Das Symptom Schwindel kann viele verschiedene Ursachen haben, eine mögliche Form kann von der Halswirbelsäule herrühren, was dann als sogenannter zervikogener Schwindel bezeichnet wird. Meist tritt er in Verbindung mit einer Verletzung der Halswirbelsäule in Folge eines Traumas auf, daher muss diese auch therapiert werden um einen zervikogenen Schwindel zu behandeln.
Schwindel (med. Vertigo), der von der Halswirbelsäule verursacht wird, wird auch als zervikogener (von der Halswirbelsäule kommender) Schwindel oder HWS-Schwindel bezeichnet. Häufig tritt die Schwindelsymptomatik nach Beschleunigungstraumata oder einer anderen Art Unfall, der die Halswirbelsäule in Mitleidenschaft zieht, auf.
Es gibt unterschiedliche Arten von Schwindel. Ein halswirbelsäulenbedingter Schwindel wird meist nicht als Drehschwindel empfunden, sondern häufig als Schwankschwindel, der mit einer Gangunsicherheit einher geht. Auch ein gestörtes Lagegefühl im Raum kann durch den Schwindel ausgelöst werden. Die Schwindelsymptomatik nimmt bei Bewegungen oder nach längerer Zwangshaltung zu und oft treten parallel dazu Schmerzen im Nackenbereich auf. Die Beweglichkeit des Halses und des Kopfes ist oft eingeschränkt und die Muskulatur der Halswirbelsäule und des Schulter-Nacken-Bereiches ist schmerzhaft verspannt.
Der Schwindel kann einige Minuten andauern, kann sich aber auch über mehrere Stunden hinziehen. Untypisch für Schwindel, der von der Halswirbelsäule ausgeht, sind andere Beschwerden wie Hörstörungen oder Sehstörungen. Schwindel aufgrund einer Störung der Halswirbelsäule ist eine sehr häufige Ursache für Schwindel in Deutschland, dennoch wird er häufig nicht erkannt.
Wird die Diagnose richtig gestellt, kann der zervikogene Schwindel gut behandelt werden und kann sich vollständig zurückentwickeln, wenn er konsequent behandelt wird.
Schwindel kann sich in vielen verschiedenen Variationen äußern und ist häufig ein Warnsignal des Gehirns. Allgemein fühlen sich Betroffene unwohl, unsicher und benommen.
Bestimmte Sinnes- und Nervenzellen leiten Informationen aus den Muskeln und Sehnen der Halswirbelsäule zu den Gleichgewichtsorganen weiter. Durch eine Schädigung dieser Sinneszellen kann es zu einer Raumwahrnehmungsstörung (Schwindel) und Gangunsicherheiten oder eine Fallneigung zu einer Seite kommen. Diese Sinneszellen leiten jede Veränderung der Lage oder Haltung der Muskel an das Gehirn weiter, welches dann wiederum das Gleichgewicht und die Raumorientierung reguliert.
Davon abzugrenzen sind Schädigungen des Gleichgewichtsorgans im Ohr selbst, die ähnliche Beschwerden auslösen können. Häufig wird ein halswirbelsäulenbedingter Schwindel durch ein Unfallereignis ausgelöst, schwieriger ist die Beurteilung von Schwindel ohne einen vorangegangen Unfall. Hier kann es sich um Veränderungen der Halswirbelsäule aufgrund einer Anomalie oder altersbedingten Veränderungen handeln, die den Schwindel verursachen.
Verspannungen der Schulter- und Nackenmuskulatur, die sich bewusst nicht mehr lösen lassen, können ebenfalls Auslöser für Schwindel sein. Ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule, Blockaden der oberen beiden Halswirbelkörper (Atlas und Axis), Lockerungen oder Instabilitäten des Bandapparates sowie häufig wiederkehrende Blockierungen können ebenfalls Auslöser für den zervikogenen Schwindel sein.
Selten kann auch eine Einengung einer Arterie im Halswirbelbereich der Grund für die Schwindelgefühle sein. Die sogenannten Arteriae vertebralia sind kleine Arterien, die jeweils rechts und links durch einen knöchernen Kanal in der Halswirbelsäule verlaufen. Sie versorgen zusammen mit den großen Halsschlagadern seitlich vorne am Hals (Arteriae carotides) das Gehirn mit sauerstoffreichem Blut.
Eine Einengung dieser Halswirbelsäulenarterien führt bei normalen Bewegungen im Alltag nicht zu Beschwerden, jedoch bei extremen Kopfdrehungen kann aufgrund einer Durchblutungsstörung des Gehirns Schwindel auftreten. Diese Durchblutungsstörung kann in den seltensten Fällen zu einer kritischen Unterversorgung des Gehirns führen, beispielsweise wenn die Arterie der Gegenseite nicht angelegt ist (also fehlt) oder diese ebenfalls eine Verengung aufweist. Ist die Arterie der Gegenseite dagegen intakt, kann sie unter normalen Bedingungen die Einengung vollständig kompensieren.
Für unsere Orientierung im Raum (wo ist rechts/links, oben/unten) und unsere damit verbunden Bewegungen hat der Mensch einen komplexen Regulationsmechanismus im Gehirn, der Informationen aus verschiedenen Sinnesorganen zusammenführt und diese verrechnet. Die Signalempfänger, sogenannte Rezeptoren, hierfür liegen allerdings nicht nur in unserem Gleichgewichtsorgan im Innenohr, sondern vielmehr über den ganzen Körper verteilt. Vor allem finden sich besonders viele und wichtige Rezeptoren in unseren Muskeln und Bindegewebe, die Signale über unsere Haltung und Position im Raum an das Gehirn weiterleiten. Besonders viele dieser Rezeptoren liegen unter anderem in der kurzen Nackenmuskulatur. Kommt es in diesen Bereichen zu Verspannungen, werden Informationen an das Gehirn weitergeleitet, die mit anderen Informationen, die z.B. die Rezeptoren der Augen und der Füße liefern nicht übereinstimmen. Diese Fehlinformation wird dann vom Gehirn aufgenommen und es kommt zu einer Konfusion. Die Folge drauf ist die Störung der Orientierung und der Bewegungskoordination mit Schwindel.
(Für weiterführende Informationen lesen Sie auch unseren Artikel: Schwindel durch Verspannungen.)
Zwischen jedem unserer Wirbelkörper liegt eine sogenannte Bandscheibe, welche aus zwei Teilen aufgebaut ist, dem äußeren Faserring und dem inneren Gallertkern. Hauptaufgaben der Bandscheiben ist die Dämpfung von Stößen und Begrenzung des Bewegungsumfanges. Durch diese starke Belastung, der die Bandscheiben tagtäglich ausgesetzt sind, kommt es im Laufe des Lebens zu degenerativen Veränderungen. Im Zuge dieser Veränderungen kann es dazu kommen, dass der äußere Faserring einreißt und der flüssige Gallertkern austritt, ein Bandscheibenvorfall. Je nachdem wo es zum Einriss kommt, kann der Gallertkern sich in verschiedene Richtungen ausbreiten. Kommt es durch den ausgetretenen Kern zu Einengungen des Rückenmarks oder Kompressionen einer Nervenwurzel kann es unter anderem zu Schwindel kommen, da die Rezeptoren in den Nerven gereizt werden und falsche Informationen an das Gehirn weiterleiten, welche mit den Informationen anderer Sinnesorgane nicht übereinstimmen. Bandscheibenvorfälle der Halswirbelsäule sind zwar seltener als in der Lendenwirbelsäule, weisen aber eine steigende Tendenz auf.
Durch einen Unfall wie z.B. ein Autounfall mit Schleudertrauma, Sportunfälle mit Sturz auf den Kopf oder tiefes Fallen wie von einem Baum, kann der oberste Halswirbel, welcher direkt am Schädel ansitzt in seiner Position etwas zur Seite verlagert werden, leicht kippen und/oder sich verdrehen. Daraus folgt, dass in diesem Bereich das Rückenmark eingeklemmt wird und es zu einer dauerhaften Druckbelastung kommt. Dies hat zur Folge, dass das sympathische Nervensystem stärker als nötig stimuliert wird. Neben anderen Symptomen wie Blutdrucksteigerung, Ohrgeräuschen und Konzentrationsschwächen kann es auch zu Schwindel kommen.
Zu einer Blockade im Bereich der Halswirbelsäule kann es insbesondere auch im Säuglingsalter kommen, da zu diesem Zeitpunkt der Halteapparat der Wirbelsäule noch sehr schwach ist. Besonders vorsichtig muss deswegen während des Geburtsvorgangs vorgegangen werden. Ein leichtes Ziehen am Köpfchen während der Austreibungsphase zur Unterstützung kann hier schon reichen, um eine Verschiebung der Wirbelkörper zu verursachen. Kinder, die mit Blockaden in der oberen Halswirbelsäule zur Welt kommen entwickeln sich eventuell zu sogenannten „Schreikindern“. Dies ist höchstwahrscheinlich bedingt durch nächtliche Schmerzen aufgrund von Verspannungen.
Auch Angststörungen oder Depression können Schwindel auslösen. Viele Angst- und Panikpatienten leiden unter Schwindelzuständen, wobei sich häufig keine neurologischen oder vestibulären Ursachen feststellen lassen. Unterscheiden lassen sich hierbei zwei Syndrome:
In vielen Fällen bedingen sich Angst und Schwindel gegenseitig, denn wer häufiger unter Schwindel leidet bekommt Angst vor möglichen Schwindelattacken und deren Folgen.
Die Diagnose von Schwindel, der aufgrund von Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule auftritt, kann nicht durch einen einfachen Test gestellt werden. Die Beobachtung, dass eine Drehung oder Hebung des Kopfes die Schwindelsymptomatik auslöst, kann zum einen für einen halswirbelsäulenbedingten Schwindel als auch für eine Störung des Gleichgewichtsorgans im Ohr sprechen. Jede Bewegung der Halswirbelsäule führt zwangsläufig zu einer Mitbewegung des Kopfes, was die Diagnose erschwert.
Die Abgrenzung der Ursache von Schwindel durch die Halswirbelsäule gegenüber anderen, schwindelauslösenden Erkrankungen fällt daher schwer. Grundsätzlich ist es wichtig, andere Ursachen, die eine Schwindelsymptomatik verursachen, wie:
zuverlässig auszuschließen. Verhärtungen, Fehlhaltungen und Bewegungseinschränkungen im Nackenbereich können ebenfalls Hinweise auf einen zervikogenen Schwindel geben.
Eine muskuläre Ursache ist durch eine körperliche Untersuchung (beispielsweise durch das Auffinden schmerzhafter Druckpunkte) relativ schnell diagnostizierbar.
Auch ein Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule kann durch eine radiologische Bildgebung (Kernspin, MRT der Halswirbelsäule) leicht festgestellt werden.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auch unter: MRT der Halswirbelsäule
Die sichere Diagnose bei Blockaden und anderen Ursachen des Schwindels gestaltet sich etwas schwieriger. Unter Umständen ist bei der Abklärung der Ursache einer Schwindelsymptomatik eine Zusammenarbeit von Hausarzt, Hals-Nasen-Ohrenarzt, Neurologe, Orthopäde und Augenarzt erforderlich.
Da die Ursachen für Schwindel so vielfältig sind, gestaltet sich auch die Therapie sehr unterschiedlich. Grundsätzlich ist es wichtig, dass die Therapie gezielt gegen die Ursache des Schwindels gerichtet ist. Bei einem Schwindel durch die Halswirbelsäule ist eine orthopädisch-sportärztliche Behandlung anzuraten. Manchmal kann jedoch auch eine neurologische Abklärung (z.B. bei einem Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule) notwendig sein.
Schwindel, der durch ein Unfallereignis an der Halswirbelsäule ausgelöst wurde, bildet sich in vielen Fällen bei der Behandlung der Schmerzen und der muskulären Verspannungen der Halswirbelsäule gut zurück. Innerhalb weniger Wochen bessern sich die Beschwerden in der Regel (in etwa 75% der Fälle) durch entzündungshemmende, schmerzlindernde und muskelentspannende Medikamente in Verbindung mit krankengymnastischen Übungen.
Es können zusätzlich
durchgeführt werden. Eine Überstreckung der Halswirbelsäule sollte vermieden werden und Übungen zur Entspannung des Nackens sollten besonders bei nackenbelastenden Tätigkeiten (z.B. Büro- oder Computertätigkeiten) regelmäßig durchgeführt werden.
Manchmal kann es jedoch erforderlich sein, eine zusätzliche, sogenannte vestibuläre Rehabilitation durchzuführen. Dabei wird ein spezielles Gleichgewichtstraining durchgeführt, wodurch das Gehirn lernen soll, den Schwindel als fehlerhaftes Signal zu interpretieren. Verschiedene Übungen zur Stabilisierung des Gleichgewichtsystems sollen unter fachmännischer Anleitung zu einer Besserung der Beschwerden führen.
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