Harnblasenkrebs ist ein bösartiger Tumor der Harnblase.
Beim Harnblasenkrebs handelt es sich um einen bösartigen Tumor, also ein Krebsgeschwür, der Harnblase. Die Harnblase ist Teil der harnableitenden Organe, die den Harn, der aus der Filtration des Blutes durch die Niere entsteht und über die Harnleiter zur Blase gelangt, speichert bis zur sog. Miktion (dem Urinieren). In den allermeisten Fällen entarten Zellen der Blasenschleimhaut (sog. Urothel), die die Blase von innen auskleidet, zu einer bösartigen Wucherung. Diese werden deshalb auch als Urothelkarzinome bezeichnet. Wenn die Blasenkrebserkrankung nicht frühzeitig entdeckt wird, besteht die Gefahr, dass sich das Krebsgeschwür in tiefere Schichten der Blase ausbreitet oder sich ggf. sogar über die Blase hinaus auf andere Organe ausbreitet.
Ursächlich für die Entstehung von Blasenkrebs sind wie bei den meisten Krebserkrankungen eine Gruppe von etwa 50 chemischen Substanzen. Als schwerwiegendster Risikofaktor für Blasenkrebs wird heute eindeutig das Zigarettenrauchen gesehen; es ist schätzungsweise für die Hälfte aller Blasenkrebsfälle bei Männern und für circa ein Drittel derselben Erkrankung bei Frauen verantwortlich. Selbst das Passivrauchen von Zigaretten birgt auch im Hinblick auf Blasenkrebs nicht unerhebliche Risiken.
Auch andere Chemikalien können aber die Gefahr von Harnblasenkrebs mit sich bringen, sodass erhöhte Gefahr für Menschen besteht, die in der Textil- oder Druckindustrie arbeiten, oder solche, die in Unternehmen beschäftigt sind, in denen sie bei der Arbeit mit Aluminium, Gummi oder anderen Chemikalien in Kontakt kommen. Erkranken Arbeitnehmer, die erwiesenermaßen im Laufe ihrer Arbeit lange und oft mit o.g. Substanzen in Kontakt kommen, an Blasenkrebs, so wird dieser als Berufserkrankung anerkannt (natürlich auch, wenn die Betroffenen bereits im Ruhestand sind).
Der wichtigste bekannte Risikofaktor ist jedoch eine Erkrankung mit dem Namen Schistosomiasis, auch Bilharziose genannt. Hierbei kommt es nach Kontakt mit verunreinigtem Wasser zu einer Infektion durch in Wasserschnecken lebende Saugwürmer (sog. Schistosomen), die in einer schweren Entzündung der Harnwege resultieren. Diese kann unbehandelt zur Entstehung von Blasenkrebs führen. Auch wenn die Erkrankung weltweit relativ häufig ist, konzentriert sie sich vorwiegend auf subtropische Gebiete.
Unter Umständen kann es sogar sein, dass eine Chemotherapie wegen einer vorausgegangen Krebserkrankung Zellgifte freisetzt, die ihrerseits die Entstehung von Blasenkrebs begünstigen können.
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Gesichert diagnostiziert werden kann der Blasenkrebs durch die sog. Zystoskopie, die Blasenspiegelung. Hierbei wird unter örtlicher Betäubung ein dünnes Röhrchen durch die Harnröhre bis in die Blase vor, sodass das Innere der Blase vergrößert betrachtet werden kann. Leider hat der Blasenkrebs als solcher keine spezifischen Parameter, die in einem Blutbild untersucht werden könnten. Hinweise auf eine bösartige Veränderung der Blase kann jedoch die Untersuchung einer Urinprobe bringen. In jedem Fall schließen sich jedoch der Blasenspiegelung noch Folgeuntersuchungen an, wie z.B. eine Röntgenuntersuchung, in der die Nieren, die Nierenbecken und die Harnleiter auf bösartige Neubildungen examiniert werden. Magnetresonanztomographie und Computertomographie von Lunge und Bauchraum schließen sich im Falle eines Blasenkrebsbefundes ebenfalls an, um abzuklären wie weit sich die Krebserkrankung ausgebreitet hat.
Mit letztlicher Sicherheit kann eine Erkrankung an Blasenkrebs jedoch erst festgestellt werden, wenn eine sog. Biopsie (eine Gewebeprobe) des Krebsgeschwürs im Rahmen einer Blasenspiegelung entnommen wurde und unter dem Mikroskop von speziellen Fachärzten untersucht wurde.
Im Hinblick auf die Häufigkeitsverteilung lässt sich sagen, dass der Harnblasenkrebs mit nur 3% aller Krebserkrankungen relativ selten ist. Männer erkranken fast dreimal so häufig wie Frauen – in absoluten Zahlen gesprochen: Es erkranken jährlich ca. 20.000 Männer und 8.000 Frauen an Blasenkrebs. Die überwiegende Mehrzahl der Blasenkrebspatienten ist älter als 65 Jahre; gerade einmal 5% sind jünger als 45 Jahre. Der Harnblasenkrebs lässt sich unterteilen in oberflächliche Blasenkarzinome, die sich auf die inneren Gewebeschichten der Harnblasenwand beschränken, und sog. infiltrierende Blasenkarzinome, die auch die Blasenmuskulatur oder andere Organe befallen haben. Bei etwa 80% der diagnostizierten Blasenkrebsfälle handelt es sich um oberflächliche Blasenkarzinome.
Typisches erstes Symptom des Blasenkrebses ist das schmerzlose Bluten aus der Blase, das bei der überwiegenden Anzahl der Erkrankten auftritt. Tückisch ist allerdings, dass erst eine vergleichsweise starke Blutung bemerkt wird durch eine rötlich-braune Färbung des Urins. Oft gingen dieser bereits kleinere Blutungen voraus, die jedoch keine Verfärbung des Urins zur Folge hatten und – da mit bloßem Auge eben nicht erkennbar – unbemerkt bleiben.
Die Diagnostik des Blasenkrebs wird auch dadurch erschwert, dass er sich ebenfalls durch Symptome wie die des häufigen Harndrangs oder auch Schmerzen beim Wasserlassen äußert. Da die jedoch auch typisch für eine harmlose Blasenentzündung sind, kann eine Blasenkrebserkrankung durchaus übersehen werden. Symptome wie Seitenschmerzen (durch den gewucherten Tumor staut sich der Urin zurück zur Niere), Gewichtsverlust und Blutarmut sind schon Anzeichen für ein weiter fortgeschrittenes Stadium der Krebserkrankung.
Die Therapie einer Blasenkrebserkrankung hängt davon ab, um welche Variante des Harnblasenkrebses es sich handelt. Im Falle eines oberflächlichen Blasenkarzinoms entfernen Ärzte es operativ mittels eines Eingriffs, der mit ‚TUR‘ abgekürzt wird. Dies steht für ‚transurethrale Resektion‘. Gemeint ist hiermit eine operative Entfernung des Karzinoms, bei der der Operateur die dafür notwendigen Instrumente über (lat.: trans) die Harnröhre (lat.: Urethra) einführt. Auf diesem Wege wird z.B. eine stromführende Schlinge in die Blase eingeführt, mit der die krankhaften Neubildungen schichtweise abgetragen werden.
Diese Art des Eingriffs macht lediglich einen kurzen Krankenhausaufenthalt von nur ein paar Tagen notwendig und geht mit wesentlich weniger Risiken einher als eine Operation, bei der der Bauchraum eröffnet wird. Diese Art des Eingriffs war früher üblicher und barg nicht unerhebliche Risiken wie die der inneren Blutungen (bei Verletzung von Blutgefäßen) oder der Verletzung von inneren Organen, wie den Nieren. Bei oberflächlichen Blasenkarzinomen gibt es nach einer erfolgreichen TUR auch die Möglichkeit der sog. Instillationstherapie, die eine Art der Chemotherapie ist. Hierbei werden über einen Katheter sog. Zytostatika in die Blase eingeführt, wo sie circa 30 Minuten einwirken.
Zytostatika sind Medikamente aus der Chemotherapie, die Krebszellen angreifen und töten, jedoch leider teils heftige Nebenwirkungen haben. Da bei der Instillationstherapie die chemotherapeutischen Substanzen jedoch nur in der Blase wirken, entfallen die sonst so schwerwiegenden Nebenwirkungen wie starke Abgeschlagenheit, Ermüdung, Haarausfall, Durchfall, Erbrechen u.ä. Nach dem Eingriff werden sie einfach beim Wasserlassen wieder ausgeschieden. Des Weiteren besteht die Möglichkeit eine sog. Immuntherapie anzuschließen. Bei dieser werden Bakterien der sog. Impfstoffgruppe BCG (Bacille Calmette-Guérin) in die Blase eingeführt. Bei ihnen handelt es sich um abgeschwächte Tuberkuloserreger, die in der Blase eine Entzündungsreaktion hervorrufen, die die Tumorzellen abtötet.
Diese nachträgliche Zusatzbehandlung hat das Ziel, einen sog. Rezidiv (ein erneutes Auftreten derselben Erkrankung) zu verhindern. Ihre Erfolge sind beträchtlich: Nach erfolgreichem Eingriff und dreimonatiger Nachbehandlung sind zwei Drittel der Patienten geheilt.
Falls der Blasenkrebs ein fortgeschrittenes Stadium erreicht oder ein infiltrierendes Blasenkarzinom vorliegt, wie wenn z.B. bereits die Muskelschicht der Harnblase ebenfalls befallen ist, kann eine Heilung des Betroffenen meist nur durch eine komplette Entfernung der Harnblase (sog. Zystektomie) unter Vollnarkose erreicht werden. Im Zuge dieses Eingriffs werden beim Mann zusätzlich noch Prostata und Samenblasen, bei der Frau Gebärmutter, Eierstöcke und umliegende Lymphknoten mit entfernt. Dies führt sowohl beim Mann als auch bei der Frau zur Unfruchtbarkeit.
Da es nach einem solchen Eingriff unter Umständen zu Entzündungen und Infektionen im Wundbereich aber auch im Bauchraum kommen kann, müssen die Risiken einer solchen Operation besonders bei älteren Patienten, die von schweren Vorerkrankungen geschwächt sind, genau abgewogen werden. Diese Operation ist sogar von so erheblichem Ausmaß und Schweregrad, dass die Sterberate selbst heute bei optimaler Durchführung bei 2-3% liegt. Erscheint ein Eingriff zu riskant, besteht auch die Möglichkeit einer Chemotherapie. Diese bietet statistisch gesehen jedoch leider deutlich niedrigere Heilungschancen.
Im Falle einer vollständigen Entfernung der Harnblase muss der Urin danach natürlich eine neue Form der Ableitung bekommen. Hier bieten sich zwei Möglichkeiten: Die der inneren Ableitung (sog. kontinente) und die der äußeren (sog. inkontinenten) Harnableitung. Bei der inneren Ableitung wird aus einem Stück Darm eine neue Blase gebildet, die an die Harnröhre angenäht wird. Bei einer äußeren Harnableitung erhält der Patient einen künstlichen Urinausgang (künstlichen Blase), durch den der Harn in einen am Bauch klebenden Beutel abfließt, der regelmäßig entleert bzw. gewechselt werden muss.
Blasenkrebs kann indirekt vorgebeugt werden, indem auf jeden Fall auf das Zigarettenrauchen verzichtet wird (hier sollte auch darauf geachtet werden, sich möglichst selten der Gefahr des Passivrauchens auszusetzen). Ein vermehrter Kontakt mit o.g. Chemikalien, deren krebserregende Wirkung nachgewiesen ist, sollte ebenfalls unbedingt vermieden werden. Beachtet werden sollte auch, dass wie oben ausgeführt bestimmte Zytostatika (Medikamente der Wahl bei einer Krebserkrankung) wie Cyclophosphamid ein Risiko für eine Blasenkrebserkrankung bergen. Ferner sollte beim Reisen in subtropische Gebiete auf das Baden in Seen und Flüssen verzichtet werden, da so die Gefahr einer Bilharziose umgangen wird. Aber auch Erkrankungen im Bereich der ableitenden Harnwege, die als solche harmlos sind – wie z.B. eine Blasenentzündung – sollten gut therapiert werden. Eine chronische Blasenentzündung erhöht nämlich das Risiko einer Erkrankung an Blasenkrebs.
Die Prognose im Fall einer Blasenkrebserkrankung hängt entscheidend davon ab, wie weit die Krebserkrankung bei Bekanntwerden bereits fortgeschritten ist. Beste Heilungschancen bestehen im Fall eines oberflächlichen Blasenkarzinoms. Diese haben jedoch gleichzeitig auch die höchste Wahrscheinlichkeit für den o.g. Rezidiv (Wiederauftritt). Bei etwa der Hälfte aller Fälle von Patienten, deren oberflächliches Blasenkarzinom mittels transurethraler Resektion entfernt wird, tritt innerhalb von fünf Jahren die gleiche Neubildung wieder auf. Dies macht folglich nach einer transurethralen Resektion regelmäßige Nachkontrollen erforderlich.
Im Falle von infiltrierenden Blasenkarzinomen, die eine komplette Entfernung der Blase erfordern (s.o.), liegt nach erfolgter Operation die Wahrscheinlichkeit, die nächsten fünf Jahre zu überleben, bei etwa 80%. Wurde der Krebs in einem späten Stadium festgestellt, so dass er anliegende Lymphknoten oder sogar andere Organe bereits befallen hat, sinken sowohl Heilungschancen als auch Lebenserwartung des Betroffenen. Wurde die Harnblase komplett entfernt, so kann dies die Erwerbsfähigkeit des Betroffenen um 80 bis 90% verringern.
Im Hinblick auf die Beschreibung der Erkrankung Blasenkrebs in der Medizingeschichte lässt sich sagen, dass der Zusammenhang zwischen Blasenkrebs und dem krebserregenden Anilin aus der Industrie bereits 1895 vom deutschen Chirurgen Ludwig Rehn festgehalten wurde. Auch die Methode, eine neue Blase aus Anteilen des menschlichen Darmes zu bauen, ist älter als häufig angenommen. Sie wurde bereits in der 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts von US-amerikanischen Chirurgen entwickelt.
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