Blutvergiftung

Bei einer Blutvergiftung (Sepsis) kommt es durch Erreger und deren Produkte, die durch eine Eintrittspforte in die Blutbahn eingedrungen sind und auch Organe besiedelt haben, zu einer systemischen Bekämpfungsreaktion des gesamten Organismus mit der ungehemmten Freisetzung von Substanzen, welche das Gerinnungs-, Abwehr- und Entzündungssystem aktivieren. Sie ist lebensgefährlich und kann mit einem Multiorganversagen einher gehen.

Bei den Erregern handelt es sich in der Regel um Bakterien. Eine Blutvergiftung (Sepsis) ist eine gefährliche und gefürchtete Komplikation einer Vielzahl von Erkrankungen.
Solche Reaktionen können auch durch andere Ursachen wie Verbrennungen, Traumata oder Gifte ausgelöst werden. Man bezeichnet dies als SIRS (systemic inflammatory response syndrome). Darunter wird ein Überbegriff verstanden, der eine Entzündungsreaktion meint, die den ganzen Organismus betrifft, verschiedene Ursachen haben kann und mit einer Endorganschädigung einhergeht. Die Blutvergiftung ist die häufigste Ursache eines SIRS und wird durch Erreger (in der Regel Bakterien) ausgelöst.

Symptome & Diagnose

Wie kann ich eine Blutvergiftung erkennen?

Es gibt mehrere Symptome, die im Rahmen einer Blutvergiftung auftreten können. Nichtsdestotrotz ist eine Blutvergiftung oftmals nicht leicht zu erkennen. Voraussetzung für die Entstehung einer Blutvergiftung ist eine Infektion. Doch auch diese muss vom Betroffenen nicht zwangsläufig bemerkt werden.
Bei Auftreten von Fieber und zunehmender Verschlechterung des Allgemeinzustandes sollte daher zeitnah ein Arzt aufgesucht werden. Dieser kann mittels einer körperlichen Untersuchung, Blutuntersuchungen, sowie Untersuchungen mittels Ultraschall und Röntgen die Diagnose einer Blutvergiftung stellen.

Symptome einer Blutvergiftung

Eine Blutvergiftung wird immer durch eine Infektion ausgelöst. So kann beispielsweise eine infizierte Wunde der Auslöser sein. Es gibt jedoch auch zahlreiche andere mögliche Infektionen. Eine solche Infektion wird vom Betroffenen oftmals zunächst gar nicht bemerkt wenn sie sich im Körper abspielt und nicht offensichtlich ist, wie beispielsweise eine Wunde.
Bei Vorliegen einer Blutvergiftung entwickelt der Betroffene meist Fieber, oft auch mit Schüttelfrost. Es kann außerdem zu einer Beschleunigung der Atmung kommen. Ein gesunder Mensch atmet etwa 12 Mal pro Minute ein und aus. Bei einer Blutvergiftung liegt die Atemfrequenz oftmals über 20 Atemzügen pro Minute (Tachypnoe). Auch die Herzfrequenz die normalerweise zwischen 60 und 100 Schlägen pro Minute liegt kann über 100 Schläge pro Minute liegen (Tachykardie).
Weiterhin können ein niedriger Blutdruck (Hypotonie) und Verwirrtheitszustände auftreten. Der Betroffene fühlt sich meist abgeschlagen, deutlich leistungsgemindert und ist schnell ermüdbar.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Symptome einer Blutvergiftung

Fieber bei einer Blutvergiftung

Fieber ist eines der Hauptsymptome der Blutvergiftung. Die Temperaturen liegen dann über 38 Grad Celsius. Oftmals wird das Fieber auch von Schüttelfrost begleitet. Fieber tritt bei einer Blutvergiftung sehr häufig auf, ist jedoch kein obligates Kriterium. Es gibt also auch Blutvergiftungen, die ohne Fieber verlaufen. Auch Untertemperatur, also eine Körpertemperatur unter 36 Grad Celsius kann bei einer Sepsis auftreten, dies ist jedoch deutlich seltener als Fieber.

Durchfall bei einer Blutvergiftung

Durchfall ist kein typisches Symptom einer Blutvergiftung. Anhaltender Durchfall der mit Symptomen wie Fieber, Abgeschlagenheit und weiteren Symptomen wie niedrigem Blutdruck, hohem Puls oder schneller Atmung einhergeht, kann jedoch in einigen Fällen ein Hinweiszeichen auf das Vorliegen einer Blutvergiftung im Rahmen einer Infektion des Magen-Darm-Trakts sein.

Schmerzen bei einer Blutvergiftung

Auch Schmerzen sind kein typisches Symptom einer Blutvergiftung. Geht die Blutvergiftung aber beispielsweise von einer infizierten Wunde aus, so kann diese mit starken Schmerzen einhergehen.

Roter Strich bei einer Blutvergiftung

Der Mythos vom roten Strich der sich langsam ausbreitet und den Tod ankündigt wenn er das Herz erreicht hat, hält sich wacker und wird mit der Blutvergiftung in Zusammenhang gebracht. Ein Großteil dieses Mythos ist jedoch medizinisch nicht korrekt.
Die Erkrankung, die mit dem roten Strich auf der Haut beschrieben wird, ist eine Entzündung eines oder mehrere Lymphgefäße. Man spricht im medizinischen Jargon von einer Lymphangitis. Verwirrender Weise wird auch diese Erkrankung im Volksmund manchmal als Blutvergiftung bezeichnet. Die Erkrankung ist relativ selten und entsteht durch ein Eindringen von (bakteriellen) Erregern in die Lymphbahnen. Behandelt wird diese mit Antibiotika, sowie Kühlung. Dass die Nähe des Strichs zum Herzen etwas damit zu tun hat wie wahrscheinlich ein Versterben ist, stimmt so nicht.

Behandlung einer Blutvergiftung

Die Behandlung der Blutvergiftung erfolgt mit Antibiotika, also Medikamenten die gegen Bakterien wirken sollen. Es gibt zahlreiche verschieden Bakterien und nicht jedes Antibiotikum wirkt gegen alle Bakterien. Daher wird bei einem Patienten mit einer Blutvergiftung vor Beginn der medikamentösen Therapie in der Regel eine Blutprobe genommen, die sogenannte Blutkultur. In dieser Blutkultur wird dann im Labor nach Erregern gesucht. Dies dauert in der Regel einige Tage. Da die antibiotische Behandlung bei einer Blutvergiftung jedoch sofort nach Diagnosestellung begonnen werden sollte, wird meist zunächst ein Medikament eingesetzt, das viele Bakterien auf einmal bekämpfen kann. Sind dann die Ergebnisse der Blutkultur da, kann die antibiotische Therapie angepasst werden.
Je nach Schweregrad der Blutvergiftung kommen weitere Medikamente zum Einsatz. Beispielsweise solche die den Blutdruck stabilisieren.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Therapie einer Blutvergiftung

Antibiotika

Antibiotika spielen bei der Behandlung der Blutvergiftung eine wesentliche Rolle und sollten sofort nach Diagnosestellung eingesetzt werden. Wie lange eine antibiotische Behandlung notwendig ist, ist von der Art und Schwere der Infektion abhängig.

Ursachen & Prophylaxe

Häufigkeit einer Blutvergiftung

In Deutschland geht man von jährlich etwa 100.000150.000 erkrankten Personen aus, wobei Frauen etwas weniger betroffen zu sein scheinen. Die Angaben über die Letalität schwanken zwischen Werten um 25 % bis zu 50 % und ist sicherlich von Art des Erregers, Schwere der Erkrankung und Therapiebeginn abhängig.
Eine Blutvergiftung (Sepsis) ist oft eine Folge vorausgegangener Infektionen bestimmter Organe. Häufigster Vorreiter einer Blutvergiftung ist eine Lungenentzündung (44%), gefolgt von Harnwegsinfektionen (10%) und Infektionen der Bauchorgane (10%). Zuletzt sind noch Infektionen von Wunden oder Weichteilen zu nennen (ca. 5%), z.B. nach Verbrennungen, Operationen oder Verletzungen.

Einteilung der Blutvergiftung

Eingeteilt wird die Blutvergiftung anhand der Schwere in folgende Stadien:

  • Blutvergiftung (Sepsis)
  • schwere Blutvergiftung (mit Organfehlfunktionen)
  • septischer Schock

Neben der Einteilung nach der Schwere der Blutvergiftung, kann man sie auch nach der Art der Erreger, der Lokalisation der Eintrittspforte oder dem Ausgangsherd der Blutvergiftung einteilen.

Krankheitsentstehung

Die Abwehrzellen des Körpers reagieren auf eine Blutvergiftung mit einer sehr starken Abwehrreaktion. Meist handelt es sich bei den Erregern um Bakterien, die durch eine Eintrittspforte in den Körper gelangen. Nachdem sie die lokale Abwehr überwunden haben, gelangen sie in die Blutbahn. Es wird eine Entzündung ausgelöst. Dabei können die Bakterien selbst oder deren Abbauprodukte bzw. von ihnen ausgeschüttete giftige Stoffe (Toxine) entzündlich wirken. Bestimmte Abwehrzellen, die Fresszellen (Monozyten/Makrophagen), schütten nach ihrer Aktivierung durch Kontakt mit den Erregern bestimmte Stoffe (Zytokine) aus, die in hoher Dosis zum einen direkt schädigend auf das Gewebe wirken können, zum anderen die Entzündungsreaktion weiter fördern, indem sie weitere Abwehrzellen (z.B. Granulozyten) aktivieren, welche wiederum selbst entzündungsfördernde Substanzen ausschütten. Bei diesen Substanzen handelt es sich um Zytokine. Man versteht darunter Eiweiße, welche bestimmte Zielzellen dazu anregen, zu wachsen, sich weiter zu entwickeln und sich zu vermehren.

Im Falle der Blutvergiftung werden dann bei dieser starken Abwehrreaktion durch diese Zytokine massiv gewebegiftige Substanzen produziert. Zu diesen giftigen Substanzen zählen u.a. freie Sauerstoffradikale und Stickstoffmonoxid (NO). Zudem bewirken die Zytokine an den Zielzellen auch eine Freisetzung bestimmter Mediatoren, also von Botenstoffen, die auf die verschiedenen Schichten der Blutgefäße und Zellen bzw. Geweben wirken. Kleinste Gefäße werden in ihrer Struktur und Funktion verändert. So können sie sich weiten und die Wände durchlässiger werden. In der Folge tritt Flüssigkeit ins umliegende Gewebe über (interstitielles Ödem). Auch das Gerinnungssystem wird aktiviert. So ist die Gerinnungsbereitschaft des Blutes verändert und es kommt zur Bildung von Gerinnseln. Die Durchblutung kann nicht adäquat gewährleistet werden, das Gewebe ist mit Sauerstoff unterversorgt, was man als ischämisch-hypoxischer Zellschaden bezeichnet.
Doch es sind nicht nur die kleinsten Blutgefäße betroffen. Auch die größeren und großen Gefäße weiten sich, vor allem in peripheren Regionen, also z.B. der Arme und Beine, was wiederum Auswirkungen auf den Blutdruck hat. Zu Beginn begegnet der Körper diesem Widerstandsabfall mit einem beschleunigtem Herzschlag (Herzrasen) und damit vermehrten Blutauswurfvolumen, um den Blutdruck aufrecht zu erhalten. Nach einiger Zeit, wenn dann auch der Herzmuskel angegriffen wird, kann der Körper dies jedoch nicht mehr kompensieren, der Blutdruck sinkt ab. Da der Herzmuskel von der Unterversorgung ebenfalls betroffen ist, können zunehmend die Gewebe nicht mehr versorgt werden bis es zu einem Schock kommt.

Lesen Sie mehr zur Vorstufe der Blutvergiftung: Bakteriämie- wenn Bakterien ins Blut gelangen

Risikifaktoren (Prädisposition)

Besonders gefährdet, eine Blutvergiftung (Sepsis) zu entwickeln, sind Personen, deren Abwehrsystem herabgesetzt ist. Dazu zählen Zuckerkranke (Diabetes mellitus), Patienten, die an Tumoren oder Leber- und Nierenerkrankungen leiden. Gefährdet sind auch Personen, deren Immunsystem infolge einer AIDS-Erkrankung geschwächt ist. Eine Abwehrschwäche kann auch Folge einer Therapie mit Unterdrückung des Immunsystems sein (Immunsuppressionstherapie). Das ist z.B. bei Transplantationen der Fall. Patienten nach einem Trauma oder Operationen haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko, eine Blutvergiftung zu entwickeln. Auch aus anfangs scheinbar eher harmlose Entzündungen wie die der Atemwege, des Magen-Darm-Traktes oder der harnleitenden Wege können sich zu einer Blutvergiftung weiter entwickeln.

Eintrittspforten

Um in den Körper bzw. in die Blutbahn zu gelangen, stehen den Erregern verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:

Nachdem die Erreger die lokale Abwehr der Eintrittspforte überwunden haben, gelangen sie in die Blutbahn.

Wundinfektionen als Ursache für eine Blutvergiftung

Die Ursache für eine Blutvergiftung ist immer eine Infektion. Es gibt viele verschiedene Arten von Infektionen. Zu den Infektionen die am häufigsten zu einer Sepsis führen zählen Lungenentzündungen und Infektionen der Harnwege.
Doch auch Wundinfektionen sind nicht selten Auslöser einer Blutvergiftung. Zu einer Wundinfektion kann es dann kommen, wenn eine bestehende Wunde sich infiziert. Das geschieht dadurch, dass Erreger (meist Bakterien) in die Wunde eindringen. Im weiteren Verlauf gelangen die Erreger auch in die Blutbahn, dann ist von einer Blutvergiftung die Rede.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Entzündung einer Wunde - Das müssen Sie beachten!

Blutvergiftung nach einem Mückenstich

Dass sich aus einem Insektenstich eine Blutvergiftung entwickelt ist zwar selten, theoretisch jedoch möglich. Dies kann dadurch geschehen, dass bakterielle Erreger durch die kleine Läsion, die durch den Stich entstanden ist, in den Körper eindringen und in die Blutbahn gelangen. Entsteht eine Blutvergiftung aus einem Insektenstich so bedarf es einer antibiotischen Behandlung.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter

Blutvergiftung nach einer OP

Während Operationen können durch die zu operierende Stelle Erreger in den Körper gelangen. Dies wird zwar durch ein steriles Arbeiten versucht zu vermeiden, ganz verhindern kann man es jedoch nicht. Daher gibt es jedes Jahr zahlreiche Fälle in denen sich eine Blutvergiftung nach einer Operation entwickelt.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Postoperative Komplikationen - Welche gibt es?

Erreger einer Blutvergiftung

Am häufigsten sind als Erreger einer Blutvergiftung Bakterien zu finden. Aus der Vielzahl der verscheidene Erreger, seien hier die häufigsten genannt:

Nahezu jeder Erreger kann eine Blutvergiftung (Sepsis) verursachen. Dies ist u. a. von der Abwehrlage des Betroffenen abhängig.
Seltener sind Blutvergiftungen, die durch Pilze verursacht werden. Sie spielen aber eine bedeutende Rolle bei Patienten, deren Abwehrsystem herabgesetzt ist. Dies ist bei Infektionen wie AIDS oder als Therapie bei Transplantationen (z.B. des Knochenmarks) der Fall.

Auch Krankenhauskeime können eine Blutvergiftung verursachen.

Verlauf & Prognose

Dauer einer Blutvergiftung

Die Dauer einer Blutvergiftung kann pauschal nicht beziffert werden. Sie hängt maßgeblich davon ab, wann eine Therapie eingeleitet wird, wie ausgeprägt die Infektion ist, ob Komplikationen auftreten, wie gut die Behandlung anschlägt und wie der Allgemeinzustand des Betroffenen ist.
Bei einigen Patienten reicht eine antibiotische Behandlung über 7-10 Tage aus, dann ist die Infektion abgeklungen und die Blutvergiftung therapiert. Es gibt jedoch auch Verläufe die mit Komplikationen einhergehen, einer intensivmedizinischen Behandlung bedürfen und sich über Monate hinziehen.

Verlauf einer Blutvergiftung

Der Verlauf einer Blutvergiftung hängt vom Ausmaß der Erkrankung und vom Allgemeinzustand des Patienten ab. Der Verlauf wird auch wesentlich davon beeinflusst, wie schnell eine Behandlung eingeleitet wird. Wird eine medikamentöse Behandlung mittels Antibiotika nicht rechtzeitig eingeleitet oder ist das Immunsystem des Betroffenen bereits vor der Blutvergiftung deutlich eingeschränkt, so kann eine Blutvergiftung tödlich verlaufen.
Auf der Liste der häufigsten Todesursachen steht die Blutvergiftung an dritter Stelle. Doch bei einer rechtzeitigen und suffizienten Behandlung kann eine Blutvergiftung ohne Auftreten von Komplikationen auch gut verlaufen und die Betroffenen behalten kein Defizit zurück.

Der septische Schock

Der septische Schock ist eine Komplikation der Blutvergiftung. Eine Sepsis wird im Volksmund als Blutvergiftung bezeichnet, ein septischer Schock meint also einen Schock infolge einer Blutvergiftung. Mit Schock ist gemeint, dass der Körper durch die eingedrungenen Erreger derart geschwächt ist, dass er seine Funktionen nicht mehr ausreichend aufrechterhalten kann. Es kommt zu einem massiven Blutdruckabfall, meist ist zeitgleich der Puls (Herzfrequenz) deutlich erhöht, um den niedrigen Blutdruck zu kompensieren.

Ein septischer Schock ist eine akut lebensbedrohliche Situation und muss auf einer Intensivstation behandelt werden. Der Patient wird in den meisten Fällen künstlich beatmet und mit Medikamenten behandelt, die den viel zu niedrigen Blutdruck wieder anheben sollen. Außerdem erfolgt eine antibiotische Behandlung. Diese dient dazu, die Infektion zu behandeln, die der ursprünglich Auslöser für die Entwicklung der Blutvergiftung war.
Der septische Schock ist eine schwerwiegende Komplikation, oftmals ist eine ausreichende Behandlung nicht mehr möglich, sodass er in über der Hälfte der Fälle zum Tode führt.

Weiterführende Informationen

Weitere interessante Informationen finden Sie unter:

Autor: Gerret Hochholz Veröffentlicht: 26.10.2010 - Letzte Änderung: 18.09.2024