Zurzeit werden Betablocker auch zur Vorbeugung von Migräne eingesetzt, aber nur wenn es sich um schwere, regelmäßige Migräneattacken handelt.
Ein seit neuster Zeit weiteres Einsatzgebiet des Beta-Blockers ist die Migräne. Hier kommen Beta-Blocker zunächst nicht zur direkten Akutbehandlung der Migräne zum Einsatz, sondern zur Vorbeugung. Vor allem bei Patienten , die unter starken und regelmäßigen Migräneattacken leiden, die in regelmäßigen Abständen wiederkehren, sollte eine vorbeugende Behandlung mit Beta-Blocker in Betracht gezogen werden.
Beim Einsatz von Beta-Blockern zur Behandlung bzw. zur Prophylaxe der Migräne macht man sich die vielseitige Wirksamkeit und das Wirkungsprofil der Beta-Blocker zu nutze. Diese wären zum einen die Wirkung, die auch zur Behandlung des Bluthochdruckes und der Herzrhythmusstörungen genutzt werden und sich auf die Herzfrequenzreduktion beziehen. Beta-Blocker reduzieren durch Blockade der Beta-Rezeptoren, die unter anderem auch am Herzmuskel vorhanden sind, das Andocken von Adrenalin an den Rezeptoren. Dies senkt die Herzfrequenz und auch den Blutdruck. Migränepatienten klagen meistens beim Schmerzcharakter über starke pochende Schmerzen, meistens einseitig. Bislang ist dieser Pathomechanismus noch nicht eindeutig geklärt, man vermutet aber eine enge Beziehung zwischen Migräneschmerz und Puls. Oftmals weist der pochende Migräneschmerz eine Pulsynchronisation auf.
Die Idee hinter dem Einsatz des Beta-Blockers ist die Herzfrequenzreduktion. Wenn das Herz langsamer schlägt, werden auch die schmerzenden Impulse langsamer „gesendet“. Auch der Blutdruck hat Auswirkungen auf den Migräneschmerz. So führt ein starker Schmerzreiz im Bereich des Kopfes auch bei nicht Blutdruckpatienten zu einem leichten Anstieg des Blutdruckes (Schmerzreaktion des Körpers). Dies führt wiederum zu einer Verstärkung des Schmerzes.
Ein Teufelskreis beginnt. Obwohl der Blutdruck bei Migränepatienten nicht extrem hoch ist und irgendwann in seinem Anstieg stagniert, wirkt sich eine blutdrucksenkende Behandlung positiv auf die Schmerzempfindung aus. Eine weitere Eigenschaft des Beta-Blockers macht man sich ebenfalls zu nutze. Beta-Blocker wirken ebenfalls über die Blockade von Rezeptoren auf die Reizweiterleitung bestimmter Nerven ein. Diese wird nach der Einnahme von Beta-Blockern reduziert. Hier macht man sich vor allem die verminderte Reizweiterleitung des Schmerzreizes zunutze.
Zum einen sorgt die verminderte Wirkung von Adrenalin (durch blockierte Beta-Rezeptor) zu einer verminderten Schmerzempfindung im Gehirn, zum anderen wird auch die eigentliche Schmerzweiterleitung verlangsamt. Die Schmerzempfindung findet langsamer, verzögerter statt und wird nicht mehr so intensiv wahrgenommen.
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Die Nebenwirkung der Beta-Blocker kann zum einen als unerwünscht und störend betrachtet werden zum anderen auch als Teil der eigentlichen Behandlung. Denn Beta-Blocker können, wenn sie zunächst eingenommen werden auch zu Müdigkeit und zur Beruhigung führen. Patienten, die von Migräneschmerzen geplagt sind, empfinden oftmals diese Art der sedierenden Wirkung als angenehm und entspannend.
Von Nachteil ist die Dosis-Wirkungsbeziehung des Beta- Blockers. Der Körper bildet Beta-Rezeptoren nach, wenn die anderen, die vorhanden sind, regelmäßig blockiert werden. Dies macht er aus diesem Grund, damit die adrenergen Stoffe trotz Blockade einen Rezeptor finden und wirken können. Je mehr Rezeptoren nachgebildet werden, desto geringer ist die Beta-Blocker Wirkung. Man muss, wenn dieser Gewöhnungsprozess eintritt in der Regel die Dosis des Beta-Blockers erhöhen um gleiche Wirkung erzielen zu können. Auch sollte aus diese Grund der Beta-Blocker nicht abrupt abgesetzt werden, weil der Körper sodann mit einer verstärkten Wirkung reagieren würde. Dies würde sich am ehesten durch einen schnellen bis rasenden Puls (sogenannte Tachykardie) und aber auch einer Erhöhung des Blutdruckes bemerkbar machen.
Wichtig ist außerdem genau zu beachten, wie der Puls und der Blutdruck sich unter einer Beta-Rezeptoren-Blockade entwickeln. So muss bei zu niedrigem Blutdruck oder zu niedrigem Puls entsprechend schnell gegengesteuert werden, um eine Kreislaufinstabilität zu vermeiden.
Es gibt zahlreiche Medikamente, die zu den Beta-Blockern gezählt werden. Nicht alle finden ihren Einsatz bei der Migränebehandlung. Dies hat trotz ihres gemeinsamen Aufbaus vor allem mit den unterschiedlichen Bioverfügbarkeiten, also dem Anfluten und Abfluten zu tun. Zur Behandlung einer Migräne, und hier vor allem zur Prophylaxe erneuter Migräneattacken kommen Beta-Blocker, wie Metoprolol und Propanolol zum Einsatz. Beta-Blocker dienen nicht der Akutbehandlung von Migräneattacken. Der Grund liegt darin, dass die Wirkung von neu angesetzten Beta- Blockern erst nach einigen Tagen eintritt und aus diesem Grund für eine Akutbehandlung entfällt. Vor allem, wenn Patienten unter regelmäßigen Migräneattacken leiden, sollte die Anwendung eines Beta-Blockers in Erwägung gezogen werden. Hierzu zählen vor allem sehr schwere Migräneattacken und Migräneanfälle, die mehrmals im Monat auftreten. In diesem Fall sollte nach entsprechender neurologischer Abklärung ein Behandlungsbeginn mit Metoprolol oder Propanolol erfolgen. Zunächst sollte eine Anfangsdosis von 2,5 mg gewählt werden. Beim Ausbleiben des gewünschten Erfolges kann der Beta-Blocker aber auch auf 5 mg hochgesetzt werden. Jede Ein- oder Umstellung des Beta-Blockers sollte unter engmaschiger Kontrolle des Blutdruckes und der Herzfrequenz erfolgen. Kommt es trotz eingesetztem Beta-Blocker zum Auftreten eines Migräneanfalls, sollte das Medikament nicht abgesetzt sondern weiter eingenommen werden.
Die notwendige Dosierung bei Betablockern zur Vorbeugung von Migräneattacken richtet sich vor allem danach, welcher Betablocker verwendet wird. Generell ist eine vergleichsweise hohe Dosierung notwendig, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Zu Beginn der Behandlung ist jedoch eine einschleichende Dosiserhöhung notwendig, um Nebenwirkungen wie Blutdruckabfall und Kreislaufstörungen vorzubeugen.
Bei jedem Präparat gibt es zudem einen unterschiedlichen Dosisbereich, in welchem individuell die am besten geeignetste Dosierung festgelegt werden muss. Bei dem Betablocker Bisoprolol liegt dieser zwischen fünf und zehn Milligramm. Metoprolol zeigt im Bereich von 50 bis 200 Milligramm eine vorbeugende Wirkung von Migräneattacken. Bei Propranolol haben Studien eine Wirksamkeit im Bereich von 40 bis 240 Milligramm nachgewiesen.
Betablocker zählen normalerweise zu den Mitteln der Wahl, wenn eine medikamentöse Prophylaxe von Migräneattacken erfolgen soll. Eine weitere Wirkung von Betablockern ist allerdings, dass sie den Blutdruck senken. Daher ist bei Patienten, die ohnehin schon unter zu niedrigen Blutdruckwerten oder Kreislaufbeschwerden leiden, eher von Betablockern abzuraten.
Es stehen weitere alternative Medikamente zur Vorbeugung von Migräneattacken zur Verfügung, die keinen Einfluss auf den Blutdruck nehmen. Bei Patienten mit normalen Blutdruckwerten muss individuell überlegt werden, ob der Einsatz von Betablockern möglich und sinnvoll ist. Der Arzt wird unter Zusammenschau aller den Patienten betreffenden Faktoren eine Empfehlung abgeben. Gegebenenfalls ist es sinnvoll zu Beginn eine Migräneprophylaxe regelmäßig die Blutdruckwerte zu messen und zu notieren.
Betablocker reduzieren meist die maximale körperliche Leistungsfähigkeit. Insbesondere bei Ausdauer- und Kraftsportarten kann es durch die Einnahme von Betablockern bei Migräne daher zu einer verminderten Leistungsfähigkeit kommen. Diese wird jedoch von jedem Menschen anders empfunden. Da insbesondere Ausdauersport aber sich sehr positiv auf die Migräne auswirkt und auch den Attacken vorbeugt, muss daher individuell überlegt werden, ob der Einsatz von Betablockern sinnvoll ist oder eher hinderlich.
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Die möglichen Nebenwirkungen von Betablockern, die zur Vorbeugung von Migräneattacken eingesetzt werden, entsprechen den allgemeinen Nebenwirkungen dieser Medikamentengruppe.
Aufgrund der blutdrucksenkenden Wirkung der Betablocker kommt es häufig Kreislaufbeschwerden, die sich in Form von Schwindel oder Müdigkeit äußern können. Gelegentlich kann es auch zu einem Abfall der Blutzuckerwerte kommen, sodass bei Diabetikern, die Insulin spritzen, eher keine Betablocker angewendet werden sollten. Selten, aber ebenfalls möglich, ist eine Verengung der Luftwege durch die Betablocker. Patienten mit Asthma oder anderen Lungenerkrankungen sollten daher ebenfalls nicht mit Betablockern behandelt werden. Selten sind außerdemNebenwirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden. Bei Männern kann es in seltenen Fällen durch die Behandlung mit Betablockern zu einer erektilen Dysfunktion - meist als “Impotenz” bezeichnet - kommen.
Betablocker müssen beim Absetzen immer ausgeschlichen, das heißt langsam reduziert, werden. Der dafür notwendige Zeitraum ist unterschiedlich und hängt vor allem von der ursprüngliche Dosis ab. Oft wird der Arzt die Dosis über etwa zwei Wochen schrittweise reduzieren.
Dieses vorsichtige Ausschleichen ist sehr wichtig, da bei einer abrupten Unterbrechung der Medikation ansonsten das Risiko für Herzrhythmusstörungen oder sogar für einen Herzinfarkt ansteigt. Grund dafür ist der sogenannte Rebound-Effekt. Durch die Einnahme der Betablocker wird im ganzen Körper die Anzahl der sogenannten Betarezeptoren erhöht. Durch plötzliches Absetzen der Betablocker kommt es dann zu einem übermäßigen Ansprechen auf die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin mit den genannten Folgen. Durch das Absetzen der vorbeugend eingenommenen Betablocker kann zudem auch eine Migräneattacke ausgelöst werden.
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