Bei dem Begriff „Tennisarm“ verwendet, weiß jeder, welche Schmerzen gemeint sind. Medizinisch handelt es sich dabei um ein Schmerzsyndrom, dessen Ursprungszonen sich im Bereich der Hand- und Fingermuskulatur und an den äußeren Ansätzen des Oberarmknochens befinden. Demzufolge versteht man unter einem Tennisarm eine so genannte Sehnenansatzentzündung der Unterarmstreckmuskulatur.
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Tennisarm, Tennisellbogen, Tennisellenbogen, Epicondylitis humeri radialis
Englisch: tennis elbow
In diesem Thema geht es um die physiotherapeutische Behandlung des Tennisarmes als einen wichtigen und erfolgversprechenden Bestandteil der konservativen Therapie, der leider bedingt durch zunehmende Budgetierung der Ärzte, insbesondere im Bereich der Orthopädie im Heilmittelbereich viel zu selten zum Einsatz kommt.
In Studien wurde nachgewiesen, das der Stellenwert der physiotherapeutischen Behandlung in Bezug auf den Heilungserfolg mit anderen Therapiemöglichkeiten wie:
zumindest gleichzusetzen ist, und das der Therapieerfolg auf die Dauer gesehen sogar anhaltender ist.
Die Diagnosestellung des Tennisarmes und die Abgrenzung zum so genannten Golferarm, bei dem die Schmerzen an der Innenseite des Ellenbogens lokalisiert sind, erfolgt im wesentlichen über die Befragung des Patienten und über spezielle manuelle Testverfahren, auf die später näher eingegangen wird. Diese Form der Befunderhebung kann durch die Physiotherapeuten, die bei der Untersuchung auf Ihre Sinne (Augen, Ohren, Hände) angewiesen sind und von daher viel Erfahrung in manuellen Untersuchungstechniken haben, durchgeführt werden, während den Ärzten zusätzlich die apparativen Diagnoseverfahren zur Verfügung stehen.
Der/die Physiotherapeut/in benutzt die Testverfahren nicht zur Diagnosestellung, sondern als Instrument zur Wiederbefundung nach erfolgter Behandlung.
Der Patient wird aufgefordert, mit gestrecktem Ellbogen eine Stuhllehne von oben zu greifen und den Stuhl anzuheben. Gibt der Patient während dieses Vorgangs einen ihm bekannten Schmerz am äußeren Bereich des Ellbogens an, ist der Test positiv.
Der Patient soll bei gestrecktem Ellbogen seine Hand gegen den Widerstand des Therapeuten anheben. Wird dabei der typische Schmerz ausgelöst, spricht der Test für ein bestehendes Tennisarmsyndrom.
Der Patient wird gebeten, seinen Mittelfinger bei aufgelegtem Unterarm gegen Widerstand des Therapeuten zu strecken. Bei provozierbarem bekanntem Schmerz, ist der Test positiv.
Der Patient wird aufgefordert, seinen Unterarm gegen den Widerstand des/der Therapeuten/in von „innen nach außen „ zu drehen, so dass nach erfolgter Bewegung die Handinnenfläche nach oben schaut. (Trinkgeld in Empfang nehmen) Auch dieser Test ist positiv, wenn durch die Bewegung des Unterarms gegen Widerstand Schmerzverstärkung am äußeren Ellbogen auftritt.
Bei den beschriebenen Testverfahren handelt es sich um sogenannte Provokationstests, d.h. der Untersucher versucht über eine bestimmte Haltung oder Bewegung den „bekannten“ Schmerz des Patienten hervorzurufen.
Die streckseitige Muskulatur wird auf Schmerz und Kraftminderung bei Anspannung untersucht.
Genauere Auskunft über die betroffene Gewebsstruktur (Muskulatur, Sehne, Sehnenansatz) lässt sich über den Tastbefund (Palpation) ermitteln. Der Knochenansatz der betroffenen Muskulatur und die Unterarmmuskulatur in ihrem Verlauf an der Rückseite des Unterarms ist stark druckschmerzhaft. Häufig findet man gleichzeitig schmerzhafte Stellen an der Innenseite des Ellenbogen im Bereich der Muskelansätze der Unterarmbeugemuskulatur.
Nicht alle Tests müssen für die Diagnosestellung positiv sein. Am häufigsten ist die Streckmuskulatur des Handgelenkes betroffen.
Diese Tests in Zusammenhang mit der Befragung des Patienten sind trotzdem so aussagekräftig, das man in den meisten Fällen eine Beteiligung von Schultergelenk oder Halswirbelsäule ausschließen kann. Wichtig sind die Tests auch bei Wiederbefundung des Patienten, um eine Aussage über den Behandlungserfolg der Physiotherapeutischen Behandlung zu bekommen.
Als letzten wichtigen Punkt der physiotherapeutischen Befunderhebung möchte ich die Erhebung des Haltungsbefundes nennen. Eine andauernde Fehlhaltung des Patienten, die sich in „Rundrücken“, vorgezogenen Schultern und nach innengedrehten Oberarmen zeigt (vorwiegend sitzende Lebensweise), kann als beitragender Faktor über Spannungsveränderungen der Muskulatur und sinkender Schmerzschwelle durch die ständige Belastungshaltung zur Entstehung des Krankheitsbildes führen.
Die akute Epicondylitis klingt meistens unter Schonung und physikalischen Maßnahmen wie:
Der Patient hat Schmerzen in Ruhe und bei Bewegung, die Schmerzen behindern ihn im Alltag und bei der Ausübung des Berufes. In diesem Stadium kommen passive und aktive Maßnahmen der Physiotherapie zum Einsatz.
Die Schmerzen werden deutlich stärker, halten vor, während und nach Belastung an, verschwinden nur noch bei absoluter Schonung.
In den meisten Fällen (ca. 80%) heilt die Epicondylitis bereits im akuten Stadium oder in Stadium 2-3 komplett wieder aus.
Bei der Behandlung der Epicondylitis in Stadium 2/3 stehen den Physiotherapeuten eine Vielzahl von lokalen Behandlungsmethoden offen, immer vorausgesetzt, dass die Schmerzursache wirklich im Ellbogenbereich liegt. Es gibt bereits mehrfache Studien, die aber nicht eindeutig eine Behandlungsmethode als absolut wirksam und eindeutig als Mittel der Wahl bestätigen können. Ich werde von daher die verschiedenen Therapiemöglichkeiten nach Erfahrung und Häufigkeit der Anwendung aufführen. Letztendlich muss der/die Therapeut/in nach individuellem Patientenbefund und dem erreichtem Behandlungserfolg nach einer Probebehandlung die Behandlungsmethode auswählen.
Bei der Auswahl der Behandlungstechniken beziehe ich mich auf die nach differentialdiagnostischer Abklärung erfolgte Diagnose „Tennisarm“ und gehe nicht weiter auf die Behandlung anderer möglicher Schmerzursachen (Halswirbelsäule, Brustwirbelsäule, Schultergelenk) ein.
Beim medical taping / Kinesiotaping werden elastische Funktionstapes in bestimmter Anlageform auf den Unterarm aufgebracht.
Dies dient vor allem der muskulären Entlastung und der Stoffwechselverbesserung, so dass die Entzündungsprozesse (Ödembildung im entzündeten Bereich) schneller abgebaut werden können.
Mit einer Tapeanlage (auch im Akutstadium) kann oft schnelle und nebenwirkungsfreie Schmerzlinderung geschaffen werden. Das Kinesiotape bleibt für ca. 7 Tage auf der Haut und sollte im Schnitt für 4 Wochen ununterbrochen getragen werden.
Es bietet eine gute Unterstützung der Unterarmstreckmuskulatur insbesondere bei belastender Tätigkeit und kann als Alternative zur Epicondylitisspange oder Tennisarmbandage eingesetzt werden.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: medical taping / Kinesiotaping bei einem Tennisarm
Bei der Querfriktionsmassage nach Cyriax werden unter intermittierendem Druck und Zug die Sehnen der betroffenen Ellbogenstreckmuskulatur quer zur Sehne massiert. Ergänzend kann eine Kältetherapie (Kryotherapie) zur Durchblutungsförderung und Entzündungshemmung erfolgen.
Voraussetzung für diese Therapie ist eine genaue Untersuchung, welche Sehnen und in welchem Bereich die betroffene Struktur (Muskelsehnenübergang, Muskelknochenübergang) behandelt werden muss. Auch sollte der/die Physiotherapeut/in untersuchen, ob noch weitere behandelbare Weichteilaffektionen im Bereich der Ellbogeninnenseite, (Ellbogenbeugemuskulatur, so genannter Golferarm) Schulter und Halswirbelsäule vorhanden sind, die ständig das Schmerzbild weiter aufrechterhalten.
Bei den myofascialen Weichteiltechniken werden Muskulatur und Bindegewebe mit sehr weichen Halte- und Verschiebetechniken entspannt. Sie können dem Patienten auch für zu Hause (Hilfsperson wünschenswert) vermittelt werden.
Die Dehnübungen sollten nach erfolgreicher Schmerzlinderung durch den/die Physiotherapeuten/in angeleitet als Heimprogramm mehrmals täglich durchgeführt werden.
Wichtig: exakte Durchführung und Dosierung!
Sie sind als Anwendung umstritten, da manche Patienten mit erhöhter Muskelspannung und Schmerzverstärkung reagieren. Ich persönlich habe überwiegend positive Erfahrungen mit Dehnübungen als probates Therapieinstrument beim Tennisellenbogen gemacht und würde auf jeden Fall Probebehandlungen durchführen, um Reiz-Reaktionsverhalten des Patienten auszutesten.
Als Zielmuskulatur wird überwiegend die Handgelenksstreckmuskulatur gedehnt, beziehungsweise in Übung 2 und 3 die Drehbewegung im Ellbogengelenk mobilisiert.
Übungsbeispiel Dehnung Unterarmstreckmuskulatur
Der Handrücken wird bei gestrecktem Ellenbogen möglichst vollständig auf einen Tisch aufgelegt und in dieser Position gehalten.
Die Handinnenfläche wird bei gestrecktem Ellenbogen auf einen Tisch aufgestützt, das Ellbogengelenk wird von innen nach außen und zurück gedreht.
Übungsbeispiele Dehnung der Brustmuskulatur
Bei der ersten Übung werden gleichzeitig beide Seiten der Brustmuskulatur gedehnt und die Brustwirbelsäule in Streckung mobilisiert, bei der zweiten Übung wird einseitig gedehnt und die Brustwirbelsäule in Rotation mobilisiert.
Der/die Physiotherapeut/in gibt genaue Anweisungen über die Durchführung in Bezug auf Dosierung, Intensität (Vorsicht geboten), Häufigkeit/ Tag und Wiederholung/ Übung.
Das laterale Gleiten ist eine Technik aus der Manuellen Therapie, bei der der/die Physiotherapeut/in bei fixiertem Oberarm den Unterarm vorsichtig nach außen gegen den Oberarmknochen gleiten lässt. Währenddessen öffnet und schließt der Patient mehrmals seine Faust. Diese Technik sollte angewendet werden, wenn der Patient positiv auf eine Probebehandlung anspricht.
Die physiotherapeutischen Maßnahmen im weiteren Behandlungsverlauf in der Aufbau- und funktionellen Phase dienen der Rehabilitation. Die Muskulatur muss nach Abklingen des Entzündungsprozesses wieder auf
ihre normale Alltagsbelastung in Beruf und Freizeit vorbereitet werden.
Auf lange Sicht erzielt man mit sogenannten isotonisch exzentrischen Übungen (isotonisch exzentrische Muskelarbeit bedeutet, das der Muskel ein Gewicht in seiner Fallbewegung bremst) für den Handgelenksbereich die besten Ergebnisse.
Übungsbeispiel Kräftigung Unterarmstreckmuskulatur:
Eine Hantel wird über einer Tischkante langsam abgesenkt, das Gewicht wird mit dem gesunden Arm wieder nach oben gebracht, damit die betroffene Muskulatur nicht konzentrisch (das bedeutet für die Muskulatur Kraftaufbau gegen die Schwerkraft) arbeiten muss.
Übungsbeispiel Kräftigung Armmuskulatur:
Der Arm wird mit dem gesunden Arm von unten innen nach oben außen angehoben und langsam haltend wieder in die Ausgangsstellung abgesenkt.
Schlechte Körperhaltung vor allem über längere Zeit z.B. als Arbeitshaltung am Schreibtisch wirkt sich negativ auf die Entstehung einer Epicondylitis radialis humeri (Tennisarm) aus. Durch Rundrückenhaltung und eine daraus resultierend vorgezogene Schulterstellung verursachen auf die Dauer gesehen eine schmerzhafte Muskelkette von den Schultern bis in den Arm, es kommt zur Verkürzung bestimmter Muskelgruppen und die Stellung des Schultergelenkkopfes im Gelenk und der Schulterblätter verändert sich. Der/die Physiotherapeut/in macht dem Patienten über Wahrnehmungsschulung seine Fehlhaltung bewusst und zeigt einfache Übungen zur Verbesserung der Körperhaltung.
Parallel werden Dehnungsübungen für die verkürzten Muskelgruppen im Oberkörper und Schulterbereich und Kräftigungsübungen vorwiegend für die rückwärtige Schulter- und Rückenmuskulatur und tiefen Bauchmuskulatur durchgeführt.
Ein Theraband wird aus aufrechter Haltung hinter dem Rücken auseinandergezogen.
Viele dieser Übungen können so vermittelt werden, dass sie sich problemlos im Alltag und am Arbeitsplatz integrieren lassen. Wieder gibt der Therapeut genaue Anweisung über die Durchführung des Übungsprogramms.
Merke: 200 Mal/Tag an die Haltung denken!
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In der Rehabilitationsphase kann vor allem als Prophylaxe (Verhinderung eines Erkrankungsrezidivs = Wiederauftreten der Erkankung) mit der Sportphysiotherapie begonnen werden. Dabei liegt der Schwerpunkt auf Überprüfung und Korrektur der Technik (Tennis, ev. Golf beim Golferarm), langsamem Trainingsaufbau, konsequentem Aufwärmen, Dehnungsübungen und eventuell Beratung bezüglich eines Materialwechsels.
Beispiel: Beim Tennisaufschlag wird ca. 50% der Kraft aus Bein- und Rumpfmuskulatur, aber nur ca. 25% aus Arm und Hand erfordert.
Stimmt der koordinative Ablauf dieser Muskelkette nicht, werden schnell Ellbogen und Handgelenk überlastet und die Entstehung eines Tennisarms begünstigt.
Es bestehen permanente starke, teils stechende häufig auch nächtliche Schmerzen, eventuell liegt eine irreversible (nicht rückgängige) Sehnenschädigung vor, im schlimmsten Fall kann die Strecksehne reißen.
Im Stadium 3 und 4 des Tennisarms ist eine konservative Therapie nur noch bedingt sinnvoll, eventuell ist eine Operation angezeigt. Die Übergänge zwischen den einzelnen Stadien sind fließend.
Das funktionelle Gesamtbehandlungskonzept bei der chronischen Epicondylitis radialis humeri ist maßgeblich entscheidend für den langanhaltenden Therapieerfolg.
Keine Dawosbehandlung! bedeutet nicht nur die Aufmerksamkeit in Untersuchung und Behandlung auf das lokale Schmerzgeschehen – da wo`s weh tut - richten, sondern die Probleme der Patienten in ihrer Gesamtheit betrachten und behandeln.
Neuere Studien unterstützen ein globaleres Behandlungskonzept in Bezug auf den lang anhaltenden Behandlungserfolg!
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