Das medizinische Gebiet der Hämatologie – der Lehre des Blutes – befasst sich mit allen krankhaften Veränderungen des Blutes, mit deren Ursachen ebenso wie mit den daraus folgenden Symptomen.
Das medizinische Gebiet der Hämatologie – der Lehre des Blutes – befasst sich mit allen krankhaften Veränderungen des Blutes, mit den zugrundeliegenden Ursachen ebenso wie mit den daraus folgenden Symptomen.
Die Hämatoonkologie beschäftigt sich mit den verschiedenen Arten von Blutkrebs (Leukämie) und verwandten Erkrankungen wie Blutbildungsstörungen im Knochenmark, sowie mit bösartigen (malignen) Lymphknotenveränderungen.
Die Hämostaseologie behandelt krankhafte Veränderungen der Blutgerinnung, wobei zwischen jenen mit Blutungsneigung (hämorrhagische Diathese) – also einem zu Wenig an Gerinnung, und jenen mit übersteigerter Gerinnungsneigung (Thrombophilie) - also einem zu Viel an Gerinnung – unterschieden wird. Eine verminderte Gerinnbarkeit des Blutes führt zu Blutverlust infolge nur langsam gestillter innerer und äußerer Blutungen, welche je nach Schweregrad durch Kleinstverletzungen (Bagatelltrauma) oder sogar ohne äußere Einwirkung entstehen.
Eine Übergerinnbarkeit des Blutes führt in der Blutbahn zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Gerinnseln (Thromben), die dann vor Ort oder nach Verschleppung mit dem Blutstrom Gefäße verstopfen können (Thrombembolie) und so die Versorgung des nachgeschalteten Gewebes verhindern.
Als drittes Arbeitsfeld – ohne besonderen Namen – ist die Forschung an und die Diagnose und Behandlung von Blutarmut (Anämie) zu nennen. Dabei handelt es sich jedoch häufig nicht – wie der Name irreführenderweise vermuten lässt – um ein zu Wenig an Blut im Allgemeinen, sondern vielmehr um eine mangelhafte Transportkapazität des Blutes für Sauerstoff. Anämie ist also die Unfähigkeit des Blutes, trotz ausreichender Pumpleistung des Herzens und funktionstüchtiger Lunge, den Körper ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen.
Letztendlich fällt auch die Beurteilung von abwehrbedingten (immunologischen) Veränderungen im Blut, wie etwa Änderungen in der Konzentration von Abwehrzellen (Leukozyten) und Akute-Phase-Proteinen, in diesen Teilbereich der medizinischen Lehre und Forschung.
Oft ist in der ärztlichen Praxis aber eine strenge Unterteilung dieser Untergruppen der Hämatologie nur bedingt sinnvoll, da viele (häufige) Erkrankungen, wie z.B. akute und chronische Blutkrebse (Leukämien) auch Blutarmut, Veränderung in der Blutgerinnbarkeit und der Menge an Abwehrzellen (Leukozyten) und Akute-Phase-Proteinen hervorrufen können.
Bei krebsartigen (onkologischen) Erkrankungen des Blutes bestehen oft neben untertypenspezifischen Krankheitszeichen wie etwa Immunschwäche, Blutarmut oder Gerinnbarkeitsveränderung zusätzlich sogenannte Allgemeinsymptome wie Fieber, Nachtschweiß, Schwäche, Gewichtsverlust und Abgeschlagenheit, die auch Ausdruck diverser alternativer Erkrankungen sein könnten. Andere Krankheitszeichen wie etwa Lymphknotenschwellung und Lymphknotenschmerzen nach Alkoholgenuss beim sogenannten Hodgkin-Lymphom oder Knochenschmerzen und Nierenschäden (mit seinen Folgen) bei einem sogenannten Multiplen Myelom sind recht eindeutige Krankheitsbilder, die den versierten Arzt recht schnell auf die richtige Fährte bringen.
Bei Gerinnungsstörungen mit verminderter Blutgerinnbarkeit (hämorrhagische Diathese) werden zwei Untertypen unterschieden. Liegt der Erkrankung eine Funktions- oder Anzahlverminderung der Blutplättchen (Thrombozyten) zugrunde, so äußert sich diese vor allem durch sogenannte thrombozytäre Blutungen wie Stecknadelkopfblutungen der Haut (Petechien), Nasenbluten (Epistaxis) und eine verlängerte Monatsblutung (Menorrhagie). Ist das Problem ein Mangel oder eine Fehlfunktion an Gerinnungsfaktoren, so sind sogenannte plasmatische Blutungen wie Blaue Flecken (Hämatom), Muskel- und Gelenkblutungen (Hämarthros) zu erwarten. Je nach Schweregrad sind auch Blutungen im Magen-Darm-Trakt mit Blut im oder am Stuhl möglich.
Bei Gerinnungsstörungen (Thrombophilie) mit gesteigerter Gerinnbarkeit entstehen die Symptome dadurch, dass ein Gerinnsel (Thrombus) ein Gefäß verstopft und das dahinterliegende Gewebe dann nicht, oder nur unzureichend mit Sauerstoff (und anderen Dingen wie Zucker) versorgt wird. Auch können Gewebeschäden durch den ausbleibenden Abtransport von Stoffwechselprodukten geschädigt werden. Handelt es sich bei dem minderversorgten Gewebe um Muskel, so sind Schmerzen und Krämpfe zu erwarten. Mehr Schaden richtet ein verschlepptes Gerinnsel (Embolus) aber in Herz (Myokardinfarkt), Hirn (Apoplex) und Lunge (Lungenembolie) an. Ein Gerinnsel in einer größeren Vene zum Beispiel am Bein (Beinvenenthrombose) führt zu Schwellung und Schmerzen.
Je nach Ursache einer Blutarmut (Anämie) sind zahlreiche weitere Krankheitszeichen denkbar, diese selbst jedoch führt zu Abgeschlagenheit und Konzentrations- sowie Muskelschwäche, vor allem bei Belastung zu Luftnot (Dyspnoe), sowie einem schnelleren Puls (Tachykardie) und kann den Herzschlag bemerkbar machen (Palpitationen). Ferner sind blutarme Patienten oft blass und neigen zu kühlen und mitunter bläulich verfärbten Gliedmaßen (Zyanose). Auch Lippen und Zunge sind oft derart eingefärbt.
Veränderungen im Blut, die als Reaktion des Körpers im Sinne eines entzündlichen Geschehens zu verstehen sind, können sich in Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Fieber äußern.
Hämatoonkologische Erkrankungen beruhen immer auf einer Fehlregulierung in der Bildung und Vervielfältigung von Blutzellen. Diese Fehlregulierung findet sein molekulargenetisches Pendant in einer Erbgutveränderung (Mutation), die die betroffene Zelle zu krankhafter Vervielfältigung anregt. Diese Erbgutveränderung wiederum kann von krebsauslösenden Stoffen, Bestrahlung oder einer angeborenen Neigung (Prädisposition) hervorgerufen worden sein. Eine Entstehung eines Krebses ist immer ein von zahlreichen Faktoren beeinflusster vielstufiger Prozess. So ist neben einer erhöhten Entartungsneigung der Krebszelle in spe vor allem ein ineffektives Immunsystem von Nöten, das seiner Aufgabe, entartende Zellen zu identifizieren und aus dem Verkehr zu ziehen, nicht nachkommt.
Entartet eine Abwehrzelle außerhalb des Knochenmarks (in einem Lymphknoten), so spricht man von einem Lymphknotenkrebs (Lymphom), der viele Unterarten kennt. Liegt das Problem im Knochenmark selbst, spricht man je nach Typ von einem Blutkrebs (Leukämie), oder von so genannten myelodysplastischen oder aber myeloproliferativen Syndromen, die ebenfalls viele Unterarten beinhalten. Auch angeborene Erbgutveränderungen (Mutationen) sind als Ursache möglich, aber sehr selten.
Bei den Gerinnungsstörungen unterscheidet man angeborene und erworbene. Angeborene Gerinnungsstörungen basieren auf ererbten Gendefekten, häufigste Vertreter sind unter den plasmatischen Erkankungen (Koagulopathien) Hämophilie A und B sowie das Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom, unter den thrombozytären Erkankungen (Thyrombopathien) das sehr seltene Bernard-Soulier-Syndrom sowie der ebenfalls sehr seltene Morbus Glanzmann-Naegeli. Etwas häufiger ist die hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie (Morbus Osler).
Erworbene Störungen der plasmatischen Gerinnung sind meist durch einen (oft medikamentös herbeigeführten, aber auch etwa von einer Mangelernährung oder Aufnahmestörung herrührenden) Mangel an Vitamin K bedingt. Seltener liegt eine Immunreaktion des Körpers gegen eigene Gerinnungsfaktoren oder aber ein Faktorenmangel wegen zu großem Verbrauch zu Grunde. Auch eine unzureichende Produktionsleistung (Synthese) an Gerinnungsstoffen bei erkrankter Leber kann einen Gerinnnungsfaktorenmangel erklären. Die sogenannte Purpura-Schoenlein-Henoch wird vermutlich durch Infektionen oder Medikamente ausgelöst.
Wichtige erworbene Störungen der thrombozytären Gerinnung sind vor allem die Immunthrombozytopenie, eine Autoimmunkrankheit, die sich gegen die körpereigenen Blutplättchen richtet und die Heparin-induzierte Thrombozytopenie, bei der es unter einer Heparintherapie zu einer Immunreaktion kommt. Hier werden zwei Typen, unterschieden, wobei Typ 2 der wesentlich gefährlichere ist. Auch im Rahmen einer anderen Erkrankung, die zu einer vergrößerten Milz führt (Splenomegalie) kann es komplikationsbedingt (Hyperspenismus) zu einem Abfall der Anzahl an Blutplättchen (Thrombozyten) kommen. Die Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin) und verwandten Substanzen der Gruppe der Nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) schränken die Funktionalität der Blutplättchen irreversibel ein. Erst neue, im Laufe von Tagen nachgebildete Thrombozyten sind wieder voll funktionstüchtig.
Die Blutarmut (Anämie) ist einer Erkrankung mit sehr vielen möglichen Ursachen. Grob unterschieden werden solche aufgrund eines Volumenmangels (nach tatsächlichem Blutverlust), einer Blutzerstörung (Hämolyse) - bei der rote Blutkörperchen (Erythrozyten), die das Trägerprotein für Sauerstoff (Hämoglobin) enthalten - zerstört werden, einer Verteilungsstörung, bei der sich die roten Blutkörperchen in einer vergrößerten Milz sammeln, und einer Bildungsstörung. Eine Blutzerstörung wiederum kann entweder defekte rote Blutkörperchen zur Ursache haben, oder aber Infektionserkrankungen, Medikamente, Autoimmunerkrankungen etc. Einer Bildungsstörung liegt zumeist ein Mangelzustand (Eisen, Folsäure oder Vitamin B12) zu Grunde, aber auch eine Chronische Niereninsuffizienz oder eine krebsartige Erkrankung (entweder direkt auf das blutbildende System bezogen wie etwa eine aplastische Anämie, ein Myelodysplastisches Syndrom oder ein Tumor) kann Ursache sein.
Eine Blutbildveränderung im Sinne einer Entzündungsreaktion kann durch eine Infektion, eine Autoimmunerkrankung, aber auch durch eine tumoröse Erkrankung oder Verletzung oder OP ausgelöst werden.
Neben der gewissenhaften Durchführung einer medizinischen Befragung (Anamnese) und Untersuchung sind für hämatologische Erkrankungen meist labortechnische Untersuchen des Patientenblutes nötig. In einigen Fällen, vor allem aber bei Verdacht auf eine hämatoonkologische Erkrankung, ist eine Knochenmarksuntersuchung von Nöten. Dazu wird, in der Regel aus dem Beckenkamm, unter örtlicher Betäubung mit einer Nadel eine Gewebeprobe aus dem blutbildenen Knochenmark entnommen und mithilfe verschiedener Färbetechniken unter dem Mikroskop untersucht.
Je nach Ursache der hämatologischen Erkrankung sind Art und Umfang der therapeutischen Maßnahmen sehr unterschiedlich. Während eine einfache Eisenmangelanämie in der Regel durch Zugabe von Eisenpräparaten kuriert werden kann, sind bei krebsartigen (onkologischen) Krankheiten teils komplizierte Kombinationstherapien notwendig. So kommen bei Blutkrebsen (Leukämien) vor allem Vielpräparat-Chemotherapien und Stammzelltransplantation in Betracht, während Lymphome auch durch radiologische Bestrahlungen und chirurgische Eingriffe behandelt werden können.
Generell muss immer konsequent unterschieden werden zwischen symptomatischen Therapien, die an der zugrundeliegenden Erkrankung nichts ausrichten, und kausalen, die das ursächliche Problem beheben. Gerade für eine Vielzahl von Erbkrankheiten ist das heutzutage trotz gewaltiger Forschungsfortschritte immer noch nicht möglich.
Auch die Prognose hängt in hohem Maße davon ab, welche hämatologische Erkrankung zu Grunde liegt. Während einige, wie etwa die Eisenmangelanämie, harmlos und gut zu therapieren sind, können andere, wie etwa schwere Formen hämatoonkologischer Erkrankungen, für den Patienten deutliche Abstriche in Lebensqualität und -dauer bedeuten.
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