Die Diagnostik des Marfan-Syndroms erfolgt interdisziplinär durch eine Zusammenarbeit von Kardiologen, Radiologen, Augenärzten, Humangenetikern und Hausärzten, die gemeinsam eine frühzeitige Diagnose anstreben. Heute gebräuchlich ist die so genannte Gent-Nosologie von 1996.
Im Bereich des Skeletts liegt eine Organbeteiligung bei Nachweis einer Komponente aus der Liste der Hauptkriterien sowie zweier Merkmale aus der Liste der Nebenkriterien vor. Weitere diagnostische Manifestationen, die in der Regel radiologisch festgestellt werden, sind die typische Spinnenfingrigkeit durch eine überproportionale Verlängerung der Fingerglieder (Phalangen), auch wenn sie nicht Bestandteil der Gent-Nosologie sind. Weitere nicht aufgeführte Manifestationen sind Verformungen der Wirbelsäule. Der Wirbelkanal (Spinalkanal) im Kreuzbeinbereich (lumbosakral) ist sogar bei 63% der Patienten erweitert, was durch eine Kernspintomographie bestätigt werden kann. Am Fuß zeigen sich vermehrt Hammerzehen, Schiefzehen (Hallux Vulgaris) und Klumpfußdeformitäten. Am Knie kann dagegen gelegentlich ein Kniescheibenhochstand (Patellahochstand) und eine Überstreckstellung des Gelenkes gefunden werden. Die verfrühte Ausbildung einer Arthrose an den betroffenen Gelenken ist nicht selten.
Im Bereich des Herz-Kreislaufsystems können Veränderung der Aorta oder der Herzklappen mit Hilfe verschiedener bildgebender Verfahren wie der Kernspintomographie, der transösophagealen Echokardiographie (Ultraschalluntersuchung über die Speiseröhre), sowie der Computertomographie dargestellt werden. Aber auch die Magnetresonanztomographie (MRT) und die Angiographie (Darstellung der Gefäße mit Kontrastmittel), sowie die transthorakale Echokardiographie (Ultraschall durch den Brustkorb) finden ihre Anwendung. Als bestes Verfahren gilt die Kernspintomographie.
Die Untersuchung des Auges wird durch Verwenden einer Spaltlampe vorgenommen, mit Hilfe derer der Augenarzt mit einem spaltförmigen Lichtstrahl die verschiedenen Abschnitte des Auges, sowie die Netzhaut darstellen kann und damit eine Netzhautablösung oder ein Herauslösen (Luxation) der Linse feststellen kann. Eine Organbeteiligung des Auges ist bei mindestens zwei Nebenkriterien gegeben.
Eine größere Zuverlässigkeit der Diagnostik hat sich ohne Zweifel durch die vermehrte Anwendung der Genanalyse ergeben, die mittlerweile über 80 Mutationstypen des Fibrillin-1-Gens nachweisen konnte.
1. Positiver FBN-1 Mutationsnachweis mit zusätzlichem Nachweis eines Hauptkriteriums in einem Organsystem (z.B. dem Herzen) sowie der Beteiligung eines zweiten Organsystems.
2. Liegt eine positive Familienanamnese vor, das heißt ein Verwandter ersten Grades erfüllt die Kriterien der Gent Nosologie, so ist ebenfalls ein Hauptkriterium in einem Organsystem sowie Beteiligung in einem zweiten Organsystem zur Diagnostik des Syndroms notwendig.
3. Die Diagnose kann aber auch gestellt werden, wenn unabhängig von einer Genanalyse Hauptkriterien in zwei Organsystemen vorhanden sind (z.B. Herz und Augen sind betroffen) und ein drittes Organsystem (z.B. das Skelett) beteiligt ist.
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