Lyell-Syndrom ist ein veralteter Begriff für verschiedene Hauterkrankungen, bei denen es zu einer Ablösung der obersten Hautschicht kommt (Epidermolyse). Unterschieden werden insbesondere die medikamentös verursachte Toxische Epidermale Nekrolyse (TEN) und das infektiöse Staphylococcal Scalded Skin Syndrome (SSSS).
Die Ursachen lassen sich grob in medikamentös induzierte Hautablösung und die bakterielle Genese durch eine Infektion mit Staphylokokken unterteilen.
Die genaue Ursache für solche Reaktionen bei Medikamenteneinnahme ist nicht vollständig geklärt. Es gibt allerdings bestimmte Risikofaktoren z.B. eine HIV-Infektion sowie einzelne Medikamentengruppen die gehäuft ein Lyell-Syndrom auslösen. Es wird vermutet, dass ein allergischer Vorgang eine Rolle spielt. Medikamente bei denen es vermehrt zum Lyell-Syndrom kommt sind vor allem:
Antibiotika der Gruppe der Sulfonamide
Antidepressiva der Gruppe der Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (Sertralin, Citalopram)
Bei dem SSSS sind die von den Bakterien produzierten Toxine ursächlich für die Entstehung der Erkrankung.
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Beiden Arten des Lyell-Syndroms ist ein schweres Krankheitsgefühl und hohes Fieber gemein. Typisch sind außerdem die Hautbefunde mit instabilen schlaffen Blasen und abgelöster Haut.
Bei dem bakteriellen Staphylococcal Scalded Skin Syndrome kann es außerdem zu einer Hautrötung und einer Scharlach ähnlichen Symptomatik kommen.
Bei dem medikamentösen Stevens-Johnson-Syndrom ist kennzeichnend, dass ebenfalls die Schleimhaut betroffen ist z.B. im Mund; im Gegenteil zum bakteriellen Lyell-Syndrom.
In der Regel erfolgt die Diagnose klinisch, was heißt dass anhand der typischen Befunde der Haut, der körperlichen Untersuchung und der Krankengeschichte die Diagnose gestellt wird. Neben Fragen zur Medikamenteneinnahme oder einer HIV-Infektion werden auch vorangegangene Infekte insbesondere der oberen Atemwege erörtert.
Zusätzlich kann eine Hautbiopsie mit sichtbarer Spaltbildung oder das sogenannte Nikolski I Phänomen zur Diagnostik durchgeführt werden. Bei dem Nikolski I Phänomen lässt sich die obere Hautschicht gegenüber der unteren verschieben, sodass Blasen entstehen.
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Die Therapie beim medikamentösen Lyell-Syndrom unterscheidet sich von der des SSSS.
Beim Stevens-Johnson-Syndrom ist vor allem das Absetzen des mutmaßlich auslösenden Medikaments am dringlichsten. Die Behandlung der Haut ähnelt den Maßnahmen in der Verbrennungsmedizin. Vor allem die Gabe von Flüssigkeit zum Ausgleich des Verlustes über die geschädigte Haut und eine weitere Versorgung der Wunden stellt den Grundpfeiler dar. Sollte es zu einer Entzündung durch Eindringen von Bakterien kommen, wird die Gabe eines Antibiotikums angeordnet. Eine weitere Therapieoption bei dem medikamentösen Lyell-Syndrom ist eine hochdosierte Cortisontherapie.
Cortison bzw. Glucocorticoide sind allerdings beim bakteriellen Lyell-Syndrom absolut kontraindiziert. Sie würden zu einer weiteren Ausbreitung der Bakterien führen und das Krankheitsbild verschlimmern. Hier wird in erster Linie mit Antibiotika therapiert. Zusätzlich erfolgt wie beim Stevens-Johnson-Syndrom die Gabe von Infusionen und die Wundpflege.
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Die Dauer ist vor allem von der Therapie sowie den mögliche Komplikationen abhängig. Eine pauschale Krankheitsdauer lässt sich also nicht nennen.
Der zeitliche Verlauf ist allerdings bei den Unterformen der Lyell-Syndrome unterschiedlich. Bei dem SSSS kommt es zu einem plötzlichen Beginn innerhalb 1-2 Tage wohingegen es bei einer Medikamenteneinnahme frühestens nach einer Woche zu Symptomen kommt.
Die Prognose unterscheidet sich im Wesentlichen von der Art des Lyell-Syndroms. Jedoch sind alle potentiell lebensbedrohlich und bedürfen einer stationären Therapie.
Das Staphylococcal Scalded Skin Syndrome geht mit einer Letalität von etwa 1% einher. Die medikamentösen Lyell-Syndrome haben im Vergleich eine schlechtere Prognose. Der mildere Verlauf mit einem Hautbefall von unter 10%, also das Stevens-Johnson-Syndrom, hat eine Letalität von etwa 10%. Bei der schwereren Toxischen Epidermalen Nekrolyse kann die Letalität schon bis zu 50% betragen.
Wird eine Genesung erzielt ist jedoch mit einer narbenlosen Abheilung zu rechnen.
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Das Lyell-Syndrom lässt sich nicht vorbeugen. Es ist lediglich ratsam bei Einnahme eines neuen Medikaments den eigenen Körper zu beobachten, um eventuelle allergische Reaktionen schnell feststellen zu können und einen Arzt aufzusuchen. So können Folgen eines eventuellen Lyell-Syndroms auf ein Minimum reduziert werden.
Da das Lyell-Syndrom ein veralteter Begriff ist und zu einer Verwechslung der medikamentösen und bakteriellen Ätiologie führt, soll er nicht mehr verwendet werden. Ursprünglich beinhaltet das Lyell-Syndrom allerdings beide Erkrankungsgruppen, auch das Stevens-Johnson-Syndrom, welches die milde Form der medikamentösen Epidermolyse darstellt.
Weiter differenziert wird bei den medikamentösen Lyell-Syndromen in die toxische epidermale Nekrolyse, die mit einem Hautbefall von >30% zu der schweren lebensbedrohlichen Verläufen zählt.