Multiorganversagen

Das Multiorganversagen zeichnet sich durch den Ausfall mehrerer lebenswichtiger Organe, beispielsweise Leber, Niere und Herz, aus. Es handelt sich um einen akut lebensbedrohlichen Zustand, der oft tödlich endet. Ursachen für ein Multiorganversagen können unter anderem eine Sepsis, ein Polytrauma sowie starker Alkoholkonsum sein. Oftmals ist das Multiorganversagen Todesursache bei Krebserkrankungen. Die Behandlung des Multiorganversagens beinhaltet oft den Einsatz lebenserhaltender Maschinen. Bei einer Sepsis muss umgehend eine Therapie mit Antibiotika erfolgen.

Multiorganversagen

Definition

Als Multiorganversagen (MOV) bezeichnet man den gleichzeitigen oder kurz aufeinanderfolgenden Ausfall mehrerer lebenswichtiger Organe. Es stellt eine akut lebensbedrohliche Situation dar. Besonders häufig betroffen sind Niere, Leber und Lunge.

Neben dem Multiorganversagen gibt es noch das sogenannte Multiorgandysfunktions-Syndrom (MODS) bei dem es zur Einschränkung, aber nicht zum kompletten Ausfall, mehrerer Organfunktionen kommt.

Ursachen

Das Multiorganversagen kann viele verschiedene Ursachen haben. Als häufigste Gründe gelten eine durch Bakterien ausgelöste Vergiftung des Blutes, die sogenannte Sepsis sowie das durch Unfälle verursachte Polytrauma, bei dem mehrere Körperregionen oder Organe gleichzeitig verletzt werden.

Ein anderer Grund kann eine allergische Reaktion sein, die bis zum anaphylaktischen Schock führen kann.

Auch eine Herzinsuffizienz kann ein Multiorganversagen auslösen, da hier das Herz oft nicht in der Lage ist die vom Körper benötigte Menge an Blut bereitzustellen.

Die genannten Ursachen führen zu einem Schockzustand. Bei einem Schock wird der Kreislauf des Körpers lahmgelegt, somit ist die Sauerstoffversorgung der Gewebe der Organe über den Blutstrom nicht mehr gesichert (Lesen Sie hierzu auch: Symptome eines Schocks).

Weitere Gründe für ein Multiorganversagen sind Krebs, Altersschwäche und Alkoholabhängigkeit.

Oftmals findet beim Multiorganversagen eine Kettenreaktion statt, wobei der Ausfall eines Organs zum Ausfall eines weiteren führt und so weiter.

Sepsis/Blutvergiftung

Die Sepsis ist eine komplexe, systemische Entzündungsreaktion, ausgelöst durch im Blut zirkulierende Bakterien oder seltener auch Pilze. Sie ist eine häufige Ursache des Multiorganversagens und stellt eine lebensbedrohliche Situation dar.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema auf der Hauptseite: Blutvergiftung

Eine Sepsis wird zwar durch eine Infektion ausgelöst, aber für den Verlauf der Krankheit und die resultierenden Ausfälle von Organfunktionen ist die fehlgeleitete Antwort des Immunsystems auf die Infektion verantwortlich.

Die Anzeichen einer Sepsis können je nach Organbeteiligung sehr variabel ausfallen. Häufig findet man Fieber, Bewusstseinsstörungen, einen erhöhten Puls und Schüttelfrost. Außerdem kann sie in den septischen Schock übergehen, was zusätzlich mit einem erniedrigten Blutdruck einhergeht. Hierbei wird der Kreislauf des Köpers lahmgelegt und die Organe können nicht ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt werden.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen: Symptome einer Blutvergiftung und Therapie einer Blutvergiftung

Im Prinzip kann jede Infektion, wie z.B. Lungenentzündung, Harnwegsinfekt oder auch ein Abszess, zu einer Sepsis führen.

Die Sepsis ist ein Notfall und muss umgehend therapiert werden, wichtig ist hierbei den Ort und den Erreger der Infektion zu finden um diesen gezielt mit Antibiotika behandeln zu können.

Alkoholkonsum

Häufiger Alkoholkonsum in größeren Mengen kann ebenfalls zu einem Multiorganversagen führen.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema: Folgen des Alkoholkonsums

Besonders die Leber ist als Entgiftungsorgan von Alkoholmissbrauch stark betroffen. Es kommt zum Umbau des Lebergewebes und damit allmählich zum Verlust der Funktion (Leberinsuffizienz) bis hin zum kompletten Versagen der Leber. In der Leber werden auch Gerinnungsfaktoren hergestellt. Fehlen diese, steigt die Blutungsneigung. Selbst kleine Verletzungen können dann gefährlich werden und größere schneller zum Verbluten führen.

Des Weiteren sind das Herz und das Gehirn betroffen, welche durch den regelmäßigen Alkoholkonsum irreversibel geschädigt werden können.

Krebs

Die eigentliche Todesursache bei einer Krebserkrankung ist häufig ein Multiorganversagen. Krebszellen vermehren sich unkontrolliert und die befallenen Organe können nach und nach ihre Funktion nicht mehr erfüllen bis sie schließlich komplett versagen. Beispiele dafür sind Lungenkrebs oder auch Leberkrebs.

Viele Arten von Krebs haben zusätzlich die Eigenschaft Metastasen zu bilden, also auch andere Organe als die ihres Ursprungs zu befallen. Darmkrebs metastasiert beispielsweise vor allem in die Leber und in die Lunge, Lungenkrebs vor allem ins Gehirn, die Leber und die Knochen. Dadurch kommt es zum zeitnahen Ausfall mehrerer Organe.

Diagnose

Je nachdem welche Organe betroffen sind, gibt es unterschiedliche Zeichen, die die Diagnose des Multiorganversagens bestätigen. Wichtig ist hierbei, dass mindestens zwei Organe zeitgleich oder kurz hintereinander ausfallen.

Da ein Multiorganversagen meistens aus einer schweren Erkrankung oder einem schweren Unfall hervorgehen, die die Aufnahme des Patienten auf einer Intensivstation notwendig machen, wird auch dort oft die Diagnose gestellt. Hier kann durch besondere Technik und geschultes Personal der Funktionsverlust eines Organes häufig schnell erkannt und behandelt werden.

Begleitende Symptome

Es gibt keine typischen Symptome für das Multiorganversagen, da es je nachdem welche Organe betroffen sind, unterschiedliche Auswirkungen haben kann. Die Blutvergiftung (Sepsis), als häufige Ursache, geht einher mit Fieber, Bewusstseinsstörungen und einem erhöhten Puls, aber auch hier können die Symptome variieren.

Eine Leberinsuffizienz zeigt sich durch Gelbsucht, Gerinnungsstörungen und Bewusstseinsstörungen.

Eine Schädigung der Lunge durch eine schnellere Atmung, Atemnot und bläulich verfärbte Haut und Schleimhäute (Zyanose).

Ein akutes Nierenversagen durch Einlagerung von Wasser in Lunge und Gehirn, Bluthochdruck, sowie Blut im Urin und einer geringen Urinmenge.

Oftmals kommt ein Patient mit Multiorganversagen in einen Schock, beispielsweise durch hohen Blutverlust oder durch eine Sepsis. Die Schocksymptomatik besteht aus einem Abfall des Blutdrucks und einem Anstieg der Herzfrequenz. Dadurch ist die Blut- und Sauerstoffversorgung der Organe in Gefahr, was zusätzlich ein Organversagen begünstigt.

Behandlung/Therapie

Die Therapie des Multiorganversagens hängt davon ab, welche Organe betroffen sind und kann somit recht unterschiedlich ausfallen.

Bei einem Unfall mit Polytrauma, durch den Organfunktionen ausgefallen sein können, müssen die Organe in ihrer Funktion unterstützt werden. Dies kann, auf einer Intensivstation, durch Maschinen geschehen. Bei schweren Schäden muss die Organfunktion eventuell komplett durch Maschinen übernommen werden, ein Beispiel hierfür ist die Herz-Lungen-Maschine. Wie der Name schon sagt, ersetzt sie die Pumpfunktion des Herzens und die Lungenfunktion.

Eine Sepsis muss mit Antibiotika behandelt werden, da hier Bakterien die Auslöser sind. Da die Therapie möglichst schnell begonnen werden muss, um weitere Schäden zu minimieren, wird zu Beginn ein Breitbandantibiotikum eingesetzt. Dieses deckt mit seiner Wirkung ein breites Spektrum an Bakterien ab. Für eine gezielte Therapie müssen anschließend der Entzündungsherd und der genaue Erreger durch Untersuchungen ausfindig gemacht werden.

In manchen Fällen wird der Patient in ein künstliches Koma gelegt. Dies geschieht um den Stress für den Körper und das Gehirn zu minimieren. In diesem Zustand wird weniger Sauerstoff verbraucht, was besonders für die Hirnfunktion sehr wichtig ist.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Künstliches Koma

Verlauf

Die häufigsten Ursachen für ein Multiorganversagen sind eine Blutvergiftung (Sepsis) oder auch ein Unfall mit Polytrauma, also mehreren verletzten Körperregionen oder Organen. Im Verlauf kommt es dann oft zu einer Schocksymptomatik, also einer hohen Herzfrequenz (Puls) und einem niedrigen Blutdruck. Dies führt zu einem Einbruch des Kreislaufs.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema: Herzkreislaufstillstand

Wichtig beim Multiorganversagen ist ein schnelles Handeln seitens der Ärzte und ein rascher Therapiebeginn. Es stellt eine schwere Notfallsituation für den Körper dar und verläuft trotz optimaler Behandlung oft tödlich.

Akutes Nierenversagen

Das akute Nierenversagen ist ein plötzlicher Ausfall der Nierenfunktion, die auch im Rahmen eines Multiorganversagens auftreten kann. Die häufigsten Ursachen sind eine verminderte Flüssigkeitszufuhr zur Niere (Minderperfusion), Schäden direkt an der Niere z.B. durch Infektionen, Medikamente, Tumoren oder auch Autoimmunerkrankungen oder eine Störung des Abflusses aus der Niere.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema im Hauptartikel: Akutes Nierenversagen

Symptome für das akute Nierenversagen sind eine verminderte Harnproduktion und in manchen Fällen auch Blut im Urin. Da weniger Flüssigkeit ausgeschieden wird, kann es zu Einlagerungen (Ödemen) kommen, betroffen hiervon sind vor allem Lunge und Gehirn. Infolgedessen können Atemprobleme und Bewusstseinsstörungen auftreten. Außerdem steigt die Infektgefahr.

Um permanente Schäden der Niere zu verhindern, ist eine schnelle Abklärung der Beschwerden und anschließende Behandlung notwendig.

Im Falle einer Abflussstörung kann diese eventuell beseitigt werden, bei anderen Ursachen ist nur eine Behandlung der Symptome möglich.

Durch einen schweren Verlauf könnte die Funktion der Niere zeitweise oder permanent verloren gehen. Bei dem Betroffenen muss diese dann durch eine regelmäßige Dialyse ersetzt werden.

Prognose und Überlebenswahrscheinlichkeit

Ein Multiorganversagen führt in rund 50% der Fälle zum Tod. Die Chancen variieren je nachdem welche Organe betroffen sind. Die lebensnotwendige Niere kann maschinell ersetzt werden. Die Funktionen von Herz und Lunge können zwar auch von Maschinen übernommen werden, dies ist aber nur temporär möglich.

Kommt es neben dem Multiorganversagen zusätzlich zu einer Infektion, verschlechtert sich die Prognose deutlich.

Je früher der Ausfall eines Organs erkannt wird und je schneller mit einer passenden Therapie begonnen wird, desto größer sind die Chancen für das Überleben.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 05.05.2017 - Letzte Änderung: 22.10.2021