Entzündung der Nebenhoden

Eine Entzündung des Nebenhodens wird auch als Epididymitis bezeichnet. Es gibt sowohl eine akute Form der Nebenhodenentzündung und eine chronische Form. Die akute Entzündung kommt häufiger vor und stellt einen urologischen Notfall dar, der einer sofortigen Behandlung bedarf.

Entzündung des Nebenhodens

Die Entzündung des Nebenhodens wird auch Epididymitis genannt.
Sie tritt vor allem im Erwachsenenalter, insbesondere bei Patienten mit Dauerkatheter, auf. In seltenen Fällen können auch Kinder unter 14 Jahren betroffen sein.
Man kann eine akute Form der Nebenhodenentzündung von einer chronischen Form unterscheiden. Die akute Entzündung ist die häufigste Erkrankung des Nebenhodens und stellt einen Notfall der Urologie dar, der einer sofortigen Behandlung bedarf. Die chronische Form kann sich aus einer akuten Entzündung entwickeln und dauert mindestens 6 Wochen an.
Ist der Hoden zusätzlich von der Entzündung mitbetroffen spricht man von einer Epididymoorchitis.

Ursachen einer Entzündung der Nebenhoden

Meistens entsteht die Nebenhodenentzündung durch aufsteigende Bakterien eines bestehenden Harnweginfektes oder der Entzündung der Prostata. Vor allem bei Dauerkatheterträgern oder bei Zustand nach Entfernung der Prostata (Prostatektomie) kann die Nebenhodenentzündung beobachtet werden.
Typische Erreger sind bei sexuell aktiven, jungen Männern vor allem Chlamydien oder Gonokokken, die durch den Geschlechtsverkehr übertragen werden. Bei älteren Patienten über 35 Jahren sind die Auslöser vor allem gramnegative Keime (Escherichia coli, Klebsiellen, Staphylokokken).

Doch nicht nur Bakterien können eine Nebenhodenentzündung auslösen. Auch Pilze oder Viren können zur Entzündung führen. In sehr seltenen Fällen kann auch eine Tuberkulose die Ursache der Entzündung der Nebenhoden sein.
Aber auch Manipulation der Prostata zum Beispiel durch eine Biopsie und andere Eingriffe im Bereich der Harnabflusswege können die Entstehung der Nebenhodenentzündung begünstigen.

Wird im Kindesalter noch vor Beginn der Pubertät eine Entzündung der Nebenhoden festgestellt, muss immer eine Fehlbildung der Harnwege ausgeschlossen werden, da dies eine häufige Ursache darstellt.
Dabei kann es sich zum Beispiel um vorliegende Harnröhrenklappen handeln, die die Harnröhre verschließen. In der Blase sammelt sich dann Restharn an, der einen aufsteigenden Infekt und so auch eine Nebenhodenentzündung auslösen kann.
Eine weitere Fehlbildung wäre eine falsche Mündung des Harnleiters (Ureter). Statt in die Harnblase kann der Harnleiter dabei zum Beispiel in die Samenwege des Mannes münden. Bis zur Pubertät können die Jungen keine Symptome zeigen, danach bilden sich meist wiederkehrende Entzündungen von Nebenhoden oder Prostata aus.

Lesen Sie mehr über die Ursachen für eine Nebenhodenentzündung.

Entzündung des Nebenhodens nach Vasektomie

Unter der Vasektomie versteht man die Durchtrennung der Samenleiter, es handelt sich um eine Verhütungsmethode, die im Volksmund auch unter Sterilisation bekannt ist. Im Rahmen der Vasektomie können verschiedene Komplikationen auftreten. Mit am häufigsten (bei bis zu 6% der Patienten) kommt es nach der Sterilisation zu einer Entzündung der Nebenhoden. Die gebildeten Spermien können nach der Durchtrennung der Samenleiter nicht mehr in das Ejakulat gelangen. Stattdessen werden die gebildeten Spermien im Nebenhoden abgebaut. Ist nun die Anzahl der gebildeten Spermien höher, als über den Nebenhoden entsorgt werden können, kann es zur Entzündung kommen.

Symptome bei einer Entzündung der Nebenhoden

Die Entzündung des Nebenhodens beginnt mit plötzlich auftretenden Schmerzen im Bereich des Nebenhodens, der bis in die Leistenregion ausstrahlen kann. Der Schmerz ist durch Druck und Anfassen des Hodens auslösbar. Typischerweise reduziert sich der Schmerz beim Hochheben des Hodens (positives Prehn-Zeichen).
Zusätzlich kommt es zu einer starken Schwellung und Rötung des Nebenhodens, der dann nur noch schwer vom Hoden abgegrenzt werden kann. Der Bereich des Nebenhodens schmerzt beim Anfassen und auf Druck.
Weiterhin können Fieber, Schüttelfrost und Probleme beim Wasserlassen hinzukommen.

Erfahren Sie, was hinter geschwollenen Nebenhoden steckt.

Bei ungefähr 15% kann es nach einer akut aufgetretenen Entzündung zu einer chronischen Entzündung kommen. Dabei bildet sich eine bleibende, schmerzhafte Schwellung des Nebenhodens aus. Weitere Komplikationen sind bei circa 5% der Betroffenen die Bildung eines Abszesses mit Übergreifen der Entzündung auf den Hoden (Epididymoorchitis).

Erhalten Sie weitere Informationen über die Symptomen einer Nebenhodenentzündung.

Wichtige Differentialdiagnose bei Kindern und jungen Männern ist die Verdrehung des Hodens um seine versorgenden Gefäße (Hodentorsion). Wird diese nicht erkannt kann ein Absterben des betroffenen Hodens drohen. In diesem Fall treten die Schmerzen extrem schnell und plötzlich ein, der Hoden zeigt einen Hochstand und keine Abnahme des Schmerzes bei Anheben des Hodens (negatives Prehn-Zeichen). Es liegt kein Fieber vor und der Urin ist unauffällig. Bei der Hodentorsion handelt es sich um einen Notfall, der sofortiger Behandlung bedarf.

Diagnose einer Nebenhodenentzündung

Das wichtigste Verfahren zur Erkennung der Entzündung des Nebenhodens ist der Ultraschall des Hodens und der benachbarten Strukturen (Sonographie). Dabei sieht man einen vergrößerten Nebenhoden und in der speziellen Dopplerultraschalluntersuchung, mit der besonders gut die Durchblutung dargestellt werden kann, eine gesteigerte Durchblutung des Nebenhodens. Eine Abszessbildung oder eine Verdrehung des Hodens (Hodentorsion) kann schon per Ultraschall ausgeschlossen werden. Außerdem kann diese Untersuchung auch zur Verlaufskontrolle der Entzündung genutzt werden.

In einer abgegeben Urinprobe findet sich eine erhöhte Zahl an weißen Blutkörperchen (Leukozyten), selten kann auch der Erreger im Urin nachgewiesen werden. Über das Anlegen einer Urinkultur kann eine Erreger- und Resistenzbestimmung erfolgen. Dies ist wichtig, um die richtigen Antibiotika für die Therapie auszuwählen. Besteht der Verdacht der Ursache durch eine sexuell übertragbare Krankheit, kann der Erreger durch einen Abstrich der Harnröhre gefunden werden.

Sollten trotz aller durchgeführten Diagnostikverfahren Zweifel am Bestehen einer Nebenhodenentzündung vorliegen, muss der Hoden und der Nebenhoden zum Ausschluss einer Verdrehung des Hodens (Hodentorsion) operativ freigelegt werden!

Therapie einer Entzündung der Nebenhoden

Zur Therapie der Entzündung werden Antibiotika je nach vorliegendem Erreger und Resistenzlage gegeben. Die Therapie sollte sofort begonnen werden, daher ist bei Verdacht auf eine Entzündung eine schnell Vorstellung bei einem Arzt wichtig.

Weiterhin können Schmerzmittel, wie Diclofenac, gegen die Schmerzen helfen. Sind die Schmerzen sehr stark kann auch ein Lokalanästhetikum gespritzt werden, um die Schmerzen zu lindern.

Außerdem ist Bettruhe mit Hochlagerung des Hodens bis zum Abklingen der akuten Entzündung wichtig. Auf körperliche Anstrengung und Sport sollte verzichtet werden. Durch die Hochlagerung wird ein Zugschmerz verhindert und der Abfluss der Lymphwege erleichtert. Darüber hinaus können auch kalte Umschläge um den betroffenen Hoden Linderung verschaffen.

Ist die Diagnose nur unsicher oder fehlt ein Ansprechen auf die Therapie muss der Hoden eventuell im Rahmen einer Operation freigelegt werden. Dabei können eine Säuberung der Wunde und die Spaltung eines eventuell vorliegenden Abszesses erfolgen.
Bei Kindern kann bei unsicherer Diagnose durch die sofortige Freilegung eine Hodendrehung ausgeschlossen und behoben werden.
Sollte die Entzündung trotz Behandlung nicht abklingen oder eine chronische Form vorliegen kann auch eine operative Entfernung des Nebenhodens (Epididymektomie) oder eine Durchtrennung der Samenleiter (Vasektomie) nötig werden.
Ist der Hoden von der Entzündung mitbetroffen oder hat sich ein Abszess gebildet, kann es in schweren Fällen sogar zur Mitentfernung des Hodens (Orchiektomie) kommen.

Therapie mit Naturheilmitteln, Hausmitteln & Homöopathie

Eine Antibiotikatherapie ist in jedem Fall wichtig und indiziert. Pflanzliche und homöopathische Mittel können aber zusätzlich helfen, um den Verlauf der Entzündung zu verkürzen oder die Schmerzen zu lindern. Dabei können zum Beispiel Moorpackungen empfohlen werden. Auch eine Behandlung mit Blutegeln, die auf den betroffenen Nebenhoden aufgesetzt werden, kann Linderung verschaffen.
Als homöopathische Substanzen können zusätzlich Aurumpräparate gegeben werden. Dabei werden meist Aurum chloratum natronat, Aurum colloidale, Aurum jodatum oder Aurum metallicum empfohlen. Diese homöopathischen Substanzen können vor allem bei chronisch und immer wiederkehrenden Hodenentzündungen zusätzlich zur gezielten Antibiotikatherapie hilfreich sein. Dabei sollte aber auf eine geringe Dosierung sowie die Verwendung von nur einem Präparat geachtet werden.

Prognose

Die Schwellung des Nebenhodens nach der Entzündung kann noch einige Wochen bestehen bleiben. Bei resistenzgerechter Antibiotikatherapie, die auf den Erreger abgestimmt ist, kann die Entzündung jedoch gut behandelt werden. Vor allem jungen Männern wird geraten sich bei passenden Symptomen schnell bei einem Arzt vorzustellen, um andere Krankheiten und die gefährliche Hodentorsion ausschließen zu können. Eine gute Therapie der Nebenhodenentzündung ist wichtig, damit diese nicht wiederkehrt und eventuell in eine chronische Entzündung übergeht. Im Rahmen der chronischen Form kann die Verklebung der Samenleiter und damit einhergehende Unfruchtbarkeit drohen.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 12.11.2015 - Letzte Änderung: 22.10.2021