Das Handgelenk ist die Stelle, die besonders für Brüche am ganzen Körper anfällig ist. Je nach Art des Bruches gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten (konservative Versorgung, Reponierung, Gipsanlage, „Kirschner-Drähte, usw. )
Mit gut 20-25 % aller Frakturen, ist der als distale Radiusfraktur, oder auch umgangssprachlich als Handgelenksbruch bezeichnete Knochenbruch des Handgelenks der häufigste am gesamten Körper. Einerseits sind die Handwurzelknochen sehr feine, und labile Knochen, die bereits bei geringen Krafteinwirkungen Schaden nehmen können. Andererseits führt die exponierte anatomische Lage der Hand und des Handgelenks zu einer höheren Verletzungsgefahr. Typischerweise sind ältere Patienten von einem Handgelenksbruch betroffen, aber auch Sportler, insbesondere Snowboarder, können sich beim falschen „hinfallen“ verletzen. Da Handgelenksfakturen in der Regel komplizierte Brüche sind, sind konservative Methoden meist nicht ausreichend, um den Bruch optimal zu versorgen. So kommt man um eine OP nicht herum. Doch wie wird so eine Handgelenksbruch-OP durchgeführt, was sind die Risiken, und wie steht es um die Heilungschancen?
Zunächst einmal hat sich in den letzten Jahren auch in der Unfallchirurgie die Leitlinie durchgesetzt, nur zu operieren, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, quasi als „ultima ratio“. Dementsprechend ist zu aller erst eine konservative Behandlungsmöglichkeit zu prüfen. Bei einem Handgelenksbruch ist eine konservative Versorgung dann möglich, wenn der Bruch nicht disloziert, also die Bruchkanten nicht gegeneinander verschoben sind. Sollten die Knochenfragmente gegeneinander verschoben sein, so muss zuerst eine Reponierung erfolgen: Dazu werden die Knochenfragmente auf Zug gesetzt, also quasi auseinander gezogen. Nach ca. 10 Minuten Zug, werden dann die Knochenstücke von außen wieder aufeinander ausgerichtet. Danach muss eine Gipsanlage für mindestens 6 Wochen erfolgen, sowie eine regelmäßige Nachkontrolle per Röntgen, um eine zurückrutschen der reponierten Knochenteile auszuschließen.
Die konservative Behandlung ist logischerweise nicht bei mehrteiligen Frakturen möglich, bei denen sich eventuell noch Splitter, oder kleinste Knochenfragmente gebildet haben. Diese wären unmöglich „von außen“ wieder in die richtige Stellung zu bringen. Daher müssen in solchen Fällen operative Verfahren angewandt werden: Man unterscheidet die offene, und die geschlossene Reposition.
Bei der geschlossenen Reposition wird der Handgelenksbruch zunächst geröntgt, um sich ein Bild vom Ausmaß und Lage der Knochenfragmente zu machen. Danach werden die einzelnen Knochenfragmente mit Drähten aneinander fixiert. Diese Drähte werden auch „Kirschner-Drähte“ genannt, und verbleiben während der Heilungsdauer im Knochen. Dadurch, dass sie die Knochenfragmente fest aneinander pressen, wird die Heilung begünstigt. In etwa so, wie wenn man zwei Stücke Holz miteinander verleimen möchte, und dazu eine Holzpresse anlegt. Nachteil dieser Methode ist allerdings, dass die Drähte nicht so stabil sind, dass sie den Alltäglichen Krafteinwirkungen standhalten könnten. Daher muss auch bei dieser Versorgung eine Gipsschiene für ca. 6 Wochen angelegt werden. Die Schnitte für die Kirschner Drähte werden meist auf der Handgelenksinnenseite über kleine Hautschnitte vorgenommen. Nach 6 Wochen müssen die Drähte zudem wieder entfernt werden, was jedoch unter örtlicher Betäubung („Lokalanästhesie“) erfolgen kann.
Die zweite operative Möglichkeit stellt die offene Reposition dar: Sie wird in der Regel bei komplizierten Brüchen angewandt, oder wenn der Knochen durch Osteoporose bereits sehr instabil ist. Dazu werden die Knochenstücke mit einer Platte fixiert. Die Platte besteht aus Titan, und ist einige Millimeter dick. Sie wird vorzugsweise an der Beugeseite des Handgelenks – also der Handgelenksinnenseite – angebracht. Sie befindet sich dann direkt unter der Haut, und ist oft von außen tastbar. Auf ihr werden die Knochenfragmente wie bei einem Puzzle aufgelegt, und fest verschraubt. Dadurch wird eine sofortige Übungsstabillität erreicht, so dass Tage nach der OP mit Physiotherapie begonnen werden kann. Seltener wird die Platte auch auf der Streckseite des Handgelenks eingesetzt, da hier aber mehr Sehnen verlaufen, wird diese Methode ungerne gewählt: Oft kommt es zur Reizung der Sehnen, die die Finger versorgen. Die Platte wird dauerhaft im Handgelenk belassen, da eine Entfernung in der Regel nicht notwendig ist. Die Operation erfolgt unter örtlicher Betäubung, und dauert – je nach Komplexität – eine halbe bis ganze Stunde.
Da das Handgelenk ein sehr kompliziertes, und oft benutztes Gelenk ist, kann es auch hier zu Komplikationen kommen. Diese betreffen allerdings hauptsächlich die konservative Therapieform, da hier die Gefahr eines schiefen Zusammenwachsens besteht. Daher ist es bei der konservativen Therapie mittels alleiniger Gipsfixierung auch sehr wichtig, regelmäßig via Röntgenuntersuchung zu überprüfen, ob der Bruch in richtiger Stellung zusammenwächst. Sollte dies nicht der Fall sein, kann Fehlstellung, verbunden mit Schmerzen, bis hin zu Funktionsverlust die Folge sein.
Bei den operativen Verfahren können, neben den üblichen Komplikationen, die eine OP mit sich bringt, am Handgelenk speziell Nerven oder Blutgefäße verletzt werden. Erstere sind an der Hand besonders wichtig, da wir im Alltag im Handbereich auf eine besonders gute Sensorik und Motorik angewiesen sind. Verletzungen der Nerven können in Gefühlslosigkeit, Bewegungseinschränkung, und Funktionslosigkeit resultieren. Da es sich bei der Handgelenksbruch-OP allerdings mittlerweile um eine Routine-OP handelt, sind diese Fälle relativ selten geworden.
Eine weitere Komplikation, die alle Gelenksbrüche betrifft, ist die Entstehung eine Arthrose. Eine Arthrose ist per Definition ein unüblich hoher Gelenksverschleiß, der das normale Altersmaß übersteigt. Dieser kann nach OPs stattfinden, wenn die Gelenkflächen nicht zu 100% korrekt aufeinander stehen, quasi wie bei einem Scharnier, das nicht gut geölt ist: Auf Dauer kommt es durch die Reibung zur Abnutzung der Bewegungsflächen, man spricht von Arthrose.
Ein jeder Bruch bringt Schmerzen mit sich, da die hochsensible Knochenhaut, das Periost, mit vielen kleinen Nerven durchzogen ist. Eine Reizung dieser Nerven, wie sie bei einem Knochenbruch auftritt, resultiert in starken Schmerzen. Initial können die Schmerzen mit NSAR (nicht steroidale AntiRheumatika) wie Ibuprofen, oder Paracetamol bekämpft werden. Oft schmerzt der Bruch auch nur unmittelbar nach der Fraktur, und danach nur noch bei Bewegung. Auf dem Weg ins Krankenhaus sind daher eine Schonhaltung und möglichst wenig Bewegung ratsam. Während den Operationen werden Schmerzmittel gegeben, meist Opioide wie Morphin, oder Fentanyl. Nach der Operation ist das Gewebe natürlicherweise geschwollen, da Blut und Gewebsflüssigkeit ausgetreten sind. Die Schwellung kann auf Nervenfasern drücken, und weitere Schmerzen verursachen. Sie geht allerdings meist binnen einer Woche zurück, da überschüssige Flüssigkeit im Bruchbereich dann wieder vom Körper resorbiert wird. Bis dahin können Schmerzmittel eingenommen werden. Allgemein muss und soll kein Patient Schmerzen empfinden, und sollte dies der Fall sein, hat er ein Recht auf analgetische Behandlung.
Eine Nachbehandlung ist insbesondere bei Handgelenksbrüchen wichtig. Mittels Physiotherapie und Reha wird so früh wie möglich versucht, die ursprüngliche Bewegungsfreiheit wiederherzustellen. Nach 6-wöchiger Immobilisierung haben sich Muskeln zurückgebildet, Sehnen verkürzt. Aufgabe der Physiotherapie ist es nun, die Funktionalität der Hand behutsam wiederherzustellen. Aber auch nach einer Operation fühlen sich viele Patienten unsicher, und wissen nicht, wie viel sie ihrer Hand zutrauen können. Daher wird in einem multidisziplinären Team der Patient wieder an seine alltäglichen Aufgaben gewöhnt, so dass ein fließender Übergang zwischen Entlassung aus dem Krankenhaus, und Wiederaufnahme eines selbstständigen Lebens möglich wird.
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