Mirtazapin ist ein Antidepressivum und wird daher bei affektiven Störungen und Depressionen eingesetzt. Wie viele Medikamente ist es allerdings nicht frei von Nebenwirkungen.

Mirtazapin

Einführung

Mirtazapin zählt aufgrund seiner chemischen Struktur zu den sogenannten tetrazyklischen Antidepressiva, also zu Medikamenten die bei einer Depression eingesetzt werden. In Deutschland ist es unter dem Handelsnamen Remergil® auf dem Markt zu finden.
Es handelt sich um ein rezeptpflichtiges Präparat, welches in verschiedenen Wirkstärken und Darreichungsformen erhältlich ist. So gibt es Filmtabletten mit 15 mg, 30 mg oder 45 mg des Wirkstoffes Mirtazapin, Schmelztabletten ebenfalls mit 15 mg, 30 mg oder 45 mg Mirtazapin oder eine Lösung zum Einnehmen, wobei 1 ml dieser Lösung 15 mg Mirtazapin enthält. All diese Formen werden also oral, das heißt über den Mund zugeführt und können mit oder ohne Nahrung eingenommen werden.
Darüber hinaus gibt es auch ein Konzentrat, welches über die Vene (i. v.) verabreicht wird.

Einsatzgebiete

Das Antidepressivum Mirtazapin wird wegen seiner stimmungsaufhellenden Wirkung bei verschiedenen Erkrankungen des depressiven Spektrums eingesetzt und ist auch nur für depressive Erkrankungen zugelassen. Dabei eignet sich Mirtazapin aufgrund seiner sedierenden Wirkung vor allem bei Betroffenen, die gleichzeitig an Schlafstörungen leiden.

Geeignet ist es also vor allem bei spannungsgeladenen Melancholikern. In Studien, wo die Wirkung von Mirtazapin mit anderen Medikamenten, die zur Behandlung einer Depression eingesetzt werden, verglichen wurde, hat Mirtazapin gut abgeschnitten und wurde von den meisten Patienten auch vertragen. Medikamente können neben den Krankheiten, die in ihrer Zulassung genannt sind, auch noch bei anderen Erkrankungen zum Einsatz kommen; man spricht dann von einem sogenannten „off-label use“. Außerhalb der Zulassung, das heißt off-label, wird Mirtazapin auch noch zur Behandlung einer generalisierten Angststörung, einer Panikstörung, einer sozialen Phobie, einer posttraumatischen Belastungsstörung und Schlafstörungen verwendet.

Problematik beim Absetzen

Das Antidepressivum Mirtazapin sorgt nicht für eine Abhängigkeit. Dennoch kann ein plötzliches Absetzen des Präparates Beschwerden bedingen. Meistens sind diese jedoch nur geringfügig ausgeprägt und verschwinden von alleine wieder. Symptome die nach einem plötzlichen Absetzen auftreten können, sind beispielsweise Schlafstörungen, Unruhe, Angstzustände, Kopfschmerzen und Übelkeit. Wie ausgeprägt diese Beschwerden sind, hängt von der Behandlungsdauer und der Tagesdosis von Mirtazapin ab. Um die Symptome so gering wie möglich zu halten, sollte Mirtazapin ausgeschlichen werden, das heißt, man sollte die Dosis langsam absenken, bis das Medikament ganz abgesetzt werden kann.

Wechselwirkungen

Die Wechselwirkungen von Mirtazapin mit anderen Medikamenten sind gering.
Die Antiepileptika Carbamazepin und Phenytoin können den Abbau von Mirtazapin im Körper beschleunigen was eventuell eine Dosiserhöhung von Mirtazapin nach sich ziehen kann.
Wird Mirtazapin zusammen mit dem ebenfalls antidepressiv wirkenden Lithium eingenommen, so kann die Wirkungen als auch die Nebenwirkungen von Mirtazapin verstärkt werden.
Auch die dämpfende Wirkung von anderen Substanzen, wie beispielsweise Alkohol oder Benzodiazepinen kann bei gleichzeitiger Einnahme von Mirtazapin verstärkt sein.

Kontraindikationen

Mirtazapin darf nicht Bestandteil ihres Therapieplans sein, wenn sie zu Überempfindlichkeitreaktionen gegenüber dem Wirkstoff oder weiteren Bestandteilen dieses Präparates neigen.
Darüber hinaus darf es auch nicht bei zeitgleicher Einnahme eines Medikamentes aus der Wirkstoffgruppe der Monoaminooxidase-Hemmer (MAO-Hemmer) eingenommen werden. Zur Sicherheit sollte zwischen dem Absetzen eines Monoaminooxidase-Hemmers und dem Therapiebeginn mit Mirtazapin ein Zeitraum von mindestens 14 Tagen eingehalten werden.
Auch nach Absetzen von Mirtazapin und dem Beginn einer Therapie mit einem Monoaminooxidase-Hemmer sollten 14 Tage verstreichen. Eine weitere Kontraindikationen für eine Therapie mit Mirtazapin ist eine Leukopenie, also eine gegenüber der Norm verminderten Anzahl an weißen Blutkörperchen (Leukozyten), die mit einer Blutentnahme festgestellt werden kann.

Vorsicht sollte bei folgenden Leiden walten:

Bei etwaigen Unsicherheiten sollten sie unbedingt mit ihrem Arzt oder Apotheker Rücksprache halten.

Mirtazapin und Schwangerschaft / Stillen

In den ersten 12 Wochen der Schwangerschaft konnte bei Anwendung von Mirtazapin kein schädigender Effekte auf den Embryo beobachtet werden. Diese Erkenntnis beruht auf ungefähr 100 beobachteten Schwangerschaften unter Mirtazapin-Therapie. Kommt Mirtazapin auch im weiteren Schwangerschaftsverlauf bis zur Geburt zum Einsatz, so kann es beim Neugeborenen Anpassungsstörungen, wie Übererregbarkeit und Zittrigkeit bedingen.
Der Einsatz von Mirtazapin in der Schwangerschaft sollte immer mit dem Psychiater und Gynäkologen eng abgestimmt sein.

Nach der Geburt sollte die Therapie sofort wieder mit der geläufigen Dosierung aufgegriffen werden. Generell kann man sagen, dass Mirtazapin in bestimmten Fällen in der Schwangerschaft verordnet werden kann, beispielsweise wenn andere Arzneimittel, bei man mehr Erfahrungen zur Anwendung in der Schwangerschaft hat (zum Beispiel Sertralin oder Citalopram), keine entsprechende Wirkung zeigen.
Bei Patientinnen, die stabil mit Mirtazapin eingestellt sind, sollte auch trotz einer Schwangerschaft kein Wechsel der Therapie durchgeführt werden.
Man weiß, dass Mirtazapin in geringem Ausmaß in die Muttermilch übertritt. Trotz dessen konnte man bei acht gestillten Säuglingen keine klinischen Symptome durch eine Mitrazapin-Therapie bei der Mutter beobachten. Daher kann Mirtazapin in der Stillzeit unter Einschränkungen verordnet werden, wenn andere Medikamente, bei denen es mehr Erfahrungen gibt, nicht angemessen wirken.
Bitte besprechen Sie die Einnahme von Mirtazapin während der Schwangerschaft und Stillzeit mit ihrem behandelnden Arzt.

Wirkprinzip

Mirtazapin wirkt als tetrazyklisches Antidepressivum zentral im Gehirn und hemmt dort sehr effektiv bestimmte Rezeptoren (sogenannte präsynaptische ?2-Rezeptoren).
Da diese Rezeptoren blockiert werden, kann Mirtazapin auch als ?2-Rezeptor-Antagonist bezeichnet werden. Daneben werden auch Rezeptoren für Serotonin, auch bekannt als 5-Hydroxytryptamin (5-HT) blockiert.
Bei den Serotonin-Rezeptoren gibt es verschiedene Gruppen. Mirtazapin blockiert um genau zu sein die 5-HT2A-Rezeptoren und die 5-HT3-Rezeptoren. Durch die Blockade dieser Rezeptoren kommt es zu einer vermehrten Freisetzung der Neurotransmitter Noradrenalin und Serotonin aus den Nervenendigungen. Dies soll eine positive Wirkung bei einer depressiven Verstimmung haben, da ein Mangel an diesen Botenstoffen für eine Depression verantwortlich gemacht wird (Lesen hierzu auch: Die Rolle von Serotonin/Neurotransmittern in einer Depression).
Aufgrund von diesem Wirkmechanismus wird Mirtazapin auch als „NaSSA“ bezeichnet.Diese Abkürzung steht für „Noradrenergic and Specific Serotonergic Antidepressant“, was auf deutsch so viel wie noradrenerges und spezifisch serotonerges Antidepressivum bedeutet.
Darüber hinaus wird eine weitere Gruppe an Rezeptoren blockiert. Dabei handelt es sich um Histamin-Rezeptoren (postsynaptische Histamin-H1-Rezeptoren). Der sedierende, also beruhigende Effekt von Mirtazapin wird auf diese Blockade zurückgeführt.

Zusammenfassend blockiert das Antidepressivum Mirtazapin also vorwiegend präsynaptische ?2-Rezeptoren, Serotonin-Rezeptoren vom Typ 5-HT2A und 5-HT3 und postsynaptische Histamin-H1-Rezeptoren.

Weiterführende Informationen

Weitere Informationen zum Thema Mirtazapin finden Sie unter:

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 22.08.2014 - Letzte Änderung: 18.09.2024