Die distale Radiusfraktur bezeichnet die Fraktur des distalen Radius, also des handgelenksnahen Teils der Speiche. Mit rund 25% aller Frakturen ist die distale Radiusfraktur die häufigste Fraktur des Menschen überhaupt. Betroffen sind Sportler, so wie ältere Patienten, die auf Grund unterschiedlichster Ursachen stürzen. Aber auch postmenopausale Umstellungen des Hormonhaushaltes können eine Fraktur begünstigen.
Die distale Radiusfraktur bezeichnet die Fraktur des distalen Radius, also des handgelenksnahen Teils der Speiche.
Mit rund 25% aller Frakturen ist die distale Radiusfraktur die häufigste Fraktur des Menschen überhaupt. Betroffen sind Sportler, so wie ältere Patienten, die auf Grund unterschiedlichster Ursachen stürzen. Aber auch postmenopausale Umstellungen des Hormonhaushaltes können eine Fraktur begünstigen. Mit gut 80% ist die sogenannte Colles-Fraktur wesentlich häufiger, als die Smith-Fraktur.
Bei der Colles-Fraktur findet der Sturz auf die dorsalextendierte, nach oben ausgestreckte Hand statt. Das Bruchfragment disloziert dabei nach dorsal, und nach radial, also zur Speiche hin.
Die Smith-Fraktur bildet gewissermaßen den Counterpart zur Colles-Fraktur, und beschreibt einen Sturz auf die nach unten angewinkelte, palmarflektierte Hand. Dabei wird das Bruchfragment nach palmar, also zur Hand hin, und ebenfalls nach radial (zur Speiche hin) verschoben.
Kommt es neben der Radiusfraktur zusätzlich zu einer Luxation der Ulna (der Elle), so spricht man von einer Galeazzi-Fraktur. Traumatologisch liegt die Ursache hier in einen Sturz auf den nach außen gedrehten Unterarm.
Neben den beiden oben genannten, sehr häufigen Formen der distalen Radiusfraktur, existieren noch weitere weniger häufige Frakturen, die – benannt nach ihren Erstbeschreibern- unterschiedliche Namen tragen: Bei der Chauffeur-Fraktur kommt es zu einem Abbruch des Processus styloideus am distalen Radius. Der Processus Styloideus radii wird im deutschen auch Griffelfortsatz genannt, und bezeichnet einen kleinen, handgelenksnahen Fortsatz, der die Fingerwurzelknochen seitlich umschließt. Bei der Barton-Fraktur ist der obere Teil der radialen Gelenkfläche mitbetroffen, so dass man – wie bei der Chauffeur-Fraktur – von einer intraartikulären, sprich einer die-Gelenkhöhle-mit-einbeziehenden Fraktur spricht. Das anatomisch, traumatologische Gegenstück bildet die umgekehrte Bartonfraktur, bei der der untere Teil der distalen, radialen Gelenksfläche frakturiert ist.
Beide Bartonfrakturen beziehen die Gelenkhöhle, bzw. das Gelenk mit ein, und werden daher als intraartikulär bezeichnet.
Die mit Abstand häufigste Ursache für eine distale Radiusfraktur ist der Sturz auf den ausgestreckten Arm. Der Arm wird dabei instinktiv ausgestreckt um den Sturz abzufangen und gegebenenfalls schlimmeres zu verhindern. Der daraus resultierende Bruch wird als Extensionsfraktur (auch Colles-Fraktur genannt) bezeichnet. Ein Bruch kann aber auch durch den Sturz auf die gebeugte Hand entstehen - man spricht dann von einer Flexionsfraktur (Smith-Fraktur). Besonders bei älteren Patienten kommt es durch Stürze zu distalen Radiusfrakturen, da ihre Knochendichte häufig durch Osteoporose angegriffen ist und somit anfälliger für Frakturen. Bei ihnen reichen schon leichtere Traumata aus, um zu einem Bruch zu führen, die bei gesunden Patienten nicht zu einem Bruch geführt hätten. Die zweithäufigste Patientengruppe neben älteren Patienten stellen jüngere Patienten zwischen fünf und achtzehn Jahren dar. Bei ihnen führen in der Regel Sportunfälle zu einer distalen Radiusfraktur. Auch Verkehrsunfälle können zu einem Unterarmbruch führen.
Die Diagnosestellung besteht in der Regel aus einer Kombination aus Patientengespräch, in dem dieser seine Beschwerden und das Unfallgeschehen schildert, Untersuchung des Armes und einer abschließenden Röntgenuntersuchung des Armes. Nur durch die Röntgenuntersuchung kann definitiv auf eine distale Radiusfraktur geschlossen werden - Patientengespräch und Untersuchung sind dafür nicht ausreichend. Bei der Untersuchung, die aufgrund der Schmerzen des Patienten meist nur eingeschränkt möglich ist, achtet der Arzt auf eine Fehlstellung des Armes, eingeschränkte Bewegungen, sowie Gefühls- und Durchblutungsstörungen der Hand. In Ausnahmefällen, wenn der Arzt die Vermutung hat, dass noch umliegende Bänder oder andere Strukturen verletzt sein könnten, wird noch eine Magnetresonanztomographie-Untersuchung (MRT) durchgeführt. Selten bei Verdacht auf mehrere Frakturen schließt sich noch eine Computertomographie (CT) an.
Wie bei Knochenbrüchen üblich, treten auch bei der distalen Radiusfraktur Schmerzen auf.
Dies liegt daran, dass bei einem Knochenbruch die feine Knochenhaut – das Periost – vom darunterliegenden Knochengewebe durchspießt wird. Das Periost ist allerdings sehr stark von kleinen Nervenfasern durchsetzt, die bei Reizung sofort Schmerzimpulse an das Gehirn schicken. Der Hintergrund ist evolutionsbiologischer Natur: Ein Bruch musste auch in früheren Zeiten schon geschont werden, und durfte auf keinen Fall weiter belastet werden, da sonst auch Blutgefäße oder Nervenbahnen in Mitleidenschaft gezogen werden könnten.
Erst nach Wochen, wenn der Bruch ausgeheilt ist, nehmen die Schmerzen ab, da eine Verletzung umliegender Strukturen nunmehr unwahrscheinlich ist. In der heutigen Medizin kann man gegen Schmerzen natürlich Schmerzmittel verabreichen, so dass der Patient beschwerdefrei wird. Allerdings handelt es sich dann um einen „trügerischen Frieden“, da das Grundproblem damit natürlich noch nicht beseitigt ist. Nur bei gleichzeitiger Ruhigstellung und operativer bzw. konservativer Versorgung der Fraktur macht eine Schmerztherapie Sinn.
Denn auch Schmerzen – so lästig sie sein mögen – haben einen Sinn, da sie dem Körper signalisieren, den betroffenen Körperteil zu schonen. Präklinisch frei verfügbare Schmerzmittel (medizinisch: Analgetika) sind Schmerzmittel der NSAR-Gruppe, wie beispielsweise Ibuprofen und Paracetamol.
Im Akutfall kann ein Notarzt auch auf niedrig- bis hochpotente Opioide zurückgreifen. Diese werden dann intravenöse appliziert, und schalten Schmerzen sehr schnell aus. Auch zur Nachbehandlung werden meist Schmerzmittel verordnet. Aspirin® zählt zwar ebenso wie Ibuprofen zur Klasse der NSAR, verflüssigt allerdings zusätzlich das Blut, was für jeden Chirurgen einen Alptraum darstellt. Gefäßverletzungen sind intraoperativ nur noch sehr aufwändig zu stillen. Daher sollte von einer Aspirin (generell AcetylSalicylSäure)- Gabe präklinisch abgesehen werden.
Neben den zu erwartenden Schmerzen wird eine distale Radiusfraktur meist noch durch andere Symptome begleitet. Typisch ist, dass die Hand nicht mehr richtig belastet werden kann und die Muskelkraft deutlich reduziert ist. Die Hand wird schmerzbedingt meist in einer Schonhaltung gehalten. Die Fraktur des distalen Radius wird zusätzlich meist von einer Schwellung des Armes/der Hand begleitet und zum Teil bildet sich auch ein Bluterguss aus. Auch eine Fehlstellung des Armes wird nicht selten beobachtet. Bei einer Extensionsfraktur tritt in der Regel eine sogenannte Bajonettfehlstellung auf, während bei einer Flexiosnfraktur häufig eine Gabel-Fehlstellung zu beobachten ist. Teilweise können auch Gefühlsstörungen in den Fingern oder am Arm resultieren.
Eine OP ist bei der distalen Radiusfraktur meist dann notwendig, wenn eine konservative Therapie nicht erfolgversprechend erscheint.
Die konservative Versorgung beinhaltet eine Reponierung des Bruches, und anschließende Ruhigstellung im Gipsverband. Eine regelmäßige Röntgenkontrolle ist indiziert, um ein etwaiges nachträgliches Abrutschen des Bruches mit konsekutiven schiefen Zusammenwachsen auszuschließen.
Das operative Konzept bei einer distalen Radiusfraktur richtet sich nach der Schwere und der Komplexität der Brüche. Es existieren verschiedene Syntheseverfahren: Mit Hilfe von Drähten (sogenannten Kirschner-Drähten) können einzelne Knochenfragmente aneinander gezogen werden.
Knochenteile können auch gegeneinander verschraubt werden. Bei Trümmerfrakturen mit vielen einzelnen Knochenfragmenten empfiehlt sich indes die Verwendung einer Platte, man spricht von einer Verplattung. Die Platte besteht meist aus Titan, auf ihr werden die einzelnen Knochenteile wie auf einem Puzzle fixiert. Sie verbleibt meist dauerhaft im Arm. Wenn eine Operation primär nicht notwendig, oder möglich ist, da andere Operationen Vorrang haben – beispielsweise bei Polytraumen – wird gelegentlich auch ein Fixateur externe verwendet. Über ein extern angelegtes Gerüst wird der noch unversorgte Bruch fixiert und ruhiggestellt, quasi wie ein Gerüst um ein im Rohbau befindliches Haus.
An die Operation einer distalen Radiusfraktur schließt sich nahtlos eine Physiotherapie, oder Ergotherapie an.
Die Zeiten, in denen der Patient nach der OP direkt nach Hause geschickt wurde sind erfreulicherweise vorbei. Der Begriff „ergon“ stammt aus dem griechischen, und bedeutet „Arbeit“ - oft wird fälschlicherweise das lateinische „ergo“ („Folge-„) kolportiert, was allerdings nicht richtig ist.
Die Ergotherapie beschäftigt sich also mit der Wiederaufnahme der Handlungsfähigkeit im Alltag, während die Physiotherapie einen mehr pflegenden und heilenden Ansatz verfolgt.
Beide Konzepte sind ausgesprochen wichtig, da nach langer Ruhigstellung, oder schwerwiegenden Verletzungen die Hand häufig nicht mehr im vollen Bewegungsumfang, oder in manchen Fällen gar nicht mehr bewegt werden kann. Auch wissen viele Patienten nicht, wie viel sie ihrer operierten Hand denn nun zutrauen können, und müssen erst wieder erlernen, diese richtig und bedacht einzusetzen. Die Arbeit der Physio- und Ergotherapeuten geht dabei weit über das rein anatomisch- rehabilitative Maß hinaus, und beinhaltet auch eine psychologisch- unterstützende Komponente.
Bei Kindern rückt einerseits die psychologische Betreuung stärker in der Vordergrund. Andererseits befinden sich Kinder noch in der Wachstumsphase, was auch bei distalen Radiusfrakturen zu beachten ist: Das Knochenwachstum geht von der in der Metaphyse befindlichen Epiphysenfuge aus.
Eine Verletzung, oder Verlegung der Epiphysenfuge kann zu gestörtem, oder gänzlich ausbleibendem Wachstum führen. Bei Kindern wird dies vor allem zum Problem, wenn nur eine Seite betroffen ist, und die Gegenseite „normal“ weiterwächst. Ein besonderes Augenmerk liegt daher bei der Kontrolle des Bruches, der Klärung der Frage nach Beteiligung der Epiphysenfuge, und der engmaschigen Nachuntersuchung.
Prinzipiell verkraften Kinder Knochenbrüche sehr gut – anders als alte Patienten, bei denen die Knochenstruktur meist bereits porös ist. Mit Folgeschäden ist bei korrekter Versorgung nicht zu rechnen. Allerdings sind Kinder nicht einfach „kleine Erwachsene“ und bedürfen einer besonderen Betreuung. Dies beginnt unmittelbar nach der Verletzung, und endet frühestens mit der Physiotherapie.
Klassifikationen sind in der Chirurgie äußerst beliebt, und häufig auch ein wenig kompliziert.
Davon bildet leider auch die Klassifikation zur Einteilung der distalen Radiusfrakturen keine Ausnahme. Sinnvollerweise wird jedoch zwischen extraartikulären, partiell-intraartikulären, und vollständig-intraartikulären Gelenkfrakturen unterschieden.
Dabei bezeichnen erstere Radiusfrakturen, die gänzlich ohne Gelenkbeteiligung stattfinden. Die beiden letzteren beschreiben jeweils eine Fraktur mit Gelenksbeteiligung, allerdings einmal partiell, sprich mit Beteiligung eines kleinen Teiles der Gelenkfläche, und einmal vollständig, mit kompletter Beteiligung der Gelenkfläche.
Da auch in der Chirurgie niemand so viel schreiben möchte, wurden die einzelnen Frakturformen je nach Bruchmodus, und Schweregrad mit Buchstaben belegt:
A-Frakturen bezeichnen extraartikuläre Frakturen. B-Frakturen bezeichnen partiell-intraartikuläre Frakturen, und C-Frakturen bezeichnen vollständig-intraartikuläre Frakturen.
Die Frakturen werden je nach Schweregrad mit den Zahlen 1,2, oder 3 belegt:
A1 beschreibt also eine extraartikuläre distale Fraktur, mit Beteiligung der Ulna, und intaktem Radius.
A2 eine reguläre, unkomplizierte distale Radiusfraktur mit Bruch des Radius.
A3 beschreibt eine mehrteilige Fraktur des distalen Radius.
Dabei ist zu beachten, dass in allen drei Stufen A1, A2, A3 das Gelenk selbst jeweils nicht betroffen ist. Die partiell-intraartikulären Radiusfrakturen werden wie folgt eingeteilt:
B1 bezeichnet eine Fraktur des Gelenks in der Sagittalebene. Die Sagittalebene ist neben der Horizontal- und der Transversalebene die Ebene, die in die Tiefe des Körpers geht. Wenn ein Pfeil einen Apfel von vorne durchbohrt, dann durchbohrt er ihn in der Sagittalebene.
B2 bezeichnet eine Fraktur der oberen, dorsalen Kante der Gelenkfläche.
B3 eine Fraktur der unteren, palmaren Gelenksflächenkante.
Schlussendlich bleiben die komplett intraartikulären Radiusfrakturen, die mit dem Buchstaben C bezeichnet werden:
C1 beschreibt eine Bruch des Gelenks mit metaphysärer Beteiligung. Die Metaphyse dient bei Erwachsenen zur Beschreibung des Endabschnittes langer Röhrenknochen.
Bei einer C2 Fraktur kommt es, wie bei der C1 Fraktur auch, zur metaphysären Fakturierung, diesmal jedoch in mehrere Bruchstücke.
Die C3 Fraktur bezeichnet zu guter Letzt eine komplizierte intraartikuläre Fraktur, mit mehrfacher Fakturierung ohne lokale Beziehung.
Nicht immer sind die Brüche ganz klar in die AO-Klassifikation einzuteilen, und es existieren natürlich auch Mischformen. Allerdings erleichtert sie den Chirurgen den Alltag erheblich, da der Bruch in einer klar definierten Klassifikation eingeteilt wurde, und mindestens deutschlandweit jeder behandelnde Arzt direkt weiß, wovon die Rede ist.
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