Xeroderma pigmentosum stellt eine autosomal-rezessive Erbkrankheit dar . Infolge defekter DNA-Reparaturmechanismen kommt es bei einer Xeroderma pigmentosum zu unbehobenen DNA-Schäden und dem zur Folge einer erhöhten Lichtempfindlichkeit. Die Lebenserwartung ist bei einer Xeroderma pigmentosum deutlich verkürzt.
Xeroderma pigmentosum ist eine erbliche Erkrankung, die durch defekte Reparaturmechanismen der DNA-Reparatur bei der Zellteilung verursacht wird. Diese Defekte führen zu einer erhöhten Lichtempfindlichkeit (Photosensitivität) der Haut gegenüber UV-Strahlen, vorzeitige Hautalterung und ein extrem erhöhtes Hautkrebsrisiko bereits in jungen Jahren. Zusätzlich kann es zu Erkrankungen des Nervensystems und der Augen kommen.
Xeroderma pigmentosum ist sehr selten. Weltweit liegt die Häufigkeit etwa bei 1:1.000.000, in Europa jedoch bei 1:125.000, in Japan sogar bei 1:40.000. Die meisten Patienten stammen aus Japan, Deutschland, Nordafrika, Nordamerika und der Türkei. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen.
Bei Xeroderma pigmentosum handelt es sich um eine Erbkrankheit, die autosomal rezessiv vererbt wird, d.h. es müssen zwei defekte Gene zusammen kommen, also beide Elternteile das defekte Gen in sich tragen, damit die Krankheit ausbricht. Die Sonnenbestrahlung, UVB-Strahlung mehr als UVA-Strahlung, führen zu Veränderungen der DNA, die sich in den Zellen befindet, die der Sonne ausgesetzt sind. Besonders oft kommt es dabei zu einer Verdopplung eines Bausteins der DNA, der Base Thymin, sodass der neue DNA-Strang funktionell inaktiviert wird. Normalerweise verfügt die Zelle über Reparaturmechanismen, die den Fehler beheben. Bei Xeroderma pigmentosum sind diese Mechanismen aber vermindert oder defekt.
Es gibt sieben verschiedene Typen von XP, die nach dem Ort des Gen-Defekts unterteilt werden (A-G), und eine Variante mit unterschiedlichen Gendefekten: Bei den XP-Gruppen A-G ist ein Mechanismus vermindert oder defekt, der die zweite Thymin-Base aus dem DNA-Strang herausschneidet und durch die richtige Base ersetzt (Exzisionsmechanismus). Deshalb bleiben die doppelten Thymin-Basen erhalten (Thymin-Dimere) und werden dann durch einen fehlerhaften Notfallmechanismus komplett herausgeschnitten, was zu einer Mutation des DNA-Strangs und somit zu einer Mutation des Körpers führt. So kommt es zu einer Anhäufung von DNA-Schäden und Mutationen durch UV-Strahlen, Medikamente oder auch freie Radikale.
Eine erhöhte Lichtempfindlichkeit fällt meist schon im Kleinkindalter auf. Schon bei kurzer Aufenthaltsdauer in der Sonne kommt es zum Sonnenbrand, der wochenlang als entzündliche Rötung (Erythem) bestehen kann. Nach Monaten oder einigen Jahren treten chronische Lichtschäden auf den der Sonne ausgesetzten Hautstellen auf: helle oder dunkle Flecken (De- oder Hyperpigmentierung), trockene Haut mit Gewebsschwund (Atrophie) und vorzeitige Hautalterung (aktinische Elastose). Schließlich kommt es schon im Kindes- und Jugendalter zu möglichen Vorstufen von Hautkrebs (Präkanzerosen) und bösartigen Hauttumoren wie Basaliomen, Spinaliomen und Melanomen. An Nase und den Augen werden oft Vernarbungen und Verstümmelungen (Mutilation) beobachtet.
Neurologische Veränderungen sind bei 20% aller XP-Patienten zu beobachten. Es kann sich dabei um Reflexstörungen, Spastiken, Störung der Bewegungskoordination (Ataxie), Erkrankung des Nervensystems (Neuropathien) und Intelligenzstörungen handeln. Bei Patienten des Typ A kann es zu mentaler Retardierung und Zwergwuchs kommen (DeSanctis-Cacchione-Syndrom). Augenveränderungen werden bei 40% der Patienten beobachtet. Dabei sind die vorderen Augenabschnitte und die Lider betroffen. Es kann zu Lichtscheu (Photophobie), Entzündung der Bindehaut (Konjunktivitis), Geschwüren (Ulzerationen) und krankhaften Veränderungen der Hornhaut (Dysplasie der Cornea) kommen.
Es ist sehr wichtig, dass Xeroderma pigmentosum möglichst früh diagnostiziert wird. Wenn Kinder unter zwei Jahren schon Flecken auf der sonnenbestrahlten Haut haben, sollte man an Xeroderma pigmentosum denken, da Kinder in diesem Alter solche Verfärbungen normalerweise noch nicht aufweisen sollten. Auch Kinder mit auffällig schnellen Rötungen in der Sonne sollten einen Hautarzt aufsuchen.
Die Diagnose selbst geschieht durch Kultivierung von Zellen aus dem Bindegewebe (Fibroblasten), die durch Entnehmen von Gewebe in der Haut (Biopsie) gewonnen werden. Diese werden dann auf DNA-Reparaturmechanismen, UV-Sensitivität und fehlerhafte DNA-Synthese untersucht. Verschiedene Typen der Erkrankung können durch einen direkten Gentransfer diagnostiziert werden. Wenn nach Gabe eines bestimmten Gens der DNA-Reparaturmechanismus wieder fehlerfrei funktioniert, ist es der Typ, bei dem das gegebene Gen defekt ist.
Auch die Diagnose eines Embryos im Unterleib (pränatale Diagnostik) ist durch genetische Analyse möglich.
Eine Therapie der Grunderkrankung gibt es nicht, nur absolutes Meiden von UV-Strahlung kann die Patienten schützen. Die lichtveränderte Haut muss in drei- bis sechsmonatigen Abständen kontrolliert werden. Präkanzerosen müssen ausgekratzt werden (Kürettage), Tumore müssen operativ entfernt werden.
Hoffnung gibt jedoch die Forschung an einer Gentherapie. Dabei soll ein bakterielles Protein in den Körper eingeschleust werden, das dann die defekten DNA-Reparaturmechanismen ersetzt und die DNA-Reparatur übernimmt.
Um sich vor der UV-Strahlung schützen zu können, helfen UV-undurchlässige Schutzkleidung und Sonnenschutzmittel. Außerdem sollte eine Brille oder eine Gesichtsmaske mit UV-Schutz getragen werden. Das beste Mittel zur Meidung von Sonnenlicht ist die Umstellung des Tag-Nacht-Rhythmus, was schon im Kindesalter erfolgen sollte (Mondschein-Kinder). Sie hat eine erhebliche Auswirkung auf das spätere Leben und die Berufswahl.
Eine Prophylaxe neuer Hauttumore kann durch Einnahme von Retinoiden wie Isoretinoin oder aromatisches Retinoid versucht werden. Retinoide sind mit dem Vitamin A (Retinol) verwandt. Die Dosis muss allerdings sehr viel höher sein als bei üblichen Therapien, weswegen diese medikamentöse Therapie oftmals nicht vertragen wird.
Der Gesundheitszustand verschlechtert sich zunehmend. Das Risiko für bösartige Hauttumore ist 2000-fach erhöht, sodass der erste Hauttumor durchschnittlich im Alter von 8 Jahren entsteht. Häufig sterben die Patienten bereits vor der Vollendung des dritten Lebensjahrzehnts an bösartigen Tumoren (Malignome), die Metastasen streuen. Es gibt aber auch Patienten, die das sechste Lebensjahrzehnt erreicht haben. Nur ein konsequenter UV-Schutz verbessert den Verlauf.
Zuerst beschrieben wurde Xeroderma pigmentosum 1870 von Ferdinand von Hebra (1816-1880), österreichischer Hautarzt aus Wien und Moritz Kaposi (1837-1902), ungarischer Hautarzt ebenfalls aus Wien. Sie bezeichneten XP im 1870 veröffentlichen „Lehrbuch der Hautkrankheiten“ als Xeroderma bzw. als Pergamenthaut und definierten sie als ein Gewebeschwund (Atrophie) der Haut. Im Jahr 1882 wies Kaposi in einer Veröffentlichung auf die Pigmentabnormalitäten als wichtiges Symptom hin und gab deshalb dieser Erkrankung den Namen Xeroderma pigmentosum.
Albert Neisser (1855-1916), deutscher Hautarzt, war der Erste, der 1883 entdeckte, dass auch neurologische Erkrankungen mit Xeroderma pigmentosum in Verbindung stehen. Einige Jahre nach Neissers Entdeckung erkannte Charles Louis Xavier Arnozan (1852-1928), französischer Arzt, den schädigenden Einfluss von Licht und Luft auf den Krankheitsverlauf von Xeroderma pigmentosum.
1969 entdeckte J.E. Cleaver die Ursache von Xeroderma pigmentosum und schaffte so den ersten Schritt zum Verständnis der zentralen Rolle von DNA-Mutationen bei Krebs. Die Krankheit hat dadurch einen besonderen Platz in der Geschichte der Medizin erlangt.
Die Einteilung von Xeroderma pigmentosum wurde aus Komplementierungsgruppen entwickelt. Dazu wurden Bindegewebszellen (Fibroblasten) von verschiedenen XP-Patienten zusammengegeben. Wenn nach der Fusion der Fibroblasten der DNA-Reparaturdefekt weiterhin bestand, gehörten die Patienten zum gleichen XP-Typ. Wenn der DNA-Reparaturdefekt aber nicht mehr bestand, litten die Patienten an unterschiedlichen Typen der Erkrankung. Diese Einteilung wurde später durch genetische Analysen bestätigt. Bei einigen Typen von XP kann der Gendefekt auch durch einen direkten Gentransfer diagnostiziert werden. Momentan ist diese routinemäßige genetische Analyse nur für das XPA-Gen vorhanden, für die restlichen Typen wird an der Entwicklung gearbeitet.
Die Typen (A-G) unterscheiden sich in Erkrankungsalter, Häufigkeit, Schwere der Krankheit und Art der durch UV-Strahlung verursachten Tumore. Einige Typen (A,B,F und G) können außerdem mit neurologischen Störungen verbunden sein.
Xeroderma pigmentosum muss zu anderen seltenen Syndromen wie dem Cockayne-Syndrom, Lupus erythematodes und Porphyrien abgegrenzt werden. Das Cockayne-Syndrom hat wie XP als Ursache einen Defekt in DNA-Reparaturmechanismen, allerdings treten keine Pigmentstörung und Hauttumore auf.
Lupus erythematodes ist eine Autoimmunerkrankung, deren Ursache nicht ganz geklärt ist, allerdings werden Viren oder UV-Licht vermutet. Es kommt zu einer überschießenden Reaktion des Abwehrsystems des Körpers gegen körpereigene Zellen. Die ersten Symptome sind Fieber, Abgeschlagenheit und Empfindlichkeit gegenüber Sonnenlicht.
Porphyrien sind Stoffwechselkrankheiten, die mit der Störung des Aufbaus des roten Blutfarbstoffs Häm zusammenhängen. Bei kutaner Porphyrie, eine Art von Porphyrie, die die Haut betrifft, kommt es bei direkter Sonnenbestrahlung der Haut trotz Schmerzen zu keinen Veränderungen der Haut, erst nach 12-24 Stunden kommt es zu Schwellungen, Rötungen und sogar großflächige Verbrennungen. Andere Symptome sind Vernarbungen, Blasenbildung der Haut, Absterben des Gewebes und Entstellungen wie Verlust von Nase, Lippen, Ohrmuscheln. Typ D ist gelegentlich mit Trichothiodystrophie verbunden. Das charakteristische Syndrom dieser Erkrankung sind kurze, brüchige Haare. Etwa die Hälfte der Patienten haben eine erhöhte Photosensitivität, ebenfalls verursacht durch Defekte von Reparaturmechanismen UV-Licht-geschädigter DNA.
Xeroderma pigmentosum ist eine seltene, autosomal-rezessive Erbkrankheit. Infolge defekter DNA-Reparaturmechanismen kommt es zu unbehobenen DNA-Schäden, die zu Zell-, Gewebs- und Organschäden führen. Die Lebenserwartung ist verkürzt.
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