Azidose

Einleitung

Eine Azidose (Übersäuerung) bezeichnet einen sauren pH-Wert des Blutes. Der normale pH-Wert des Blutes schwankt nur sehr gering zwischen pH 7,36 bis 7,44. Dazu hat das Blut eine Reihe verschiedener Puffersysteme, die dafür sorgen, dass der pH Wert innerhalb dieser Grenzen bleibt, unabhängig ob wir beispielsweise über unsere Nahrung Säuren oder eher Basen zu uns nehmen oder ob wir auf Grund einer körperlichen Anstrengung wie einem Dauerlauf viel Milchsäure produzieren (Laktat, eine Säure die bei der anaeroben Glykolyse entsteht). Ganz grob wird der Säure-Basenhaushalt vor allem über zwei große Systeme beeinflusst: die Atmung und unseren Stoffwechsel. Störungen in einem dieser beiden Systeme können zu einer Azidose führen.

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Funktionsweise des Säure-Basenhaushaltes

Ein „normaler“ pH-Wert in unserem Blut ist sehr wichtig, da all unsere Stoffwechselvorgänge in diesem Bereich am besten funktionieren. Entwickelt sich eine Übersäuerung (Azidose) können die Stoffwechselvorgänge nicht richtig funktionieren.

Zwei große Systeme beeinflussen unseren Säure-Basenhaushalt: Die Atmung und der Stoffwechsel. Die Atmung nimmt über das Stellglied des Kohlendioxid (CO2) Einfluss: Atmen wir tiefer und schneller, dann atmen wir mehr Kohlendioxid aus. Kohlendioxid reagiert in unserem Blut als Säure (durch eine Reaktion mit Wasser zu Kohlensäure). Das heißt vereinfacht: je mehr und je tiefer wir atmen, desto weniger Säure befindet sich in unserem Blut und im Umkehrschluss: Wenn wir nur flach oder wenig atmen, verbleiben mehr Säuren in unserem Körper und es entwickelt sich eine Azidose.


Das zweite Stellglied ist der Stoffwechsel. Bei normaler Ernährung nehmen wir jeden Tag mehr Säuren zu uns als Basen. Um unseren festen pH-Wert zu behalten müssen wir daher mit dem Urin Säuren ausscheiden. Ist dies gestört bekommen wir eine Azidose. Auch bildet unser Körper bei großer körperlicher Anstrengung und bei Sauerstoffmangel Säuren (wie z.B. Milchsäure).

Symptome

Eine Azidose kann eine Vielzahl unterschiedlicher Symptome hervorrufen. Während eine sich langsam entwickelnde Azidose oft mit geringen bis keinen Symptomen einhergeht zeigt eine akute Azidose ausgeprägte Symptome. Dies können Störungen des Bewusstseins mit Müdigkeit, Kopfschmerzen, Gedächtnisstörungen und Veränderungen der Persönlichkeit bis hin zur Bewusstlosigkeit (azidotisches Koma) sein. Auch kann es zu Koordinationsstörungen und einem Zittern der Hände kommen, bei leichter Azidose kann auch eine Muskelschwäche im Vordergrund stehen.

Bei gering ausgeprägter Azidose entwickelt sich häufig ein Bluthochdruck, während bei starker Azidose eher mit einem Blutdruckabfall einhergeht. Außerdem können Herzrhythmusstörungen mit langsamem Herzschlag und Herzstolpern (Arrhythmien) folgen. Die Darmtätigkeit wird geringer und es kann zu Verstopfungen und Bauchschmerzen kommen.

Neben diesen generellen Symptomen können je nach Ursache der Übersäuerung verschiedene Symptome hinzukommen. Kommt die Störung durch eine Behinderung der Atmung (wie zum Beispiel bei einer Lungenerkrankung), so kann eine besonders schnelle Beeinträchtigung des Bewusstseinsfolgen mit der Maximalform des Komas ( „CO2-Narkose“) folgen. Bei längerer Gewöhnung durch chronische Lungenerkrankungen stehen eher Allgemeinsymptome wie Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Muskelschwäche und Händezittern im Vordergrund.

Hat die Azidose ihre Ursache im Stoffwechsel treten zusätzlich zu den oben genannten Symptomen weitere Symptome auf, die durch eine Gegenregulation der Atmung entstehen. Um die zusätzlichen Säuren aus dem Körper los zu werden atmen die Betroffenen tiefer. Dadurch entsteht eine regelmäßige, besonders tiefe Atmung, die sogenannte Kußmaul-Atmung. Teilweise kann diese Atmung den pH-Wert des Blutes normalisieren.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: An diesen Symptomen erkenne ich eine Azidose

Ursachen

Die Ursachen für eine Azidose sind vielfältig. Als grobe Orientierung dient auch hier wieder die Einteilung in Probleme mit der Atmung und Ursachen, die im Stoffwechsel unseres Körpers liegen.
Bei Lungenerkrankungen, die zu einer geringeren, flachen Atmung oder zu einem verminderten Gasaustausch in der Lunge führen entwickelt sich eine sogenannte respiratorische Azidose. Dabei steigt nicht nur der Säuregehalt unseres Blutes, sondern es besteht gleichzeitig ein Sauerstoffmangel durch die geringere Atmung.

Dies kann durch akute oder chronische Erkrankungen geschehen. Zu den akuten Erkrankungen, die mit einer Azidose einhergehen können zählen zum Beispiel Lungenentzündungen, akutes Lungenversagen oder eine Lungenembolie. Auch bei Herzschwäche (Herzinsuffizienz) kann durch das Auspressen von Wasser aus den Blutgefäßen in die Lunge die Atmung behindert sein. Beim Einatmen giftiger Gase kann das Lungengewebe angegriffen werden und ein mangelnder Gasaustausch mit Übersäuerung des Blutes folgen.
Eine andere Gruppe von Ursachen für eine atmungsbedingte Übersäuerung sind Erkrankungen der Muskeln oder der Nerven, die die Atemmuskulatur versorgen und Rippenfrakturen, bei denen durch die Schmerzen weniger tief geatmet wird. Auch die Einnahme von Opiaten wie Heroin, von Beruhigungsmitteln oder großen Mengen an Alkohol können durch Veränderungen im Gehirn die Atmung verlangsamen und somit auch zu einer Azidose führen.

Chronische Lungenerkrankungen sind sehr häufige Ursachen für eine atmungsbedingte Übersäuerung. Häufig kann dies durch eine „Raucherlunge“ (COPD, Chronisch obstruktive Lungenerkrankung) besonders bei einer Verschlechterung der Lungenfunktion durch eine zusätzliche Infektion auftreten. Auch ein schwerer Asthmaanfall kann mit einer Übersäuerung einhergehen. Generell kann bei jeder chronischen Lungenerkrankung eine Azidose entstehen.

Die zweite große Gruppe bilden Erkrankungen des Stoffwechsels (metabolische Azidose). Hier kann es durch mangelnde Ausscheidung oder die vermehrte Aufnahme von Säuren zu einer Azidose kommen. Doch auch bei Stoffwechselvorgängen im Körper können vermehrt Säuren entstehen.

Bei einer nicht erkannten oder nicht gut eingestellten Zuckererkrankung (Diabetes), sowie bei chronischer Alkoholabhängigkeit und bei längerem Hungern versucht der Körper andere Energiereserven herzustellen. Dabei entstehen so genannte Ketonkörper, die zu einer Übersäuerung des Körpers führen. Bei allen Erkrankungen, die zu einem Sauerstoffmangel des Körpers führt oder vermehrt Energie verbrauchen fällt im Körper mehr Milchsäure (Laktat) an. Bekannt ist dies auch von Sportlern, bei denen man bei einem Fitnesstest die entstehende Milchsäure misst. Zu diesen Erkrankungen zählen z.B. Blutarmut, Schock, verschiedene Vergiftungen, Krampfanfälle und Hitzeschlag. Bei schweren Leber und Nierenerkrankungen kann die Milchsäure nicht ausreichend ausgeschieden werden. Besonders bei chronischem Nierenversagen ist dies ein häufiges Problem.

Niereninsuffizienz

Die Azidose kann auch auf eine Niereninsuffizienz zurückgeführt werden. Die Niere ist ein wichtiges Stoffwechselorgan, welches mit der Ausscheidung diverser Stoffwechselprodukte betraut ist. Über die Niere werden neben Abfallprodukten der vielen Stoffwechselprozesse des Körpers auch Gifte ausgeschieden.

Auch in der Regulation des Säure-Basen-Haushaltes spielt die Niere eine wichtige Rolle, da sie Säuren im Körper zurückhalten oder ausscheiden kann. Die Ausscheidung der Säuren kann bei einer Niereninsuffizienz erheblich verlangsamt und reduziert sein, wodurch sich saure Stoffwechselprodukte im Blut ansammeln und eine Azidose hervorrufen oder verschlimmern können.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Symptome einer Niereninsuffizienz

Was ist eine respiratorische Azidose?

In der Entstehung eines Ungleichgewichts der Säuren und Basen im Körper werden grundsätzlich die metabolische und die respiratorische Störung unterschieden. Letztere beruht auf einem Problem der Atmung. Die Atmung bewirkt neben der Sauerstoffaufnahme auch eine Abatmung von CO2 und besitzt damit einen erheblichen Einfluss auf den Säure-Basen-Haushalt des Körpers.

Ist die Atmung eingeschränkt, sammelt sich vermehrt Kohlenstoffdioxid im Blut an, was eine Azidose zur Folge hat. Über die Atmung können auch azidotische Entgleisungen kompensiert werden. Dies ist der Grund für die tiefe Atmung, die bei einer Azidose eintreten kann. Diese sogenannte reflektorische „Kussmaul-Atmung“ bewirkt durch eine vermehrte Abatmung des CO2 eine sofortige Steigerung des pH-Wertes im Blut.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Respiratorische Azidose

Was ist eine Laktatazidose?

Die Laktatazidose ist eine gefürchtete akute Erkrankung des Stoffwechsels, die mit lebensbedrohlichen Folgen einhergehen kann. Es handelt es sich hierbei um eine Stoffwechselstörung, die zu einem fehlerhaften Abbau der Glucose in der Energiegewinnung führt. In den Zellen des Körpers kann die Glucose unter Sauerstoffverbrauch zu Energie verwertet werden, um sämtliche Organe und Körperprozesse aufrecht zu erhalten.

Aufgrund verschiedener Ursachen kann es bei der Laktatazidose zu einer Störung des Glucoseabbaus kommen, wodurch fälschlicherweise als Nebenprodukt Laktat (Milchsäure) produziert wird. Laktat kann sich im Blutkreislauf anreichern und zu einer erheblichen Azidose führen. Auch beim Sport spielt die Laktatanreicherung eine wichtige Rolle. Kommt der Muskel nicht mit einer ausreichenden Energieproduktion mit Sauerstoffverwertung hinterher, bildet sich stattdessen Laktat, welches zu einer schnellen Ermüdung führt.

Das Laktat, auch „Milchsäure“ genannt, führt in erster Linie zu Übelkeit, Bauchschmerzen und den typischen Zeichen einer Azidose mit tiefer Atmung. Später können sogar eine Nierenschwäche und ein Schockzustand auftreten, bei welchem es über verschiedene Stoffwechselprozesse zu einem Blutvolumenmangel im gesamten Körper kommen kann mit erheblichen Folgen an diversen Organen.

Ausgelöst wird die Laktatazidose vor allem bei Patienten mit Nieren- oder Leberschwächen. Typischerweise ist die Laktatazidose auch bei Diabetikern zu finden, da die gängigsten antidiabetischen Mittel die Erkrankung hervorrufen können. Das bei Diabetes Typ 2 eingesetzte Mittel „Metformin“ kann in seltenen Fällen die Laktatazidose verursachen.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Nebenwirkungen von Metformin

Therapie

Eine plötzlich aufgetretene Übersäuerung stellt eine Notfallsituation da und sollte daher in der Regel im Krankenhaus therapiert werden.
Die Therapie der Azidose unterscheidet sich je nach Ursache. Ist die Azidose durch eine akute Lungenerkrankung ausgelöst, so muss häufig eine Beatmung erfolgen. Dadurch kann der Gasaustausch in der Lunge verbessert werden. Danach sollte die Grunderkrankung therapiert werden (z.B. mit Antibiotika bei einer Lungenentzündung).

Bei einer Verschlechterung einer chronischen Lungenerkrankungen kann häufig mit Medikamenten gearbeitet werden, welche die Luftwege erweitern. So helfen häufig „Notfall-Sprays“ (inhalative Betamimetika oder Anticholinergika), sowie Kortison-Präparate. Eine leichte Sauerstoffgabe kann erfolgen, sie sollte jedoch nur niedrig dosiert werden (0,5-1 Liter pro Minute), da eine Verschlechterung der Atmung bis hin zur Bewusstlosigkeit (Koma) droht. Bei chronischen Lungenerkrankungen sollte eine Beatmung eher zurückhaltend gewählt werden.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Therapie der COPD

Bei der Therapie einer stoffwechselbedingten Azidose steht die Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung im Vordergrund (z.B. Therapie des Diabetes, der Niereninsuffizienz etc). Bei sehr starken Verschiebungen des pHs auf unter 7,10 kann durch eine Infusion mit der Base Bikarbonat der pH-Wert angehoben werden.

Diagnose

Eine Azidose wird durch eine sogenannte Blutgasanalyse bestimmt. Dazu wird eine arterielle Blutprobe entnommen (in der Regel aus einer Arterie des Unterarms) oder nach Einwirken einer gefäßerweiternden Salbe am Ohrläppchen dort wenige Tropfen Blut entnommen.

Ein ausführliches Anamnesegespräch sollte mögliche Ursachen aufdecken. Um die Ursache weiter zu bestimmen werden verschiedene Werte im Blut und Urin bestimmt. Außerdem kann der Blutzuckerspiegel bestimmt werden.

Bei einer atmungsabhängigen Ursache werden häufig eine Röntgenuntersuchung der Lunge, sowie verschiedene Lungenfunktionstests durchgeführt. Auch eine Untersuchung im Schlaflabor kann sinnvoll sein.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Blutgasanalyse

Kann man eine Azidose riechen?

Prinzipiell handelt es sich bei der Azidose um eine Erkrankung des Blutes, die mit schweren Folgen der Organe einhergehen kann. Lediglich wenn durch die Anpassung der am Säure-Basen-Haushalt beteiligten Stoffwechselprozesse Produkte entstehen, die abgeatmet oder anderweitig ausgeschieden werden, kann die Azidose auch Gerüche verursachen.

Typischerweise tritt dieser Vorgang bei Diabetikern auf. Durch den Insulinmangel kommt es bei diesem Krankheitsbild trotz eines erhöhten Glucosespiegels im Blut zu einem scheinbaren Energiemangel, da die Glucose nicht in die Zellen aufgenommen werden kann. In der Folge findet wie in schweren Fasten- und Hungerszeiten eine Fettverbrennung statt mit der Bildung sogenannter „Ketonkörper“, um den Zellen alternative Energie bereitzustellen. Die Ketonkörper können in der Atemluft einen typischen Acetongeruch hervorrufen, der nach Nagellackentferner oder vergorenem Obst riechen kann. Bewusstlose Personen mit einem starken Geruch nach Aceton leiden eventuell an einer schweren diabetischen Entgleisung mit Azidose und bereits eingetretenem Koma.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Diabetisches Koma

Folgen einer Azidose

Die Azidose kann mit vielen Stoffwechselveränderungen und merklichen Symptomen einhergehen. Sie kann mit schweren lebensbedrohlichen Folgen einhergehen, weshalb der Körper mithilfe verschiedener Kompensationsmechanismen versucht, die Azidose auszugleichen.

Direkte Folgen können Atemnot, tiefe Atmung, blaue Lippen, Müdigkeit, Ohnmacht oder Koma sein. Aufgrund metabolischer Vorgänge, die zur Ausscheidung der Säure führen, können die Harnmenge erhöht sein, Schwäche, Muskelkrämpfe und Müdigkeit auftreten und schwere Herzrhythmusstörungen eintreten. All dies sind gefährliche unmittelbare Folgen einer Azidose. Im Extremfall, wenn es nicht gelingt die Azidose schnell auszugleichen, können lebensbedrohliche Folgen wie ein Schock, ein Herzstillstand oder ein Koma auftreten.

Prognose

Die Prognose hängt bei einer Azidose stark von der ursächlichen Erkrankung ab. Eine starke Übersäuerung ist eine Notfallsituation und sollte daher unverzüglich durch einen Arzt abgeklärt werden. Einige akute Erkrankungen können durch eine Therapie wieder vollständig verschwinden, bei einigen chronischen Lungenerkrankungen kann nur eine Besserung erreicht werden.

Prophylaxe

Da die Azidose ein Symptom verschiedener Erkrankungen ist gibt es keine allgemeine Prophylaxe. Die zugrunde liegende Erkrankung sollte therapiert und kontrolliert werden (z.B. Einstellung einer Zuckererkrankung Diabetes). Viele der lungenabhängigen Ursachen haben Nikotin als Hauptursache (vor allem bei der COPD). Daher ist bei diesen Erkrankungen der vollständige Nikotinverzicht die wichtigste vorbeugende Maßnahme.

Azidose beim Baby

Bei einer Geburt bestehen viele gesundheitliche Risiken für Mutter und Kind. Der Geburtsvorgang stellt eine enorme Stresssituation dar, die sich auf den Stoffwechsel und die lebensnotwendigen Funktionen der kindlichen Organe auswirken kann. Nicht selten kann es dabei zu metabolischen Entgleisungen wie einer kindlichen Azidose kommen.

Eine mögliche Ursache dafür ist ein Sauerstoffmangel des Neugeborenen. Dieser kann durch Nabelschnurvorfälle oder Anpassungsprobleme nach der Geburt entstehen. Durch die fehlende Sauerstoffzufuhr des Babys entsteht in den Zellen des Körpers Laktat als alternative Energiequelle, um die lebensnotwendigen Körperprozesse aufrechtzuerhalten. Das Laktat kann in zahlreichen Organen und Geweben schwere Schäden zur Folge haben.

Am meisten leidet das zentrale Nervensystem, im schlimmsten Fall kommt es zu irreversiblen Gehirnschäden. Babys können im Regelfall deutlich extremere pH-Werte erdulden als erwachsene Menschen. Bis zu einem pH-Wert von 7,2 besteht bei Babys kein Grund zur Sorge.

Azidose im Urin

Eine Azidose im Urin ist prinzipiell nicht ungewöhnlich und bietet keinen Anlass zur Beunruhigung. Der pH-Wert im Urin unterliegt starken Schwankungen und hängt nur teilweise mit den Stoffwechselprozessen des Körpers zusammen. Während eine Azidose im Blut behandelt werden sollte, kann die Azidose im Urin innerhalb kurzer Zeit von selbst nachlassen und stellt keinen Krankheitswert dar.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: pH-Wert im Urin

Der pH-Wert im Urin unterliegt zu einem großen Teil der Ernährung. Tierische Produkte wie Fleisch, Fisch, Eier oder Käse können in ihrer Verstoffwechslung Säuren bilden, die über den Urin ausgeschieden werden. Auch durch verschiedene natürliche Stoffwechselprozesse des Körpers oder zum Ausgleich einer Azidose im Blut, können vermehrt Säuren in Form von Protonen in den Harn ausgeschüttet werden. Über diesen werden sie anschließend ausgeschieden.

Zudem liegt im Urin immer ein gewisser Anteil an Harnsäure vor, welches ein natürliches Stoffwechselprodukt des Körpers ist. Bei permanent saurem Urin besteht jedoch eine leicht erhöhte Wahrscheinlichkeit Harnsäuresteine zu entwickeln, welche die Harnleiter blockieren können. Zur Behandlung dieser Harnleitersteine kann etwa durch eine Ernährungsanpassung die Säure im Harntrakt reduziert werden.

Azidose beim Fasten

Das Fasten wirkt sich auf den Körper ähnlich wie eine akute diabetische Entgleisung aus. Durch extremes Fasten kann der Körper einen akuten Energiemangel erleiden, da die Glucosevorräte im Körper aufgebraucht sind. In der Folge greift der Körper die Reserven an und baut Fettgewebe ab, wodurch alternativ zu den Glucosemolekülen als Ersatz-Energiequelle sogenannte „Ketonkörper“ entstehen.

Dieser Stoffwechselprozess kann zu einer Azidose mit Bewusstseinsverlust und starkem Acetongeruch führen wie bei einem diabetischen Koma. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass beim Diabetes ausreichend Glucose vorliegt, welche wegen des Insulinmangels jedoch nicht in die Körperzellen aufgenommen werden kann.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Risiken des Fastens

Wie verändert sich das Kalium bei einer Azidose?

Eine typische Folge einer Azidose ist die Hyperkaliämie. Dahinter stecken metabolische Kompensationsmechanismen, die bei einer Azidose sofort einsetzen. Der Körper versucht dabei auf verschiedenen Wegen die überschüssige Säure aus dem Blut zu eliminieren.

Ein Ausscheidungsweg findet über die Niere statt. In den Nierenkörperchen kann dabei Säure in Form von Protonen (positiv geladene Wasserstoffatome) in den Harn ausgeschüttet werden. Die Säure kann anschließend über den Urin ausgeschieden werden. Die Ausschüttung der Protonen in der Niere hat zur Folge, dass Kaliumionen im Austausch aus dem Harn in das Blut rückresorbiert werden.

Das Kalium kann sich dadurch, solange die Azidose besteht, im Körper ansammeln und schwere Symptome hervorrufen. Zunächst kann es zu Missempfindungen wie Kribbeln oder Muskelschwäche kommen. Stark erhöhte Kaliumwerte können jedoch schnell zu Herzrhythmusstörungen mit Unregelmäßigkeiten und sogar Herzstillstand führen.

Was ist dran an der Übersäuerungstheorie?

In der Alternativmedizin stellt die Theorie der Übersäuerung eine häufige Ursache für viele Erkrankungen dar. Die angebliche Übersäuerung findet hierbei in der Niere statt und soll durch Lebensmittel und Verhaltensweisen beeinflusst werden. Die Testung dieser Übersäuerung geschieht mittels pH-Teststreifen des Urins.

Die Theorie der Übersäuerung besitzt jedoch keinen wissenschaftlichen Hintergrund. Der Körper gleicht sämtliche Schwankungen des Säure-Basen-Haushaltes effektiv aus. Ein saurer Urin hat keinerlei Krankheitswert und unterliegt erheblichen Schwankungen. Der Nutzen einer sogenannten „basischen“ Lebensweise ist wissenschaftlich nicht erwiesen.

Weitere Informationen

Weitere Informationen zum Thema Azidose finden Sie unter:

Eine Übersicht aller Themen aus dem Bereich der Diagnostik finden Sie unter: Diagnostik A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 25.03.2015 - Letzte Änderung: 18.09.2024