Therapie eines Aortenaneurysmas

Therapie eines Aortenaneurysmas

Überblick über konservative Therapiemöglichkeiten

Eine konservative Therapie des Aortenaneurysmas beinhaltet das Abwarten mit regelmäßigen Ultraschallkontrollen. Die Therapie ist vor allem bei kleinen Aneurysmen und welchen des Typ III indiziert. Das Aortenaneurysma darf jährlich an Größe höchstens 0,4 cm zunehmen. Desweiteren sind die Begleit- bzw. verursachenden Erkrankungen zu behandeln. Es muss unbedingt auf eine Blutdruckeinstellung geachtet werden. Der Blutdruck bei Aneurysmapatienten sollte maximal 120:80 mmHg betragen.

Überblick über interventive Therapiemöglichkeiten

Bei jüngeren Patienten mit kleinen Aneurysmen oder einem Trauma der absteigenden Aorta kann eine radiologische Therapie angezeigt sein. Hierbei wird parallel zur Bildgebung ein Leistengefäß eröffnet, mittels eines Katheters ein kunststoffbeschichtetes Röhrchen (Stent) in das Gefäßsystem eingebracht und zur Aneurysmenstelle vorgeschoben.
Ein Vorteil dieser Therapie ist das Vermeiden einer aufwendigen OP, ein Nachteil ist die verminderte Abdichtung der Aneurysmastelle. Eine operative Therapie ist notwendig, wenn es sich um ein symptomatisches oder eingerissenes Aneurysma (Notfall-OP) handelt.
Nicht symptomatische Aneurysmen müssen unter bestimmten Umständen ebenfalls operiert werden (siehe unten).

Operation eines Aortenaneurysmas

Zunächst wird bei der Operation der Brustkorb eröffnet, die Gefäße werden dargestellt. Es ist notwendig, das betroffene Gefäß während des Operationsvorgangs vom übrigen Blutkreislauf zu trennen, damit blutungsfrei operiert werden kann (Abklemmen der Aorta).
Hierbei kommt die sogenannte Herzlungenmaschine zum Einsatz, die das normalerweise durch die Hauptschlagader fließende Blut umleitet. Bei sackförmigen Aneurysmen wird die Aussackung abgetragen und der Rest vernäht.
Bei kurzstreckigen Aneurysmen werden nach Abtragung der Ausbuchtung die freigewordenen Enden der Hauptschlagader wieder miteinander zusammengeführt und vernäht.
Aneurysmen des dissecans Typ I und II werden mit einer Kunststoffprothese versorgt. Hierzu wird die Prothese im sogenannten Blutbad kurz vor der Operation vorbehandelt. Dies führt dazu, dass das Blut den Kunststoff umfließt und abdichtet. Während der Operation wird dann dieser sogenannte Stent an die Stelle gebracht, an der sich das Aneurysma befindet.
Dazu muss es eröffnet, der Stent eingesetzt und anschließend das Aneurysma darüber vernäht werden.

Lesen Sie mehr zum Thema Aortenprothese.

Wann braucht man eine OP?

Eine Indikation zur OP besteht bei gesteigertem Risiko für eine Ruptur, also einem Einreißen des Aortenaneurysmas. Dabei muss das Risiko, an einer spontanen Ruptur zu versterben, größer sein als die Risiken einer Operation. Grundsätzlich gilt ein Durchmesser des Aneurysmas von mehr als 5 cm als Grenze für ein relevantes Risiko.
Je mehr Risikofaktoren dazukommen, desto eher wird eine OP ratsam. Weitere Faktoren sind:

  • Vergrößerung des Aneurysmas um mehr als 1 cm pro Jahr
  • unregelmäßige Aussackungen der Wand
  • noch vorhandener Blutstrom im falschen Lumen
  • Bluthochdruck
  • chronische Lungenerkrankung (COPD)
  • Entzündungen der Aorta
  • Nikotinkonsum
  • familiäre Häufung.

Auch nicht symptomatische Aneurysmata stellen eine OP-Indikation dar, wenn 

  • die Patienten jünger als 70 Jahre sind und keine Risikofaktoren für eine OP aufweisen.
  • es sich um ältere Patienten handelt, die eine Aneurysmagröße von mehr als 5-6cm aufzeigen.
  • wenn Marfan-Syndrom-Patienten einen Aneurysmadurchmesser von mehr als 4 cm haben.

Die definitive Entscheidung zur Operation sollte von einem erfahrenen Gefäßchirurgen in Zusammenschau aller Risikofaktoren und weiteren Erkrankungen des Patienten getroffen werden.

Welche unterschiedlichen OP-Methoden gibt es?

Grundsätzlich kann man in ein offenes Operationsverfahren und eine sog. Endovaskuläre Aneurysma-Auschaltung (kurz EVAR) unterscheiden. In der Regel wird die minimal-invasive EVAR bevorzugt eingesetzt, da sie mit weniger Strapazen für den Patienten behaftet ist als ein großer, offener Eingriff. Im Langzeitverlauf gleichen sich Vor- und Nachteile beider Verfahren jedoch aus.

Bei der EVAR wird über ein Katheterverfahren, ähnlich wie bei der Implantation eines Stents nach einem Herzinfarkt, über die Leistenarterie eine Prothese (sog. Stentgraft) bis zum Aneurysma vorgeschoben, um dieses nach Entfaltung des Stentgraft zu überbrücken. Dafür müssen allerdings bestimmte Bedingungen vorliegen, beispielsweise gewisse Abstände zu den von der Aorta abgehenden Gefäßen, eine geringe Verkalkung der Arterien oder gute Nierenfunktion. Zur Kontrolle des Stentgrafts müssen in regelmäßigen Abständen CT-Kontrollen erfolgen, was jedoch für junge Patienten häufig ein Ausschlusskriterium darstellt.

Bei komplizierteren Aneurysmata oder jungen Patienten kann das offene Verfahren gewählt werden. Dabei wird entweder mit einem Bauchschnitt (mediane Laparatomie) oder Flankenschnitt (Retroperitonealer Zugang) die Bauchhöhle eröffnet, die Organe sorgfältig zur Seite geschoben und die Aorta freigelegt, so dass oben und unten angrenzend jeweils wieder gesunde Gefäßwand zu sehen ist. Dann wird die Aorta abgeklemmt und das Aneurysma durch eine Gefäßprothese ersetzt. Bei einem Aneurysma der herznahen Aorta im Brustkorb muss eine Herzlungenmaschine eingesetzt werden.

Dauer der OP

Die Dauer der OP hängt wesentlich vom gewählten Verfahren ab. Die minimal-invasive EVAR dauert in der Regel kürzer als der offen chirurgische Eingriff, da der Zugangsweg über die Leiste zur Aorta direkter und schneller ist. Die EVAR geht mit durchschnittlich eineinhalb bis zwei Stunden einher, die offene Operation mit mindestens drei - oder länger, je nach Komplikation.

Risiken der OP

Zunächst unterscheidet man in Risiken, die direkt mit der Operation in Zusammenhang stehen, und in Risiken, die Jahre später noch auftreten können.

Die direkten perioperativen Risiken sind beim offenen Verfahren deutlich größer als bei der EVAR. Allgemeine Risiken sind, wie bei jedem Eingriff, 

  • Blutungen,
  • Verletzung von Nerven,
  • Narbenbildung und
  • Infektionen.

Bei der offenen OP ist das Risiko für einen Blutverlust oder eine verminderte Blutversorgung der Bauchorgane relevanter als bei der EVAR. Ebenso ist die Wahrscheinlichkeit höher, das um die Aorta liegende Nervengeflecht zu verletzen, was zu Störungen bei der Ejakulation führen kann.
Bei der EVAR hingegen ist das Risiko höher, dass die Prothese sich im Laufe der Zeit löst und innerhalb der Aorta verrutscht (sog. Dislokation). Außerdem kann es häufiger als bei der offenen OP zu sog. Endoleaks kommen, bei der das Aneurysma trotz Stentgraft wieder durchblutet wird.
Bei beiden Verfahren können langfristig neue Aneurysmata entstehen, bevorzugt an den Rändern der eingesetzten Prothese, sowie Insuffizienzen der Naht mit lebensbedrohlichen Blutungen in den Bauchraum kommen.

Das Risiko bei einer offenen Operation zu versterben, liegt im Schnitt bei 5-7%, in einem spezialisierten Zentrum und weniger Risikofaktoren fällt es geringer aus. Das Risiko direkt bei der EVAR zu versterben, ist etwas geringer, jedoch gleichen sich langfristig die Sterblichkeitsraten durch die erhöhte Komplikationsrate bei der EVAR im Vergleich zur offenen OP wieder aus. Nach fünf Jahren sind etwa 60-75% der Patienten noch am Leben.

Welche Medikamente kommen zum Einsatz?

Die wichtigste medikamentöse Therapie des Aortenaneurysmas ist die Regulierung des Blutdrucks. Da ein Bluthochdruck (Hypertonie) die Ruptur des Aneurysmas fördert, muss der Blutdruck streng auf Werte unter 120-140 mmHg systolisch zu 90mmHg diastolisch eingestellt werden. Dazu kommen reguläre Blutdruckmedikamente, sog. Antihypertensiva, zum Einsatz. Sie werden nach einem bestimmten Stufenschema aufeinander aufbauend verabreicht, je nach Schwere und Unkontrollierbarkeit der Hypertonie. Grundlage der Medikamentation sind häufig ACE-Hemmer, wie z.B. Ramipril, oder AT1-Antagonisten, wie z.B. Candesartan. Häufig werden auch Betablocker (z.B. Metoprolol) in Kombination gegeben. Auch Blutfett senkende Medikamente, wie Statine, wirken sich positiv aus, da sie das Voranschreiten der Gefäßwandveränderungen aufhalten.

Lesen Sie mehr über blutdrucksenkende Medikamente.

Welche Medikamente dürfen nicht gegeben werden?

Da häufig Betablocker zur Therapie eingesetzt werden, sollte dazu kein Calciumantagonist, wie z.B. Verapamil oder Diltiazem, gegeben werden. Dies ergibt sich aus pharmakologischen Eigenschaften beider Medikamente.
Über den Einsatz von blutverdünnenden Medikamenten im Vorfeld muss im Einzelfall entschieden werden. Nach Einbau des Grafts werden sie jedoch zwingend eingesetzt. Generell gilt jedoch, dass Nikotin einen maßgeblich negativen Effekt auf den Verlauf eines Aortenaneurysmas hat und Abstinenz von Tabak und jeglicher Form von Nikotin beim Aortenaneurysma sehr zu empfehlen ist.

Prophylaxe eines Aortenaneurysmas

Außer durch eine optimale Blutdruckeinstellung (max: 120:80 mmHg) kann man selbst keinen Einfluss auf die Bildung eines Aortenaneurysmas nehmen. Wichtig ist, dass man durch eine entsprechende Lebensweise eine Arteriosklerose möglichst lange hinauszögert, durch prophylaktische Ultraschalluntersuchungen ein Aneurysma möglichst früh erkennt und im Verlauf kontrolliert (insbesondere bei genetischer Vorbelastung).

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 12.05.2010 - Letzte Änderung: 12.01.2023