Beim Morbus Ahlbäck kommt es ohne das Vorliegen einer Infektion zum Absterben des Knochengewebes im Bereich des Kniegelenks. Hauptsächlich tritt diese Erkrankung bei älteren Menschen auf. Die Ursachen für den Morbus Ahlbäck sind noch nicht geklärt.
Ahlbaeck’s disease
Unter dem Begriff M. Ahlbäck versteht man in der medizinischen Fachsprache eine Erkrankung bei der es zu ausgedehnten, nicht durch eine Infektion ausgelöstem Absterben des Knochens (aseptische Osteonekrose) im Bereich des unteren Oberschenkelanteils (Femurkondylus) kommt.
Die Gründe für das Auftreten von M. Ahlbäck beruhen in den meisten Fällen auf einer minderwertigen Durchblutung des unteren Oberschenkelanteils. Von dieser Erkrankung betroffen sind vor allem Menschen höheren Alters. Im Kindes- oder Jugendalter ließen sich bislang kaum Fälle von M. Ahlbäck beobachten. Darüber hinaus lässt sich im klinischen Alltag feststellen, dass es sich bei den betroffenen Patienten überwiegend um Frauen jenseits des 60. Lebensjahres handelt. Beim M. Ahlbäck kommt es im Krankheitsverlauf zu Brüchen (Frakturen) des nekrotischen Knochengewebes. Dies hat auf lange Sicht eine starke Deformierung der oberen Gelenkflächen des Kniegelenks zur Folge. Auf Grundlage der Knochenveränderungen kann es bei den betroffenen Patenten zu starken Haltungsfehlern kommen, die in schweren Fällen sogar die gesamte Körperachse beeinträchtigen.
Die genaue Ursache für das Auftreten von M. Ahlbäck konnte bislang noch nicht abschließend geklärt werden. Fest steht jedoch, dass eine Durchblutungsstörung im Bereich des unteren Oberschenkelknochens in direkter Folge zu einem Absterben (Nekrose) des gelenkbildenden Knochengewebes führt. Aus welchem Grund genau es zu dieser Durchblutungsstörung kommt ist bislang unklar.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter Osteonekrose im Knie
Zur Zeit werden sowohl sogenannte traumatische (durch einen Unfall bedingte), als auch nicht-traumatische Ursachen in Betracht gezogen. Bei einer unfallbedingten Knochennekrose des Oberschenkels kann beispielsweise die Verletzung kleinster Blutgefäße die Versorgung des Knochengewebes derart stören, dass Nährstoffe und andere Substanzen nur unzureichend angeliefert werden können und das Knochengewebe abstirbt. Darüber hinaus gehen Experten davon aus, dass das Auftreten von M. Ahlbäck durch die langfristige Einnahme von Cortison-haltiger Substanzen (beim Steroid-Doping oder einer medikamentösen Behandlung) zur Entstehung des M. Ahlbäck führen kann. Des Weiteren soll auch der regelmäßige Konsum von Alkohol und/oder Nikotin als mögliche Ursachen in Betracht kommen.
Untersuchungen der unter M. Ahlbäck leidenden Patientengruppen haben ergeben, dass diese Form der Knochennekrose besonders häufig bei Patienten auftritt, die an angeborenen Durchblutungsstörungen leiden. Ein Zusammenhang zwischen diesen Durchblutungsstörungen und der Entstehung von M. Ahlbäck kann deshalb nicht ausgeschlossen werden. Darüber hinaus kann zum jetzigen Zeitpunkt auch von einem Zusammenhang zwischen verschiedenen Bluterkrankheiten und der Entstehung von M. Ahlbäck ausgegangen werden. Bei betroffenen Patienten des höheren Lebensalters geht man davon aus, dass Fehlstellungen der unteren Körperhälfte (sogenanntes Genu varum; O-Bein) zu einer überbelastungsbedingten Durchblutungsstörung und somit zu M. Ahlbäck führen können.
Die Symptome bei M. Ahlbäck sind recht unspezifisch und können einer Reihe von Erkrankungen der Gelenke oder des Knochens zugeordnet werden. In den frühen Stadien verläuft der M. Ahlbäck in vielen Fällen sogar vollkommen symptomlos. Diese Tatsache macht sowohl eine frühzeitige Diagnose, als auch eine zeitnahe Einleitung therapeutischer Maßnahmen schwer. M. Ahlbäck verläuft bei der Mehrzahl der betroffenen Patienten solange symptomlos bis es zu den ersten Zerstörungen des Knochengewebes kommt. Mit dem Beginn der Zerstörung der am Gelenkaufbau beteiligten Knochenstrukturen, treten Schmerzen lediglich bei starker körperlicher Belastung auf. Zu diesem Zeitpunkt werden von den wenigsten Patienten Beschwerden unter Ruhebedingungen wahrgenommen. Auch bei der Inspektion (dem Anschauen) des Kniegelenkes von außen lassen sich in den frühen Stadien keinerlei Veränderungen wahrnehmen.
Im Verlauf entwickeln die betroffenen Patienten jedoch zunehmende Gelenkergüsse, die zu einer starken Verschieblichkeit der Kniescheibe (Phänomen der tanzenden Patella) führen. Nach direktem Druck auf die Kniescheibe beginnt diese auf dem Erguss auf und ab zu schwingen. Darüber hinaus geben viele der Betroffenen einen ausgeprägten Druckschmerz an der Innenseite des Kniegelenkspalts an. Im weiteren Verlauf des M. Ahlbäck kommt es zum plötzlichen Auftreten zum Teil starker Schmerzen im Kniegelenk. Im Gegensatz zu den frühen Erkrankungsstadien treten diese Schmerzen nach einiger Zeit auch unter Ruhebedingungen auf. Darüber hinaus berichten viele Patienten davon diese Schmerzphänomene auch nachts wahrzunehmen. Auch die zuerst von außen nicht sichtbaren Gelenkergüsse nehmen im Verlauf deutlich zu und werden als starke Schwellung wahrnehmbar. Bei sehr ausgeprägten Formen des M. Ahlbäck kommt es sogar zu einer Einschränkung des normalen Bewegungsumfangs des Kniegelenks.
Die Diagnose des M. Ahlbäck verläuft in mehreren Schritten. Der wohl wichtigste dieser Schritte ist das ausführliche Arzt-Patienten-Gespräch (Anamnese), bei dem bereits die Schilderung der vom Patienten beobachteten Beschwerden eine ersten Hinweis auf die zu Grunde liegende Erkrankung liefern kann. Besonders wichtig sind in diesem Zusammenhang vorangegangene Unfälle oder sonstige bekannte Verletzungen. Im Anschluss führt der behandelnde Facharzt eine umfangreiche körperliche Untersuchung durch. Im Zuge dieser Untersuchung wird nicht bloß das kranke Knie, sondern alle angrenzenden Gelenke begutachtet. Bereits während der Untersuchung des betroffenen Kniegelenks kann das Phänomen der tanzenden Patella auf das Vorliegen eines Gelenkergusses hinweisen.
Die eigentliche Diagnose des M. Ahlbäck verläuft dann eher als Ausschluss anderer möglicher Erkrankungen des Kniegelenks, die eine ähnliche Symptomatik hervorrufen können. Um die Ursache der Beschwerden dann weiter einzugrenzen wird in den meisten Fällen die Anfertigung von Röntgenaufnahmen in verschiedenen Ebenen angeordnet (von vorne, von der Seite etc.). Problematisch im Zusammenhang mit M. Ahlbäck ist hier die Tatsache, dass Knochenveränderungen wie der Verlust von Knochensubstanz erst im fortgeschrittenen Stadium nachgewiesen werden können. Ein wichtiges Warnzeichen im Röntgenbild ist jedoch die sogenannte Sklerosierung. Dies bedeutet, dass sich an der Grenze zwischen gesundem und abgestorbenem Knochengewebe eine Verstärkung des Knochens abzeichnet.
M. Ahlbäck kann in frühen Stadien meistens nur durch die Anfertigung einer kernspintomographischen Aufnahme (MRT vom Knie) sicher diagnostiziert werden. Charakteristisch für M. Ahlbäck im MRT ist ein sichtbares Knochenmarksödem, welches den Hauptgrund für die mit dieser Erkrankung einhergehenden Schmerzen darstellt. Des Weiteren sollte eine Knochendichtemessung durchgeführt werden. Dieses Verfahren ist notwendig um eine Osteoporose (Knochenrückgang als Folge einer Systemerkrankung) als mögliche Ursache für die Gelenkbeschwerden auszuschließen. Sollte sich die Verdachtsdiagnose „M. Ahlbäck“ erhärten, so kann mit Hilfe einer Kniespiegelung (Kniearthroskopie) das genaue Stadium der Erkrankung eingeschätzt werden.
Der Behandlungserfolg und somit die Prognose des M. Ahlbäck sind in der Regel umso besser, je früher die Erkrankung als solche erkannt werden kann. Die Therapie des M. Ahlbäck gliedert sich grundsätzlich in sogenannte konservative (also nicht-operative) und operative Maßnahmen. Zu den nicht-operativen Behandlungsmethoden zählen vor allem jene Maßnahmen, die das Beschwerdebild des jeweiligen Patienten verbessern. Um die durch den M. Ahlbäck entstehenden Schmerzen zu lindern, können verschiedene Schmerzmittel (Analgetika) eingenommen werden. Die Wahl des geeigneten Schmerzmittels sollte der behandelnde Arzt abhängig vom Ausmaß der Schmerzen treffen. Vorerst kann sich der betroffene Patient mit leichten Arzneimitteln wie Ibuprofen und Paracetamol aushelfen. Da es im Zuge des M. Ahlbäck jedoch auch zu entzündlichen Prozessen kommt, erscheint die Einnahme des zusätzlich entzündungshemmenden Ibuprofens jedoch oftmals als sinnvoller. Zudem wird der behandelnde Arzt in einem ersten Behandlungsschritt verschiedene allgemeine Maßnahmen anordnen. Zu diesen Maßnahmen gehören unter anderem die Schonung des betroffenen Kniegelenks durch Entlastung, Sportkarenz und die temporäre Nutzung von Unterarmgehstützen. Darüber hinaus gilt die Einnahme von Bisphosphonaten zur Stimulation des Knochenaufbaus als erste Maßnahme bei M. Ahlbäck. Im Allgemeinen sollten alle Therapiemethoden dazu dienen das abgestorbene Knochengewebe zur Regeneration anzutreiben und somit die Stabilität im Kniegelenk zu erhöhen. In frühen Stadien des M. Ahlbäck gilt vor allem die sogenannte „Hyperbare Sauerstofftherapie" (kurz: HBO) als besonders vielversprechend. Mit Hilfe dieser Methode kann gerade bei verhältnismäßig jungen Patienten nachweißlich eine natürliche Heilungsreaktion stimuliert werden. Zudem lässt sich nach erfolgreicher hyperbarer Sauerstofftherapie das Einwachsen neuer Blutgefäße in den gelenkbildenden Oberschenkelknochen beobachten. Der Ablauf der hyperbaren Sauerstofftherapie ist recht einfach. Der an M. Ahlbäck leidende Patient atmet bei hohem Umgebungs-Luftdruck in einer Druckkammer reinen Sauerstoff ein. Auf diese Weise wird der sogenannte Sauerstoffpartialdruck im Gewebe erhöht und die Heilung des Knochens angeregt. Trotz hervorragender Behandlungsergebnisse wird die hyperbare Sauerstofftherapie bei M. Ahlbäck jedoch bis heute nicht von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert. Alternativ zur Sauerstofftherapie kann gerade in den frühen Krankheitsphasen eine Stoßwellentherapie durchgeführt werden. Bei dieser Behandlungsmethode des M. Ahlbäck werden kurze energiereiche Stromimpulse in das betroffene Kniegelenk geleitet. Die Stoßwellentherapie kann sich sowohl stoffwechselfördernd, als auch regenerierend auf das abgestorbene Knochengewebe auswirken.
Auch bei den operativen Behandlungsmethoden des M. Ahlbäck steht die Regeneration des Kniegelenks im Vordergrund. Durch verschiedene Maßnahmen wird versucht eine Heilungsreaktion des betroffenen Knochengewebes zu provozieren und die Stabilität des Kniegelenks wiederherzustellen. Bei Patienten mit M.Ahlbäck im Frühstadium und/oder bei geringer Ausdehnung der Knochennekrose gilt die sogenannte Umstellungsosteotomie als operative Methode der Wahl. Bei diesem Verfahren wird der zur Körpermitte zeigende Teil des Gelenkspalts entlastet. Darüber hinaus kann das betroffene Knie im Zuge der Pridie-Bohrung angebohrt und auf diese Weise die Neubildung von Knorpel angeregt werden. Für Patienten, die einen fortgeschrittenen Krankheitsverlauf aufweisen kommt diese Methode in den meisten Fällen nicht mehr in Frage. Alternativ kann eine Schlittenprothese (Oberflächenersatz des Knies) eingesetzt werden. Je nach Ausmaß des M. Ahlbäck kann dabei entschieden werden, ob lediglich eine Hälfte des Kniegelenks (unikondyläre Schlittenprothese) oder sogar beide Hälften (bikondylärer Oberflächenersatz) ersetzt werden müssen.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter Hyperbare Sauerstofftherapie
Die Prognose bei Patienten, die an M. Ahlbäck erkrankt sind ist recht unterschiedlich. Je nach Erkrankungsalter und Stadium des M. Ahlbäck können mit einer geeigneten Behandlung unterschiedliche Ergebnisse erzielt werden. Darüber hinaus unterscheidet sich die Prognose auch bei den einzelnen Therapiemethoden. Letztendlich kann jedoch bei den meisten Patienten zumindest durch das Einsetzen eines künstlichen Kniegelenks eine gute Versorgung garantiert werden.
Weitere Informationen zum Thema Morbus Ahlbäck finden Sie hier:
Weitere allgemeine Themen, die Sie auch interessieren könnten:
Eine Übersicht der bisher erschienenen Themen der Orthopädie finden Sie unter Orthopädie A-Z.