Bei Risperidon handelt es sich um ein atypisches Neuroleptikum, welches zur Behandlung von bei psychiatrischen Erkrankungen eingesetzt wird.

Risperidon

Wirkstoff

Risperidon ist ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel aus der Gruppe der atypischen Neuroleptika. In Deutschland wird es u.a. unter dem Handelsnamen Risperdal® vertrieben.
Atypisch wird es genannt, da bei Risperidon, im Vergleich zu anderen Neuroleptika, die Nebenwirkungen auf bestimmte Nervenbahnen im Rückenmark (extrapyramidalmotorisches System) geringer sein sollen.
Außerdem soll die Gedächtnisleistung und Konzentrationsfähigkeit bei Therapie mit atypischen Neuroleptika höher sein, als unter Therapie mit klassischen Neuroleptika. Dadurch ist das Wirkprofil bei atypischen Neuroleptika zum Teil günstiger.

Anwendungsbereich

Risperidon wird zur Behandlung psychiatrischer Erkrankungen eingesetzt.
Im Vordergrund steht dabei die Behandlung der schweren und chronischen Schizophrenie, bei der die Betroffenen u.a. an Halluzinationen und Verfolgungswahn leiden.
Außerdem zeigt es Wirkung in der Therapie der krankhaften Übersteigerung (Manie), bei Zwangserkrankungen und posttraumatischen Belastungsstörungen.
Risperidon ist zugelassen für die Kurzzeitbehandlung (maximal 6 Wochen) von Personen mit Alzheimer-Demenz, die sich und ihrer Umwelt gegenüber ein stark aggressives Verhalten zeigen. Auch bei Kindern mit Verhaltensstörungen (ab mindestens 5 Jahren) kann Risperidon zur Kurzzeitbehandlung eingesetzt werden.

Wirkweise

Risperidon wirkt auf spezielle Rezeptoren im Gehirn, die normalerweise durch Botenstoffe (Neurotransmitter) erregt werden und für psychische Verfassung und vegetative Funktionen zuständig sind.
In erster Linie wirkt Risperidon hemmend auf Serotoninrezeptoren. Diese Rezeptoren sind besonders für psychische Fehlregulationen im Gehirn verantwortlich.
Risperidon kann durch Angriff an den Rezeptoren deren Wirkung heruntersetzen und die psychischen Symptome dämpfen.

Des Weiteren wirkt Risperidon hemmend auf Dopaminrezeptoren. Dopamin ist ein Botenstoff, der unter anderem Glücksgefühle vermittelt und das Belohnungszentrum aktiviert.
Ist jedoch zu viel Dopamin im Gehirn vorhanden, können Psychosen und Schizophrenie entstehen.
Risperidon hilft, den Dopaminspiegel wieder auf ein normales Level zu bringen und die psychischen Fehlsteuerungen dadurch zu vermindern. Letztlich blockiert Risperidon außerdem noch Adrenozeptoren und Histaminrezeptoren. Dadurch wirkt es u.a. blutdrucksenkend. Risperidon wirkt sich positiv auf die Selbstkontrolle der Patienten aus, aggressives Verhalten wird gemindert.

Dosierung

Die Dosierung des Arzneimittels wird von dem behandelnden Arzt festgelegt. Üblicherweise liegt die Startdosis bei 2mg Risperidon pro Tag. Diese kann sukzessive erhöht werden.
Die meisten Patienten werden mit einer Tagesdosis von 4-6mg Risperidon therapiert. Dabei kann die Dosis auf ein bis zwei Einnahmezeitpunkte täglich aufgeteilt werden. Seine volle Wirkung entfaltet Risperidon erst nach etwa zwei Wochen Einnahmezeit. Dies ist besonders bei Personen mit Selbstgefährdungstendenz zu beachten.

Hinweise zur Einnahme

Die Einnahme kann zu den Mahlzeiten oder unabhängig von diesen mit einem Glas Wasser erfolgen. Sonstige Getränke (zB. Tee) werden für die Einnahme von Risperidon nicht empfohlen.

Patienten mit Schluckstörungen kann das Arzneimittel auch per Injektion oder als Schmelztablette verabreicht werden.
Die Einnahme sollte immer regelmäßig erfolgen. Auf eigenmächtiges Absetzen des Medikaments oder eigenmächtige Veränderung der Dosis sollte verzichtet werden, da es sonst zu einer rapiden Verschlechterung des Gesundheitszustandes kommen kann. Außerdem sollte von Alkoholkonsum während der Einnahme von Risperidon abgesehen werden.

Lesen Sie mehr zum Thema: Risperdal und Alkohol - verträgt sich das?

Gegenanzeigen

Risperidon darf nicht bei bestehender Hyperprolaktinämie, d.h. bei erhöhtem Spiegel des Hormons Prolaktin im Blut, angewendet werden. Dieser Prolaktinüberschuss kann bspw. durch einen Tumor der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) hervorgerufen werden (sogenanntes Prolaktinom).
Prolaktin steuert u.a. den Milcheinschuss in die weibliche Brust in der Stillzeit (Laktation) und sorgt für die Ausreifung des Brustdrüsengewebes.
Dopamin reguliert und hemmt dabei die Ausschüttung des Prolaktins, sodass nicht zu viel davon in den Kreislauf gelangt. Da Risperidon die Dopaminwirkung senkt, würde dies dazu führen, dass sich der Prolaktinspiegel weiter erhöhen könnte, was bei bereits zu hohen Spiegeln nicht von Vorteil wäre.

Besondere Vorsicht bei der Einnahme von Risperidon ist geboten bei Morbus Parkinson und schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Diese Krankheiten könnten sich unter Risperidon-Therapie verschlechtern.
Auch bei Leber- und Nierenfunktionsstörungen muss die Indikation der Risperidontherapie gesondert überprüft werden. In jedem Fall ist bei diesen Erkrankungen eine Reduktion der Dosis angezeigt, da das Medikament bei eingeschränkter Leber- und Nierenleistung länger im Körper verbleibt.

Anwendung bei besonderen Patientengruppen

Kinder und Jugendliche

Kinder und Jugendliche mit Schizophrenie oder Manie sollten bis zum 18. Lebensjahr nicht mit Risperidon behandelt werden.
Bei Verhaltensstörungen kann Risperidon ab dem 5. Lebensjahr eingesetzt werden, allerdings nur in sehr niedriger Dosierung (0,5mg), die auch nur langsam und in kleinen Schritten gesteigert werden darf.
Zuvor sind anderweitige Ursachen für das gestörte Verhalten des Kindes unbedingt auszuschließen.

Ältere Patienten

Bei älteren Patienten, die Risperidon einnehmen, ist besondere Vorsicht geboten. Bei Vorliegen einer Demenz erhöht sich unter Risperidontherapie das Risiko für einen Schlaganfall. Wenn die Demenz bereits durch einen früheren Schlaganfall hervorgerufen wurde, sollte Risperidon nicht angewandt werden.
Im Allgemeinen wird Risperidon bei älteren Patienten niedriger dosiert, als bei jüngeren Patienten, da die Verstoffwechslung des Arzneimittels im Alter verlangsamt ist. Die übliche Dosis reicht hier von 0,5-2mg Risperidon täglich.

Schwangerschaft/Stillzeit

In Schwangerschaft und Stillzeit sollte Risperidon nicht angewandt werden.
In Fällen, in denen die Therapie mit Risperidon unbedingt notwendig erscheint, kann der behandelnde Arzt entscheiden, ob das Arzneimittel gefahrlos eingenommen werden kann. Bei Frauen, die in den letzten drei Monaten der Schwangerschaft Risperidon eingenommen hatten, wurden zum Teil Nebenwirkungen, wie Atemschwierigkeiten, Muskelzittern, Unruhe und Probleme beim Stillen festgestellt.

Verkehrstüchtigkeit unter Risperidon

Durch Risperidon können Müdigkeit, Schwindel und Sehstörungen hervorgerufen werden. Die Fähigkeit zur Teilnahme am Straßenverkehr, sowie zum Bedienen von Maschinen sollte mit dem behandelnden Arzt abgeklärt werden.

Nebenwirkungen

Die häufigste Nebenwirkung (mehr als 1 von 10 Behandelten) von Risperidon ist der sogenannte Parkinsonismus.
Dabei entwickeln die Personen Symptome, die denen der Parkinson-Krankheit gleichen. So kann es bspw. zu Schwierigkeiten beim Gehen (kleine, trippelnde Schritte, Steifigkeit der Muskulatur, vermehrter Speichelsekretion und verlangsamten, erschwerten Bewegungen kommen.
Genauso häufig treten Kopfschmerzen und Schlafstörungen auf.
Häufig (mehr als 1 von 100 Behandelten) kann es zu Gewichtszunahme, Zunahme des Hormons Prolaktin im Blut, Schwindel, Angstzuständen und Magen-Darm-Beschwerden (Übelkeit, Erbrechen, Verstopfung, Durchfall) kommen.
Weiterhin wurde das Auftreten von Schläfrigkeit, sexuellen Störungen und Kreislaufregulationsschwäche beobachtet. Weitere Nebenwirkungen von Risperidon sind der Packungsbeilage des Medikaments zu entnehmen.

Bei der Therapie mit Risperidon gibt es viele Nebenwirkungen, die gehäuft in der Anfangszeit der Einnahme auftreten und dazu führen, dass viele Patienten das Medikament am liebsten direkt absetzen würden.
Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Nebenwirkungen nach Gewöhnung an das Medikament nachlassen können. Dennoch sollte der behandelnde Arzt auftretende Nebenwirkungen genau beobachten und entscheiden, ob eine weitere Behandlung mit Risperidon angezeigt ist.

Lesen Sie mehr zum Thema: Risperdal absetzen

Wechselwirkungen

Risperidon kann mit zahlreichen anderen Medikamenten wechselwirken. Daher ist besonders darauf zu achten, welche Arzneimittel mit Risperidon kombiniert werden können.
Als besonders riskant gilt die Kombination von Risperidon mit entwässernden Medikamenten (Diuretika) bei älteren Patienten. In solchen Fällen wurde ein erhöhtes Vorkommen von Schlaganfällen und eine erhöhte Sterblichkeit festgestellt.
Werden zeitgleich zu Risperidon Antidepressiva oder Betablocker (blutdrucksenkende Mittel) eingesetzt, kann es zur wechselseitigen Wirkungsverstärkung dieser Medikamente kommen.
Alkohol, Beruhigungsmittel und Narkosemittel zeigen ebenfalls eine verstärkte Wirkung unter Risperidontherapie.
Manche Beruhigungsmittel (zB. Barbiturate) beschleunigen den Abbau von Risperidon. Dadurch vermindert sich seine Wirksamkeit.
Wird Risperidon parallel zu einer Therapie der Parkinson-Krankheit mit Dopaminagonisten (Dopamin-verstärkende Arzneimittel) eingenommen, verringert sich ebenfalls seine Wirkung.

Über-/Unterdosierung und Beendigung der Einnahme

Sollte eine Einnahme von Risperidon vergessen worden sein, ist normal mit der Einnahme zum nächsten gewöhnlichen Einnahmezeitpunkt fortzufahren.
Sollte zu viel Risperidon eingenommen worden sein, ist unverzüglich ein Arzt aufzusuchen, da es zu einem gefährlichen Blutdruckabfall, Herzrhythmusstörungen oder Krampfanfällen kommen kann.

Soll die Therapie mit Risperidon beendet werden, empfiehlt sich ein Ausschleichen des Medikaments, d.h. eine langsame Reduktion der Dosis über einen längeren Zeitraum. Bei abruptem Absetzen von Risperidon treten häufiger Nebenwirkungen auf, wie zB. Übelkeit und Erbrechen, Schlafstörungen, Unruhezustände und vermehrtes Schwitzen.
Auch ein erneutes Auftreten der psychotischen Symptome kann nicht ausgeschlossen werden.

Lesen Sie mehr zum Thema: Risperdal absetzen

Weiterführende Informationen

Weitere Informationen zum Thema Risperidon finden Sie hier:

Eine Auswahl der bisherigen Themen der Rubrik Medikamente finden Sie unter Medikamente A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 15.09.2014 - Letzte Änderung: 18.09.2024