Zwerchfellhernie - Ursachen, Therapie und Prognose

Die Zwerchfellhernie

Definition

Bei einer Zwerchfellhernie kommt es zu einem Zustand, bei welchem Teile der Bauchorgane in die Brusthöhle verlagert sind. Generell muss zwischen sogenannten echten Zwerchfellhernien und einem Zwerchfelldefekt unterschieden werden. Der Unterschied besteht darin, dass die Bauchorgane bei einer echten Zwerchfellhernie von einem Bruchsack umgeben sind, während dies bei einem Zwerchfelldefekt nicht der Fall ist.

Eine Zwerchfellhernie entsteht durch eine Schwachstelle im Zwerchfell und kann sowohl angeboren sein als auch im Laufe des Lebens (beispielsweise nach einem Unfall) auftreten. Es existieren eine Reihe typischer Schwachstellen, an denen Zwerchfellhernien besonders häufig auftreten. Häufig sind beispielsweise Hernien, welche durch eine Lücke im hinteren Teil des Zwerchfells einen Weg in die Brusthöhle finden. Diese Lücke wird auch als Bochdalek-Dreieck bezeichnet.
Hernien am rechten Zwerchfell führen häufig durch das sogenannte Morgagni-Loch, während die sogenannte Larrey-Spalte die Durchtrittsstelle auf der linken Seite des Zwerchfells darstellt. Beide Lücken dienen normalerweise als Durchtrittsstelle für Blutgefäße. Auch dort, wo die Speiseröhre oder die Hauptschlagader (Aorta) durch das Zwerchfell ziehen können Teile der Bauchorgane durch das Zwerchfell treten und eine Hernie bilden.

Ursachen für das Auftreten von Zwerchfellhernien

Die Ursachen für das Auftreten von Zwerchfellhernien können unterschiedlich sein. Generell muss zwischen einer angeborenen und einer erworbenen Zwerchfellhernie unterschieden werden.

Angeborene Hernien treten häufig aufgrund einer Entwicklungsstörung des Zwerchfells auf. Wenn es zu einer Störung der Zwerchfellentwicklung des Kindes während der Schwangerschaft kommt, können Bauchorgane schon bei Geburt in der Brusthöhle liegen (Zwerchfellhochstand). Die genaue Ursache, warum es zu einer Fehlentwicklung des Zwerchfells kommt ist in den meisten Fällen unklar. Es konnte jedoch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Zwerchfellhernien bei bestimmten Gendefekten festgestellt werden.

Erworbene Zwerchfellhernien können aufgrund vielfältiger Ursachen auftreten. Besonders nach schweren Unfällen und Verletzungen treten diese Hernien häufig auf. In vielen Fällen ist eine individuelle Schwäche des Zwerchfells zusammen mit anderen Risikofaktoren für die Entstehung der Hernie verantwortlich. So können Hernien bei einer Erhöhung des Bauchinnendruckes, beispielsweise durch Anspannen der Bauchmuskulatur und starkes „Pressen“ beim Stuhlgang entstehen. Ebenfalls kann eine Schwangerschaft sowie starkes Übergewicht das Risiko für die Entstehung einer Zwerchfellhernie erhöhen. Wenn das Zwerchfell durch einen Unfall oder Verletzungen wie Stich- oder Schussverletzungen verletzt wird, ist eine daraus entstehende Hernie ebenfalls möglich.

Zwerchfellhernie beim Säugling

Zwerchfellhernien, welche beim Säugling auftreten, werden auch als angeborene Zwerchfellhernien bezeichnet. Diese treten in der Regel ohne erklärbare Ursache auf. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass Hernien bei Kindern welche einen Gendefekt aufweisen etwas häufiger vorkommen als bei Kindern ohne Gendefekt. In der Regel müssen Kinder mit einer angeborenen Zwerchfellhernie nach der Geburt intensivmedizinisch versorgt und möglichst zeitnah operiert werden.

Je nach Einschränkung der Lungenentwicklung und Funktion variiert die Prognose der angeborenen Zwerchfellhernie. Eine Operation, welche die Organe wieder unterhalb des Zwerchfells positioniert und den Defekt repariert ist jedoch bei den Kindern, welche eine ausreichende Lungenentwicklung aufweisen häufig erfolgreich.

Zwerchfellhernien in der Schwangerschaft

Der erhöhte Druck im Bauchraum bei Schwangeren kann gelegentlich Grund für eine Zwerchfellhernie sein. Die Verdauung leidet meistens durch den geringen Platz während einer Schwangerschaft. Ob eine Zwerchfellhernie entstanden ist, kann jedoch meist erst nach der Schwangerschaft festgestellt werden, wenn der Körper sich langsam normalisiert.

Da die meisten Zwerchfellhernien symptomlos sind, werden manche in der Schwangerschaft entstandene Zwerchfellhernien nie diagnostiziert. Sollte sie jedoch Beschwerden verursachen, wird die Hernie nach Schwangerschaft genauso behandelt wie alle anderen auch.

Ein erhöhter Druck im Bauchraum während der Schwangerschaft kann nicht nur eine Zwerchfellhernie, sondern auch einen Nabelbruch verursachen. Weiterführende Informationen hierzu können Sie im nächsten Artikel nachlesen: Nabelbruch in der Schwangerschaft

Lokalisation einer Zwerchfellhernie

Zwerchfellhernien können an unterschiedlichen Stellen des Zwerchfells auftreten. Typischerweise entstehen Hernien an charakteristischen Schwachpunkten des Zwerchfells.
Die häufigste Hernie am Zwerchfell ist an der Durchtrittsstelle der Speiseröhre lokalisiert, welche etwas links am Zwerchfell positioniert ist. Auch die Beschwerden dieser Hernie werden meist auf der linken Seite wahrgenommen, da der Magen meist durch diese Lücke zieht und links Beschwerden bereitet.

Die linke Seite ist ebenfalls häufiger von einer Hernie betroffen, da unter dem rechten Zwerchfell die Leber lokalisiert ist und verhindert, dass sich die Bauchorgane an dieser Seite nach oben verlagern. Auch ist das linke Zwerchfell weniger geschützt vor äußeren Gewalteinwirkungen durch Unfälle oder Schnittverletzungen welche deshalb häufiger auf dieser Seite eine Hernie verursachen.

Symptome einer Zwerchfellhernie

Eine angeborene Zwerchfellhernie fällt meist schon im Vorfeld bei Ultraschalluntersuchungen auf und sollte direkt nach der Geburt behandelt werden. Kinder, welche mit einer Zwerchfellhernie auf die Welt kommen sind in der Regel auffällig, da die Atmung stark erschwert ist. Teilweise ist eine suffiziente Atmung aufgrund der vorliegenden Zwerchfellhernie komplett unmöglich. Wenn sich die Lunge aufgrund der in der Brusthöhle liegenden Organe nicht richtig ausbilden konnte kann das Überleben des Kindes nach der Geburt stark gefährdet oder unmöglich sein.

Eine erworbene Zwerchfellhernie kann durch unterschiedliche Symptome auffallen. Dies ist vor allem von dem Ausmaß der Hernie als auch den Begleiterkrankungen und der betroffenen Organe abhängig. Am häufigsten kommt es zu einem Übertritt des Magens durch die Lücke im Zwerchfell. Dies kann zu einer Reflusxsymptomatik (Sodbrennen) und Magenschmerzen führen. Ebenfalls sind Mundgeruch und Erbrechen im Rahmen dieser Hernie möglich. Besonders nach den Mahlzeiten kann es zu Symptomen des Herzens als auch zu Atembeschwerden und Schmerzen am Zwerchfell kommen.

Beachtet werden sollte, dass In vielen Fällen Zwerchfellhernien unbemerkt und ohne Symptome ablaufen.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Symptome einer Zwerchfellhernie

Welche Schmerzen macht eine Zwerchfellhernie?

Eine Zwerchfellhernie verursacht seltener direkte Schmerzen. Wenn dann treten sie im Epigastrium auf, dem Bereich zwischen Magen und Herz.

Häufiger ist jedoch das Auftreten von Sodbrennen, welches sich als brennender Schmerz hinter dem Brustbein bemerkbar macht. Beim Extremfall des Thoraxmagen, bei dem der Magen nahezu komplett in den Brustkorb rutscht, kann durch die Verdrängung des Herzens auch eine herzinfarktartige Schmerzsymptomatik entstehen

Lesen Sie auch den Artikel: Symptome von Sodbrennen.

Diagnostische Verfahren bei einer Zwerchfellhernie

Eine angeborene Zwerchfellhernie wird in der Regel schon bei Kontrolluntersuchungen vor der Geburt des Kindes festgestellt. Durch Ultraschalluntersuchungen kann relativ genau festgestellt werden, inwieweit die Hernie die Entwicklung des Kindes beeinflusst und welche Maßnahmen direkt nach der Geburt vorrangig durchzuführen sind.

Bei erworbenen Zwerchfellhernien steht die Anamnese an erster Stelle der Diagnose. Die beschriebenen Beschwerden können den Verdacht auf eine Zwerchfellhernie erhärten und die nächsten diagnostischen Schritte mitbestimmen.
Um eine Zwerchfellhernie jedoch sicher diagnostizieren zu können wird in der Regel eine bildgebende Untersuchung durchgeführt. Mithilfe einer Ultraschall- und besonders einer Röntgenuntersuchung kann häufig eine Zwerchfellhernie sicher diagnostiziert werden. Bei der Röntgenuntersuchung muss ein bestimmtes Kontrastmittel eingenommen werden, damit die entscheidenden Bereiche sicher darzustellen sind. Im Röntgenbild können die Darm- oder Magenabschnitte, welche sich oberhalb des Zwerchfells befinden gut abgebildet werden. Auch die Lokalisation der Hernie ist im Röntgenbild gut zu sehen.
Ebenfalls gut eignen sich Untersuchungen mithilfe eines MRTs, obwohl dies aufgrund des Aufwands und der Kosten meist nur bei speziellen Fragestellungen zum Einsatz kommt.

Häufigkeitsverteilung

Eine angeborene Zwerchfellhernie tritt bei etwa einem von 2500 Kindern auf.
Erworbene Zwerchfellhernien treten meist auf der linken Seite und häufig nach schweren Unfällen und Verletzungen auf, wobei im Jahr deutschlandweit etwa 10.000 Zwerchfellhernien auftreten.

Therapie einer Zwerchfellhernie

Operation

Eine Zwerchfellhernie wird häufig mithilfe eines chirurgischen Eingriffs behandelt. Dies ist besonders bei den angeborenen Zwerchfellhernien der Fall. Erworbene Hernien, welche im Laufe des Lebens auftreten werden operiert, wenn Symptome auftreten und diese mit konservativen Methoden nicht zu behandeln sind.

In vielen Fällen muss eine Operation stattfinden, damit Einklemmungen des Darmes verhindert werden, da diese zu schweren Komplikationen führen können. Wenn schon Komplikationen bestehen und eine Mangeldurchblutung einzelner Darmabschnitte möglich ist oder droht, sollte schnellstmöglich operiert werden.

Je nach Ort und Ursache der Zwerchfellhernie müssen unterschiedliche Operationstechniken angewandt werden. In den meisten Fällen handelt es sich um eine sogenannte Hiatushernie, bei der der Magen durch das Zwerchfell tritt. Dieser wird während der Operation wieder in die optimale Lage gebracht. Um ein erneutes Hochwandern des Magens zu verhindern wird die Zwerchfelllücke verkleinert und mit einer bestimmten Operationstechnik stabilisiert. Damit eine erneute Verlagerung des Magens ausgeschlossen wird, wird dieser an der Unterseite des Zwerchfells angenäht. Eine andere Möglichkeit besteht darin, den Magen unterhalb des Zwerchfells um die Speiseröhre zu schlingen und entweder an sich selbst oder an der Speiseröhre zu fixieren. Diese Technik wird meist dann angewandt, wenn Sodbrennen und Reflux im Vordergrund der Symptomatik steht.

Angeborene Zwerchfelldefekte werden gegebenenfalls mit einem Netz verschlossen und enger genäht.

Steht Ihnen eine Operation vor und Sie möchten sich darüber informieren? Lesen Sie unseren nächsten Artikel unter: Risiken einer Narkose

Prognose einer Zwerchfellhernie

Die Prognose einer Zwerchfellhernie stellt sich in der Regel als sehr gut dar. So ist bei vielen Hernien welche keine Symptome verursachen keine Therapie notwendig. Der Erfolg der Operation ist als sehr gut einzuschätzen, wobei die meisten Patienten nach dem Eingriff symptomfrei sind.

Eine ungünstigere Prognose besteht bei angeborenen Zwerchfellhernien. Die Prognose dieser Hernien wird vor allem durch die Einschränkung der Lungenfunktion bestimmt. Bei einer großen Hernie und damit zusammenhängender starken Einschränkung der Lungenentwicklung ist die Prognose ungünstig. Die betroffenen Kinder müssen in der Regele direkt nach der Geburt kinderchirurgisch versorgt werden. Da sich die Einschränkung jedoch häufig in Grenzen hält, ist die Operation in vielen Fällen erfolgreich. Die Überlebensrate variiert je nach Klinik und liegt bei bis zu 90% der operierten Kinder.

Wie sind die Überlebenschance bei einer Zwerchfellhernie beim Baby?

Bei Babies mit angeborener Zwerchfellhernie hängt die Überlebensrate stark von verschiedenen Faktoren ab. Die Ausprägung der Hernie spielt mit die wichtigste Rolle, also die genaue Lokalisation, Größe und welche Organe in den Brustkorb gerutscht sind.

Je größer der Inhalt des Bruchsacks, desto weniger Platz hat die Lunge sich im Mutterleib zu entwickeln (sog. Lungenhypoplasie). Ist das Kind auf der Welt, kann die unterentwickelte Lunge den Körper nicht mit ausreichend Sauerstoff versorgen und das Neugeborene hat Atemnot. Eine Operation ist immer notwendig, um den Defekt zu verschließen. Die Kinder erholen sich in 60-80% der Fälle davon, je nach Spezialisierung der Kinderklinik.

Was können die Spätfolgen einer Zwerchfellhernie sein?

Ohne operative Versorgung einer erworbenen Zwerchfellhernie nehmen die eingequetschten Organe, insbesondere Magen und Herz, Schaden. Die Magenschleimhaut ist durch die Einschnürung dauerhaft gereizt, es kann zu Geschwüren kommen. Auch das Herz leidet unter der Verdrängung durch den Magen, was sich in schneller Herzfrequenz, Herzrhythmusstörungen und Herzinfarkt-ähnlichen Symptomen äußern kann (sog. Roemheld-Syndrom). Auch die dauerhaft durch Magensäure angegriffene Speiseröhre kann sich entzünden. Die Speiseröhrenentzündung kann im schlimmsten Fall sogar in ein Karzinom der Speiseröhre entarten.

Die Spätfolgen nach erfolgter Operation sind in der Regel dieselben, ganz gleich, ob angeborene, erworbene oder traumatisch bedingte Zwerchfellhernie. Der durch Operation künstlich erfolgte Verschluss der Zwerchfellhernie kann wieder aufgehen und eine erneute Operation zur Folge haben. Ein solches Rezidiv ist durchaus häufig.
Ebenfalls eine klassische Folge nach einer operativen Versorgung der Zwerchfellhernie ist eine Enge am Übergang von Speiseröhre zum Magen. Dies kann sich durch das Gefühl äußern, dass der Bissen wortwörtlich im Halse stecken bleibt (bzw. im Brustkorb, nämlich vor dem Mageneingang). Ein weiteres Phänomen der neuen Engstelle ist das sog. Gas-bloat Syndrom. Die Patienten können nicht mehr aufstoßen, um überschüssiges Gas im Magen loszuwerden. Dies empfinden viele Patienten als durchaus unangenehm, da sich das Gas im Magen sammelt.

Ist eine Zwerchfellhernie vererbbar?

Nein, eine Zwerchfellhernie ist meist nicht vererbbar. Es können zwar genetische Ursachen für das Entstehen von angeborenen Zwerchfellhernien bei Säuglingen gefunden werden, vererbbar würde jedoch bedeuten, dass in den Familien der betroffenen Kinder Zwerchfellhernien vermehrt auftreten. Dies ist nicht der Fall.

Erworbene Zwerchfellhernien, wie die Hiatushernie, bei der der Magen in den Brustkorb rutscht, sind fast nie genetisch bedingt, sondern meistens auf einen ungesunden Lebensstil zurückzuführen (Übergewicht, balaststoffarme Ernährung). Ausnahmen können in seltenen Fällen Erbkrankheiten sein, die mit einer Schwäche des Bindegewebes einhergehen. In diesen Fällen stehen jedoch meist andere Krankheitsbilder im Vordergrund.

Weitere Informationen

Weitere Informationen zum Thema Zwerchfellhernie finden Sie unter:

Eine Übersicht aller Themen aus dem Gebiet der Chirurgie finden Sie unter Chirurgie A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 15.02.2016 - Letzte Änderung: 18.09.2024