Die Stoßwellentherapie, die erfolgreich in der Urologie bei der Nierensteinzertrümmerung in die Medizin etabliert wurde, kann in der Orthopädie bei Tennisarm, Kalkschulter (Tendinosis calcarea), Fersensporn oder chronischer Achillessehnenentzündung eingesetzt werden.
Extrakorporale Stosswellenbehandlung, Stoßwellenlithrotripsie, ESWT, ESWL, hochenergetische niedrigenergetische Stosswelle,
Englisch: extracorporeal shock wave therapy
Es kann als unbestritten angesehen werden, dass Stoßwellen eine biologische Wirkung entfalten, die man sich therapeutisch zunutze machen kann.
In experimentellen Studien konnten verschiedene Wirkungsweisen der Stosswelle nachgewiesen werden, die den positiven Einfluss der Stosswelle auf Pseudarthrosen (ausbleibende Knochenbruchheilung mit bindegewebiger Überbrückung des Bruchs) und Sehnenansatzerkrankungen erklären können.
Die Stoßwelle besitzt folgende gesicherte biologische Effekte:
Die derzeitige Theorie besagt, dass durch die Aktivierung der o.g. biologischen Prozesse die Selbstheilungsprozesse des Körpers in Gang gesetzt werden. Durch ein Einsprossen von Blutgefäßen (Angioneogenese) und einen erhöhten Stoffwechsel kann geschädigtes Sehnengewebe „repariert“ und eine lokale Entzündung geheilt werden. Je nach behandelter Erkrankung darf deshalb mit einem sofortigen, anhaltenden Therapieerfolg nicht gerechnet werden, weil die o.g. Gewebsreaktionen Zeit benötigen.
Letztendlich bleiben noch viele Dinge in der Wirkweise von Stoßwellen ungeklärt.
Stosswellen werden seit über 20 Jahren in der Urologie erfolgreich in der Therapie von Nieren- und Harnleitersteinen eingesetzt. Genutzt werden allein die mechanischen Eigenschaften der Stosswelle, die durch ihre Energie zu einer „Zertrümmerung“ von Nieren- und Harnleitersteinen führt.
Eher zufällig entdeckte der deutsche Urologe Herbst die Wirkung der Stosswellen auf Knochengewebe. Ohne dass man es sich erklären konnte, zeigte sich, dass Stosswellen stimulierend auf Knochengewebe wirkten. Die Stoßwelle musste also noch eine andere Wirkung als die rein mechanische besitzen.
Es lag auf der Hand sich diese Eigenschaft der Stosswelle bei der Behandlung von Falschgelenken (Pseudarthrose) zunutze zu machen, deren Problematik eine ausbleibende knöcherne Bruchdurchbauung ist (s.u.).
Seit Anfang der 90iger Jahre wird die Stosswellentherapie gehäuft in der Behandlung orthopädischer Krankheitsbilder eingesetzt. Zahlreiche Studien konnten seither die Wirksamkeit der Stosswellenbehandlung v.a. bei Sehnenansatzerkrankungen (Enthesiopathie) nachweisen (s.u.).
Da die biologische Wirkung der Stoßwelle nicht abschließend geklärt ist und ein Therapieerfolg im Einzelfall schlecht vorhersagbar ist, ist die Stoßwelle als Therapieform von den Krankenkassen nicht uneingeschränkt zugelassen.
Die meisten privaten Krankenkassen übernehmen die anfallenden Behandlungskosten in der Regel für die Therapie vom Tennisarm, vom Fersensporn und der Kalkschulter (Tendinosis calcarea), da hier die Stosswellenwirkung in der Datenlage als gesichert angesehen werden kann.
Stoßwellen sind akustische Druckwellen von extrem kurzer Dauer. Ihre physikalische Stärke wird als Energieflussdichte (mJ/mm2) angegeben.
Durch verschiedene Verfahren ist es möglich, die größte Wirkung einer Stoßwelle durch Fokusierung des in der Tiefe zu behandelnden Gewebes zu erzeugen (fokusierte Stoßwelle). Die in den Körper eingebrachte Stoßwelle setzt ihre Energie im Körper frei, wenn sie auf Gewebearten mit unterschiedlichem akustischen Widerstand (Knochen-Weichgewebe; Kalk-Weichgewebe) trifft. Gewebearten mit ähnlichen akustischen Eigenschaften wie Wasser durchdringt die Stoßwelle ohne schädigenden Einfluss (Haut, Muskulatur, Fett etc.)
Die technische Durchführung der Stoßwellenbehandlung ist in den meisten Fällen einfach. Der Therapiekopf wird mit einem Kontaktgel auf die Haut des zu behandelnden Areals angekoppelt und die Energieflussdichte sowie die Impulsanzahl eingestellt. In einer energieflussdichteabhängigen Frequenz werden dann die Stoßwellen appliziert.
Besonders die ersten Impulse sind schmerzhaft für den Patienten, wenn die Stosswellen auf das entzündete Sehnengewebe treffen. Eine Narkose oder sonstige Betäubung ist aber in aller Regel nicht notwendig. Im Verlauf der Therapie bessert sich der Schmerz gewöhnlich. Je nach Anzahl der abgegebenen Stosswellen dauert eine Therapiesitzung lediglich zwischen 5-15 Minuten für die Sehnenansatzerkrankungen. 2-5 Sitzungen sind die Regel.
Die Therapie der Pseudarthrose und Hüftkopfnekrose unterscheidet sich hiervon. Es wird eine höhere Energieflussdichte verwendet und es findet nur eine Sitzung statt. Eine Form der Narkose findet gewöhnlich statt. Sowohl bei der Kalkschulter, als auch bei der Pseudarthrose- und Hüftkopfnekraosebehandlung ist ein Zielsystem notwendig. Gewöhnlich erfolgt die Einstellung des Therapiekopfes mit Hilfe der Röntgendurchleuchtung. Ein Zielsystem ist bei den anderen Erkrankungen nicht notwendig. Man orientiert sich sowohl am Schmerz als auch an anatomischen Landmarken.
Bei der Diagnose Fersensporn wird zunächst versucht, durch Ruhigstellen, Kühlen und spezielle Einlagen in Verbindung mit Schmerzmedikamenten die Beschwerden zu lindern. Wenn diese Ansätze nicht die erwünschte Wirkung haben, so kann eine Stoßwellentherapie gegen einen Fersensporn durchgeführt werden. Es handelt sich hierbei um eine ambulante Behandlung, bei der der Fuß kurzen, energiereichen Ultraschallimpulsen ausgesetzt wird, die durch Wasser weitergeleitet werden.
Die Schallwellen werden auch durch das weiche Körpergewebe, also Muskeln und Fett einfach weitergeleitet, bis sie auf festes Gewebe, wie den Knochen, trifft. Dieses Gewebe wird dann in Schwingungen versetzt und instabil gemacht. Meistens sind etwa drei Behandlungen im Abstand von zwei bis vier Wochen notwendig.
Im Fall des Fersensporns heißt das, dass die Stoßwellen die Haut an der Ferse, das darunter liegende Fettgewebe und die Unterschenkel- und Fußmuskeln durchdringen bis sie auf den knöchernen Fersensporn treffen.
Hier wird dann die Energie der Wellen entladen und der Fersensporn wird in Schwingungen versetzt, welches zu Instabilität führt. Letztendlich wird er durch die hohe Energie mechanisch zertrümmert. Die Teile, die sich abgelöst haben, müssen im Folgenden vom Körper selbst abgebaut werden. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es notwendig, die Stoßwellen so zu bündeln, dass sie lediglich auf den Fersensporn ausgerichtet sind, nicht aber das Fersenbein beschädigen.
Für die Behandlung eines Fersensporns werden mittel- bis hochenergetische Strahlen verwendet. Es empfiehlt sich die fokussierte Stoßwellentherapie, da diese sich als wirksamer im Vergleich zur radiären Stoßwellentherapie erwiesen hat.
Je nachdem, welche Ursache zum Fersensporn geführt hat, können bei der Stoßwellentherapie des Fersensporns entsprechende Nebenwirkungen auftreten. Liegt eine Entzündung zugrunde, entweder des Schleimbeutels oder der Sehnenplatte an der Fußunterseite (Plantaraponeurose), so kann die Stoßwellentherapie unter Umständen bei den ersten Behandlungen Schmerzen beim Patienten verursachen. In diesem Fall ist es empfehlenswert, eine örtliche Betäubung (Lokalanästhesie) durchzuführen. Insgesamt gilt die Stoßwellentherapie aber als Variante mit vergleichsweise wenigen Nebenwirkungen.
Die Stoßwellentherapie des Fersensporns hat aber auch positive Nebeneffekte. Treffen die Wellen auf Entzündungen, so haben sie hier eine heilungsfördernde Wirkung, da sie Reparaturmechanismen anregen und zur Bildung neuer Blutgefäße führen.
Eine Nachbehandlung ist in der Regel nicht notwendig. Kommt es am Anfang der Behandlung zu einer Verschlimmerung der Schmerzen, so kann diese zunächst mit entzündungshemmenden Medikamenten gelindert werden und sollte im weiteren Verlauf rückläufig werden.
Insgesamt hat die Stoßwellentherapie des Fersensporns gute Erfolgschancen und ist eine gute Alternative, die der Operation des Fersensporns vorgezogen werden kann.
Lesen Sie mehr zum Thema: Stoßwellentherapie bei einem Fersensporn, Röntgenreizbestrahlung
Auch beim sogenannten Tennisarm, der Epicondylitis humeri lateralis, stehen die Ruhigstellung und die Kühlung des Ellenbogens in Kombination mit entzündungshemmenden Medikamenten an erster Stelle. Wird hierdurch keine Besserung der Beschwerden erreicht, so muss über alternative Therapieformen, zum Beispiel mit Botulinumtoxin (Botox) oder sogar über eine Operation nachgedacht werden.
Bevor diese nebenwirkungsreichen Ansätze durchgeführt werden, kann aber eine Stoßwellentherapie eingeleitet werden. Oft wird diese begleitend zur Physiotherapie durchgeführt. Durch die energiereichen Stoßwellen, die durch das Gewebe bis hin zum entzündeten Sehnenansatz weitergeleitet werden, werden zwei Effekte erreicht.
Dadurch, dass bei einem Tennisarm keine knöchernen Strukturen mechanisch zerstört werden müssen, werden hier niederenergetische Stoßwellen angewendet. Die Behandlung ist in der Regel schmerzfrei, wird jedoch von Patient zu Patient unterschiedlich empfunden und bedarf in manchen Fällen einer örtlichen Betäubung.
Da im Bereich des Ellenbogens kleine Nerven und Blutgefäße verlaufen, können auch diese durch die Stoßwellen geschädigt werden. Hierbei kann es zu Blutergüssen kommen, die aber nach ein paar Tagen von selbst verschwinden.
Die Stoßwellentherapie hat bei der Behandlung des Tennisarms hohe Erfolgsquoten von 60 bis 80% aufzuweisen. Je früher diese Therapie begonnen wird, umso größer ist die Chance, die Entzündung und die bestehenden Beschwerden zu lindern und auf Dauer ganz zu heilen.
Genau wie die Botox-Behandlung, muss auch die Stoßwellentherapie des Tennisarms in den meisten Fällen selbst bezahlt werden. Lediglich private Krankenkassen übernehmen die Behandlung in manchen Fällen.
Lesen Sie mehr zum Thema: Stoßwellentherapie bei einem Tennisarm
Von einer Kalkschulter spricht man, wenn sich kleine Kalkklümpchen an den Ansatzsehnen der Schultermuskulatur abgelagert haben. Dies kann zu sehr starken Schulterschmerzen führen, da die Kalkablagerungen zu einer großen Reibung an anderen Strukturen führen. In der Fachsprache wird die Kalkschulter als Tendinosis calcarea bezeichnet.
Die Stoßwellentherapie der Kalkschulter sollte erst dann durchgeführt werden, wenn die konservativen Behandlungsmöglichkeiten, wie das Kühlen oder eine Entzündungshemmung durch Salben oder Medikamente keine oder keine ausreichende Wirkung zeigen. Dann ist die Einleitung einer Stoßwellentherapie einer Operation vorzuziehen, da hier die Risiken und Nebenwirkungen deutlich geringer sind und keine Vollnarkose benötigt wird.
Ein Ausschlusskriterium für die Stoßwellentherapie ist es allerdings, wenn ein Riss in der Rotatorenmanschette, das ist die Muskulatur, die um die Schulter herum ansetzt, vorliegt.
Bei der Kalkschulter findet die Stoßwellentherapie ihre häufigste Anwendung. Bei dieser Erkrankung hat sie sich auch als die erfolgreichste Therapie erwiesen.
Auch im Bereich der Schulter werden die Stoßwellen vorab auf die betroffenen Stellen fokussiert, damit die energiereichen Wellen nicht das umliegende Gewebe zerstören. Die Kalkablagerung muss mithilfe von Ultraschall oder von Röntgen vor der Durchführung der Therapie lokalisiert werden. Für die Behandlung der Kalkschulter werden mittelenergetische Wellen eingesetzt, da sie hier tiefer als an anderen Stellen ins Gewebe eindringen müssen. Die Stoßwellen dringen bis zur Kalkablagerung vor und führen zur Zerstörung. Die Kalkteilchen, die dabei entstehen, werden vom Körper aufgenommen und ausgeschieden.
Auch im natürlichen Krankheitsverlauf der Kalkschulter kommt es oft zum Auflösen der Kalkablagerungen. Durch die Stoßwellentherapie kann dies aber verkürzt werden und die Beschwerden lassen schneller nach.
Durch die Stoßwellenbehandlung kann es beim Patient zu Schmerzen kommen. In diesem Fall sollte eine örtliche Betäubung durchgeführt werden.
Im Anschluss an die Stoßwellentherapie der Kalkschulter sollte der Patient seine Schulter für ein bis zwei Tage schonen. Das heißt, es sollten Arbeiten, bei denen die Hände über den Kopf gehoben werden müssen, vermieden werden.
Insgesamt können die Schmerzen, die aufgrund einer Kalkschulter bestehen, durch die Stoßwellentherapie deutlich gelindert werden und somit die Beweglichkeit der Arme gesteigert werden.
Lesen Sie mehr zum Thema: Röntgenreizbestrahlung
Im Bereich der Achillessehne kann eine Stoßwellentherapie bei einer Entzündung der Sehne (Achillodynie) durchgeführt werden. Zunächst sollte jedoch die Therapie mithilfe von Ruhigstellung, Schmerzmitteln und Physiotherapie ausprobiert werden. Gelingt hierdurch keine Besserung, stellt die Stoßwellentherapie eine Alternative oder besser eine zusätzliche Behandlungsform dar.
Im Verlauf der Entzündung der Achillessehne kommt es hier zu kleinen Kalkablagerungen an der Sehne. Manchmal führen diese auch zur Ausbildung eines Fersensporns, der ebenfalls mithilfe der Stoßwellentherapie behandelt werden kann.
Nachdem die Stoßwellen auf den entzündeten und verkalkten Bereich der Achillessehne gebündelt wurden, werden die Stoßwellen über Wasser fortgeleitet und durchdringen das Körpergewebe. Sobald sie auf festes Gewebe treffen, versetzen sie dies in Schwingungen. Das ist bei den Kalkablagerungen der Fall. Wenn diese in Schwingungen versetzt werden, werden sie zunehmend instabil und werden durch die Schwingungen mechanisch zerstört. Die kleinsten Partikel, die dabei entstehen, können vom Körper selbst aufgenommen und ausgeschieden werden. Eine Behandlungssitzung dauert in der Regel etwa 5 bis 10 Minuten.
Auch auf die Entzündung wirkt sich die Stoßwellentherapie positiv aus, da durch sie die Selbstheilungsprozesse des Körpers angeregt werden. So werden auch Schmerzen, die von einem entzündeten Schleimbeutel oder direkt von der Sehne ausgehen, zunehmend gelindert. Außerdem wird die Durchblutung im bestrahlten Gebiet dadurch angeregt, dass sich neue Gefäße in diesem Bereich bilden.
Die höchste Heilungsrate einer Entzündung der Achillessehne wird erzielt, wenn zusätzlich zur Stoßwellentherapie regelmäßig ein spezielles Krafttraining für die Achillessehne durchgeführt wird.
Lesen Sie mehr zum Thema: Therapie einer Achillessehnenentzündung
Ursprünglich wurde die Stoßwellentherapie für die Behandlung von Nierensteinen und Gallensteinen entwickelt.
Kleine Steine können oft durch konservative Methoden, wie viel Trinken, viel Bewegung und Wärme selbst vom Körper ausgeschieden werden. Wenn es hierdurch jedoch nicht zu einer Linderung der Beschwerden kommt, oder wenn der Nierenstein eine gewisse Größe überschreitet (8mm), so sollte eine andere Therapieform gewählt werden. Bis zu einer Größe von etwa 2 bis 2,5cm hat sich die Stoßwellentherapie als eine erfolgreiche Behandlungsmethode bewährt.
Die Stoßwellen werden auf den Nierenstein fokussiert und durch den Körper fortgeleitet. Hierfür muss vorher die genaue Lage des Steins durch Ultraschall oder Röntgenuntersuchungen abgeklärt werden. Da der Stein im Gegensatz zum umliegenden Gewebe eine feste Struktur aufweist, wird er durch die Wellen angeregt und zertrümmert. Die einzelnen Teile des Steins werden dann über das Harnsystem ausgeschieden.
Siehe: Nierensteine zertrümmern
Eine Behandlung dauert etwa eine halbe bis eine Stunde und bedarf in der Regel keiner Betäubung. Manche Patienten empfinden die Stoßwellen im Bereich des Rückens jedoch als schmerzhaft. In diesen Fällen kann eine örtliche Betäubung durchgeführt werden.
Die Stoßwellentherapie eignet sich jedoch nicht zur akuten Behandlung bei Nierenkoliken, die durch den Stein verursacht werden, sondern wird in kolikfreien Intervallen durchgeführt.Es kann jedoch passieren, dass es durch die Zertrümmerung des Steins und die dadurch abgehenden Steinstücke zu Koliken kommt. Das ist etwa bei jedem dritten Patienten der Fall. Außerdem kann es zur Ausbildung eines Blutergusses kommen, da durch die mechanischen Stöße zu kleinen Verletzungen im Bereich der Niere kommen kann.
Weitere Krankheitsbilder die erfolgreich durch eine Stoßwellenbehandlung zur Heilung gebracht werden können sind:
Pseudarthrosen waren das erste orthopädische Einsatzgebiet für Stosswellen. Seit langer Zeit wird diese Therapie erfolgreich eingesetzt. Trotz aller positiven Erfahrungen gehört die Stosswellentherapie nicht zum allgemeinen Standard in der Behandlung der Pseudarthrose. Die chirurgische Intervention mit Anfrischen der nicht verheilenden Bruchstellen und Anlagerung von Wachstumsknochen (Spongiosa) sind immer noch das gängige Vorgehen. Derartige Eingriffe sind fast ausnahmslos komplizierter in der Durchführung als die Erstoperation und mit entsprechenden Risiken behaftet.
Der Versuch durch eine einmalige hochenergetische Stoßwellenbehandlung eine Bruchheilung herbeizuführen ist fast nebenwirkungsfrei und recht oft erfolgreich. Bei sachgemäßer Vorgehensweise ist eine erfolgreiche Behandlung in ca. 75% der Fälle möglich. In Österreich gehört die Stoßwellenbehandung bereits zum Standardvorgehen bei Pseudarthrosen.
Nachdem die Stoßwelle seit längerem erfolgreich in der Behandlung der Pseudarthrose eingesetzt wird, erweitert sich das Einsatzspektrum zunehmends. Es ist nur logisch, dass die knochenstimulierende Wirkung der Stosswellentherapie auch zur Behandlung der Hüftkopfnekrose und anderer aseptischer Osteonekrosen (z.B. Osteochondrosis dissecans) zunehmend Anwendung findet.
Aus physikalischer Sicht ist nachgewiesen, dass Stoßwellen auch noch im Hüftkopf ihre Wirkung entfalten. Ca. 50% der Energieflussdichte (Maß für die Stärke der Stoßwelle; mJ/mm2) erreicht das Hüftkopfinnere. Da die Stoßwelle im Knochen schnell ihre Intensität verliert muss eine zielgenaue Applikation der Stoßwellen erfolgen. Hierfür ist eine Röntgendurchleuchtung notwendig.
Um eine abschließende Bewertung vorzunehmen ist es noch zu früh. Es gibt aber Hinweise darauf, dass eine hochenergetische Stoßwellenbehandlung erfolgreicher sein kann, als die üblicherweise durchgeführte chirurgische Anbohrung des Knochendefektes mit anschließender Knochentransplantation.
Gute und sehr gute Ergebnisse dürfen jedoch nur in einem frühen Erkrankungsstadium der Hüftkopfnekrose erwartet werden.
Weitere Informationen erhalten Sie auch unter unserem Thema: Hüftkopfnekrose
Seit einiger Zeit wird die Stoßwellentherapie auch bei der Behandlung von Cellulite angewendet.
Cellulite, auch Orangenhaut genannt, ist unter Frauen ein weit verbreitetes Leiden, wovon in Deutschland 80% der über 20-Jährigen betroffen sind. Generell gilt, dass die Cellulite keinen Krankheitswert hat, viele Frauen stören sich jedoch sehr an diesem kosmetischen Makel. Bei Männern tritt Cellulite sehr viel seltener auf, da das männliche Unterhautfettgewebe sehr viel fester und von mehr Bindegewebsfasern durchzogen ist.
Es werden sehr viele verschiedene Therapieoptionen gegen die Orangenhaut angeboten, zumeist werden aber keine zufriedenstellenden Verbesserungen der Problematik erzielt. Eine im Jahr 2013 veröffentlichte Studie konnte bei vorliegender Cellulite die Wirksamkeit der Stoßwellentherapie in Kombination mit einem Sportprogramm zeigen.
Ablauf der Behandlung
Die Gesamtdauer der Therapie beträgt sechs Wochen. In diesem Zeitraum wird einmal wöchentlich eine Stoßwellentherapie an den betroffenen Stellen durchgeführt. Eine Therapiesitzung dauert ungefähr 20 Minuten. Zusätzlich zu dieser Therapie muss täglich ein Kräftigungstraining der Glutealregion erfolgen. Nur die Kombination von Stoßwellentherapie und Kräftigungstraining hat sich in der Studie als wirksam erwiesen.
Darüber hinaus kann ein konsequentes Konditionstraining, bei dem Fett verbrannt wird, die Behandlung unterstützen und zu besseren Ergebnissen beitragen.
Behandlungsergebnis
Die Stoßwellentherapie bei Cellulite kann diese in der Regel nicht vollständig eliminieren. Ein Reduktion von 30% ist realistisch. Erwiesen ist, dass die Eindämmung der Cellulite etwa ein Jahr anhält, eventuell muss die Therapie danach wiederholt werden.
Auf welche Weise die Stoßwellentherapie bei Cellulite genau funktioniert, ist nicht geklärt.
Behandlungskosten
Da Cellulite keine Krankheit im eigentlichen Sinne ist, wird die Stoßwellentherapie bei Cellulite nicht von den Krankenversicherungen übernommen, sodass die Behandlung selbst bezahlt werden muss. Die Kosten einer Therapiesitzung betragen ungefähr 250 Euro, sodass die sechswöchige Behandlung insgesamt circa 1500 Euro kostet. Sollte die Wirkung der Behandlung nach ungefähr einem Jahr verschwinden, kann es nötig werden, diese Summe erneut zu investieren, um das kosmetische Ergebnis zu erhalten.
Fazit
Die Stoßwellentherapie bei Cellulite ist eine nebenwirkungsarme, jedoch recht teure Behandlungsoption. Die Wirkung konnte im Gegensatz zu anderen Therapien, die auf dem Markt angeboten werden, wissenschaftlich belegt werden. Wichtig ist zu beachten, dass die Wirkung nur in Zusammenhang mit einem Kräftigungstraining belegt wurde.
Hier finden Sie weitere Informationen zu unserem Thema Cellulite.
Obwohl die Stoßwellentherapie eine wesentlich günstigere Methode als eine Operation darstellt, werden die Kosten in der Regel nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen. Die Krankenkassen geben unterschiedliche Gründe hierfür an. In manchen Fällen werden die Behandlungen jedoch von der Krankenkasse bezuschusst. Dies kommt auf den Einzelfall an und muss bei der Krankenkasse beantragt werden.
Die privaten Krankenkassen jedoch übernehmen die Kosten für die Stoßwellenbehandlung meistens vollständig.
Die Kosten der Stoßwellentherapie betragen etwa 60 bis 100€ pro Sitzung und werden in den meisten Fällen von den Patienten selbst gezahlt. Die Gesamtkosten belaufen sich dann bei durchschnittlich drei Sitzungen auf etwa 200 bis 300€.
Schwerwiegende Komplikationen sind bei sachgerechter Anwendung der Stosswelle nicht zu befürchten. Typischerweise kann es im Behandlungsgebiet zu harmlosen Schwellungen und Einblutungen (Bluterguss / Hämatom) kommen.
Folgende Gegenanzeigen sind zu beachten:
Die Stosswellentherapie ist ein in nicht abschließend untersuchtes Therapieverfahren. Die Wirkung der Stoßwelle ist bewiesen, jedoch ist der Mechanismus, der zur Gewebsreaktion und somit zum Therapieerfolg führt nicht vollends bekannt.
Somit fehlen auch Informationen über mögliche positive und negative Störeinflüsse, die das therapeutische Ergebnis beeinflussen könnten. Deshalb ist das Ergebnis einer Stoßwellentherapie auch schlecht vorhersagbar. Alles hängt davon ab ob die erwünschte Gewebereaktion ausgelöst werden kann oder nicht.
Die noch bestehenden Unsicherheiten in der Stosswellentherapie spiegeln sich auch in ihrer klinischen Anwendung wider. Während in Bezug auf die mit der Stosswelle therapierbaren Krankheitsbilder weitgehend Einigkeit besteht, ist die Handhabung in Bezug auf die optimale Energieflussdichte (Stoßwellenintensität), der Impulsrate sowie der notwendigen Therapiesitzungen zum Teil sehr unterschiedlich.
Ein Problem ist auch, dass die gesetzlichen Krankenkassen trotz nachgewiesener Wirksamkeit eine Behandlungsindikation für die Kalkschulter, die Pseudarthrose (nicht heilende Brüche), den Tennisarm, Achillessehnenentzündung, sowie den Fersensporn nicht sehen und folglich auch in diesen Fällen die Kosten nicht übernehmen.
Bei privat Versicherten ist in der Regel nach vorheriger Prüfung der Kostenübernahme eine Behandlung problemlos möglich.
Je mehr über die Wirkungsweise der Stoßwelle bekannt wird, desto mehr ist damit zu rechnen, dass sich das Einsatzgebiet der Stoßwelle ausweiten wird. Ein Einsatz bei der Behandlung der Osteochondrosis dissecans oder bei heterotopen Ossifikationen (z.B. Muskelverkalkungen nach Hüftprothesenopertion) wird derzeit untersucht.
Die Stoßwellentherapie wird in der konservativen Orthopädie weiterhin einen festen und berechtigten Stellenwert besitzen.
Weiterführende Informationen finden Sie unter anderem unter unseren Themen:
Eine Liste aller Untersuchungsmethoden, die wir bereits veröffentlicht haben finden Sie unter: Untersuchungsmethoden.