Therapie der Peripheren Arteriellen Verschlusskrankheit

Die Therapie der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit kann verschiedentlich erfolgen, medikamentös oder operativ. In der operativen Behandlung der pAVK kommen minimal-invasive Verfahren und offene Operationen zur Anwendung. Die Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit richtet sich nach dem Erkrankungsstadium.

Therapie der Peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK)

Die Therapie ist abhängig vom Stadium der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit. Im Stadium I und II ist das Ziel, die Gehstrecke zu verbessern und damit die Beschwerden des Patienten zu vermindern. Dagegen geht es im Stadium III und IV darum, die betroffene Extremität (meist die Untere) zu erhalten.

Man unterscheidet eine kausale und eine symptomatische Therapie der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit:

  • Die kausale Therapie soll die Risikofaktoren beseitigen, um somit der Krankheit die Grundlage die Grundlage zu entziehen, also ein Fortschreiten der Arteriosklerose verhindern.
  • Die symptomatische Therapie dagegen hat zum Ziel, die Beschwerden zu lindern und die durch die Arteriosklerose entstandenen Veränderungen zu beseitigen.

Stadiengerechte Therapie

  • Ergotherapie (Gehtraining): Stadium I-II
  • Medikamentöse Therapie: Stadium II-IV
  • Revaskularisation (Wiedereröffnung von Gefäßen): Stadium II-IV
  • Infekt- und Wundbehandlung: Stadium IV
  • Amputation: Stadium IV

Grundsätzlich sollten als Basistherapie die bestehenden Risikofaktoren beseitigt werden. Dies schließt das Aufgeben des Rauchens, optimale Diabetes mellitus -Behandlung, Behandlung eines Bluthochdrucks (Hypertonie), sowie Behandlung einer Fettstoffwechselstörung ein (kausale Therapie).

Dafür sollte auf eine gesunde Ernährung geachtet werden, sowie regelmäßige Bewegung erfolgen.

Im Stadium I und II der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit sollte ein tägliches Gehtraining (Ergotherapie) stattfinden. Das Ziel ist es, dadurch die Umgehungskreisläufe (Kollateralen) zu stärken, und so eine ausreichende Blut- und Sauerstoffversorgung des Gewebes zu erreichen. Dafür sollten die Patienten täglich etwa 1 – 1 ½ Stunden im Intervall Gehen. Das bedeutet, dass bei Auftreten von Schmerzen stehen geblieben wird und bei Nachlassen das Training fortgesetzt wird. Dafür stehen auch Gehsport- oder pAVK-Gruppen zur Verfügung. Im Laufe dieses Trainings sollte sich die schmerzfreie Gehstrecke verlängern.

Die Ergotherapie sollte nicht stattfinden, wenn die Blutversorgung im Stadium II schon sehr stark eingeschränkt ist, sowie im Stadium III und IV, da hier durch die starke Belastung das Risiko einer kritischen Sauerstoff-Unterversorgung mit Gewebeschädigung gegeben ist.

Nicht-medikamentöse Therapie

Sport und pAVK

Allgemein ist Bewegung und Ausdauersport für pAVK-Patienten zu empfehlen, immer im Rahmen der Möglichkeiten und in Absprache mit dem behandelnden Arzt (z.B. Nordic walking).
Dadurch lassen sich das LDL-Cholesterin (das „böse“ Cholesterin) senken, sowie andere Kreislaufparameter, wie Blutdruck, Herzleistung und Puls positiv beeinflussen.

Da viele Patienten zusätzlich Veränderungen an den Herzkranzgefäßen (Koronarien) im Rahmen einer KHK (Koronare Herzkrankheit) aufweisen, kann damit Komplikationen vorgebeugt werden.

Lokale Maßnahmen

Zudem sollten lokale Maßnahmen ergriffen werden, um Verletzungen vorzubeugen und die Wundheilung zu verbessern. Dazu gehört die sorgfältige Fußpflege (z.B. regelmäßiges Eincremen bei spröder Haut, Pediküre und das Tragen bequemer Schuhe). Insbesondere in den Stadien III und IV können weitere Maßnahmen ergriffen werden. So hilft die Tieflagerung der Beine, die Durchblutung zu verbessern und durch Watteverbände lassen sich Druckschäden vermeiden.

Wärmeanwendung

Auf Wärmeanwendungen sollte dagegen verzichtet werden, da hier mehr Sauerstoff benötigt wird. Dies kann zu Schäden des Gewebes führen!

Sollten schon Gewebeschäden irgendeiner Art entstanden sein, so ist selbstverständlich auch die Behandlung dieser angezeigt. Diese wird jedoch von den Ärzten/Pflegepersonal durchgeführt werden und ist individuell abhängig von der vorliegenden Schädigung.

Medikamentöse Therapie

Auch eine breite medikamentöse Therapie ist möglich:

  • So sollten Medikamente, die die Durchblutung verschlechtern, weggelassen werden. Dazu zählen z.B. ß-Blocker (Betablocker).
  • Bei jedem Patienten ist es sinnvoll, die Thrombozytenaggregation zu hemmen („Blutverdünnung“; in Wirklichkeit wird jedoch nicht das Blut verdünnt, sondern nur das Aneinanderkleben der Blutblättchen (Thrombozyten) erschwert). Dies geschieht mithilfe von ASS (Aspirin). Es werden Dosen von 100mg/d – 300mg/d verordnet. Sollten Nebenwirkungen auftreten oder eine Unverträglichkeit bekannt sein, so ist es möglich, auf Clopidogrel (75mg/d) auszuweichen. Neuere Studien (CAPRIE-Studie) legen sogar nahe, dass Clopidogrel bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) besser wirksam ist als ASS.
  • Die Gerinnungshemmung (Antikoagulation) durch Marcumar sollte dagegen nur erfolgen, wenn noch weitere Gründe vorliegen. Dies kann nötig sein, wenn schon einmal eine arterielle Embolie (Gefäßverschluss) vorlag oder bei besonderen Arten arterieller Verschlüsse.
  • Falls eine Wiederherstellung des Gefäßdurchmessers durch Kathetermaßnahmen (siehe unten) nicht erfolgreich war, können im Stadium III und IV Prostanoide verabreicht werden. Diese werden jedoch nicht in Tablettenform, sondern intravenös verabreicht, d.h. direkt in die Vene gespritzt. Auch wenn eine OP geplant ist, kann die Zeit bis dahin mit Prostanoiden überbrückt werden.
  • Die Verbesserung der Durchblutung durch Gefäßweitstellung ist auch eins der Wirkungsprinzipien eines weiteren Medikaments, des Cilostazol (Pental®, ein sog. PDE-3-Hemmer (Phosphodiesterase-3-Hemmer)). Bisher liegen jedoch noch keine Langzeitdaten vor. Die amerikanischen Fachgesellschaften empfehlen diese Medikamente, die deutschen Leitlinien werden zur Zeit noch überarbeitet.
  • Auch ein weiteres Verfahren, die so genannte isovolämische Hämudilutation, eine Blutverdünnung, soll die Durchblutung verbessern. Angezeigt ist diese jedoch nur in besonderen Fällen, wenn übermäßig viele rote Blutblättchen (Erythrozyten) vorliegen (Polyglobulie). Bei diesem Verfahren werden 500ml Blut entnommen und gleichzeitig 500ml Flüssigkeit durch eine Infusion (meist Kochsalz, NaCl) wieder zugeführt. Dadurch verringert sich die Zähflüssigkeit (Viskosität) des Blutes. Man gibt sie durch den Hämatokrit-Wert (Hkt) an, der die Anzahl der festen Blutbestandteile in % angibt. Durch diese Verdünnung soll ein Hkt von 35-40% erreicht werden. Auf aufgrund der seltenen Voraussetzungen, bei denen diese Therapie angewandt wird, liegen noch keine Studien zur Wirksamkeit vor.
  • In fortgeschritteneren Fällen kann es vorkommen, dass zudem Behandlungsmöglichkeiten aus der Herzinsuffizienz-Therapie zum Einsatz kommen (siehe Thema Herzinsuffizienz).

Eingriffe

Minimal-invasive Verfahren

Um die Engstellen der Arterien direkt anzugehen, sind invasive Maßnahmen möglich. Diese gliedern sich in Katheterverfahren und operative Verfahren. Es sind jeweils unterschiedliche Vorgehensweisen möglich, die von Grad und Länge der Verengung abhängig sind:

Katheterverfahren kommen ab Stadium IIb zum Einsatz. Bei den verschiedenen Verfahren wird ein Katheter fast immer von der Leiste aus in das verengte Gefäß vorgeschoben. Dabei wird das Gefäß über Kontrastmittelgabe sichtbar gemacht und dann unterschiedliche Methoden eingesetzt:

  • Bei dem Standardverfahren PTA (perkutane transluminale Angioplastie) wird ein sog. Führungsdraht durch die Arterie bis in die Engstelle vorgeschoben. Danach wird über diesen Führungsdraht ein aufblasbarer Ballonkatheter in die Engstelle geschoben und dort aufgeblasen. Dadurch erweitert sich das Gefäß.Um eine erneute Verengung an dieser Stelle zu verhindern, wird eine Gefäßstütze eingesetzt (Stentimplantation). Dieses Verfahren eignet sich jedoch nur für kurzstreckige Verengungen oder Verschlüsse bis 10cm. Auch bei zu starker Verkalkung ist eine PTA nicht angebracht.
  • Für langstreckigere Engstellen stehen spezielle Verfahren zu Verfügung. Bei der Laser-, Rotations- oder Ultraschall-Angioplastie werden durch Laser, Bohrkopf oder Ultraschall die Verkalkungen der Arterienwände abgetragen.
  • Weitere Kombinationen aus Medikamentengabe zur Auflösung von Verschlüssen, Absaugung und PTA sind möglich.

Operation

Die operativen Maßnahmen richten sich nach dem Stadium der pAVK und dem Grad und der Länge der Verengung:

  • Falls Gefäßverengungen in den großen Becken- und Oberschenkelarterien (A. iliaca und A. femoralis) vorliegen, kann versucht werden, die Gefäße auszuschälen. Dies nennt man Desobliteration oder Thrombendarteriektomie (TEA). Dabei wird z.B. mithilfe eines sog. Ringstrippers die Verkalkung, sowie der innere Teil der Gefäßwand (die Intima), herausgeschnitten.
  • Im Stadium III und IV kann es nötig sein, eine Gefäßüberbrückung (Bypass) zu legen. Dabei gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Bei Verschlüssen im Ober- oder Unterschenkel wird meist die „große Rosenvene“, V. saphena magna, entnommen, um als Ersatz zu dienen. Sie gehört zu den oberflächlichen Venen und verläuft vom Fuß aus vor dem Innenknöchel über Oberschenkelinnenseite bis in die Leiste. Da sie zu den oberflächlichen Venen zählt, die für nur 10% des Blutrücktransports verantwortlich sind, ist eine Entfernung ohne größere Einschränkungen möglich. Es ist auch möglich, stattdessen körperfremdes Material zu verwenden. Meist ist dies Teflon (PTFE, Polytetrafluoroethylen). Darauf greift man jedoch erst zurück, wenn die Hauptschlagader und die Beckengefäße verengt sind, da man hier ein größeres Gefäßkaliber benötigt.Es können jedoch nicht alle Gefäßverschlüsse operiert werden. Im schlimmsten Fall kann es dazu kommen, dass die Blutversorgung so eingeschränkt ist, dass die Extremität abstirbt. Dann bleibt als letzte Möglichkeit (sog. Ultima ratio) nur noch die Amputation. Bevor eine solche extreme Maßnahme vorgeschlagen wird, werden jedoch alle anderen Verfahren gründlich geprüft werden.

Da die Medizin einem stetigen Wandel unterworfen ist, werden immer neue Therapien gesucht. Auch bei der pAVK gibt es einige experimentelle Therapien, die jedoch nur im Rahmen von klinischen Studien durchgeführt werden. Diese erfolgt selbstverständlich erst, nachdem eine ausführliche Prüfung stattgefunden hat. Derzeit werden Gentherapien erprobt. So soll mithilfe von bestimmten Wachstumsfaktoren (VEGF, rFGF-2) das Gefäßwachstum angeregt werden. Zudem werden Therapien mit Knochenmarkstammzellen erprobt. Mit diesen Verfahren soll das Wachstum der Gefäße angeregt werden und auch neue Gefäße sollen sich ausbilden.

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Prognose

Da die pAVK von vielen Faktoren abhängt, ist es schwierig, eine genaue zeitliche Prognose zu treffen. Diese hängt jedoch neben dem Stadium sehr stark davon ab, inwieweit sich die Ursachen behandeln lassen. So besteht eine schlechte Prognose, sollte das Rauchen nicht aufgeben werden. Dies und ein schlecht behandelter Diabetes mellitus erhöhen das Risiko, einen erneuten Verschluss zu erleiden, stark! Auch Amputationen sind häufiger.

Zudem muss beachtet werden, inwieweit die Arteriosklerose andere Gefäße bereits angegriffen hat. Zu den dadurch hervorgerufenen Komplikationen zählen insbesondere die koronare Herzkrankheit (KHK), Verengungen der hirnversorgenden Arterien und andere Erkrankungen, die aus den Risikofaktoren entstanden sind.

Allgemein lässt sich sagen, dass ein pAVK-Patient im Durchschnitt eine um ca. 10 Jahre geringere Lebenserwartung besitzt. Die Haupttodesursachen sind Herzinfarkt (~60%) und Schlaganfall (Apoplexie, ~10%). Dies rührt daher, dass schon im Stadium II die Hälfte aller Patienten an einer KHK leidet. Im Stadium III sind es dann schon 90%! Zusätzlich finden sich im Stadium III bei der Hälfte aller Patienten Gefäßverengungen der hirnversorgenden Arterien, die durch Arteriosklerose entstanden sind.

Daher ist eine Untersuchung auf KHK und eine anschließende Behandlung extrem wichtig.

Weitere Informationen

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 04.08.2008 - Letzte Änderung: 18.09.2024