Erniedrigte Thrombozytenzahl

Die erniedrigte Thrombozytenzahl - Ab wann wird es gefährlich?

Einleitung

Thrombozyten sind Bestandteile des Blutes, welche auch als Blutplättchen bezeichnet werden. Sie erfüllen eine wichtige Aufgabe in der Blutgerinnung, indem sie für den Verschluss der Gefäße bei Verletzungen verantwortlich sind.

Die Anzahl der Thrombozyten lässt sich anhand eines kleinen Blutbildes bestimmen und kann gelegentlich vermindert sein. Hat der Wert der Thrombozyten im Blut den Normwert unterschritten, so spricht man von einer Thrombozytopenie oder Thrombopenie. Die Ursachen dafür können sehr verschieden sein. Zum einen kann der Mangel an Thrombozyten im Blut dadurch entstehen, dass nicht genügend neue Thrombozyten vom Körper gebildet werden oder die vorhandenen Thrombozyten werden vermehrt abgebaut.

Ist die Anzahl der Thrombozyten nur etwas geringer als der Normwert, so kann es meist gut vom menschlichen Körper toleriert und ausgeglichen werden, solange keine weiteren Erkrankungen vorliegen. Ist die Anzahl der Thrombozyten jedoch weit unter den Normwert gesunken, so kann dies selbst bei kleinen Verletzungen zu starken Blutungen führen.

Die Ursachen

Eine verringerte Anzahl von Thrombozyten im Blut kann viele verschiedene Ursachen haben. In der Regel ist der Mangel auf eine gestörte Bildung neuer Thrombozyten oder einen vermehrten Abbau dieser zurückzuführen. 

Eine eingeschränkte Bildung von Thrombozyten kann zum Beispiel durch eine angeborene Störung entstehen und wird meist schon im jungen Alter diagnostiziert. Die Bildungsstörungen können sich jedoch auch im Laufe des Lebens entwickeln. Grund dafür kann unter anderem eine Knochenmarkserkrankung, wie zum Beispiel eine Leukämie sein oder auch Knochenmarksschäden, die durch Medikamente, toxische Stoffe, Bestrahlung oder Tumoren entstehen. Auch ein Mangel an Vitamin B12 oder Folsäure kann verantwortlich dafür sein, dass die Anzahl der Thrombozyten im Blut sinkt, da diese wichtigen Nährstoffe bei einem Mangel nicht mehr für die Bildung der Thrombozyten zur Verfügung stehen. 

Ist für den Mangel der Thrombozyten ein vermehrter Abbau verantwortlich, so kann die Ursache zum Beispiel eine Gerinnungsaktivierung oder eine Reaktion mit Antikörpern sein. Auch eine mechanische Schädigung der Thrombozyten durch künstliche Herzklappen zum Beispiel kann eine Ursache für einen vermehrten Abbau der Thrombozyten darstellen.

Eine Pseudothrombozytopenie liegt dann vor, wenn die Thrombozyten fälschlicherweise in der Laborprobe zu niedrig gemessen werden, im Patienten jedoch in normaler Anzahl vorliegen.

Informieren Sie sich hier rund über das Thema: Die Ursachen einer Thrombozytopenie.

Die Chemotherapie als Ursache

Unter einer Chemotherapie versteht man eine Behandlung mit sogenannten Zytostatika (=zelltötende Mittel). Diese Zytostatika sind chemische Substanzen, die besonders die krankhaft veränderten Zellen abtöten sollen. Auch eine physikalische Bestrahlung, sogenannte Radiotherapie oder Hormontherapie soll dem Zweck dienen, krankhafte Zellen zum Absterben zu bringen.

All diese Behandlungen können leider als Nebenwirkung auch ein Absterben gesunder Zellen induzieren. Dies kann unter anderem auch Blutbestandteile, wie die Thrombozyten betreffen. Da die Thrombozyten für die Blutgerinnung zuständig sind, kann sich ein Abfall der Thrombozyten darin zeigen, dass selbst kleinste Verletzungen zu einer großen Blutung führen. Deshalb wird die Anzahl der Thrombozyten während der Chemotherapie in regelmäßigen Abständen gemessen und kontrolliert.

Erfahren Sie hier mehr über die Nebenwirkungen einer Chemotherapie.

Die HIT als Ursache

Die Abkürzung HIT steht für die Heparin-induzierte Thrombozytopenie. Nehmen Patienten das Medikament Heparin ein, so kann es durch verschiedene Reaktionen im Körper zu einem Abfall der Thrombozyten kommen. Man spricht von einer HIT, wenn die Anzahl der Thrombozyten auf weniger als 50% des Ausgangswertes, vor Beginn der Therapie mit dem Medikament, gesunken ist.

Man unterscheidet zwei Typen, HIT-Typ 1 und HIT-Typ 2. Bei der HIT-Typ 1 handelt es sich in der Regel um die relativ harmlose Verlaufsform, da die Thrombozyten lediglich mit dem Medikament Heparin direkt reagieren. Die klinisch ungünstigere Form ist die HIT-Typ 2. Bei diesem Typ kommt es zur Ausbildung von Antikörpern im Körper und dadurch zu einer Verklumpung von Thrombozyten. Diese Verklumpung kann zum Beispiel zu einer Thrombose führen.

Da grundsätzlich immer die Gefahr einer HIT bei Patienten mit Heparin besteht, sollte vor Beginn der Therapie ein Ausgangwert der Thrombozyten bestimmt werden und dieser anschließend in regelmäßigen Abständen kontrolliert.

Lesen Sie hier mehr zu diesem Thema: Die Heparin-induzierte Thrombozytopenie.

 

Der Morbus Werlhof als Ursache

Bei einem Morbus Werlhof, auch als Werlhof-Krankheit bezeichnet, handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der sich Antikörper des menschlichen Körpers gegen die eigenen Thrombozyten richten. Binden die gebildeten Antikörper an die körpereigenen Thrombozyten, so werden diese in der Milz abgebaut. Dadurch kommt es zu einem Mangel der Thrombozyten im Blut. Die Thrombozyten können ihre Aufgabe der Blutgerinnung nicht mehr so gut ausführen und es kann zu einer Blutungsneigung kommen.

Die Ursache des Morbus Werlhof ist bisher ungeklärt, Symptome werden häufig bei Patienten nach einer Virusinfektion der oberen Atemwege festgestellt, weshalb diese als mögliche Ursache diskutiert wird. Die Schwere der Erkrankung kann sehr unterschiedlich ausgeprägt sein und manchmal auch ganz ohne klinische Symptome verlaufen.

Weitere Informationen finden Sie unter: Der Morbus Werlhof.

Die Symptome

Die Symptome eines Thrombozytenmangels können sehr vielfältig sein. Hinweisend für eine erniedrigte Anzahl der Thrombozyten kann zum Beispiel eine verlängerte Blutungszeit sein. Auch viele und sehr ausgeprägte Hämatome (‚blaue Flecken‘) nach harmlosen Verletzungen können darauf hinweisen.

Treten Blutungen in inneren Organen auf, welche durch den Mangel an Thrombozyten nicht gestillt werden können, so können als Symptome blutiger Stuhlgang oder Urin auftreten. Auch Petechien (kleinste Einblutungen der Haut) sind ein Hinweis für einen Thrombozytenmangel. Diese sind meist an Armen und Beinen zu finden und zeigen sich als kleinste, rote, verstreute Pünktchen. Charakteristisch für diese Petechien ist, dass sie sich nicht durch Druck mit dem Finger wegdrücken lassen.

Die Blutungen

Da Thrombozyten die Funktion der Gerinnung des Blutes im Körper übernehmen, stellt ein Mangel dieser Blutbestandteile häufig ein Risiko für Blutungen dar. Je deutlicher der Mangel ausgeprägt ist, desto stärker sind meist die Blutungen. Diese können, bei einem ausgeprägtem Mangel der Thrombozyten, schon durch kleinste Verletzungen der Haut oder Schleimhäute entstehen. Auch Verletzungen der inneren Organe können zu starken inneren Blutungen führen. Blutungen sollten in jedem Fall möglichst schnell gestoppt werden, da ein größerer Verlust von Blut zu einem lebensbedrohlichen Zustand führen kann.

Wie stoppt man eine Blutung am schnellsten? Erfahren Sie hier mehr.

Die Petechien

Als Petechien bezeichnet man kleinste Einblutungen der Haut oder Schleimhaut, die durch einen Mangel an Thrombozyten entstehen können. Sie zeichnen sich als rote, punktförmige Einblutungen aus und besitzen etwa die Größe eines Stecknadelkopfes. Sie treten nicht vereinzelt auf, sondern in größeren Gruppen. 

Die Unterschenkel und Knöchel sind meist zuerst von Petechien betroffen. Stellen, an denen sie sonst häufig auftreten, sind auch die Schleimhäute oder der Kopf. Auch die Unterarme und der Rumpf können betroffen sein. Als ein typisches Merkmal der Petechien gilt, dass sie nicht durch Druck mit dem Finger wegdrückbar sind.

Die Folgen

Die Folgen einer verringerten Anzahl an Thrombozyten können ganz unterschiedlich ausgeprägt sein. Allgemein ist zu unterscheiden, wie stark die Anzahl der Thrombozyten vom Normwert abweicht. Auch der Zeitraum, in dem sich die Anzahl der Thrombozyten im Blut verringert hat, ist für die Folgen bedeutend.

Sind die Werte nur etwas erniedrigt, im Vergleich zum Normwert, so verläuft es meist ohne klinische Symptome für den Patienten. Ist die Anzahl der Thrombozyten jedoch deutlich reduziert, so kann es dazu führen, dass selbst harmlose Verletzungen, zum Beispiel der Haut, zu größeren Blutungen führen können. Das kann man häufig an Hämatomen (=blaue Flecken‘) erkennen. Diese sind dann meist sehr groß und deutlich ausgeprägt.

Auch Petechien (=kleinste Einblutungen) können zum Beispiel an den Beinen und Armen auftreten. Diese Petechien erscheinen als kleine, nebeneinander gehäufte rote Pünktchen, die sich nicht durch Druck mit dem Finger wegdrücken lassen. Auch Zahnfleischbluten oder Nasenbluten kann häufiger auftreten. Selbst die kleinsten Verletzungen, die zum Beispiel durch das Putzen mit der Zahnbürste oder das Schnäuzen der Nase verursacht werden, können ausreichen, um eine Blutung zu verursachen.

Schwarzer Stuhlgang oder blutiger Urin können ein Hinweis darauf sein, dass innere Blutungen vorliegen.

Die Laborwerte

Die Anzahl der Thrombozyten wird durch ein kleines Blutbild bestimmt. Dafür wird eine Blutprobe entnommen und die Thrombozytenzahl pro µl Blut gemessen. Normwerte liegen im Bereich von 150.000 - 380.000 Thrombozyten pro µl Blut. Dieser Bereich, in dem die Normwerte liegen sollten, gilt sowohl für Frauen wie auch Männer.

Liegt der Laborwert zwischen 100.000 - 150.000 Thrombozyten pro µl Blut, so hat dies meist keine klinischen Symptome zufolge. Ist der Laborwert kleiner als 100.000 Thrombozyten pro µl Blut, zeigen sich häufig Symptome in Form einer verlängerten Blutungszeit, Spontanblutungen oder kleinste Einblutungen die gehäuft an Armen und Beinen auftreten.

Die Behandlung

Die Behandlung einer verringerten Anzahl an Thrombozyten richtet sich ganz nach der Ursache und der Schwere der Erkrankung.

Bei einem gering ausgeprägten Mangel an Thrombozyten im Blut braucht es häufig gar keiner weiteren Behandlung, da sich dieser Zustand meist durch die körpereigenen Prozesse wieder normalisiert.

Liegt der Grund für den Thrombozytenmangel an einer geringeren Neubildung von Thrombozyten oder an einem erhöhten Abbau der Thrombozyten, so sollte zuerst diese Ursache behoben werden. Die Therapien sind hier je nach Grunderkrankung sehr verschieden. Werden blutverdünnende Medikamente eingenommen, so werden diese häufig erstmal abgesetzt, damit die Blutgerinnung sich etwas verbessert. Werden keine Medikamente eingenommen oder der Mangel an Thrombozyten ist sehr akut und stark ausgeprägt, so sollte dieser Blutverlust schnellstmöglich ausgeglichen werden. Es kann eine Gabe von Blutkonserven erfolgen. Die Gabe eines Thrombozytenkonzentrat kann die Gerinnung des Blutes wieder deutlich verbessern. Bei einer Verletzung kann die Blutung schneller gestillt werden und es kommt zu einem geringeren Blutverlust. Auch die gleichzeitige Gabe eines Erythrozytenkonzentrates kann erfolgen, da diese die Gerinnung des Blutes im Körper, zusätzlich zu dem Thrombozytenkonzentrat, verbessern kann.

Informieren Sie sich hier rund über das Thema: Die Bluttransfusion.

Die Dauer und Prognose

Ein Mangel an Thrombozyten kann sich je nach Ursache in seiner Dauer sehr stark unterscheiden. Wichtig ist, dass der ursächliche Faktor behoben wird und die Bildung neuer Thrombozyten normalisiert abläuft. Ist der Thrombozytenmangel nur über einen kurzen Zeitraum ausgeprägt und geht mit keinen weiteren klinischen Symptomen einher, so ist mit keinen Folgeschäden zu rechnen.
Ist die Bildung der Thrombozyten weiterhin eingeschränkt, so sollten diese bei starkem Mangel durch Thrombozytenkonzentrate ersetzt werden, da sonst das Risiko von lebensbedrohlichen Blutungen besteht.

Der Krankheitsverlauf

Der Krankheitsverlauf eines Patienten mit niedrigen Thrombozyten kann von klinisch unauffällig zu lebensbedrohlich verlaufen. Sinkt die Zahl der Thrombozyten, so kann sich das durch eine immer weiter zunehmende Blutungszeit darstellen. Die Größe der Verletzungen, die zu einer Blutung führen, wird immer kleiner. Verletzungen, die sonst harmlos wären, können zu einer unstillbaren Blutung und großen Blutverlust führen.

Es kann zu Petechien, kleinsten Einblutungen der Gefäße kommen oder auch Spontanblutungen. Stehen diese mit einem großen Verlust von Blut in Verbindung, so kann es einen lebensbedrohlichen Zustand darstellen.

Ab wann wird es gefährlich?

Grundsätzlich ist für die Prognose bei einem Thrombozytenmangel wichtig, welche Symptome der Patient zeigt. Meist kann eine geringe Verminderung der Werte gut vom menschlichen Körper toleriert und ausgeglichen werden. Treten jedoch deutlich verlängerte Blutungszeiten bis hin zu Spontanblutungen auf, so kann es für den Patienten einen lebensbedrohlichen Zustand bedeuten.

Durch die verringerte Anzahl der Thrombozyten funktioniert die körpereigene Blutgerinnung nicht oder nicht mehr so gut und die Blutung kann nicht mehr einwandfrei gestillt werden. Besonders bei größeren Blutungen, die auch innere Organe betreffen können, sollte unbedingt ein Arzt konsultiert werden. Symptome, die auf eine innere Blutung hindeuten, könnten blutiger oder schwarzer Stuhlgang und blutiger Urin sein.

Lesen Sie auch den Artikel: Die Magen-Darm-Blutung.

Kann das auch Krebs sein?

Wird ein Thrombozytenmangel diagnostiziert, so kommt unter anderem auch eine Leukämie als Ursache in Frage. Eine Leukämie bezeichnet eine Erkrankung des Blutes oder blutbildenden Systems. Sie gehört im weiteren Sinne zu den Krebserkrankungen und wird im Volksmund häufig als (weißer) Blutkrebs bezeichnet. Bei der Erkrankung handelt es sich um eine vermehrte Bildung von bestimmten Blutzellen im Knochenmark. Auch Thrombozyten werden im Knochenmark durch Vorläuferzellen gebildet. Findet nun eine vermehrte Bildung anderer Zellen statt, so geht die Neubildung von Thrombozyten häufig zurück. Als Folge, können diese im Blut zu niedrig sein. 

Auch ein Tumor, der von einem anderen Gewebe ausgeht und auf das Knochenmark drückt, könnte die Neubildung der Thrombozyten einschränken und zu einer verminderten Anzahl im Blut führen.

Informieren Sie sich hier über Tumorerkrankungen.

Erniedrigte Thrombozyten- und Leukozytenzahl

Ist sowohl die Thrombozytenzahl wie auch die Leukozytenzahl im Blut erniedrigt, so kann das auf mehrere Ursachen zurückzuführen sein. Da beide Zellen im Knochenmark aus Vorläuferzellen gebildet werden, kann die Leukämie (auch als weißer Blutkrebs bezeichnet) eine Ursache darstellen. Es handelt sich um eine Erkrankung, welche die Funktion des Knochenmarks einschränkt und somit zu einer gestörten Bildung der Blutbestandteile führen kann.

Auch Chemotherapien und Bestrahlungen schädigen das Knochenmark und können so zu einer Verminderung beider Blutbestandteile führen. Ein vermehrter Abbau von Thrombozyten und Leukozyten kann ebenfalls eine Ursache darstellen. Grund dafür könnte zum Beispiel eine Überfunktion der Milz sein.

Lesen Sie auch den Artikel: Die Leukämie.

Weiterführende Information

Nähere Information zu diesem Thema finden Sie unter:

Eine Übersicht aller Themen der Inneren Medizin finden Sie unter: Innere Medizin A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 04.12.2019 - Letzte Änderung: 18.09.2024