Bei dem Milzbrand handelt es sich um eine durch sporenbildende Bakterien übertragene Infektionskrankheit, die vorwiegend Paarhufer befällt. Der Name ergibt sich aus der Schwarzfärbung der Milz, wenn die Krankheit unbehandelt bleibt. Die Krankheit hat, ja nach Infektionsort, verschiedene Krankheitsverläufe, ist unbehandelt allerdings in jedem Fall tödlich.

Milzbrand

Definition

Der Milzbrand (Anthrax) ist eine durch sporenbildende Bakterien übertragene Infektionskrankheit. Besonders gefährdet sind Paarhufer (Pferde, Ziegen, Schafe, Rinder aber auch Kamele oder Rentiere).Eine Übertragung vom Menschen auf einen anderen Menschen ist nicht möglich.

Da sich die Milz bei unbehandeltem Krankheitsverlauf braunschwarz verfärbt, spricht man vom „Milzbrand“. Der lateinische Name Anthrax leitet sich von den schwarzen Eiterbläschen ab, welche sich bei einem Hautmilzbrand (der häufigsten Form des Milzbrandes) bilden.

Symptome & Diagnose

Welche Anzeichen deuten auf ein Milzbrand?

Die Symptome des Milzbrandes können sehr vielfältig sein. Daher fällt es oft schwer, den Milzbrand von einer harmlosen Krankheit zu unterscheiden. Der Hautmilzbrand zeigt erste Symptome nach 1-12 Tagen. Er fällt erstmals durch juckende, schwarze Geschwüre am Körper auf, die von aufgequollener Haut umgeben sind (Ödeme). Diese Geschwüre werden in der Mitte immer schwärzer, da es hier zum Zelltod (Nekrose) kommt. Da die Nekrose kein programmierter Zelltod ist, sondern durch ein Gift (hier das Anthratoxin) ausgelöst wird, kommt es zur Bildung von eitergefüllten Bläschen.

Wichtig ist es, sofort einen Arzt aufzusuchen um einen Anschluss der eitrigen Bläschen an Blutgefäße zu vermeiden da es sonst zu einer lebensgefährlichen Blutvergiftung (Sepsis) kommen kann. Diese Form des Milzbrandes ist nur durch direkten Hautkontakt möglich, wobei die Haut bereits minimale Verletzungen aufweisen muss. Der Hautmilzbrand ist die harmloseste Form. Unbehandelt enden nur 5-20% aller Fälle tödlich. Bei rechtzeitiger Behandlung mit einem Antibiotikum sinkt die Sterberate auf circa 1%.

Eine weitere Form ist der Lungenmilzbrand, die jedoch seltener ist, da über 5 000 Sporen eingeatmet werden müssen, um ihre schädliche Wirkung zu entfalten. Bei dieser Form des Milzbrandes sind die Symptome schwer zu erkennen. Zunächst kommt es zu leichtem Husten, dann verläuft die Krankheit grippeähnlich. Es kommt zu hohem Fieber, Atemnot (Dyspnoe) und zu Schüttelfrost. Da diese Symptome jedoch erst auftreten, wenn sich das Bakterium bereits stark vermehrt hat, ist eine Therapie schwieriger, die Sterberate ist somit sehr hoch. Zudem ist die ausgehustete Flüssigkeit extrem infektiös.

Da sich auch umliegende Körperstrukturen wie das Mediastinum entzünden, kommt es zur Abflusstörung im Lymphsystem. Dadurch kommt es zu Anschwellungen (Ödembildungen) im Hals- und Nacken-bereich. Nach wenigen Tagen kommt es meist zu einem septischen Schock, der mit totalem Organversagen einhergeht. Unbehandelt enden nahezu 100 % der Fälle tödlich. Doch auch bei Entdeckung der Krankheit, ist eine komplette Genesung unwahrscheinlich.

Durch den Verzehr von infizierten Milchprodukten oder Fleisch kann es zum Darmmilzbrand kommen. Innerhalb weniger Stunden oder Tagen kommt es zu den ersten Symptomen. Diese zeichnen sich zunächst durch schleimigen Durchfall aus. Auch Schmerzen im Bauchbereich, Fieber und fehlender Hunger gehören zu den primären Symptomen. Danach kommt es vor allem zu blutigem Erbrechen (Hämatemesis) und blutigem Durchfall (Diarrhoe). Das Blut stammt aus den verletzten und infizierten Darmabschnitten. Da das Bakterium über den Darm aufgenommen wird und ans Blut abgegeben wird, kommt es schnell zu einer Blutvergiftung (Sepsis), die dann zu Herz- und Nieren-versagen führt. Diese Form des Milzbrandes ist die seltenste Form. Circa die Hälfte der Betroffenen sterben daran.

Der Injektionsmilzbrand entsteht durch Aufnahme von Bakterien über verunreinigte Spritzen (besonders häufig bei Drogenkonsumenten). Hierbei kommt es nach wenigen Tagen am ganzen Körper zu Wassereinlagerungen (Ödemen) sowie zu Eiteransammlungen (Abszessen). Auch hier gilt es, diese möglichst schnell zu entfernen. Sollten die Bakterien ins Blut gelangen kann es neben einer Sepsis auch zu einer lebensbedrohlichen Hirnhautentzündung (Meningitis) kommen.

Wie wird ein Milzbrand diagnostiziert?

Bei der Diagnose von Milzbrand ist vor allem das Patientengespräch (Anamnese) entscheidend. Der Arzt sollte hierbei vor allem auf die mögliche Gefahr im Beruf achten. Ist der Patient viel mit Paarhufern oder deren Verwertungsprodukten in Kontakt, beispielsweise in einer Gerberei, kann dies ein Indiz für eine Milzbranderkrankung sein. Um eine endgültige Diagnose zu stellen, wird aus dem Hustenauswurf oder aus der Eiterblase eine Probe entnommen, die dann auf einem Kulturmedium angezüchtet wird.

Wächst eine Anthraxkolonie, ist der Patient infiziert. Auch ein gentechnischer Nachweis mithilfe der Polymerasen-Ketten-Reaktion (PCR) ist möglich, jedoch kostenintensiver. Eine Blutuntersuchung mit folgendem Schnelltest kann ebenfalls Informationen geben. Die Diagnose Milzbrand ist in Deutschland meldepflichtig!

Behandlung

Bei der Therapie des Milzbrandes, ist es entscheidend, die Krankheit so früh wie möglich zu erkennen. Da der Milzbrand durch ein Bakterium ausgelöst wird, ist eine Therapie mit Antibiotikum am effektivsten. Beim Hautmilzbrand hat sich das Antibiotikum Penicillin als besonders effektiv erwiesen. Auch andere orale Antibiotika wie Erythromycin oder Ciprofloxacin können helfen, die tötlichen Folgen des Milzbrandes zu vermeiden.

Da Darm- und Lungen-milzbrand sich erst im Spätstadium bemerkbar machen, spritzt man hier das Antibiotikum intravenös um die direkte Wirkung im Blut auf schnellstmöglichem Wege zu erzielen. Die Gabe von Antibiotikum muss dabei über einen Zeitraum von circa 2 Monaten erfolgen da es lange dauert bis sich beispielsweise die Eiterbläschen zurückbilden und bis die Bakterien alle unschädlich gemacht wurden.

Auch eine Antikörpergabe ist möglich. Diese Antikörper richten sich gegen den sogenannten Letalfaktor (LF) des Milzbrandtoxins. Dieser Letalfaktor stellt eine Untereinheit des Toxins dar und sorgt dafür, dass unsere Körperzellen in den Zelltod überführt werden. Hemmt man die Wirkung dieses Letalfaktors, kann man die eigenen Körperzellen am Leben erhalten. Somit wird die körpereigene Immunantwort unterstützt.

Antikörper, die sich gegen eine weitere Untereinheit, nämlich das sogenannte protektive Antigen (PA) richten, verhindern die pathogene Wirkung des Toxins. Somit wird beispielsweise die Ödembildung unterdrückt. Die Eiterbläschen, die beim Hautmilzbrand entstehen, müssen zusätzlich herausgeschnitten werden.

Ursachen & Prophylaxe

Wie kann ein Milzbrand entstehen?

Ausgelöst wird der Milzbrand durch das verantwortliche Bakterium (Bacillus anthracis). Das Bakterium gehört zur Klasse der gram positiven, aeroben, sporenbildenden Bakterien. Da es zur Sporenbildung befähigt ist, kann es auch außerhalb des Wirtes bei günstigen Temperaturen (12-43°C) und genügend Sauerstoff mehrere Jahrzehnte überleben. Dadurch besteht vor allem in wärmeren Gebieten, die Anschluss an Wasser haben (Transport des Bakteriums über Flussgebiete) die Gefahr der Ausbreitung.

Gelangt das Bakterium in seinen Wirt, produziert es das Milzbrandtoxin (Anthratoxin), welches Zellen zerstört. Die Übertragung ist durch direkten Hautkontakt möglich (Hautmilzbrand), die Sporen können eingeatmet werden (Lungenmilzbrand) oder durch infizierte Milchprodukte oder Fleisch gegessen werden (Darmmilzbrand). Da die Sporen so resistent sind und auch außerhalb des Wirts lange überleben, kann Milzbrand jedoch auch durch das Tragen von infizierter Kleidung (beispielsweise Schafswolle, Leder) ausgelöst werden. Auch die Übertragung durch verunreinigtes Heroin ist möglich.

Wie kann man der Entstehung von Milzbrand vorbeugen?

Eine Prophylaxe gegen Milzbrand ist durch einen Impfstoff möglich. Dieser wurde zuerst an Tieren getestet und fand später vor allem im Militär eine Bedeutung da der Kampf mit Milzbrandsporen als Biowaffe zwar verboten ist, jedoch immer wieder genutzt wurde. Diese Impfung ist jedoch bis heute in Deutschland nicht zugelassen, da sie sehr hohe Nebenwirkungen hat. Hinzu kommt, dass sie mit einem enormen Zeit- und Belastungsaufwand verbunden ist. Innerhalb der ersten 18 Monate sind 6 Impfungen notwendig, danach muss man sich jedes Jahr einer erneuten Impfung unterziehen.

Da die Behandlung mit Antibiotika höhere Erfolge erzielt, wird die Impfung in Deutschland nicht als Prophylaxe verwendet. Auch die Impfung von Tieren als Prophylaxe ist in Deutschland verboten! Bei eventuellem Kontakt mit dem Toxin, sollte man auf jeden Fall geeignete Hygienemaßnahmen (Waschen von Händen, desinfizieren) durchführen und einen Arzt aufsuchen.

Prognose

Die Prognose hängt sehr vom frühzeitigen Erkennen der Erkrankung ab. Der Hautmilzbrand zeigt sich schon in seinem Frühstadium sehr deutlich durch die starke Ödembildung sowie durch die Eiterbläschen. Sucht man einen Arzt auf, bevor der Eiter in die Blutgefäße gelangen kann, ist eine Behandlung mit Antibiotikum sehr effizient und nur 1% aller Erkrankten sterben.

Der Lungenmilzbrand hat eine sehr schlechte Prognose. Da sich die ersten Anzeichen erst in einem Stadium bemerkbar machen, in dem sich das Toxin bereits im ganzen Körper verteilt hat, ist eine Antibiotikagabe nur selten hilfreich. Diese Form des Milzbrandes endet somit meistens tödlich. Ohne Antibiotika-Gabe versterben nach wenigen Tagen 100% aller Erkrankten. Mit rechtzeitiger Hilfe, wird die Sterberate auf über 50 % gesenkt.

Der Darmmilzbrand hat eine ähnlich schlechte Prognose. Da auch hier das Toxin Zugang zu den Blutwegen hat und sich somit schnell im ganzen Körper verteilen kann, ist auch hier das schnellstmögliche Erkennen von großer Bedeutung. Dennoch sterben circa 50% aller erkrankten Patienten trotz Antibiotikagabe. Der Injektionsmilzbrand hat ebenfalls schlechte Prognosen da das Toxin hier direkt ins Blut abgegeben wird. Trotz Behandlung stirbt jeder 3. Patient. Trotz Behandlung können Spätfolgen auftreten, beispielsweise vermehrte Müdigkeit oder Kraftlosigkeit.

Weitere Informationen

Häufigkeitsverteilung

Der Milzbrand ist eine recht seltene Krankheit, dennoch kommt es immer wieder zu Infektionen. Die häufigste Form ist der Hautmilzbrand. Jährlich sind weltweit ungefähr 2000 Menschen von Hautmilzbrand betroffen. Das Bakterium des Milzbrandes wurde auch als Kampfwaffe verwendet. Bei einem Unfall in der damaligen Sowjetunion starben daher zahlreiche Anwohner an Milzbrand. Auf der Insel „Gruinard Island“ in Großbritannien experimentierte man mit den Bakterien, die Insel ist somit vermutlich bis heute kontaminiert.

Auch die Insel im Aralsee in Zentralasien war lange Zeit mit den auslösenden Bakterien des Milzbrandes verseucht, da das sowjetische Militär hier Experimente durchführte. In Deutschland treten seit Jahren keine Erkrankungen durch Ansteckung mehr auf. Die gemeldeten Milzbrandfälle beriefen sich auf verunreinigte Heroinspritzen, die zum Ausbruch der Krankheit führten.

Geschichte

Im September 2001 bekamen mehrere Senatoren sowie verschiedene Nachrichtensender in den USA Briefe mit dem gefährlichen Milzbrandtoxin zugeschickt. Während an die Nachrichtensender das Toxin für den Hautmilzbrand geschickt wurde, erhielten die Senatoren die gefährlichen Lungenmilzbrand-Sporen. Bei dem Anschlag kamen insgesamt 5 Menschen ums Leben. Die genauen Umstände sind bis heute nicht klar, man beschuldigte jedoch Bruce Edwards Ivins, der im Jahr 2008 Selbstmord begann.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 03.11.2014 - Letzte Änderung: 18.09.2024