Palliative Therapie

Palliative Therapie beinhaltet die Behandlung und Versorgung von schwer kranken Patienten, bei denen die Therapieoptionen einer kurativen, d.h. einer zur Heilung führenden Therapie, erschöpft sind. Dabei stehen vor allem die Beschwerdelinderung und die Verbesserung der Lebensqualität im Vordergrund.

Palliative Therapie

Definition

Unter palliativer Therapie versteht man ein besonderes Therapiekonzept, das bei unheilbar kranken Patienten eingesetzt werden kann, wenn keine Maßnahmen mehr ergriffen werden können, die zur Heilung des Patienten führen könnten. Dementsprechend handelt es sich um ein Konzept, das Patienten am Lebensende begleitet und ihr Leiden lindern soll, ohne eine Heilung herbeiführen zu können. Die palliative Therapie kann auch auf Wunsch des Patienten eingesetzt werden, wenn er keine weiteren Behandlungsmaßnahmen mehr wünscht, obwohl theoretisch noch Chance auf Heilung bestünde. Die palliative Therapie setzt sich aus mehreren Bereichen zusammen, die jeweils darauf abzielen, das Leiden der kranken Menschen auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Dabei kommen je nach Art der Erkrankung unter anderem Schmerztherapien, Psychotherapie, medikamentöse Therapien und auch Operationen zum Einsatz.

Wer bekommt eine palliative Therapie?

Eine palliative Therapie wird bei sehr kranken Menschen eingesetzt, deren Leiden nicht mehr durch kurative – das heißt zur Heilung führende – Maßnahmen behandelt werden kann. Dementsprechend handelt es sich in der Regel um Patienten, die sich im Endstadium einer schweren Krankheit befinden. Häufig sind dies Krebspatienten, deren Tumor sich großflächig im Körper verteilt hat. Auch andere Erkrankungen, wie zum Beispiel schwere Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems oder Lungenerkrankungen können sich so sehr verschlechtern, dass eine palliative Therapie als letzte Maßnahme in Frage kommt. Allerdings können sich Patienten auch eine palliative Therapie wünschen, wenn sie keine weiteren potenziell kurativen Behandlungsmaßnahmen mehr möchten – auch, wenn eine Heilung noch nicht ausgeschlossen ist. Ebenfalls kann sich der gesetzliche Betreuer eines Patienten, der selbst nicht mehr einwilligungsfähig ist, in Rücksprache mit den Ärzten für ein palliatives Therapiekonzept entscheiden.

Was ist das Ziel der palliativen Therapie?

Das Ziel der palliativen Therapie ist es, die Symptome eines Patienten, der unheilbar erkrankt ist, beziehungsweise keine kurativen Behandlungsmaßnahmen mehr wünscht, möglichst stark zu lindern und ihm damit den Leidensdruck zu nehmen. Die Steigerung der Lebensqualität steht somit im Vordergrund. Wichtige Bestandteile der palliativen Therapie sind damit Schmerzmittel, die dem Patienten seine Schmerzen nehmen sollen, eine Verbesserung, oder aber auch Einstellen der Ernährung, eine psychologische Betreuung falls vom Patienten gewünscht sowie anderweitige Medikamente, beispielsweise gegen Luftnot oder Übelkeit. Da der Patient so gut wie möglich mit seiner Erkrankung leben soll, können auch Operationen, Bestrahlungen und Chemotherapien zur palliativen Therapie gehören, wenn sie die Lebensqualität des Patienten steigern und sein Überleben verlängern können. Die Erkrankung wird damit zwar nicht geheilt, jedoch wird das Fortschreiten verlangsamt und der Verlauf positiv beeinflusst. Die palliative Bestrahlung von Knochenmetastasen kann beispielsweise dadurch bedingte Schmerzen verringern und Knochenbrüchen vorbeugen.

Weitere Informationen über Metastasen, finden Sie auf unserer Seite Metastasen.

Palliative Therapie bei Lungenkrebs

Lungenkrebs wird bei vielen Patienten erst in einem sehr späten Stadium erkannt, wenn keine Therapie mehr Heilung verspricht. Diesen Patienten kann durch eine palliative Therapie jedoch ein Großteil ihrer Lebensqualität zurückgegeben und oft auch mehr Lebenszeit geschenkt werden. Dabei zeigte sich, dass je früher ein palliatives Therapiekonzept in die Behandlung des Patienten integriert wurde, desto höher waren Gesamtüberleben und die Lebensqualität des Erkrankten. Bei Lungentumoren, die so lokalisiert sind, dass sie die Atmung des Patienten beeinträchtigen, kommen verschiedene Maßnahmen in Frage, um die Situation zu verbessern. So können zum Beispiel Stents in die Atemwege eingesetzt werden. Dabei handelt es sich um röhrenförmige Draht- oder Kunststoffgeflechte, die die Atemwege an der Stelle, wo sie durch den Tumor komprimiert werden, offen halten sollen. Auch können radioaktive Substanzen lokal in direkte Nähe des Tumors eingebracht werden, die dort das weitere Wachstum eindämmen. Natürlich gehört auch eine adäquate Schmerztherapie zum palliativen Behandlungskonzept bei Lungenkrebs. Dazu können Schmerzmittel in Tablettenform, als Pflaster oder aber auch als Katheter direkt ans Rückenmark verabreicht werden. Da Lungenkrebs nicht selten Absiedlungen im Knochen bildet, können auch dadurch unangenehme Schmerzen entstehen, die behandelt werden sollten. Dazu werden nicht nur herkömmliche Schmerzmittel eingesetzt, sondern auch Bisphosphonate. Dies sind Medikamente, die den Knochenabbau verhindern und so zu mehr Stabilität der angegriffenen Knochen beitragen. Zudem können Knochenmetastasen gezielt bestrahlt werden, was ebenfalls Stabilität und Schmerzsituation verbessert.

Weitere Informationen bezüglich der Therapie bei Lungenkrebs, finden Sie in unserem Artikel Therapie von Lungenkrebs.

Palliative Therapie bei Bauchspeicheldrüsenkrebs

Bauchspeicheldrüsenkrebs gehört zu den aggressivsten und am schlechtesten behandelbaren Tumorerkrankungen. Das liegt maßgeblich daran, dass diese Erkrankung meist erst in einem sehr fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird, wenn zur Heilung führende Therapiekonzepte nicht mehr greifen. Meist erhalten die Patienten in dieser Situation eine palliative Chemotherapie mit dem Wirkstoff Gemcitabin, da dieser das Tumorwachstum lokal beschränkt und die Lebensqualität des Patienten maßgeblich verbessern kann. Bauchspeicheldrüsenkrebs führt oftmals zu Schmerzen, denen mit einer gut eingestellten Schmerztherapie begegnet werden sollte. Dazu können Tabletten, Tropfen, Pflaster und Schmerzkatheter eingesetzt werden. Zudem kann Bauchspeicheldrüsenkrebs problematisch werden, wenn er soweit gewachsen ist, dass er den Ausführungsgang der Gallenblase, den Magenausgang oder den Zwölffingerdarm komprimiert. Dadurch kann es zu einem gefährlichen Darmverschluss (Ileus) sowie zu einem Aufstau von Gallenflüssigkeit mit Gelbsucht (Ikterus) kommen. Ein palliativer Eingriff kann dann helfen. Dazu werden Stents – das sind röhrenförmige Draht- oder Kunststoffgeflechte – in die Engstelle eingeführt, um die Öffnung des Ganges beziehungsweise des Darms durchgängig zu halten. Auf diese Weise können die typischen Komplikationen des Bauchspeicheldrüsenkrebses verhindert werden. Die Zerstörung des Bauchspeicheldrüsengewebes hat auch Auswirkungen auf den Stoffwechsel des Patienten. Zur palliativen Therapie gehört daher auch eine Ernährungstherapie mit Ersatz der wichtigen Enzyme und Vitamine, sowie – falls erforderlich – eine Diabetesbehandlung. Sollte es zu einer höhergradigen Einengung des Magenausgangs gekommen sein, kann dem Patienten eine Ernährungssonde in den Darm gelegt werden, über die er weiterhin ernährt werden kann. Des Weiteren gehören eine psychosoziale Betreuung, sowie eine medikamentöse Behandlung von Begleitsymptomen wie Übelkeit und Angst zum palliativen Therapiekonzept bei Bauchspeicheldrüsenkrebs.

Ursachen, Anzeichen und viele weitere Informationen über Bauchspeicheldrüsenkrebs, finden Sie in unserem Artikel Bauchspeicheldrüsenkrebs.

Palliative Therapie bei Brustkrebs

Brustkrebs ist heute in vielen Fällen heilbar, wenn die Erkrankung früh genug erkannt wird. Leider gibt es jedoch noch immer Patientinnen, bei denen die Erkrankung bei Diagnosestellung schon so weit fortgeschritten ist, dass eine Heilung durch herkömmliche Therapien nicht mehr zu erwarten ist. Diese Patientinnen sollten frühzeitig einem palliativen Therapiekonzept zugeführt werden, da die Lebensqualität und Lebenszeit dadurch maßgeblich verbessert werden kann. Zur palliativen Therapie bei Brustkrebs gehört oftmals eine Chemotherapie, die zwar nicht mehr heilen, wohl aber das lokale Wachstum des Tumors eingrenzen und damit das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen kann. Brustkrebs im fortgeschrittenen Stadium kann Knochenmetastasen bilden. Diese führen nicht selten zu starken Schmerzen an den entsprechenden Stellen. Eine lokale Bestrahlung dieser Metastasen kann helfen, die Stabilität des Knochen zu erhalten und Schmerzen zu mindern. Zusätzlich können Medikamente verabreicht werden, die den Knochenabbau hemmen – sogenannte Bisphosphonate. Die Patientinnen erhalten dadurch einen großen Teil ihrer Lebensqualität zurück. Zusätzlich sollte für eine ausreichende medikamentöse Schmerztherapie und eine psychosoziale Betreuung – sofern gewünscht – gesorgt werden.

Lesen Sie dazu auch unseren Artikel Therapie von Brustkrebs.

Palliative Therapie bei Prostatakarzinom

Die palliative Therapie bei Prostatakarzinom zielt darauf ab, die Symptome, die durch die unheilbare Erkrankung verursacht werden, soweit wie möglich zu lindern und die Lebensqualität und Lebenszeit des Patienten bestmöglich zu steigern. Ist ein Prostatakarzinom sehr groß, führt es früher oder später zu einer Verlegung der Harnwege. Der Patient bekommt dann Probleme beim Wasserlassen, was in der Folge zu einem Aufstau von Urin bis in die Nieren führen kann und sekundäre Infektionen bis hin zu lebensbedrohlichen Komplikationen begünstigt. Durch palliative Eingriffe können diese Situationen vermieden werden. So kann beispielsweise eine Abtragung krankhaft veränderter Prostatagebiete mehr Platz für die Harnröhre schaffen und eine Verlegung des Harnabflusses verhindern. Auch können Röhrchen in die Harnröhre eingesetzt werden, die einer Kompression der Harnröhre durch den Tumor vorbeugen. Eine weitere Alternative ist die Harnableitung mittels eines Blasenkatheters, der sowohl durch die Harnröhre als auch direkt durch die Bauchdecke (sogenannter suprapubischer Katheter) gelegt werden kann. Prostatakrebs kann Absiedlungen im Knochen bilden, die wiederum Schmerzen und Knochenbrüche zur Folge haben können. Im palliativen Therapiekonzept kann daher eine Behandlung dieser Knochenmetastasen im Sinne einer Bestrahlung, Hormonbehandlung und/oder Chemotherapie erfolgen. Zudem können knochenstabilisierende Medikamente wie Bisphosphonate eingesetzt werden. Eine adäquate Schmerztherapie ist ebenso einer der wichtigsten Pfeiler in der palliativen Behandlung des Prostatakarzinoms. Zudem sollte dem Patienten eine psychosoziale Betreuung angeboten werden.

Palliative Therapie bei Leberkrebs

Die palliative Therapie bei Leberkrebs wird eingesetzt, wenn die Erkrankung so weit fortgeschritten ist, dass eine Heilung nicht mehr herbeigeführt werden kann. Dabei gilt es, die typischen Komplikationen der Erkrankung möglichst gut zu behandeln beziehungsweise zu verhindern. Fortgeschrittener Leberkrebs kann zum Beispiel je nach Lokalisation des Tumors zu einer Verlegung des Gallengangs führen. Um einen Aufstau von Gallenflüssigkeit und eine nachfolgende Gelbsucht zu verhindern, kann in palliativer Absicht ein Röhrchen (Stent) in den Gallengang eingebracht werden, um diesen offen zu halten und eine Kompression durch den Tumor zu verhindern. Auch steht seit einigen Jahren mit Sorafenib ein Wirkstoff zur Verfügung, der die allgemeine Progression der Erkrankung verringern und die Lebensqualität der Patienten verbessern kann.

Lesen Sie noch mehr über die Therapie von Leberkrebs in unserem Artikel Therapie von Leberkrebs.

Ansonsten stehen auch bei Leberkrebs im Endstadium eine adäquate Schmerztherapie, eine psychoonkologische, sowie eine psychosoziale Betreuung des Patienten im Vordergrund.

Lesen Sie mehr  zu dem Thema: Leberkrebs im Endstadium

 

Palliative Therapie bei Darmkrebs

Bei Darmkrebs, der nicht mehr geheilt werden kann, kommt ein palliatives Therapiekonzept in Frage, welches das Leiden des Patienten lindern und das Auftreten von Komplikationen verhindern soll. Bei Darmkrebs besteht die Gefahr, dass der Darm durch das lokale Tumorwachstum verlegt wird und ein lebensgefährlicher Darmverschluss entsteht. Es kann daher sinnvoll sein, den Tumor lokal zu entfernen, um dies zu verhindern. Auch kann in palliativer Absicht ein künstlicher Darmausgang (Stoma) geschaffen werden, um die Ausleitung des Stuhls zu gewährleisten. Zudem können bei Darmkrebs im Endstadium palliative Chemotherapien zum Einsatz kommen, die das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen können. Des Weiteren gehören eine individuelle Schmerztherapie, eine psychosoziale Betreuung, Seelsorge und eine Ernährungstherapie zum palliativen Therapiekonzept bei Darmkrebs.

Weitere Informationen über Darmkrebs, finden Sie in unserem Artikel über Darmkrebs.

Palliativmedizin

Die Palliativmedizin ist ein eigenes medizinisches Fachgebiet, das sich mit der Betreuung schwer erkrankter Patienten befasst, die keiner kurativen Behandlung mehr zugeführt werden können. Die Patienten werden häufig von einem sogenannten Palliativ-Team betreut, welches sich aus Personen verschiedener Berufsgruppen zusammensetzt, die multidisziplinär arbeiten, um die individuellen Bedürfnisse eines jeden Patienten bestmöglich erfüllen zu können. So gehören zu einem Palliativteam zum Beispiel Ärzte, Krankenpfleger, Psychologen, Sozialarbeiter, Physiotherapeuten, Ernährungsberater und Seelsorger. Im Fokus steht dabei die Steigerung der Lebensqualität von Patienten mit eingeschränkter Lebenserwartung, ohne sich rein auf eine Lebensverlängerung zu konzentrieren. Das Leiden der Patienten soll bestmöglich gelindert werden, um ihnen eine möglichst würdevolle restliche Lebenszeit zu ermöglichen. In Deutschland hat sich die Palliativmedizin im Jahr 2003 als eigene Zusatzweiterbildung für Ärzte etabliert.

Für weitere Informationen bezüglich Palliativmedizin, lesen Sie unseren Artikel Palliativmedizin.

Weitere Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 20.10.2017 - Letzte Änderung: 18.09.2024