aus der Neurologie finden Sie unter Neurologie A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 16.01.2017 - Letzte Änderung: 18.09.2024