Kryptorchismus ist eine Lageanomalie des Hodens, also eine falsche Positionierung des Hodens im Körper. Dies ist meist der Fall, wenn der Hoden während der Embryonalentwicklung nicht vollständig in den Hodensack abgestiegen ist und im Bauchraum verblieben ist.
Hinter dem kompliziert anmutenden Begriff „Kryptorchismus“ verbirgt sich eine Lageanomalie des Hodens, also eine falsche Positionierung des Hodens im Körper. Ursprünglich beschreibt der „Kryptorchismus“ einen nicht auffindbaren Hoden. Dies ist meist der Fall, wenn der Hoden während der Embryonalentwicklung nicht vollständig in den Hodensack abgestiegen ist, und im Bauchraum verblieben ist. In der Praxis hat sich unter dem Begriff Kryptorchismus allerdings eine Bezeichnung für allen möglichen Lageanomalien des Hodens durchgesetzt. Man unterscheidet nämlich verschiedene Formen des Hodenhochstandes und zusätzlich noch verschiedene Formen der „Hodenektopie“. Während ein Hodenhochstand – wie der Name schon vermuten lässt – einen unvollständigen Abstieg des Hodens aus den Bauchraum beschreibt, bezeichnet die Hodenektopie eine Abweichung vom richtigen Abstiegsweg. So steigt der Hoden bei einer Hodenektopie also beispielsweise regelrecht ab, kommt dann aber unter der Haut des Oberschenkels zum Liegen.
Man unterscheidet zwei große Formen bei Lageanomalien des Hodens :
Die Anlage des Hodens erfolgt ursprünglich im Bauchraum, erst ab der embryonalen Phase bis hin zum vollendeten zweiten Lebensjahr, kommt es zum Abstieg des Hodens in den Hodensack. Ein Nicht-Abstieg des Hodens wird als Hodenhochstand bezeichnet. Davon gibt es wiederum verschiedene Formen – je nach dem Ort, an dem der Hoden seinen Abstieg beendet hat. Ein Leistenhoden beschreibt beispielsweise einen Hoden, der im Leistenkanal verblieben ist.
Als Gleithoden wird ein Hoden bezeichnet, der sich durch äußerlichen Druck zwischen Hodensack und Leistenkanal verschieben lässt. Seine ursprüngliche Position ist auch hier der Leistenkanal.
Beim Pendelhoden findet man dasselbe Phänomen wie bei Gleithoden, nur dass die Lageänderung nicht durch äußerlichen Druck, sondern beispielsweise durch sexuelle Erreger erfolgt.
Die letzte Unterform des Hodenhochstandes ist der Kryptorchismus. Wie eingangs erwähnt, stellt der Kryptorchismus eine Sonderrolle dar, da er eigentlich eine Unterform bildet, in der urologischen Praxis allerdings synonym für alle Formen der Hodenfehlanlage verwendet wird. Im ursprünglichen Sinne beschreibt er einen verborgenen (griechisch „kryptos“) Hoden, der sich in der Regel im Bauchraum findet. Er stellt damit ebenso eine Form des Hodenhochstandes dar.
Der Begriff –ektopie stammt aus dem griechischen von „ektos“ (außen) und „topos“ (der Ort). Eine Hodenektopie ist demnach eine „Außerörtlichkeit“ des Hodens. Damit ist an sich noch nicht viel gesagt, denn eine „Außerörtlichkeit“ kann ja prinzipiell alles Mögliche sein. Daher unterscheidet man bei der Hodenektopie wiederum mehrere Formen.
Bei der „transversen Hodenektopie“ kommt der Hoden im gegenüberliegenden Hodensack zum Liegen. In einem Hodensack befinden sich nun also zwei Hoden, im anderem gar keiner.
Die penile Hodenektopie bezeichnet eine Verlagerung des Hodens in den Gliedschaft, die perineale Hodenektopie eine Verlagerung in den Dammbereich. Schlussendlich kann der Hoden auch im Unterhautgewebe des Oberschenkels zum Liegen kommen, was man als femorale Hodenektopie bezeichnet. All diese Formen werden in der Praxis vereinfachend oft als Kryptorchismus bezeichnet. Ein Kryptorchismus liegt im Umkehrschluss immer dann vor, wenn der Hoden nicht an seiner anatomisch korrekten Stelle im Hodensack liegt.
Für einen Fehlstand des Hodens – oder auch Kryptorchismus – ist eine Fehlentwicklung in der embryonalen Reifung verantwortlich. Während der 28. bis 32. Schwangerschaftswoche tritt der Hoden beidseitig für gewöhnlich seinen Abstieg aus dem Bauchraum in den Hodensack an. Der Bauchraum stellt dabei seinen ursprünglichen Anlageort dar. Während der fetalen und embryonalen Entwicklung wächst der Körper und streckt sich, so dass verschiedene Organe – wie beispielsweise der Hoden – ihre Lage „korrigieren“ müssen. Der Hodenabstieg ist also ein völlig natürlicher Prozess, bei dem es allerdings aus verschiedensten Gründen zu Problemen kommen kann. Sollte der Hoden mit Ende der 32. Schwangerschaftswoche noch nicht vollständig abgestiegen sein, so ist dies nicht unmittelbar behandlungsdürftig. Ein Abstieg kann bis Ende des zweiten Lebensjahres erfolgen.
Die Therapie des Kryptorchismus sollte allgemein bis Ende des zweiten Lebensjahres abgeschlossen sein. Dieser Zeitpunkt wird als Scheidepunkt für die weitere Funktionalität des Hodens gesehen. Besteht ein Kryptorchismus auch nach dem zweiten Lebensjahr, so sind tumoröse Entartungen, und Infertilität wahrscheinlich. Bis zu diesem Zeitpunkt kann allerdings noch abgewartet werden, ob der Hoden von alleine absteigt.
Sollte der Hoden an seinem „falschen Ort“ tastbar sein, so kann eine Therapie auch nach dem dritten Lebensmonat erfolgen. Ein Pendelhoden – also ein Hoden, der sich nur bei sexueller Erregung in Richtung Leistenkanal verschiebt – muss nicht therapiert werden, solange er sich im Normalzustand im Hodensack befindet.
Anders als der Gleithoden, der sich zwischen Leistenkanal und Hodensack verschieben lässt, ist bei einem Pendelhoden keine eingeschränkte Fruchtbarkeit zu erwarten. Für alle anderen Formen des Hodenhochstandes bzw. Kryptorchismus ist eine Therapie indiziert. Diese besteht primär aus einer Hormontherapie mit GnRH. GnRH ist eine Abkürzung für Gonadotropin relasing Hormone, also ein Hormon, welches ein anderes Hormon – nämlich Gonadotropin ausschüttet. Gonadotropin wiederum ist verantwortlich für die sexuelle Entwicklung von männlichen (und weiblichen) Keimdrüsen, und fördert somit das Wachstum, das Gewicht, und den Abstieg des Hodens in den Hodensack. Ein relativ komplizierter Mechanismus, der bei vierwöchiger Behandlung allerdings in gut einem Drittel der Fälle relativ elegant zum Abstieg des Hodens in den Hodensack führt. Elegant deshalb, weil das GnRH ganz einfach als Nasenspray appliziert werden kann und keine Operation notwendig ist.
Sollte sich nach dieser Hormontherapie kein Erfolg einstellen, muss bis zum 18. Lebensmonat jedoch eine operative Fixierung des Hodens im Hodensack erfolgen. Diesen Eingriff nennt man auch „Orchidopexie“.
Eine Hormontherapie ist bei allen Formen der Hodenektopie kontraindiziert. Bei der Hodenektopie ist das Problem schließlich nicht ein Hodenhochstand, der durch Zuschuss von Sexualhormonen bekämpft werden könnte. Viel mehr ist der Hoden weit genug abgestiegen, allerdings an falscher Stelle zum Liegen gekommen. Eine Gabe von GnRH würde in diesem Falle ein weiteres Wachstum am Damm, am Glied oder – je nach Form – am Oberschenkel fördern. In diesen Fällen ist die OP Mittel der ersten Wahl.
Eine Diagnose der Kryptorchismus kann sehr einfach durch Abtasten gestellt werden. Da das Kind noch nicht in der Lage ist, über seine Beschwerden Auskunft zu geben, ist der Arzt auch auf die Beobachtungen der Eltern angewiesen. So lassen sich im Gespräch ebenso Anhaltspunkte für einen etwaigen Kryptorchismus finden. Abgesehen davon steht dem Arzt anhand des Ultraschalles eine kostengünstige und ungefährliche Methode zur Verfügung, die Strukturen im Hodensack zu beurteilen. Dabei wird ein Ultraschallkopf auf den Hodensack aufgelegt, und mit Hilfe von Kontaktgel die Überleitung von Ultraschallwellen in das Hodengewebe ermöglicht. Durch die unterschiedliche Reflexion der Ultraschallwellen, kann der Arzt die Verhältnisse im Hodensack analysieren. Eine Kombination aller drei Verfahren erleichtert die Diagnose eines Kryptorchismus stark.
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