Ein Schwangerschaftsabbruch sollte gut überlegt sein. Bei einem geplanten Schwangerschaftsabbruch schrebt der Gesetzgeber deshalb eine Beratung vor. Die Art und Weise wie der Schwangerschaftsabbruch herbeigeführt wird hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Schwangerschaftsabbruch

Synonyme

Abtreibung, Abbruch, Abort, Interruptio

Eglisch: abortion
Medizinisch : abort

Definition

Unter einem Schwangerschaftsabbruch versteht man die medikamentös oder instrumentell / operativ herbeigeführte willentliche Beendigung einer Schwangerschaft, mit einhergehender Abtreibung des Kindes.

Globale Lage

Nach WHO-Schätzung (WHO=Weltgesundheitsorganisation) sind etwa 30 % aller Schwangerschaften weltweit ungewollt. 20 % aller schwangeren Frauen unterziehen sich einem Schwangerschaftsabbruch - die Hälfte auf illegale Art.
Die Gesetzeslage ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. Besonders die vorherrschende Religion sowie Traditionsbewusstsein, Konservativismus und Frauenbild beeinflussen die Einstellung der Menschen gegenüber einer Abtreibung sehr stark. Dabei kann eine strenge Regelung dazu führen, dass sich Frauen an illegal arbeitendes, wenig kompetentes Personal wenden. Hierbei kommt es nicht selten zu schweren Komplikationen und tödlichem Ausgang des Schwangerschaftsabbruch - ca. 70.000 Frauen sterben jährlich an den Folgen. Im Allgemeinen hat sich die Unterteilung in Fristenregelung und Indikationsregelung in einigen Ländern durchsetzen können.
Bei der Fristenregelung ist ein Schwangerschaftsabbruch bis zu einem bestimmten Zeitpunkt der Schwangerschaft (in der Regel bis zur 12. Woche post conceptionem, also nach Empfängnis) ohne Begründung möglich.
Die Indikationsregelung hingegen schränkt den möglichen Abbruchzeitpunkt zwar nicht ein, verlangt aber einen triftigen Grund für eine Abtreibung.

Deutsche Gesetzeslage

Die rechtliche Lage wurde in Deutschland 1995 in §218 und §219 StGB-Schwangerschaftsabbruch geregelt. Danach ist ein Schwangerschaftsabbruch/ Abtreibung nach der Indikationsregelung unter bestimmten Voraussetzungen straffrei. Zu diesen gehören:

  • Indikation nach dem Beratungsmodell
  1. Die Schwangerschaft darf nicht länger als 12 Wochen (nach Empfängnis) fortgeschritten sein (entspricht der Fristenregelung).
  2. Die Schwangere muss mindestens 3 Tage vor der Abtreibung eine anerkannte Schwangerenkonfliktberatungsstelle aufgesucht haben und eine schriftliche Bescheinigung dieser Konfliktberatung vorweisen können.
  3. Der durchführende Arzt darf nicht selbst die Beratung vornehmen.
  4. Befindet sich die Schwangere in besonderer Bedrängnis und kann eine Beratung durch eine anerkannte Schwangerenkonfliktberatungsstelle schriftlich nachweisen, so bleibt in Sonderfällen eine Abtreibung bis zur 22. Schwangerschaftswoche straffrei.
  • Medizinische Indikation

Diese liegt vor, wenn physische oder psychische Schäden der Schwangeren durch den Schwangerschaftsabbruch, nach ärztlicher Meinung, abwendbar sind. Dazu gehören beispielsweise schwere Behinderungen oder Fehlbildungen des Kindes. Hierbei besteht weder eine zeitliche Frist noch eine Beratungspflicht. Die Kosten trägt in diesem Fall die Krankenkasse.

  • Kriminologische Indikation

Ist die Schwangerschaft durch eine rechtswidrige Tat entstanden (z.B. Vergewaltigung) und noch nicht länger als 12 Wochen nach Empfängnis fortgeschritten, so bleibt auch hier der Abbruch straffrei. Die Kosten werden auch hier von der Krankenkasse übernommen.
Grundvoraussetzung ist in jedem Fall der ausdrückliche Wunsch der Schwangeren nach einer Abtreibung.

Desweiteren muss der Arzt, als einzig zur Abtreibung befugte Person, immer über mögliche Komplikationen aufklären und bei Beratungs- und kriminologischer Indikation das Alter der Schwangerschaft überprüfen. Er allein beurteilt, ob eine medizinische oder kriminologische Indikation besteht.

Hinweis: Schwangerschaftsabbruch

Kein Arzt ist verpflichtet einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen, außer es liegt ein medizinischer Notfall mit Lebensgefahr für die schwangere Frau vor.

 

Ist die Schwangerschaft bereits soweit fortgeschritten, dass das Kind außerhalb des Mutterleibs überlebensfähig ist, muss ihm vor der Abtreibung ein Fetozid (Medikament zur Tötung des Fetus) verabreicht werden.

Bereits der Versuch einer Abtreibung entgegen genannter Voraussetzungen ist strafbar - allerdings nicht, wenn er durch die Schwangere selbst vorgenommen wurde. Gelingt die unrechtmäßige Abtreibung, drohen dem Durchführenden 3 Jahre Freiheits- oder Geldstrafe. Im besonders schweren Fall (Abtreibung gegen den Willen der Schwangeren oder billigende Inkaufnahme von Gesundheitsschädigung oder Tod) drohen bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe. Führt die Schwangere die Tat selbst durch, hat sie mit einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr oder Geldstrafe zu rechnen.

Verfahren zum Schwangerschaftsabbruch

Generell stehen mit operativ-instrumenteller und medikamentöser Behandlung zwei Verfahren zur Auswahl, die je nach Indikation und Fortschritt der Schwangerschaft zum Einsatz kommen.

  • Operativ-Instrumentell:

(1) Ausschabung
Bis zur 12. Schwangerschaftswoche nach Empfängnis eignet sich eine Ausschabung (Kürettage). Hierbei wird zunächst der Muttermund vorgedehnt, um das Verletzungsrisiko zu minimieren. In Voll- oder örtlicher Narkose werd en nun über die Vagina und den Gebärmutterhals die Instrumente eingeführt und der Inhalt der Gebärmutter ausgeschabt.

Lesen Sie mehr zum Thema: Gebärmutterausschabung

(2) Vakuumaspiration
Dieser Vorgang stellt im Grunde eine Ausschabung mit Unterdruck dar – und sollte somit auch nur bis zur 12. Schwangerschaftswoche ausgeführt werden. Auch hier erfolgt eine Vordehnung des Muttermundes, worauf mit einem stumpfen Gerät der Gebärmutterinhalt abgesaugt wird.

Sowohl Ausschabung als auch Vakuumaspiration können ambulant vorgenommen werden, da sie ein niedriges Risikoprofil aufweisen. Eventuell ist im Anschluss mit leichten Unterbauchkrämpfen zu rechnen.

(3) Hysterektomie/Hysterotomie

Bestehen zusätzlich gutartige Gebärmuttergeschwülste (z.B. Myom) oder ein Gebärmutterhalskrebs, so wird in der Regel die Gebärmutter über einen Bauchschnitt oder durch die Vagina mit entfernt (Hysterektomie).

  • Medikamentös:

(1) In der Frühschwangerschaft:

Bis zum 35. Tag bzw. bis zur 5. Schwangerschaftswoche nach Empfängnis besteht die Möglichkeit der Verabreichung von Antihormonen, genauer Antigestagenen (Mifegyne= RU 486 = „Abtreibungspille“). Dabei erhält die Schwangere eine Gabe Mifepriston, was zu einer Öffnung des Muttermundes führt. Ca. 48 Stunden später sollten Gestagene in Form von Misoprostol eingenommen werden, die eine Gebärmutterkontraktion und in Folge die Ausstoßung der Frucht bewirken. Die Therapie erfolgt stets unter ärztlicher Kontrolle. Ca. 1 bis 2 Wochen nach Ausstoßung sollte eine Nachuntersuchung erfolgen.

Die Erfolgsrate liegt bei dieser Methode sehr hoch. Seit 2007 ist sie in der EU auch bis zur 9. Schwangerschaftswoche zulässig. Diese Therapie sollte allerdings nicht bei Frauen mit Eileiter- oder Bauchhöhlenschwangerschaft ( Siehe auch Schwangerschaftskomplikationen) sowie bei Asthmatikerinnen (Siehe Asthma) und Frauen mit Spirale zum Einsatz kommen.

(2) In der Spätschwangerschaft:

Ist die Schwangerschaft schon derart fortgeschritten, dass eine Ausschabung oder Hormontherapie nicht mehr geeignet ist, sollte eine Fehlgeburt (Abort) eingeleitet werden. Dabei ist es, wie bereits beschrieben, Pflicht, den Fetus vorher durch ein Fetozid zu töten. Dies wird in der Regel mit der Injektion von Kaliumchlorid erreicht, was beim Fetus zum Herzstillstand führt. Eine weitere Methode ist die Unterbindung der Blutzufuhr über die Nabelschnur.
Anschließend werden mit Prostaglandinen die Geburt bzw. die Wehen eingeleitet. Die vorherige Gabe des Antigestagens Mifegyne erleichtert dabei, durch Eröffnung des Muttermundes, den Vorgang der Ausstoßung. Die Medikamente können als Infusion, intramuskulär oder direkt in den Gebärmutterhals verabreicht werden.

Die Anwendung der „Pille danach“ wird nicht als Schwangerschaftsabbruch angesehen, da ihre Wirkung vor der Einnistung erfolgt. Sie stellt ein reines Gestagenpräparat dar, und sollte möglichst 24 bis 48, höchstens 72 Stunden nach dem ungeschützten Verkehr eingenommen werden. Durch die zweimalige Verabreichung des Medikaments, im Abstand von 12 Stunden, wird eine Hormonentzugsblutung ausgelöst und die Einnistung des Fötus verhindert.

Komplikationen beim Schwangerschaftsabbruch

Wie bereits oben beschrieben, treten gefährliche Komplikationen vor allem in solchen Ländern auf, wo sich die betroffenen Frauen durch die strenge Reglementierung gezwungen sehen, illegale Abtreibungen vornehmen zu lassen. Da es sich häufig um wenig fachkundiges Personal und zweifelhafte Methoden handelt, ist das Risiko besonders hoch.

Selbstverständlich können aber auch unter einwandfreien Bedingungen Komplikationen auftreten. Generell ist das Risiko umso höher, je weiter die Schwangerschaft fortgeschritten ist. Hauptkomplikationen stellen dar:

  • Schleimhaut- und Gebärmutterverletzungen bei der Ausschabung
  • Nachblutungen und Infektionen
  • Anhaltende Unterbauchschmerzen
  • Psychische Probleme (Schuldgefühle, Depressionen)

Die Wahrscheinlichkeit eine Frühgeburt zu erleiden ist bei Frauen nach einem Schwangerschaftsabbruch um ca. 10 %, bei Frauen mit mehreren Abbrüchen um bis zu 30 % erhöht (man vermutet hier die Ursache in Verletzungen und damit erniedrigter Widerstandsfähigkeit von Muttermund und Gebärmutter).

Die Fruchtbarkeit wird durch einen Schwangerschaftsabbruch, entgegen aller Gerüchte, nicht beeinträchtigt.

Bei den psychischen Problemen sollte bedacht werden, dass auch das Austragen einer nicht gewollten Schwangerschaft zu massiven Problemen und einer konfliktbehafteten Mutter-Kind-Beziehung führen kann.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 08.02.2009 - Letzte Änderung: 18.09.2024