Der Hodenhochstand ist eine Erkrankung die meist im Säuglingsalter auftritt. Wird der Hodenhochstand rechtzeitig therapiert, entstehen selten Folgeerkrankungen. Mögliche Folgen wären Unfruchtbarkeit bis hin zum Hodenkrebs.
Ein Hodenhochstand (auch Maldescensus testis, Hodendystopie genannt), bezeichnet einen nicht im Hodensack befindlichen Hoden. Ursache für diese Fehlentwicklung sind meist hormonelle Fehler während der Embryonalphase. Folge eines solchen Hochstandes kann ein erhöhtes Risiko für Hodentumore und Infertilität sein.
Direkt nach der Geburt sind ca. 3-6% der neugeborenen Jungen von einem Hodenhochstand betroffen. Da sich diese Fehllage spontan zurückbilden kann, sind am Ende des ersten Lebensjahres nur noch ca. 0,8 bis 1,8% der Jungen betroffen. Da sich die Hoden im Laufe der Embryonalentwicklung absenken und in den Hodensack wandern, ist ein Hodenhochstand bei Frühgeborenen sehr viel häufiger als bei Reifgeborenen und hat bis zum Abschluss des korrigierten ersten Lebensjahres keinen Krankheitswert.
Untersuchungen haben gezeigt, dass Atrophien der Leydig- Zellen (Testosteron- produzierend) und die Konzentration der Gonadotropine eine wichtige Rolle in der Entwicklungsphase des Hodenabstiegs darstellen.
Im Alter von 2- 3 Monaten kommt es in der Regel zu einem Anstieg der Gonadotropine und des Testosterons. Dies bewirkt eine Transformation in den Hoden von Gonozyten zu den adult- dark Spermatogonien (adulter Stammzellpool). Atrophien dieser Zellen führen zu einer verringerten Testosteronproduktion und damit zu einem verschobenen Hormonspiegel. Damit stellt der Hodenhochstand eine Endokrinopathie dar und kann unter anderem durch Gabe entsprechender Hormone therapiert werden.
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Der Hodenhochstand lässt sich in verschiedene Formen unterteilen, abhängig von der Lage des Hodens.
Die Kinder haben keinerlei Symptome des Hodenhochstandes solange die Langzeitfolgen noch nicht eingetreten sind. Einziges Symptom ist der nicht tast-oder sichtbare Hoden, der oft der Mutter beim wickeln auffällt und zum Arzt führt. Auch die Langzeitfolgen des Hodenhochstandes sind nicht direkt spürbar. Eine Infertilität fällt erst auf, wenn der betroffene Mann Kinderwunsch hat. Ein Tumor des Hodens ist oft schmerzlos sondern nur durch einen verdickten Hoden tastbar. Allerdings sollte das Ziel sein, diese Folgen nicht aufkommen zu lassen, sondern den Hodenhochstand im Kleinkindalter zu behandeln.
Die Diagnosestellung des Hodenhochstandes ist in der Regel problemlos, da ein leerer Hodensack deutlich tastbar ist. Eine solche Tastuntersuchung wird bei allen männlichen Neugeborenen bei den anfänglichen Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt und verursacht keinerlei Schmerzen am Hoden. Probleme bei der Diagnosestellung können der Gleit- und der Pendelhoden darstellen, da in einigen Fällen der Hoden tastbar ist. Hierbei hat sich ein Elternprotokoll über die Hodenlage bewährt.
Eine Verfolgung der Hodenabsenkung kann durch einen regelmäßigen Ultraschall des Hodens erfolgen.
Sofern eine Therapie des Hodenhochstand nötig ist, sollte sie bestmöglich bis zum Ende des zweiten Lebensjahres abgeschlossen sein um mögliche Folgeerkrankungen zu vermeiden. Die Therapie des Maldescensus testis beginnt meistens im ersten Lebensjahr. Bis zum Ende des ersten Lebensjahres besteht oft noch die Möglichkeit eines spontanen Abstiegs, deswegen wird zum Teil noch länger abgewartet bis eine Therapie eingeleitet wird. Zur eigentlichen Therapie des Hodenhochstands gibt es zunächst die Möglichkeit der Hormonbehandlung. Zum einen kann den Säuglingen ein hormonhaltiges Nasenspray (LH-RH- Nasenspray) appliziert werden.
Dies kann ab dem 3. Lebensmonat einmal täglich über 28 Tage gegeben werden. Alternativ hierzu ist eine intramuskuläre Applikation von humanem Choriongonadotropin (HCG) wöchentlich über einen Zeitraum von 4 Wochen zu geben. Führt diese Hormonbehandlung nicht zu einem Abstieg des Hodens ist eine Operation notwendig, die sog. Operative Orchidopexie. Dabei wird der Hoden am Skrotum fixiert, sodass er nicht mehr in den Leistenkanal rutschen kann. Diese sollte zwischen dem 9. und 18. Lebensmonat stattfinden und bis zum Ende des zweiten Lebensjahres abgeschlossen sein. Eine Ausnahme von diesen Therapien stellt der Pendelhoden dar. Dieser bedarf keiner Therapie, wenn die Hodenlage überwiegt.
Bei Fehlen der Hoden aufgrund eines Hodenhochstands können auch Hodenimplantate eingesetzt werden. Lesen Sie mehr dazu unter: Hodenimplantate - Warum sind diese so beliebt?
Mit Abschluss des zweiten Lebensjahres manifestieren sich Langzeitfolgen einer Hodenfehllage. Hierbei handelt es sich um eine Abnahme der Spermatogonienzahl, zudem verdickt sich das Bindegewebe im Hoden. Sind beide Hoden von einer Fehllage betroffen liegt das Risiko für eine spätere Infertilität bei 73 bis 100%.
Dies ist der Grund für die möglichst frühe Therapie vor Abschluss des zweiten Lebensjahres. Zum anderen liegt das Risiko für die Entwicklung eines Hodenkrebs 5 mal höher als bei normal entwickelten Hoden, ca. 10% aller Hodentumore entstehen in einem fehlentwickelten Hoden. Entscheidene Faktoren für eine Entartung sind die abnormale Hormonlage, der Zelluntergang im Hoden (Hodenatrophie) und die anlagebedingte Fehlentwicklung des Hodens (Dysgenesie). Ein noch mal um das 4- fache erhöhtes Risiko haben Männer mit einem abdominal (im Bauchraum) liegenden Hoden.
Der Hodenhochstand ist ein relativ häufiges Krankheitsbild bei männlichen Säuglingen der sich in verschiedenen Formen manifestieren kann. Dabei ist der Pendelhoden oft nicht therapiebedürftig, während die anderen Formen des Hochstandes dringend und frühzeitig therapiert werden sollten. Der Hodenhochstand ist im Säuglingsalter ein leicht zu erkennendes und einfach zu therapierendes Krankheitsbild. Aufgrund der zum Teil fatalen Folgen eines nicht behandelten Hodenhochstandes im Erwachsenenalter ist jedoch eine frühzeitige und erfolgreiche Therapie unerlässlich.
Wird die Therapie rechtzeitig und korrekt durchgeführt, haben die Kinder im Anschluss keinerlei Folgen oder Probleme. Auch die Operation des Hodenhochstandes ist heutzutage ein standardisiertes Verfahren, welches in aller Regel problemlos und auch optisch nicht erkennbar durchgeführt wird.
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