Heilung eines Kahnbeinbruchs

Bei unkomplizierten Brüche ist die Prognose in der Regel sehr gut. Nachdem der Unterarm ca. 12 Wochen durch einen Gips ruhiggestellt wurden, ist der Bruch normalerweise komplett abgeheilt. Die ursprüngliche Beweglichkeit im Handgelenk ist zum Zeitpunkt der Abnahme des Gipses allerdings noch nicht wieder gegeben. Diese wird jedoch mithilfe einer konsequenten Krankengymnastik und etwas Geduld nach einiger Zeit wieder erlangt.

Heilung eines Kahnbeinbruchs

Einleitung

Als Kahnbeinbruch bezeichnet man die Fraktur eines der Handwurzelknochen, der topographisch gesehen den Handballen bildet. Die Heilung eines Kahnbeinbruches gestaltet sich oft schwierig, da dieser kleine Knochen über eine relativ ungünstige Blutversorgung gespeist wird. So wird das Kahnbein nicht von der Körpermitte kommend versorgt, sondern in diesem Fall mit Blutgefäßen, die aus Richtung der Finger kommen. Zudem bilden die versorgenden Blutgefäße im Kahnbein selbst keine Verbindungen, so dass die Ruptur eines Gefäßes automatisch eine Minderversorgung des entsprechenden Knochenteils bedeutet. Daher heilen Frakturen in den fingernahen, distalen zwei Dritteln des Kahnbeines auch schneller und besser aus, als im proximalen, handgelenksnahen Drittel. Die Heilung des Kahnbeins gilt daher als anspruchsvoll, und ist nicht immer von Erfolg gekrönt.

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Heilung

Eine Heilung des Kahnbeinbruches kann mit OP, oder ohne OP erreicht werden. Wie die Versorgung des Bruches erfolgt, ist im Endeffekt von der Art des Bruches selbst abhängig. Frakturen in den distalen beiden Dritteln können konservativ versorgt werden. Im distalen Drittel erfolgt eine Ruhigstellung von ungefähr 6-8 Wochen.

Im mittleren Drittel sollte auf Grund der schlechteren Blutversorgung eine Ruhigstellung für 10-12 Wochen erfolgen. Nach bis zu 3 monatiger Ruhigstellung sind Muskeln jedoch atrophiert, und Sehnen meist verkürzt. Diese wird jedoch mithilfe einer konsequenten Krankengymnastik und etwas Geduld nach einiger Zeit wieder erlangt. Neben dem eingeschränkten Bewegungsumfang (der sich meist direkt aus der Ruhigstellung der Muskeln und Gelenke und nicht durch den Bruch an sich ergibt) können im Anschluss an eine konservative Behandlung zunächst noch weitere Restbeschwerden bestehen bleiben. Dazu gehören unter anderem Schwellungen, Taubheitsgefühle in Arm und Hand und/oder eine erhöhte Wetterfühligkeit.

Eine OP ist bei Frakturen des proximalen Drittels immer indiziert. Ein solcher Kahnbeinbruch sollte stets verschraubt werden. Dazu werden die beiden Bruchfragmente mit einer Titanschraube aneinandergeschraubt. Der Druck, der von nun an auf die Bruchstücke wirkt, lässt diese schneller zusammenwachsen, quasi wie wenn man zwei Holzstücke unter Druck zusammenleimt. Der Vorteil der OP ist, dass die Hand bereits nach wenigen Tagen wieder übungsstabil ist, sprich frei benutzt werden kann. Die Muskeln degenerieren nicht, die Sehnen verkürzen nicht, und die Schraube kann meist in der Hand belassen werden, was eine weitere OP ausschließt.

Eigens für die Versorgung des Kahnbeinbruches mit OP wurde die „Herbert-Schraube“ entwickelt, eine Schraube, die komplett im Knochen versenkt wird, und auf Grund der zwei Gewinde an ihren beiden Enden eine optimale Zugwirkung auf die Knochenstücke ausübt. Sie wird über einen kleinen Hautschnitt (ca. 1 cm lang) auf der Innenseite des Handgelenks, unterhalb des Handballens eingesetzt. Der Schnitt heilt in der Regel problemlos ab, es bleibt eine strichdünne, kleine Narbe.

Im Anschluss an eine Operation können auch bestimmte Beschwerden auftreten. Dadurch dass im Rahmen des Eingriffs im Unterarm verlaufende Nerven gereizt werden können, kann es auch hier zu Kribbel- oder Taubheitsgefühlen der betroffenen Stellen kommen. Diese Symptome verschwinden dann innerhalb von einigen Monaten aber letztendlich auch bei fast allen vollkommen, sodass das Handgelenk wieder genauso einsatzfähig ist wie vor dem Unfall.

Ab und zu kann es jedoch auch vorkommen, dass die Heilung eher ungünstig verläuft. Das Risiko dafür ist besonders dann hoch, wenn ein kleines Stück vom Knochen abgesprengt wurde, welches nicht ausreichend durchblutet werden kann und sich dadurch der Heilungsprozess verlangsamt und erschwert oder aber, wenn ein Kahnbeinbruch lange unentdeckt und deswegen unbehandelt bleibt. Dann bildet sich in manchen Fällen eine Pseudarthrose des Kahnbeins aus. Das bedeutet, dass die Knochenbruchstücke nicht wieder richtig zusammenwachsen. Das führt dann letztlich zu Beschwerden, die denen einer Arthrose ähneln. Knochen reibt auf Knochen, was dem Patienten Schmerzen bereitet und zu einer eingeschränkten Beweglichkeit im Gelenk führt. In solch einem Fall ist in der Regel die Indikation für einen (weiteren) chirurgischen Eingriff gegeben, um zu verhindern, dass die Beschwerden chronifizieren und die Hand nicht mehr richtig genutzt werden kann.

Kahnbein-Pseudarthrose

Oft wird ein Kahnbeinbruch jedoch nicht erkannt, da er sich meist relativ schmerzlos äußert. Eventuell bleibt für einige Wochen bis Monate ein leicht schmerzhaftes Gefühl im Handballen, das allerdings nicht wirklich stört, und deswegen gerne ignoriert wird. Natürlich muss nicht jeder Prellung des Handballens ein Kahnbeinbruch zu Grunde liegen, allerdings werden diese häufig übersehen.

Typischerweise ist ein Kahnbeinbruch auch im Röntgenbild relativ schlecht auszumachen, weswegen sich das CT als Diagnosemittel der Wahl etabliert hat.

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Bei ausbleibender Behandlung besteht die Gefahr, dass die Bruchfragmente in Fehlstellung aufeinander wachsen. Da die acht Handwurzelknochen in enger physischer Beziehung zueinander stehen, kommt es zu einer veränderten Kräftewirkung im Handgelenk. Man kann sich das so vorstellen, wie wenn ein Brückenpfeiler plötzlich weniger Gewicht tragen könnte, und seine Last auf die anderen Brückenpfeiler verteilt. In der Folge kann es zum sogenannten „SNAC-Wrist-Syndrom“ kommen, aus dem englischen frei übersetzt „Zusammenbruch nach ausbleibender Ausheilung des Kahnbeines“ (Scaphoid Nonunion Advanced Collapse). Dieses Syndrom kann in eine Pseudarhtrose übergehen.

Im deutschen könnte man den Begriff am ehesten mit „Pseudogelenk“ übersetzen, da das Gelenk zwar noch vorhanden ist, jedoch nicht, oder nur eingeschränkt funktioniert. Eine Pseudarthrose im Handgelenksbereich ist insofern problematisch, als dass wir die Hand tag täglich für die einfachsten Tätigkeiten gebrauchen, und eine Heilung nur mit OP erreicht werden kann.

Dazu wird dann ein Knochenstück aus dem Beckenkamm entnommen, und in das frakturierte Kahnbein eingesetzt. Anschließend wird von den Fingern kommend ein Draht eingebohrt, der zur Abschätzung der Länge der benötigten Schraube dient. Die einzelnen Knochenfragmente werden möglichst mittig auf der Schraube aufgefädelt, wobei stets auf eine ausreichende Blutversorgung geachtet werden muss. Wie die Beschreibung der OP schon erahnen lässt, handelt es sich um einen relativ kniffligen Eingriff.

Die Heilung kann man jedoch relativ schwer beschleunigen. Der Knochen braucht Zeit, um zu verwachsen, und die Blutgefäße müssen erst ihren Weg zu den frakturierten Knochenstücken finden. Patienten können zur Beschleunigung der Heilung höchsten auf eine größtmögliche Schonung achten, und Geduld mitbringen. Der Kahnbeinbruch gehört leider zu den Frakturen, die sehr viel Zeit zur Ausheilung benötigen. An den anatomischen Verhältnissen kann auch der beste Chirurg nichts ändern, so dass bis zum Abschluss der Therapie höchstens eine Schmerzmedikation bleibt. Bei Schmerzen verordnet der Arzt in der Regel handelsübliche Schmerzmittel wie Ibuprofen, oder Paracetamol, die von den Patienten gut vertragen werden.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 21.06.2012 - Letzte Änderung: 30.03.2024