Alternativen zu Marcumar®

Es gibt Alternativen zu Marcumar, dazu zählen z.B. Coumadin und Sintrom. Sie gehören alle zu den Cumarin-Derivaten und hemmen die Blutgerinnung. Der größte Unterschied zum Marcumar besteht darin, dass die Halbwertszeiten kürzer sind. Das bedeutet, dass nach dem Absetzen der Medikamente die Blutgerinnung schneller wieder ungebremst ablaufen kann. Eine weitere Alternative zu Marcumar ist Apixaban, das nicht auf alle Vitamin K-abhängige Gerinnungsfaktoren wirkt, sondern nur auf Faktor X.

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Alternativen zu Marcumar®

Synonyme im weiteren Sinne

Phenprocoumon (Wirkstoffname), Cumarine, Vitamin K -Antagonisten (-Hemmstoffe), Antikoagulanzien, Gerinnungshemmer

Was sind Alternativen zu Marcumar®?

Das unter dem Handelsnamen Marcumar® bekannte Arzneimittel enthält den Wirkstoff Phenprocoumon, dieser Wirkstoff wird zur Hauptgruppe der Cumarine (Vitamin-K-Antagonisten) gezählt. Auch Medikamente, die den Wirkstoff Warfarin enthalten, gehören zu dieser Arzneimittelklasse.
Unter dem Begriff Cumarine fasst man jene Arzneimittel zusammen, die sich unterdrückend auf die natürlichen Abläufe der Blutgerinnung auswirken und somit die Gerinnung des Blutes hemmen (Blutgerinnungshemmer).

Im Gegensatz zu anderen blutgerinnungshemmenden Arzneimitteln setzt die Wirkung von Cumarinen erst sehr verzögert ein. Dies kann darin begründet werden, dass Vitamin-K-Antagonisten erst eine Wirkung entfalten können, wenn der natürliche Vorrat an Vitamin-K und bereits carboxylierten, voll aktivierungsfähigen Gerinnungsfaktoren aufgebraucht ist.
Aus diesem Grund können sie nicht in akuten Notfallsituationen, sondern lediglich bei lang anhaltenden, chronischen Blutgerinnungsstörungen finden.
Marcumar® wird in der Regel zur Vorbeugung einer Thrombose angewendet, dies kann im Rahmen einer Implantation von künstlichen Herzklappen oder Gefäß-Bypässen, nach Herzinfarkten oder bei chronischen Herzrhythmusstörungen notwendig werden.
Auf Grund der vergleichsweise umfangreichen Nebenwirkungen und Gegenanzeichen existieren mittlerweile viele alternative Wirkstoffe, mit deren Hilfe eine Therapie mit Marcumar® umgangen werden kann.
Es handelt sich dabei hauptsächlich um Medikamente, die den Wirkstoff Warfarin oder Acenocoumarol beinhalten oder von diesen abgeleitet sind.
Beispiele für solche Medikamente sind die unter dem Handelsnamen Coumadin oder Sintrom bekannte Blutgerinnungshemmer.

Jedes dieser alternativen Arzneimittel hat zwar den gleichen Wirkungsmechanismus wie Marcumar®, der Unterschied beruht jedoch auf der unterschiedlich langen Halbwertszeit (HWZ), also auch der Dauer der Wirksamkeit innerhalb des Organismus. Diese Wirkungsdauer ist abhängig von der Zeit, die der Körper braucht um das Medikament abzubauen. Die Halbwertszeit (HWZ) wiederum ist die exakt Zeit, in der die Arzneimittelkonzentration um genau die Hälfte der ursprünglich verabreichten Menge abgenommen hat.
Die Halbwertszeit (HWZ) von Marcumar® beträgt ungefähr 70 – 95 Stunden, die von Coumadin nur circa 30 – 40 Stunden und die Zeit in der die Sinitrom- Konzentration auf genau die Hälfte abgenommen hat beträgt lediglich 9 Stunden.
Marcumar® weist demnach die längste und Sinitrom die kürzeste Halbwertszeit (HWZ) auf.
Das Wissen um die Wirkungsdauer eines Blutgerinnungshemmers wie Marcumar® oder Sinitrom ist vor allem dann wichtig, wenn das Arzneimittel wieder abgesetzt werden soll oder muss.
Die Absetzung kann vor geplanten, großen Operationen oder einem umfangreichen Zahnarztbesuch notwendig werden um die Blutungsgefahr zu minimieren.
Die Wirkung des Blutgerinnungshemmers kann anhand des so genannten INR- Werts gemessen werden. Der INR- Wert stellt ein internationales Maß zur Beurteilung der Blutgerinnung dar. Hohe Werte bedeuten, dass die Gerinnungszeit über den Normwert verlängert ist und die Blutungsneigung dementsprechend hoch ausfällt. Ein niedriger Wert dagegen spricht für eine verkürzte Blutgerinnungszeit und eine damit einhergehende steigende Thrombosegefahr.
Grundsätzlich lässt sich also sagen, dass blutgerinnungshemmende Arzneimittel wie Marcumar®, Coumadin und Sintrom den INR- Wert erhöhen und damit die Gefahr der Thrombenbildung senken.
Die Normalisierung dieses Wertes nach dem Absetzten des Blutgerinnungshemmers tritt nach Sintrom-Gabe bereits nach ein bis zwei Tagen ein, nach der Einnahme von Marcumar® dauert dies in der Regel bis zu zwei Wochen.
Ein weiterer vielversprechender Ersatz zur Cumarin- Therapie ist ein unter dem Handelsnamen Eliquis bekanntes Medikament. Der Wirkstoff dieses Arzneimittels ist ein Molekül namens Apixaban.
Im Gegensatz zu den Cumarinen wirkt Apixaban nicht auf alle Vitamin- K- abhängigen Blutgerinnungsfaktoren sondern selektiv nur auf den Faktor X.
Klinische Studien zeigen, dass sowohl die möglichen Nebenwirkungen, als auch die Gegenanzeigen bei einer alternativen Therapie mit Apixaban um einiges niedriger ausfallen.
Gerade für Patienten, bei denen eine gewöhnliche Therapie mit Hilfe von cumarinhaltigen Arzneimitteln nicht problemlos durchgeführt werden kann, ist dies eine neue wertvolle Ausweichstrategie.
Jedoch ist bis heute nicht abschließend geklärt, ob dieser Marcumar®- Ersatz mit der Wirkungsintensität der Cumarine auf lange Sicht mithalten kann.

Pradaxa®

Das Handelspräparat Pradaxa® enthält den Wirkstoff Dabigatranetexilat. Der Wirkstoff zählt zu den direkten Thrombininhibitoren. Das heißt, es hemmt direkt und reversibel das sogenannte Thrombin. Thrombin spielt eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung. Der Wirkstoff Dabigatranetexilat hemmt also auf diese Art die Blutgerinnung. Die Indikationen sind ähnlich wie bei dem Wirkstoff Phenprocoumon. Pradaxa® hat mit 12-14 Stunden eine wesentliche kürzere Halbwertzeit als Macumar®. Vorteil davon ist, dass flexibler reagiert werden kann. Wenn ungeplante Operationen durchgeführt werden müssen und die blutverdünnende Wirkung der Medikamente schnell gestoppt werden muss, ist eine kurze Halbwertzeit des Wirkstoffes praktisch. Eine längere Halbwertszeit, wie bei dem Marcumar®, hat allerdings den Vorteil, dass eine Stabilität im Blutplasma erreicht werden kann.

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Überdies ist in der Behandlung mit Pradaxa® unter bestimmten Bedingungen keine Gerinnungsüberwachung notwendig. Das heißt, bei Personen mit gesunden Leber- und Nierenfunktionen kann der Zielbereich des INR-Wertes eingeschätzt werden. Bei Personen mit Störungen in der Niere oder in der Leber ist es schwieriger. Die Methoden der Gerinnungsüberwachung, wie bei dem Marcumar®, können aber nicht für Pradaxa® genutzt werden. Es gibt spezielle Tests zur Kontrolle der Wirkung von Dabigatranetexilat. Aber diese Tests sind nur in Speziallaboren verfügbar. Außerdem werden Marcumar® und Pradaxa® unterschiedlich verstoffwechselt. Da der Wirkstoff Dabigatranetexilat über das sogenannte P-Glykoprotein metabolisiert wird, ist er unabhängig von bestimmten Enzymen, von denen Marcumar®, abhängig ist. Daher kommt es im Rahmen einer Behandlung mit Dabigatranetexilat weniger zu Interaktionen mit anderen Medikamenten. Allerdings kann es zu Wechselwirkungen mit Medikamenten kommen, die das P-Glykoprotein hemmen. Beispiel dafür ist das Antibiotikum Clarithromycin. Der Wirkstoff Dabigatranetexilat ist aber weitestgehend unabhängig von Inhaltsstoffen aus Nahrungsmitteln. Da es zu 85 % über die Niere eliminiert wird, ist es abhängig von einer guten Nierenfunktion. Überdies ist das Präparat Pradaxa® wesentlich teurer als Marcumar®.    

Xarelto®

Das Handelpräparat Xarelto® enthält den Wirkstoff Rivaroxaban. Es zählt zu den direkten und reversiblen Inhibitoren des Gerinnungsfaktors 10. Auch dieser Faktor spielt eine sehr wichtige Rolle im Rahmen der Blutgerinnung. Die Indikationen sind ähnlich wie bei den anderen Blutgerinnungshemmstoffen. Rivaroxaban hat eine Halbwertszeit von 7-11 Stunden. Dadurch ist es flexibler steuerbar. Unter der Therapie von Xarelto® gelten bezüglich der Gerinnungsüberwachung dieselben Bedingungen und Grenzen wie bei Pradaxa®. Der Wirkstoff Rivaroxaban wird teilweise über dieselben Enzyme verstoffwechselt wie das Marcumar®.

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Ein anderer Anteil wird auch über ein P-Glykoprotein metabolisiert. Die Wechselwirkungsfreudigkeit mit anderen Medikamenten ist gering, kann aber vorkommen. Seltener treten Interaktionen mit bestimmten Inhaltsstoffen in Lebensmitteln auf. Xarelto® wird zu 1/3 über die Niere ausgeschieden. Wenn unkontrollierte Blutungen oder andere Nebenwirkungen auftreten, ist es problematisch auf den Wirkstoff Rivaroxaban schnell zu reagieren. Die Gegenmaßnahmen bei Überdosierung, die bei Phenprocoumon angewendet werden, greifen hier nicht. Dasselbe gilt für Dabigatranetexilat. Allerdings gibt es für Pradaxa® ein sogenanntes Antidot. Für Rivaroxaban gibt es das zum heutigen Zeitpunkt noch nicht, soll aber entwickelt werden. Bezüglich der Kosten, ist Xarelto® etwas günstiger als Pradaxa®, aber auch wesentlich teurer als Marcumar®. 

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Eliquis®

Das Handelpräparat Eliquis® beinhaltet den Wirkstoff Apixaban. Es zählt auch zu den direkten und reversiblen Inhibitoren des Blutgerinnungsfaktors 10. Es gehört zur selben Substanzklasse wie das Xarelto®. Es hat demnach ähnliche Eigenschaften wie Xarelto®. Es ist ein wenig jünger. Während Xarelto® 2008 auf den Markt kam, ist Eliquis® seit 2011 im Handel. Die Indikationen sind ähnlich. Die sogenannte Pharmakokinetik unterscheidet sich etwas. Das heißt, wie der Organismus auf das Medikament wirkt, ist bei den Präparaten unterschiedlich. Elquis® hat eine Halbwertzeit von 9-14 Stunden. Es hat eine etwas niedrigere Bioverfügbarkeit. Demnach weist es eine Bioverfügbarkeit von 50% auf, während Xarelto® eine Bioverfügbarkeit von über 80% zeigt. Das kann Vor- und Nachteile haben.

Eine höhere Bioverfügbarkeit bedeutet eine stärkere Verteilung und Wirkung im Körper. Es bedeutet aber auch, dass die Nebenwirkungen, wie Blutungsneigungen, stärker ausgeprägt sein können. Auch für den Wirkstoff Apixaban wird derzeit noch ein Antidot entwickelt. Eliquis® wird zu 1/4 über die Niere und zu 3/4 über die Galle ausgeschieden. Sowohl für Pradaxa®, Elquis® und Xarelto® gibt es bestimmte Kontraindikationen. Zu diesen zählen eine Schwangerschaft, sowie akute, klinisch relevante Blutungen, Erkrankungen mit Risikofaktoren für schwere Blutungen und eine gleichzeitige Einnahme von anderen Blutgerinnungshemmstoffen, wie beispielsweise Heparin. Die Empfehlung bei Nierenfunktionsstörungen ist bei den drei Präparaten unterschiedlich.

Weitere Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 31.01.2013 - Letzte Änderung: 18.09.2024