Die Hirnanhangsdrüse liegt im Zwischenhirn und wird in den Vorder- und Hinterlappen unterteilt. Sie produziert stimulierende Hormone, die dann auf verschiedene Organe wie die Schilddrüse, Nebennierenrinde, Hoden und Eierstöcke wirken. Es kann eine Hypophyseninsuffizienz oder ein Hypophysenadenom auftreten.
Griechisch: Hypophyse
Lateinisch: Glandula pituitaria
Die Hirnanhangsdrüse ist etwa erbsengroß und liegt in der mittleren Schädelgrube in einer knöchernen Ausbuchtung, der Sella turcica (Türkensattel, durch an einen Sattel erinnernde Form). Sie gehört zum Zwischenhirn und liegt in enger Nachbarschaft zur Sehnervenkreuzung. Sie ist nur durch die knöcherne Schädelbasis vom Nasenrachenraum und der Keilbeinhöhle, einer Nasennebenhöhle, getrennt. Mit dem darüber liegenden Hypothalamus ist die Hirnanhangsdrüse über den Hypophysenstiel (Infundibulum) verbunden.
Die Hirnanhangsdrüse wird anatomisch in zwei Anteile unterteilt: den Hypophysenvorderlappen (Adenohypophyse) und den Hypophysenhinterlappen (Neurohypophyse). Diese zwei Anteile entwickelten sich aus unterschiedlichen Anteilen. Während der Hypophysenvorderlappen eigene Hormone produziert, setzt der Hypophysenhinterlappen lediglich die vom Hypothalamus gebildeten Hormone frei, mit dem sie über kleine Blutgefäße verbunden ist.
Großhirn (1.- 6.) = Endhirn -
Telencephalon (Cerembrum)
Eine Übersicht aller Abbildungen von Dr-Gumpert finden Sie unter: medizinische Abbildungen
Die Hirnanhangsdrüse ist eine Hormondrüse, die zum endokrinen System gehört. Sie nimmt eine übergeordnete Steuerfunktion im Hormonhaushalt ein.
Die Regulation des Hormonhaushalts eines Menschen ist sehr komplex und umfasst drei Steuerungsebenen: als oberste Regulationseinheit besitzen wir den Hypothalamus. Dieser schüttet Liberine und Inhibine aus, Steuerhormone, die die Hirnanhangsdrüse dazu bewegen, ihrerseits Hormone auszuschütten.
Die Hirnanhangsdrüse kann man als zweitoberste Regulationseinheit bezeichnen. Sie wiederum schüttet stimulierende Hormone aus, die Tropine, die auf die Hormondrüsen des Körpers wirken.
Diese Drüsen, etwa Schilddrüse, Hoden, Eierstock und Nebennierenrinde, schütten als dritte Institution die freien Hormone aus. Diese freien Hormone beeinflussen direkt Körper-, Wasser-, Sexual-, und Energiehaushalt.
Im Vorderlappen der Hirnanhangsdrüse werden folgende Hormone gebildet: TSH (Thyreotropin), LH (Luteinisierendes Hormon), FSH (Follikelstimulierendes Hormon), STH (Somatotropin, auch GH für englisch Growth Hormone), ACTH (Coticotropin), MSH (Melanotropin) sowie Prolaktin.
Das in der Hirnanhangsdrüse gebildete TSH ist das Schilddrüsenstimulierende Hormon. Es stimuliert deren Wachstum und fördert die Ausschüttung der Schilddrüsenhormone aus der Schilddrüse.
LH und FSH sind sowohl beim Mann als auch bei der Frau wichtige den Sexualhaushalt steuernde Hormone. LH löst den Eisprung der Frau aus, fördert Wachstum und Bildung des für die Schwangerschaft wichtigen Gelbkörpers. Beim Mann fördert LH die Testosteronbildung im Hoden. FSH fördert bei der Frau die Reifung der Eizellen im Eierstock, beim Mann die Reifung der Spermienzellen.
GH beziehungsweise STH ist wichtig für das Wachstum sämtlicher Organe sowie das Längenwachstum von Körperstamm und der Arme und Beine. Es wird in der Kindheit während der Wachstumsschübe verstärkt ausgeschüttet, ist aber auch beim Erwachsenen ein noch notwendiges Wachstumshormon.
ACTH stimuliert die Nebennierenrinde, die auf diesen Reiz hin vor allem Kortison bildet. Dieses ist ein Stresshormon, welches wichtig ist für die Blutzuckeranhebung, die Unterdrückung überschießender Entzündungsreaktionen, den Eiweißumsatz und etliches mehr.
Das MSH der Hirnanhangsdrüse stimuliert die Pigmentzellen (Melanozyten) der Haut zur Farbpigmentbildung.
Prolaktin ist das Hormon, welches die Brustdrüse einer schwangeren oder stillenden Frau zum Wachstum und zur Milchproduktion anregt.
In der hinteren Hirnanhangsdrüse werden folgende Hormone gebildet: Oxytocin und ADH (Antidiuretisches Hormon oder Adiuretin oder Vasopressin).
Oxytocin ist ein Hormon mit vielerlei Funktionen. Es wird auch als „Kuschelhormon“ bezeichnet, da es bei Körperkontakt ausgeschüttet wird. Außerdem ist es wichtig für die Ausbildung von Wehen unter der Geburt. Letztlich wird es beim Stillen ausgeschüttet, und führt zur Milchausschüttung in Richtung Brustwarze.
ADH ist ein Hormon, welches an der Regulation des Wasserhaushaltes beteiligt ist. Es fördert die Rückresorption von freiem Wasser in den Nieren, sodass weniger Wasser mit dem Urin ausgeschieden wird und folglich der Blutdruck steigt.
Synonyme: Hypophysenunterfunktion, Hypopituitarismus
Durch Entzündungen, Verletzungen, Bestrahlung oder Blutungen können Störungen im Bereich der Hirnanhangsdrüse auftreten. Dabei können sowohl die Produktion der Hormone des Hypophysenhinterlappen - als auch die des Hypophysenvorderlappens zur Folge haben. Meist treten Hormonausfälle gekoppelt auf. Es sind also entweder alle Hormone des Vorderlappens (Hypophysenvorderlappeninsuffizienz), die des Hinterlappens (Hypophysenhinterlappeninsuffizienz) oder alle Hormone gleichzeitig reduziert. Die Konsequenz ist, dass die nachgeschalteten Hormonsysteme weniger Hormone freisetzen, was Störungen der entsprechenden Körperfunktion zur Folge hat.
Symptome einer Unterfunktion der Hirnanhangsdrüse können beispielsweise Minderwuchs bei fehlendem STH, Störungen der Regelblutung und ausbleibende Ausprägung der Geschlechtsorgane während der Pubertät bei Mangel an LH und FSH, Blutdruckabfälle und stark vermehrte Wasserausscheidung bei ADH-Mangel sein.
Zur Diagnosestellung werden mittels einer Blutentnahme die Hormonwerte bestimmt und CT oder MRT des Schädels angefertigt.
Die Therapie einer Unterfunktion der Hirnanhangsdrüse besteht in der medikamentösen Gabe der fehlenden Hormone.
Im vorderen Teil der Hirnanhangsdrüse können gutartige Wucherungen auftreten. Diese werden als Adenome bezeichnet. Meist produzieren diese Adenome Hormone, die dann im Blut erhöht vorliegen.
Man teilt das Hypophysenadenom in ein Mikroadenom (kleiner als 1cm) und ein Markroadenom (größer als 1cm) ein.
Der häufigste gutartige Tumor der Hirnanhangsdrüse ist das Prolaktinom, ein Prolaktin produzierender Tumor. Die Folgen sind Brustwachstum und Milchlaufen auch ohne Schwangerschaft.
STH-produzierende Tumore führen vor Wachstumsabschluss zum Hochwuchs, nach der Pubertät zur Akromegalie, einer Krankheit, bei der sich Finger, Nase, Mund, Zunge und Ohren stark verdicken.
ACTH-produzierende Tumore stimulierend die Nebennierenrinde zur Produktion von Kortisol und führen darüber zu einem Morbus Cushing mit Stammfettsucht, Vollmondgesicht, Muskelabbau, Bluthochdruck, Infektanfälligkeit und hohem Blutzucker.
TSH-produzierende Adenome bedingen eine Schilddrüsenüberfunktion mit Schwitzen, Herzrasen und Gewichtsverlust.
Bei Tumoren der Hirnanhangsdrüse kann es zu Kopfschmerzen und zum Druck auf die Sehnervenkreuzung kommen, woraus eine Scheuklappenblindheit resultieren kann.
Man weist diese hormonbildenden Tumore durch Nachweis erhöhter Hormonspiegel im Blut nach. Sind alle Werte normal, kann trotzdem noch ein nicht Hormon bildendes Adenom vorliegen. Es muss zudem eine Bildgebung mit CT oder MRT erfolgen.
Aufgrund der anatomischen Lage werden Tumore der Hirnanhangsdrüse meist über einen sogenannten transsphenoidalen Zugang operiert. Der Chirurg hat über die Nase, die dahinter liegende Nasennebenhöhle und unter Durchbruch des dünnen knöchernen Bodens unter der Hirnanhangsdrüse die Möglichkeit, ohne sichtbare Narbenbildung den wuchernden Teil der Hirnanhangsdrüse zu entfernen.
Ist eine Operation nicht möglich oder erwünscht, gibt es Medikamente zur Unterdrückung der Hormonproduktion.
Lesen Sie auch den Artikel: Morbus Cushing.
Weitere Informationen zum Thema Hirnanhangdrüse finden Sie unter:
Folgende Themen könnten für Sie von Interesse sein:
Eine Übersicht aller Themen der Anatomie finden Sie unter Anatomie A-Z.