Eine Entzündung des Sehnervs tritt am häufigsten bei Menschen zwischen 18 und 45 Jahren auf. Ursachen können Multiple Sklerose, Infektionskrankheiten und Vergiftungen sein.
Die Entzündung des Sehnervs wird als Neuritis nervi optici bezeichnet. Der Sehnerv ist der zweite Hirnnerv, er ist also ein Teil des zentralen Nervensystems, des Gehirns. Er beginnt an der Netzhaut des Auges und leitet die Informationen, die mit dem Auge aufgenommen wurden an das Gehirn weiter. Aus diesem Grund tritt die Erkrankung häufig mit anderen Symptomen, die das Gehirn betreffen, auf.
Eine Entzündung des Sehnervs tritt am häufigsten bei Menschen im Alter zwischen 18 und 45 Jahren auf und betrifft häufiger Frauen als Männer. Die Ursachen der Erkrankung können sehr verschieden sein und entweder ist ein oder sind beide Augen betroffen.
Viele Grunderkrankungen können zu einer Entzündung des Sehnervs führen. Die häufigste Ursache (etwa 20-30% der Fälle) ist die Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose (MS). Bei dieser Erkrankung werden vom Körper Antikörper gegen die Hüllstrukturen der Nerven (Myelinscheiden) gebildet, sodass diese sich entzünden und die Leitfähigkeit der Nerven herabgesetzt wird. Nach und nach gehen immer mehr Nerven zugrunde. Bei einem typischen Krankheitsverlauf werden zuerst die Myelinscheiden der Sehnerven befallen. Hier tritt die Entzündung des Sehnervs beidseitig (bilateral) auf.
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Auch der systemische Lupus erythematodes (SLE) als eine weitere Autoimmunerkrankung kann für eine Sehnervenentzündung ursächlich sein. Dies ist eine systemische Erkrankung, das heißt, dass der ganze Körper betroffen ist. Es kommt durch die Bildung von Antikörpern zu Gewebeschäden, die sich zunächst als Hautausschläge äußern. Außerdem können viele Organe, wie z.B. die Lunge, das Herz und die Nieren geschädigt werden. Das zentrale Nervensystem wird zusätzlich oft betroffen.
Grundsätzlich können auch Erkrankungen, die speziell das zentrale Nervensystem betreffen, zu einer Entzündung des Sehnervs führen, da dieser Teil davon ist. Hierzu zählen z.B. eine Hirnhautentzündung (Meningitis) oder ein Hirnabszess, also eine Entzündung im Gehirn.
Infektionskrankheiten, die durch Bakterien verursacht werden, können im Verlauf auch den Sehnerv betreffen. Eine Borreliose, die durch Zecken übertragen wird, hat im chronischen Verlauf starke Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem, z.B. in Form einer Entzündung der Sehnerven. Aber auch beispielsweise Malaria, Typhus, Diphtherie oder Syphilis können dazu führen.
Virusinfektionen können häufiger bei Kindern als bei Erwachsenen zu einer Sehnervenentzündung führen. Ausgelöst wird dies durch Masern, Mumps, Röteln, Windpocken, Keuchhusten oder durch den Ebstein-Barr-Virus, der das Pfeiffersche Drüsenfieber hervorruft.
Eine Entzündung der Nasennebenhöhlen kann durch die räumliche Nähe auch auf die Knochen und von dort bis zum Sehnerv fortgeleitet werden und hier zu einer Entzündung führen.
Darüber hinaus kann auch die Vergiftung durch übermäßigen Konsum von Alkohol oder von Chinin zu einer Entzündung des Sehnervs führen. Chinin wird als Heilmittel gegen Malaria eingesetzt und kommt zudem in einigen Medikamenten gegen grippale Infekte vor.
Auch Erbkrankheiten können zu einer Sehnervenentzündung führen, sind jedoch vergleichsweise selten.
Als erstes führt die Entzündung des Sehnervs zu einem Verlust der Sehschärfe (des Visus). Bei langsamem Fortschreiten wird dies meist nicht sofort vom Patienten bemerkt. Meistens kommt es aber dann plötzlich, das heißt im Verlauf von wenigen Stunden (bis manchmal sogar Tagen) zu zentralen Gesichtsfeldausfällen, dem sogenannten zentralen Skotom. Hierunter ist zu verstehen, dass in der Mitte des Gesichtsfeldes, also in dem Bereich, der mit einem Auge erfasst wird, keine visuelle Wahrnehmung mehr stattfinden kann. Der Betroffene sieht dann in der Mitte seines Bildes von der Umwelt einen schwarzen Punkt. Je nachdem, ob ein oder beide Augen betroffen sind, ist dies ein- oder beidseitig bemerkbar. Im Extremfall kann dieser Gesichtsfeldausfall sich immer weiter verschlimmern, bis er zur vollständigen Erblindung führt. Dies ist aber extrem selten und die Sichteinschränkung ist im Verlauf in der Regel rückläufig.
Oft treten aber Schmerzen auf, wenn Druck auf das betroffene Auge ausgeübt wird und wenn der Patient beim Blickwenden das Auge bewegt. Diese werden häufig als Kopfschmerzen im Bereich der Augenhöhle wahrgenommen und sind kontinuierlich vorhanden, verschlimmern sich aber, wenn Druck ausgeübt wird.
Manchmal wird im Krankheitsverlauf auch der Pupillenreflex beeinträchtigt, das heißt, die Verengung der Pupille bei Lichteinfall und die Erweiterung bei Dunkelheit funktionieren nicht mehr richtig. Auch die Rot-Grün-Wahrnehmung kann gestört sein.
Im Regelfall tritt eine Besserung der Symptome nach etwa 2 bis 4 Wochen ein. Es kann aber sein, dass eine leichte Kontraststörung beim Sehen zurückbleibt.
Kehrt die Krankheit immer wieder, so spricht man von einem chronischen Verlauf. Dabei kann es dazu kommen, dass der Verlust der Sehfähigkeit immer weiter abnimmt und der Sehnerv zunehmend durch die Entzündung gereizt wird und dann verkümmert. In diesem Fall kann die Sehfähigkeit nicht wieder komplett hergestellt werden.
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Bei bestehenden Gesichtsfeldausfällen oder Kopfschmerzen im Bereich der Augenhöhle sollte ein Augenarzt aufgesucht werden. Dieser untersucht den Augenhintergrund (Ophthalmoskopie), indem er mit einer bestimmten Lampe hineinleuchtet und ihn spiegelt. Hier kann er den Austritt des Sehnervs aus dem Auge (blinder Fleck) erkennen. Oft ist trotz bestehender Sehnervenentzündung diese Untersuchung unauffällig, da nur der Austrittspunkt und nicht der gesamte Nervenverlauf erkannt werden kann. Nur in seltenen Fällen, wenn die Entzündung ausgerechnet diesen Anfangspunkt des Nervs betrifft, kann der Augenarzt hier eine Schwellung, die sogenannte Papillenschwellung sehen. Diese Schwellung kann auch ein Zeichen für erhöhten Hirndruck sein, deshalb muss bei diesem Befund dringend die Ursache weiter abgeklärt werden.
Man spricht entweder von einer intrabulbären Entzündung, also eine Entzündung im Augapfel oder im Gegensatz hierzu von einer retrobulbären Entzündung bei Schäden hinter dem Augapfel.
Der Augenarzt prüft außerdem die Sehschärfe durch das Vorlesen lassen von beispielsweise Zahlen aus einiger Entfernung mit jeweils einem Auge. Auch das Gesichtsfeld wird bestimmt, um mögliche Ausfälle zu erkennen. Dieses Verfahren nennt sich Gesichtsfeld-Perimetrie und basiert darauf, dass der Patient mit jeweils einem Lichtpunkte erkennen soll, die sich ihm von der Seite nähern.
Zudem wird der Pupillenreflex getestet, indem der Augenarzt mit einer kleinen Lampe in jedes Auge leuchtet und die Reaktionen der Pupillen beobachtet. Im Normalfall sollten sich beim Hineinleuchten in ein Auge die Pupillen beider Augen verengen (konsuelle Pupillenreaktion). Wenn aber der Sehnerv eines Auges entzündet ist, so führt dies dazu, dass sich beide Pupillen nicht ausreichend verengen. Eine genauere Untersuchung bietet der Swinging Flashlight Test.
Wenn der Augenarzt auffällige Befunde feststellt, so sollten diese weiter abgeklärt werden. Hierbei kann eine Magnetresonanztomographie (MRT) vom Gehirn mit Kontrastmittel hilfreich sein, da sich hier die Stellen erkennen lassen, die eventuell Defekte in ihren Hüllstrukturen aufweisen. Diese Stellen bezeichnet man als Demyelinisierungsherde und sie können auf eine Multiple Sklerose hinweisen. Außerdem kann die Nervenleitgeschwindigkeit von einem Neurologen gemessen werden. Ist diese herabgesetzt, so ist das ein Hinweis auf eine Entzündung des Sehnervs.
Bei der Diagnostik ist es sehr wichtig, dass auf neurologische Erkrankungen wie die Multiple Sklerose, untersucht wird. Zudem sollte darauf geachtet werden, ob Fieber oder ein Hautausschlag zu den Sehbeschwerden hinzukommen, da dies auf eine Infektion hindeutet. Auch eine Blutuntersuchung kann notwendig sein, um eventuelle Veränderungen des Blutbildes zu erkennen oder um festzustellen, ob Bakterien im Blut vorhanden sind.
Meistens zeigt eine Entzündung des Sehnervs auch ohne Therapie eine spontane Heilung und die Sehschärfe bessert sich von selbst wieder.
Die zu Grunde liegende Erkrankung sollte aber trotzdem erkannt werden, um diese zu behandeln. Bei etwa zwei Dritteln der Betroffenen liegt die Multiple Sklerose zugrunde, die nicht geheilt werden kann, aber durch Medikamente können die Symptome gebessert werden. Es werden entzündungshemmende Medikamente eingesetzt, die Kortison enthalten.
Ist eine Infektion durch Bakterien Ursache der Erkrankung, so müssen spezielle Antibiotika eingesetzt werden, die liquorgängig sind, das heißt, die die Blut-Hirn-Schranke überwinden können und auch im Gehirn ihre Wirkung entfalten können.
Bei Kindern, die aufgrund einer Virusinfektion eine Sehnervenentzündung haben, ist meistens keine weitere Therapie notwendig und der Sehverlust ist von selbst rückläufig.
Anstrengung und Hitze sollten auf jeden Fall gemieden werden. Auch das Führen eines Fahrzeugs ist im Falle einer Sehnervenentzündung nicht ratsam, da das Sehvermögen sehr stark eingeschränkt ist und eine hohe Unfallgefahr besteht.
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