Synonyme im weiteren Sinne
Bewegungstherapie
Der Begriff Ergotherapie kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Heilung durch Arbeit und Handeln“ („ergon“ = Arbeit, Handlung, Aktivität, Leistung und „therapeia“ = Behandlung, Dienst). Die Ergotherapie ist demnach eine Form der Therapie, welche sich hauptsächlich mit körperlicher Aktivität und darüber mit dem Gesundungsprozess eines Menschen beschäftigt und zählt somit zu den medizinischen Heilberufen.
Die Ergotherapie verfolgt ein ganzheitliches Konzept. Das bedeutet, dass sie den Menschen als Ganzes sieht und deshalb nicht nur der Körper, sondern auch Persönlichkeit, soziokulturelle Aspekte und die Interaktion zwischen der Person mit ihrer Umwelt im Vordergrund stehen, da diese Faktoren sich erheblich auf den Erfolg einer Behandlung auswirken können.
Allgemein kann die Ergotherapie bei Menschen jeden Alters eingesetzt werden, wenn eine begründete Annahme dafür besteht, dass diese in ihrem Zustand von dieser Behandlungsform profitieren können.
Wenn man eine Ergotherapie in Betracht zieht, ist es am besten, direkt einen Arzt oder einen Ergotherapeuten anzusprechen, mit dem man dann gemeinsam besprechen kann, ob diese Art der Therapie in dem vorliegenden Fall Sinn macht und Erfolg verspricht. Sollte dies der Fall sein, so kann eine ergotherapeutische Behandlung entweder stationär oder auch ambulant in einer ergotherapeutischen Praxis erfolgen.
Die Therapieform Ergotherapie existiert erst seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts und stammt ursprünglich aus den USA.
In Deutschland entstand dieser Beruf aus der Zusammenlegung der Berufsbezeichnungen Beschäftigungs- und Arbeitstherapeut, welche im Jahre 1999 erfolgte.
Das Konzept der Ergotherapie beruht auf einigen Grundannahmen:
- Der Mensch ist von Natur aus ein handelndes Wesen.
- Erkrankungen oder Störungen, die diese Handlungsfähigkeit beeinträchtigen, wirken sich folglich auf den Gesundheitszustand eines Menschen aus.
- Durch den gezielten Einsatz von Aktivität kann man also positiv einen Heilungsprozess beeinflussen.
Prinzipiell unterscheidet man in der Ergotherapie zwischen den Bereichen
- Produktivität,
- Selbstversorgung und
- Freizeit.
Alle drei spielen eine entscheidende Rolle für eine Person, wenn es darum geht, das alltägliche Leben zu meistern.
Das Ziel der Ergotherapie ist es dementsprechend in allen diesen Beschäftigungsbereichen eine Handlungsfähigkeit im Alltag (wieder) zu erreichen.
Dies kann sowohl über das direkte Erlernen spezifischer Fertigkeiten erfolgen oder aber auch über das Ausnutzen kreativer Prozesse oder die Auseinandersetzung mit anderen Menschen.
Die Ergotherapie wird in den verschiedensten Bereichen der Medizin sowohl zur Behandlung als auch zur Prävention erfolgreich eingesetzt.
- Neurologie: Besonders Schlaganfall patienten profitieren häufig von der Ergotherapie. Ein Schlaganfall geht häufig mit einem motorischen Funktionsverlust einer Körperseite einher. Durch eine frühzeitig begonnene, gute Ergotherapie können oftmals viele Funktionen wiederhergestellt werden.
So können Betroffene im Idealfall zumindest lernen, wieder selbstständig zu essen und zu trinken, sich selbst zu waschen und zu versorgen. Grob- und Feinmotorik können trainiert werden; wenn bestimmte Funktionen permanent ausgefallen sind, kann man sich darauf konzentrieren, bestimmte Ersatzfunktionen zu erlernen.
Auch neuropsychologische Einschränkungen (Aufmerksamkeits-, Konzentrations- und Leistungsverlust) können mithilfe der Ergotherapie abgemildert werden.
Weitere neurologische Krankheitsbilder, bei denen eine Ergotherapie sinnvoll sein kann, sind die Multiple Sklerose (MS), Parkinson, Querschnittslähmungen, Schädel-Hirn-Verletzungen und die Amytrophe Lateralsklerose (ALS). - Orthopädie: In der Orthopädie (und auch in der Rheumatologie und Traumatologie) wird die Ergotherapie eingesetzt, um Störungen im Bereich des Bewegungsapparates zu beheben oder zu verbessern.
Hier überschneiden sich die Gebiete teilweise mit der Neurologie (zum Beispiel bei der Querschnittslähmung), darüber hinaus können auch Amputationen, Knochenbrüche und rheumatische Beschwerden mit der Ergotherapie behandelt werden.
Auch in diesem Fachgebiet steht wieder die Alltagstauglichkeit im Vordergrund. Dafür werden bestimmte Bewegungsabläufe trainiert und gegebenenfalls Kompensationsmechanismen erlernt oder bestimmte Hilfsmittel eingesetzt. Gerade in der Orthopädie arbeitet die Ergotherapie Hand in Hand mit der Physiotherapie, die ebenfalls darauf abzielt, das größtmögliche Bewegungsausmaß (wieder)herzustellen. - Pädiatrie: Prinzipiell kann die Ergotherapie bei allen Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden, bei denen der Entwicklungsstand aus irgendeinem Grund nicht altersentsprechend ist.
Ursache hierfür können diverse hirnorganische Schädigungen, aber auch psychische Erkrankungen, (Sinnes-)Behinderungen oder eine verzögerte sensomotorische Entwicklung sein.
Sie alle können Gründe für eine Ergotherapie darstellen. In der Pädiatrie spielt die Ergotherapie auch im Rahmen der Prävention eine große Rolle. So kann bei Kindern zum Beispiel die Aufmerksamkeits- und Leistungsfähigkeit trainiert oder die Feinmotorik gefördert werden.
Dadurch kann man zum Beispiel Kindern mit ADHS den Schulalltag erheblich erleichtern, da diese sich viel besser zu konzentrieren vermögen. - Psychiatrie: In der Psychiatrie zielt die Ergotherapie allgemein gesprochen meist darauf ab, dass die Patienten „wieder zu sich selbst finden“. Dies beinhaltet zum einen, dass aufgrund eines psychischen Prozesses verlorengegangene Fähigkeiten wieder neu erlernt werden können bzw. müssen und zum anderen, dass bestimmte Wahrnehmungen und Denkweisen geschult werden können. So kann die Ergotherapie zum Beispiel bei einigen Suchterkrankungen, Verhaltens-, Persönlichkeits-, Angst- und Essstörungen, Depressionen oder auch Schizophrenie den Betroffenen helfen, die Umwelt und den eigenen Körper wieder richtig wahrzunehmen.
Damit können neben grundlegenden Funktionen wie Motivation und Antrieb oftmals eine emotionale Stabilität und eine bessere Belastbarkeit und ein gewisses Selbstvertrauen wiedererlangt werden, welches es Patienten ermöglicht, sich im Alltag auch alleine wieder besser zurechtzufinden. - Geriatrie: Die Geriatrie umfasst eigentlich mehrere Fachgebiete der Medizin, da ältere Menschen oftmals unter vielen unterschiedlichen Krankheiten (Multimorbidität) aus allen Bereichen leiden.
Daher ist die Ergotherapie in der Geriatrie vor allem darauf aus, geistige und auch körperliche Fähigkeiten zu stabilisieren und so lange zu erhalten wie möglich.
Besonders der Erhalt von kognitiven Prozessen ist von besonderem Interesse, da dadurch eine lang dauernde Selbstständigkeit gewährleistet werden auch. Auch prophylaktisch ist in der Geriatrie eine Ergotherapie sinnvollerweise anzuwenden, da durch sie eine frühzeitige Abhängigkeit von anderen Menschen und auch bestimmte „Komplikationen des alten Menschen“, wie zum Beispiel eine erhöhte Sturzgefahr, verhindert oder zumindest hinausgezögert werden können.
Prinzipiell unterscheidet man in der Ergotherapie zwischen drei verschiedenen Therapiemethoden, die jedoch oftmals nicht ganz klar voneinander zu trennen sind und sich gegenseitig ergänzen:
- Die kompetenzzentrierte Methode
(hier werden tatsächlich bestimmte Fertigkeiten geübt, die sich darauf konzentrieren, den grob- und feinmotorischen Bereich zu trainieren und bestimmte Techniken und Fähigkeiten (wieder) zu erlernen) - Die ausdruckzentrierte Methode
(hier macht man sich kreative Prozesse, mithilfe derer sich der Patient ausdrücken kann, zunutze, um so kommunizieren zu können und einen Zugang zum Patienten herzustellen; eingesetzt werden unter anderem Musik und Malerei) - Die interaktionelle Methode
(bei welcher es vor allem auf die Interaktionen von Patienten mit anderen Mitgliedern einer Gruppe ankommt)
Einige spezielle Therapieformen sind die Gestaltungstherapie, die sensorische Integrationstherapie (hauptsächliches Anwendungsgebiet sind Aufmerksamkeitsstörungen und Entwicklungsverzögerungen), die Therapie nach Affolter (vor allem für autistische Kinder, die Probleme bei der Auseinandersetzung mit und der Verarbeitung von ihrer Umwelt haben), die Feldenkrais-Methode (die Schulung von Bewegung und Koordination, die mitunter dadurch erfolgt, dass man Patienten bewusst macht, dass die neuromuskulären Fähigkeiten immer auch in Zusammenhang mit einer seelischen Komponente stehen) oder das Perfetti-Konzept (besonders für Patienten mit neurologischen Ausfallserscheinungen, denen man versucht, manche Bewegungen wieder anzutrainieren).
Der Beruf Ergotherapeut kann heutzutage sowohl durch die Ausbildung zum Ergotherapeuten als auch durch ein Studium erlangt werden.
Häufiger ist noch immer die Ausbildung zum Ergotherapeuten an einer Schule für Ergotherapie. Diese Ausbildung enthält sowohl praktische als auch theoretische Komponenten, dauert normalerweise drei Jahre und wird mit dem Examen zum staatlich geprüften Ergotherapeuten abgeschlossen.
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