Durch neurophysiologische Krankengymnastik können insbesondere bei Kindern mir spastischen Veränderungen der Muskulatur Erfolge der zielt werden . Die neurophysiologische Krankengymnastik wird in Wesentlichen in zwei große Lehrschulten nach Bobath bzw. Vojta unterteilt.
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Wir möchten auf folgende neurophysiologische Therapieverfahren eingehen:
Diese Behandlungskonzepte werden überwiegend bei so genannten Zentralen Bewegungsstörungen im Kinder- und Erwachsenenbereich eingesetzt. Die zentrale Bewegungsstörung ist ein Oberbegriff für alle Störungen der Haltungs- und Bewegungssteuerung, die auf einer Erkrankung oder Schädigung des Gehirns beruhen. Diese können sowohl angeboren und somit seltener fortschreitend (progredient) sein oder erworben und häufiger einen progredienten Verlauf nehmen.
Häufige Krankheitsbilder bei Kindern sind die frühkindlichen Hirnschäden, die oft durch eine Verzögerung des Kindes in der Bewegungsentwicklung und eventuell auch der geistigen frühkindlichen Entwicklung symptomatisch werden. Ursache der verzögerten oder gestörten motorischen Entwicklung sind u.a. eine zu hohe (Hypertonus) oder zu niedrige Muskelspannung (Hypotonus) und eine veränderte Reflexaktivität.
Die Auswirkungen können von einer kaum erkennbaren Gangstörung bis zur schweren körperlichen und eventuell auch geistigen Behinderung reichen. Gleichschwere Auswirkungen auf das Nervensystem können kindliche Schädel-Hirnverletzungen durch Unfälle haben.
Im Erwachsenenbereich sind die häufigsten Einsatzgebiete für die Krankengymnastik auf neurophyiologischer Grundlage die erworbenen Schädigungen des Gehirn und Rückenmarks (zentralen Nervensystem) oder der ableitenden Nervenbahnen. Beispielhaft möchte ich hier den Schlaganfall, die Schädel-Hirnverletzung, die Multiple Sklerose, Morbus Parkinson, die Querschnittslähmung oder die Peroneusparese (Lähmung des Fußes z.B. nach Bandscheibenvorfall) oder der Plexusparese (Lähmung des Armes z.B. nach Unfall) nennen. Auch die so genannten Muskeldystrophien (Muskelschwund) bei Kindern und Erwachsenen erfordern eine intensive und umfassende Physiotherapeutische Behandlung.
Die allgemeine Zielsetzung der krankengymnastischen Behandlung bei neurologischen Krankheitsbildern ist die
Dabei nimmt die Physiotherapie nicht nur Einfluss auf des Muskel- und Skelettsystem, sondern auch auf vegetative (Atmung und Durchblutung) und psychische Funktionen. Mobilität und Leistungsfähigkeit der Betroffenen sollen mit dem Ziel gesteigert werden, dass eine möglichst große Selbstständigkeit und Eingliederung in Familie und Gesellschaft erreicht wird.
Besonders bei der Tätigkeit in der Neurologie ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Fachrichtungen wie Arzt, Pflege, Ergotherapeut, Logopäde, Orthopädietechnik, Psychologe und Familie absolut notwendig, da die Betroffenen fast immer komplexe Schädigungen erleiden.
Das Bobathkonzept wurde Mitte des 20.Jahrhunderts von dem Ehepaar Berta (Physiotherapeutin) und Dr. Karel (Neurologe) Bobath entwickelt. Die neurophysiologischen Grundlagenhypothesen, auf denen die Therapie entwickelt wurde, sind zwar heutzutage überholt, was aber den Erfolg der Therapie in der Behandlung neurologisch erkrankter Kinder und Erwachsener nicht schmälert.
Das Behandlungskonzept nach Bobath basiert auf der Annahme, dass neurologische Störungen des zentralen Nervensystems , die sich häufig u.a. durch veränderte Muskelspannung und abnorme Bewegungsmuster äußern, durch immer wieder kehrende sensible Reize und das Anbieten normaler Bewegungsabläufe so beeinflusst werden können, dass annähernd normale Bewegungsentwicklung stimuliert werden kann. Dabei machten sich das Ehepaar Bobath die Plastizität ( d.h. die „Umorganisierfähigkeit“ des Gehirns ) zu Nutze, über Vernetzung und Aktivierung anderer Hirnbereiche neue Funktionen zu erlernen bzw. wiederzuerlangen. Bei Kindern mit angeborenen neurologischen Störungen, die noch keine „ Bewegungsvorerfahrungen“ haben, dient als Grundlage zum Erkennen abnormer Bewegungsmuster und von Entwicklungsdefiziten die normale motorische altersentsprechende Entwicklung von der Kopfkontrolle bis zum aufrechten Gang.
Der Erwachsene mit einer erworbenen neurologischen Störung muss beim Stand seiner momentanen Bewegungsstörung abgeholt und gefördert werden, dieser kann vom Verlust jeglicher Bewegungsfunktionen bis zu geringfügiger Restsymptomatik wie z.B. unvollständig vorhandener Feinmotorik reichen. Vor allem Schlaganfallpatienten bieten häufig ein sehr großes Potential zur Wiedererlangung motorischer und geistiger Fähigkeiten.
Von bestimmten Schlüsselpunkten aus(z.B. Schulter und Becken) werden die abnormen Bewegungsmuster über die Regulation der Muskelspannung gehemmt und gesunde Bewegungsabläufe immer wieder angebahnt („eingeschliffen“). Wesentliche Techniken sind die Anregung von aktiven funktionellen Bewegungen, Haltungs- und Gangschulung, aber auch passive Techniken wie Lagerung und Mobilisierung eines gelähmten Patienten. Wenn es nicht möglich ist, physiologische Bewegungsentwicklung zu erreichen, werden Ersatzfunktionen geschult und der Umgang mit Hilfsmitteln begleitet. Die Ausgangsstellungen in der Therapie reichen von der Behandlung auf dem Schoß bei Säuglingen bis hin zur Gangschule des Erwachsenen mit einer Halbseitenlähmung.
Die Behandlungserfolge wie Regulierung der Muskelspannung, Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit und Eigenaktivität begründen sich durch biomechanische Veränderungen wie Muskelaufbau und Kraft.
Für einen möglichst optimalen Therapieerfolg sollten alle an der Versorgung des Patienten Beteiligte – vor allem auch die Angehörigen- in das so genannte Handling (Lagern. Tragen ,Umsetzen etc.) des Patienten eingewiesen sein. Für den Therapieerfolg ist maßgeblich, dass die immer wieder angebotenen Bewegungsabläufe Bezug zu alltäglichen Fähigkeiten und Fertigkeiten haben(Alltag = Therapie), da dadurch der Lernerfolg und die Motivation des Patienten immens gesteigert werden kann. Erfolge wie das Erreichen eines Spielzeugs, das Umdrehen im Bett, das selbstständige Anziehen oder das Wiedererlangen der Gehfähigkeit sind für die Eigenaktivität des Betroffen fördernder, als eine in der Therapie geschaffte komplizierte Übung.
Für die Durchführung der Krankengymnastik auf neurophysiologischer Grundlage nach Bobath bei Kindern und Erwachsenen ist eine Zuatzqualifikation des/der Therapeuten/in notwendig.
Die Therapie nach Vojta wurde in den in den 50/60 Jahren des letzten Jahrhunderts von dem Neurologen Dr. Vaclav Vojta durch langjährige Studien der kindlichen motorischen Entwicklung und durch die Beobachtung von immer wiederkehrenden Reaktionsmustern auf bestimmte äußere Reize in unterschiedlichen Körperlagen entwickelt.
Diese Reaktionsmuster betreffen nicht nur die gesamte Muskelaktivität in Hinblick auf automatische Haltungsanpassung und Zielgerichtete Bewegungsabläufe des Körpers gegen die Schwerkraft, sondern auch Atmung, Kreislauf und Verdauung. Die Durchführung der Vojta-Therapie ist sowie bei Kindern als auch Erwachsenen Patienten möglich, in der Praxis wird sie aber überwiegend bei kindlichen Entwicklungsstörungen verordnet.
Vor der Therapie steht eine Beurteilung des quantitativen und qualitativen Bewegungs- und Entwicklungsverhalten des Kindes oder des Erwachsenen. Zur Diagnostik entwickelte Dr. Vojta die so genannten Lagereaktionen (Durchführung nur bei Kindern möglich), die Aussagen über das Aufrichtungsniveau und zur Qualität der Bewegungsmuster des Kindes machen.
Die Behandlung erfolgt in definierten Ausgangsstellungen (z.B. Rückenlage, Bauchlage, Seitlage) über gezielte Muskeldehn- und Knochenhautreizen auf bestimmte Auslösezonen an Extremitäten und Rumpf. Als Reaktion = Reizantwort erfolgt eine komplexe Aktivierung von gesamten Muskelketten, die für automatische motorische Basisbewegungen wie „ Reflexkriechen und Reflexumdrehen“ notwendig sind. Diese Grundfertigkeiten wie Beherrschung der Körperlage, Aufrichtung gegen die Schwerkraft, (Sitz und Stand) Beweglichkeit und Gleichgewicht bilden die Grundlage für die Entwicklung der Fortbewegung( Gehen, Laufen).
Im Gegensatz zu vielen anderen Behandlungsansätzen will man in der Vojta-Therapie keine willkürlichen, bewusst ausgelösten Bewegungen erzielen, sondern schafft durch automatisierte Muskelaktivität eine positive Veränderung von Haltung, Bewegung und Ökonomie. Aus diesem Grund wird die Behandlung meistens nonverbal durchgeführt, beim Erwachsenen sind auch mündliche Aufforderungen möglich. Es wird versucht, die immer wiederkehrenden „falschen“ Bewegungsstereotypien aufzubrechen und das „Festsetzen“ von Ersatzfunktionen zu verhindern.
Mehrmalige Therapiewiederholungen im Alltag durch vorher angelernte Hilfspersonen sind wichtig für einen möglichst optimalen Behandlungserfolg. Erwachsene Patienten sind häufig in der Lage, die erlernten Bewegungsmuster selbstständig in verschiedenen Ausgangsstellungen abzurufen und auf diese Weise die gezielte Muskelaktivierung durchzuführen.
Für die Durchführung der krankengymnastischen Behandlung nach Vojta ist eine Zusatzqualifikation der/des Physiotherapeutin/en erforderlich.
Die Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation (Bewegungsbahnung über die funktionelle Einheit von Nerv und Muskel) wurde in Mitte des 20. Jahrhunderts von dem Neurophysiologen Hermann Kabat und der Physiotherapeutin Maggie Knott in Amerika entwickelt. Ausgangspunkt Ihrer Forschungen war das damals gehäufte Auftreten der Poliomyelitis (Kinderlähmung), die in ca. 2% der Fälle mit Lähmungserscheinungen einherging.
Der Unterschied zu den damaligen Behandlungsmethoden, die sich vorwiegend auf das isolierte, eindimensionale Durchbewegen von Muskulatur beschränkte, war die Dreidimensionalität der erarbeiteten Bewegungsmuster, die sich an dem spiralförmigen Aufbau der Muskelketten und der Mehrfachfunktion einzelner Muskeln orientieren. Diese Bewegungsmuster, damals empirisch getestet, finden wir in unseren alltäglichen Bewegungsabläufen (für das ungeübte Auge unauffällig) wieder z.B. werden in den Beinmustern Stand -und Spielbeinphase für den normalen Ablauf des Gehens geschult. Die PNFmethode macht sich dabei die Tatsache zu Nutze, dass das Gehirn sich an komplexe Bewegungsabläufe erinnert, auch wenn der Patient momentan nicht in der Lage ist, diese aktiv und selbstständig auszuführen.
Die Anbahnung der verschiedenen Bewegungsmuster erfolgt über die Summation von äußeren (exterozeptiven) und inneren (propriozeptiven) Reizen. Exterozeptive Reize werden über die Haut durch Berühren, über das Auge durch Blickkontakt und über das Gehör durch Kommandos gesetzt, Muskelaktivität wird über propiorezeptive Reize auf das körpereigene Wahrnehmungssystem (Aktivierung der Muskelspindeln, Zug und Druck auf Gelenke) verstärkt angebahnt.
Aus verschieden Ausgangsstellungen von der Rückenlage bis zum Stand werden synergistische (zusammenarbeitende) Muskelgruppen durch den Therapeuten vorgedehnt(= Stretch / Restretch) und dann gegen dynamische Widerstände aktiviert. Die Auswahl der Bewegungsmuster und der Einsatz der verschiedenen Techniken richtet sich nach dem Krankheitsbild, dem individuellen Bewegungsbefund und der Zielsetzung für den jeweiligen Patienten.
Über das Wiederholen der dreidimensionalen Bewegungsmuster (Pattern), die aus Beuge / Streck-, An / Abspreiz- und Drehbewegung zusammengesetzt sind, automatisiert sich der gewünschte Bewegungsablauf im Gehirn; Regulation der Muskelspannung, der Muskelkraft, Ausdauer, Koordination und Stabilität wird gefördert.
Wichtig für die Motivation und die Selbstständigkeit des Patienten ist auch bei dieser Therapie die Übertragung der erlernten Bewegungsmuster in den Alltag.
Für die Durchführung der Krankengymnastik nach der PNF - Methode ist eine Zusatzqualifikation der / des Physiotherapeutin / en erforderlich.
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