Die Aplastische Anämie ist eine ernste, potentiell lebensbedrohliche Erkrankung des blutbildenden Knochenmarks. Ursachen sind oft Autoimmun-Prozesse, sie kann aber auch angeboren sein oder durch Medikamente wie Zytostatika hervorgerufen werden.
Die Aplastische Anämie ist eine Gruppe von unterschiedlichen Erkrankungen, deren Gemeinsamkeit eine Schwäche (Insuffiuzienz) des Knochenmarks ist, was zu einer verminderten Produktion von Blutzellen führt. Dabei kommt es also nicht nur zu einer Anämie, also einer Verminderung der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) bzw. des Hämoglobin-Wertes, sondern auch zu einer mangelnden Bildung der Immunzellen, insbesondere der sog. neutrophilen Granulozyten (Neutropenie), wie auch der Blutplättchen (Thrombopenie). Sind alle drei genannten Zellgruppen betroffen, spricht man von einer Panzytopenie. Ursache sind in den meisten Fällen Autoimmunerkrankungen, die Aplastische Anämie kann aber auch durch eine Chemotherapie hervorgerufen werden oder angeboren sein.
Die Symptome der Aplastischen Anämie werden durch den Mangel der jeweiligen Blutzellen hervorgerufen. Es gibt drei sogenannte Linien von Blutzellen:
Bei einem Mangel an Erythrozyten können die Zellen im gesamten Körper nicht mehr so gut mit Sauerstoff versorgt werden. Die Folge sind vor allem Schwächegefühl, Kreislaufprobleme, Blässe und Ohrensausen. Behandelt wird dies ab einem kritischen Hb-Wert mit der Transfusion sogenannter Erythrozyten-Konzentrate.
Ein Mangel an Leukozyten kann vom Patienten subjektiv nicht bemerkt werden, ist allerdings die gefährlichste Auswirkung der Aplasie. Dies liegt vor allem an einer Untergruppe der weißen Blutzellen, den neutrophilen Granulozyten. Fehlen diese, kommt es zu einer Neutropenie. Der Patient ist das nicht mehr ausreichend vor opportunistischen Erregern - also Erregern, die eigentlich relativ harmlos sind und nur bei Immunschwäche gefährlich werden - geschützt. Auch normale Infekte können dann sehr drastisch verlaufen und lebensbedrohlich werden.
Auch der Thrombozyten-Mangel wird oft zunächst nicht bemerkt. Durch die schlechtere Gerinnung kann es schneller zu blauen Flecken kommen. Gefährlich wird es aber, wenn die Thrombozyten sehr niedrig sind, dann kann es zu gefährlichen inneren Blutungen kommen.
Die Therapie der Aplastischen Anämie ist sehr komplex und würde den Rahmen eines solch Artikels sprengen. Ziel der Therapie ist eine Heilung der Aplastischen Anämie durch Bekämpfung der Ursache, je nach Ursache ist sie daher individuell vom behandelnden Arzt zu planen. Sie hängt auch vom Alter des Patienten, der Schwere der Erkrankung und weiteren Faktoren ab. Ein "letzter Ausweg" ist die allogene Stammzelltransplantation, auch als Knochenmarkstransplantation bekannt. Diese sehr wirkungsvolle Option ist allerdings mit vielen Risiken behaftet, weshalb ihr Einsatz immer individuell von einem erfahrenen Hämatoonkologen abgewogen werden muss.
Ein sehr wichtiger Baustein ist außerdem die supportive Therapie, darunter versteht man alle medizinischen Maßnahmen, die begleitend und unterstützend durchgeführt werden. In Studien konnte gezeigt werden, dass durch supportive Maßnahmen die Überlebenswahrscheinlichkeit deutlich gesteigert werden konnte.
An erster Stelle steht hier die Infektprophylaxe, da für Patienten mit Aplastischer Anämie auch banale Infekte und eigentlich relativ ungefährliche wie Schimmelpilze eine akute Lebensbedrohung darstellen. Hierzu gehören das Achten auf eine besondere Hygiene, also regelmäßiges Händewaschen oder -desinfizieren, kein Kontakt zu Erkälteten oder sogar eine sogenannte Umkehrisolierung im Krankenhaus. Auch vorbeugende Einnahme von Antibiotika kann notwendig werden. Weiterhin sollte eine "aplastische Diät" eingehalten werden, hierzu gehört zum Beispiel:
Diese Maßnahmen müssen nicht von jedem Patienten in voller Asuprägung eingehalten werden, über die Details sollte immer der behandelnde Arzt entscheiden.
Weitere supportive Maßnahmen sind die Transfusion von Blutprodukten, die Stimmulation des Knochenmarks und die Behandlung der Nebenwirkungen durch die jeweilige Therapie.
Die Aplastische Anämie, auch als Panmyelopathie bezeichnet, ist keine einheitliche Krankheit, sondern eine Gruppe unterschiedlicher Erkrankungen und Syndrome, die letztlich zu einer mangelhaften Bildung von Blutzellen durch Schwäche des Knochenmarks führen.
Ursachen einer solchen Knochenmarksinsuffizienz können generell angeboren oder erworben sein, wobei die erworbenen Formen deutlich häufiger vorkommen. Bei den angeborenen Formen sind insbesondere die Fanconi-Anämie und das Diamond-Blackfan-Syndrom zu nennen, außerdem existieren weitere seltene Enzym-Defekte.
Zu den Auslösern der erworbenen Aplastischen Anämie gehören in erster Linie Autoimmunreaktionen gegen das Knochenmark, deren Ursache oft nicht ermittelbar ist. Auch andere hämatologische Krankheiten wie das Myelodysplastische Syndrom (MDS).
Ein weiterer wichtiger Auslöser sind bestimmte Medikamente, insbesondere Zytostatika im Rahmen einer Chemotherapie wirken toxisch auf das Knochenmark, da sie hier oft in hoher Dosis gegeben werden müssen. Weitere Medikamente, die in seltenen Fällen zur Aplastischen Anämie führen können, sind zum Beispiel Metamizol (Novalgin) oder das Neuroleptikum Clozapin.
Die Wirkung der meisten Chemotherapeutika besteht darin, dass sie schnell teilende Zellen, also vor allem Krebszellen angreifen. Jedoch werden dabei auch andere Zellen im Körper angegriffen, unter anderem auch Stammzellen im Knochenmark, die die Blutzellen bilden, so dass diese während einer Chemotherapie absinken. Normalerweise wird das Knochenmark dabei allerdings nicht vollständig zerstört, es regeneriert sich nach Therapieende wieder. In seltenen Fällen und je nach Therapieprotokoll kann es jedoch passieren, dass sich das Knochenmark nach einer erfolgten Chemotherapie nicht mehr erholt und es zur Aplastischen Anämie kommt.
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Eine Aplastische Anämie kann außer durch Zytostatika auch durch andere Medikamente hervorgerufen werden, wichtige Beispiele sind Metamizol (Novalgin) und das Neuroleptikum Clozapin.Dabei ist das Knochenmarksversagen unabhängig von der Dosis, es beruht auf einer Überempfindlichkeit des Körpers auf bestimmte Stoffe. Diese Nebenwirkung ist zwar extrem selten, muss aber beachtet werden, insbesondere wenn diese Medikamente zum ersten Mal oder in hoher Dosis gegeben werden!
Die Lebenserwartung hängt von mehreren Faktoren ab. Zunächst lässt sich die aplastische Anämie in drei Schweregrade einteilen (mittel, schwer, sehr schwer). Die Einteilung erfolgt anhand der Anzahl verschiedener Blutzellen. Je weniger Blutzellen das Knochenmark bildet, desto schwerwiegender ist die Erkrankung. Dabei sind die Anzahl der neutrophilen Granulozyten, welche zu den weißen Blutkörperchen gehören, sowie das Alter bei Diagnosestellung die wichtigsten prognostischen Faktoren. Eine niedrige Granulozytenzahl spricht für einen schweren Verlauf mit schlechter Prognose, da dann die Immunabwehr eigentlich ungefährlicher Erreger wie Pilzen (z.B. Aspergillus) stark beeinträchtigt ist. Bei einem leichten Schweregrad der Erkrankung ist die Lebenserwartung hingegen kaum eingeschränkt. Bei mittelschweren und schweren Verläufen kann als letzte Maßnahme, wenn die Erkrankung durch andere Maßnahmen also nicht beherrschbar ist, sog. allogene Stammzelltransplantation (ASZT) durchgeführt werden. Diese Therapie stellt eine sehr drastische Maßnahme dar, bei der das Knochenmark des Patienten zerstört und anschließend durch das eine Spenders ersetzt wird. Die ASZT hat viele Nebenwirkungen und kann bei Abstoßungsreaktionen auch lebensbedrohlich sein, allerdings ist auch die schwere Form der aplastischen Anämie häufig tödlich.
Sehr wichtig sind außerdem supportive Maßnahmen, also die Vorsorge und Behandlung von Komplikationen. Sehr wichtig ist hier die Infektionsprophylaxe, aber auch Blutungen und die Blutarmut müssen gut beobachtet und ggf. behandelt werden.
Die Heilungschancen hängen vom Verlauf und der Schwere der Erkrankung, sowie der individuellen körperlichen Verfassung und dem Alter des Betroffenen ab. Im Allgemeinen haben jüngere Patienten bessere Therapieergebnisse als ältere. Muss bei schweren Verläufen eine Stammzelltransplantation durchgeführt werden, hängen die Heilungschancen maßgeblich von dieser ab. Bei einer passenden Spende von einem Familienmitglied leben nach 5 Jahren noch ca. 80% der Erkrankten. Wenn die Spende von einem nicht verwandten Spender stammt, leben noch 70%. Außerdem werden mit Stammzelltransplantationen aus dem Knochenmark bessere Ergebnisse erzielt als mit Stammzelltransplantationen aus peripherem Blut. Falls eine Stammzelltransplantation nicht möglich ist, wird eine intensivierte immunsystemunterdrückende Therapie angewendet. Hier liegt die 5-Jahresüberlebensrate bei ca. 80%, wobei mit dieser Therapie keine komplette Heilung, sondern nur eine Verbesserung der Symptome erreicht werden kann. Wie fast immer wirkt sich ein früher Therapiebeginn positiv auf den Krankheitsverlauf und die Heilungschancen aus. Rezidive, also ein erneutes Erkrankgen nach erfolgreicher Therapie, sind jedoch nicht selten, daher müssen die Patienten auch nach Therapie regelmäßig kontrolliert werden.
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Ja, die aplastische Anämie ist eine akut lebensbedrohliche Erkrankung. Unbehandelt verläuft sie bei 70% der Erwachsenen tödlich. Die aplastische Anämie wird durch den Mangel an allen verschiedenen Blutzellen geprägt, ab einem gewissen Grad ist dies nicht mehr mit dem Leben vereinbar, insbesondere schwerwiegende Infekte und schwere Blutungen sind hier problematisch. Umso wichtiger ist es, möglichst schnell die Therapie zu beginnen, am Besten in einem spezialisierten Zentrum für Hämatologie!
Insbesondere bei angeborenen Sonderformen wie der Fanconi Anämie, bei der es zu Mutationen im DNA-Reparatursystem kommt, können aus der Aplastischen Anämie andere hämato-onkologische Erkrankungen wie das Myelodysplastische Syndrom oder auch eine Form der akuten Leukämie (AML) entstehen.
Aufgrund der Aplastischen Anämie kommt es dadurch zu einer bösartigen Veränderung der Knochenmarkstammzellen, aus denen die Blutzellen entstehen. Dadurch werden unreife und nicht funktionsfähige Blutvorläuferzellen ins Blut abgegeben.
Auf der anderen Seite werden bei der Akuten Leukämie aber auch agressive, hochdosierte Chemotherapeutika verabreicht, was, wie oben erwähnt, in seltenen Fällen zu einer Aplastischen Anämie führen kann.