Ausgelöst durch einen chronischen Vitamin B12-Mangel kommt es bei der funikulären Myelose zu einer Rückbildung gewisser Rückenmarksbereiche.
Ausgelöst durch einen chronischen Vitamin B12-Mangel kommt es bei der funikulären Myelose zu einer Rückbildung gewisser Rückenmarkbereiche.
Die funikuläre Myelose macht sich durch einen Abbau der Markscheiden, die die Nerven umgeben (sogenannte Entmarkung) bemerkbar. Fehlt diese Ummantelung der Nervenzellen, so kommt es zu Fehlfunktionen und Kurzschlüssen bei der Weiterleitung von Nervenimpulsen und Reizen.
Bei der funikulären Myelose sind die Hinterstränge und die Pyramidenseitenstränge des Rückenmarks besonders stark betroffen. Hier werden Informationen aus den Empfindungsorganen an das Gehirn weitergeleitet. Bei einer Fehlfunktion wie der funikulären Myelose kommt es zu einer Gangunsicherheit und daraus folgendem Schwindelgefühl, da der Körper sich nicht mehr richtig im Raum orientieren kann (gestörte Tiefensensibilität).Zusätzlich leiden die Patienten an Missempfindungen und Schmerzen, besonders in den Beinen.
Außerdem besteht eine schnelle Ermüdbarkeit beim Gehen, Zungenbrennen und Impotenz, sowie Harnverhalt.Wenn zusätzlich auch der Sehnerv oder die Nervenbahn des Sehens betroffen ist, so kann es zu Sehstörungen kommen. Meist tritt eine funikuläre Myelose bei Patienten im Alter von etwa 45 Jahren auf.
Muskelzuckungen sind kein typisches oder spezifisches Symptom für die funikuläre Myelose, können jedoch auftreten. Grund hierfür sind einerseits die gesteigerten Eigenreflexe. Schon minimale Berührungen oder Bewegungen, die beim Gesunden keine weiteren Folgen hätten, können Reflexe und somit Muskelzuckungen auslösen. Auch können sich spastische Lähmungen entwickeln, die sich zunächst durch Muskelzuckungen zeigen können.
Andererseits können die Muskelzuckungen als Zeichen des Verlustes des Lagesinns (Propriozeption) auftreten. Ist der Lagesinn gestört, so ist man nicht mehr in der Lage mit geschlossenen Augen Position und Haltung (Lage) z.B. des Arms zu bestimmen. Es fehlt das Körpereigengefühl. Ausgleichbewegungen in Form von Muskelzuckungen können auftreten.
Ausführliche Informationen zu diesem Thema lesen Sie unter: Muskelzucken
Die Ursache für die funikuläre Myelose ist der chronische Mangel des Vitamins B12. Um das Vitamin im Darm aufzunehmen, produziert der Körper im Magen den sogenannten Intrinsic factor, sodass es bei Magenerkrankungen zu einer Fehlfunktion der Vitamin B12-Resorption kommen kann, wenn die Produktion des Intrinsic factors gestört ist.Weitere mögliche Ursache für eine fehlerhafte Vitamin B12-Mangel ist die perniziöse Anämie.
Eine schwere Schädigung der Magenschleimhaut kann unter anderem bei chronischer Magenschleimhautentzündung (chronische atrophische Gastritis), einem bösartigen Magentumor (Magenkarzinom; Magenkrebs) oder bei Alkoholismus kommen. Wurde der Magen operativ entfernt, da beispielsweise eine Magentumor vorlag, so fehlt die Magenschleimhaut und damit der dort gebildete Intrinsic Factor vollständig.Ebenso kann es bei Befall mit Fischbandwurm zu einem so hohen Vitamin B12-Verbrauch durch den Parasiten kommen, dass dem Körper des Patienten für den eigenen Stoffwechsel nicht mehr genügend Vitamin B12 zur Verfügung steht.
Ebenso besteht ein erhöhter Bedarf an Vitamin B12 in der Schwangerschaft und bei diversen Krebserkrankungen, wie zum Beispiel Leukämie oder Myelom.Wenn es eine krankhafte Bakterienbesiedelung im Darm des Patienten gibt, so kann auch hierdurch ein Vitamin B12-Mangel entstehen.
Eine einseitige Ernährung, sowie Hungern können auch zu einer Unterversorgung mit Vitamin B12 führen.
Die Aufnahme von Vitamin B12 kann durch mehrere Darmerkrankungen negativ beeinflusst werden. Zu diesen gehören zum Beispiel Morbus Crohn und Sprue (bei Erwachsenen), sowie Zöliakie (bei Kindern) und die chronische Funktionsminderung der Bauspeicheldrüse (chronische Pankreasinsuffizienz nach Entzündung oder ähnlicher Erkrankung).
Wurde dem Patienten ein Teil des Darmes entfernt, so kann auch dies zu einer verminderten Aufnahme von Vitamin B12 führen. Einige Medikamente, zum Beispiel Antiepileptika ebenso wie Zytostatika, können sich negativ auf den Vitamin B12-Stoffwechsel und auswirken.
Darüber hinaus existieren Medikamente, die die Vitamin B12 Resorption im Krummdarm hemmen. Besonders erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang Protonenpumpenhemmer und das Antidiabetikum Metformin, da es sich hierbei um sehr häufig eingenommene Arzneimittel handelt, die häufig sogar in Kombination regelmäßig verschrieben werden. Daraus resultiert möglicherweise ein gravierender Vit. B12 Mangel mit Symptomen einer Funikulären Myelose, die vor allem bei betroffenen Diabetikern als Diabetische Polyneuropathie fehldiagnostiziert werden können. Die eigentliche Ursache der Polyneuropathie wird folglich nicht behandelt, obwohl durch einfache Vitamin B12 Gabe (intravenös oder oral) die Beschwerden behoben werden könnten.
In der Leber des Menschen steht ein Depot an Vitamin B12 zur Verfügung, daher zeigen sich Mangelerscheinungen erst nach etwa 3 Jahren Beeinträchtigung der Vitamin B12-Aufnahme.
Das lebensnotwendige Vitamin kann nur von Bakterien hergestellt werden und ist in tierischen Produkten wie Fleisch, Geflügel, Fisch, Muscheln, Meeresfrüchten und wenig auch in Milch natürlicherweise vorhanden. In Hefe oder Pflanzenerzeugnissen kommt es im Allgemeinen nicht vor, wodurch gerade Veganer oder auch Vegetarier Vitamin B12 als Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen müssen. Auch Personen, die älter als 50 Jahre alt sind, sollten zusätzliches Vitamin B12 zu sich nehmen, um ihren Bedarf voll zu decken.
Lesen Sie hierzu auch: Vitamin B12- Mangel
Bei einem chronischen Alkoholmissbrauch kann ein Vitamin-B12-Mangel mit größerer Wahrscheinlichkeit auftreten, wodurch wiederum eine funikuläre Myelose zustande kommen kann. Der Vitamin-B12-Mangel tritt einerseits durch eine chronische Entzündung der Magenschleimhaut auf, die bei Alkoholikern sehr häufig auftritt. Dabei kann die Magenschleimhaut den Stoff (Intrinsic Factor), der für die Aufnahme des Vitamins nötig ist, nicht mehr herstellen, weshalb auch kein Vitamin-B12 mehr aufgenommen werden kann.
Andererseits ernähren sich chronische Alkoholiker häufig nicht mehr ausgewogen gesund und führen sich von außen zu wenig Vitamin-B12 zu. Auch so kann ein Vitamin-B12-Mangel durch Alkoholismus entstehen.
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Bei der körperlichen Untersuchung fallen insbesondere folgende Merkmale der funikulären Myelose auf:
Untersucht man zusätzlich das Wasser im Rückenmarkskanal (Liquor), so fällt bei zwei Dritteln der betroffenen Patienten einer Eiweißerhöhung auf.
Die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (Elektroneurographie) zeigt bei circa drei Vierteln der Patienten eine Verlangsamung, die zum Teil auf einer gleichzeitig bestehenden Polyneuropathie besteht.
Wird das Blut untersucht, so lässt sich teilweise eine megalozytäre hyperchrome Anämie (bestimmte Form der Blutarmut), sowie eine teilweise Zerstörung der roten Blutkörperchen und einer Verminderung der weißen Blutkörperchen feststellen.
Ebenso ist die Verminderung der Vitamin B12-Konzentration im Blut zu messen. Durch den sogenannten Schilling-Test lässt sich eine Aufnahmestörung von Vitamin B12 im Dünndarm diagnostisch nachweisen.
Eine bildgebende Diagnostik in Form einer Magnetresonanztomografie (MRT) ist nicht in jedem Fall nötig, kann aber die Diagnose festigen. Insbesondere bei untypischen Symptomen, die nicht eindeutig zu einer funikulären Myelose passen, wird gerne ein MRT durchgeführt. Schäden zeigen sich bei der MRT Untersuchung vor allem im Bereich der Hinterstränge des Rückenmarks und im Bereich um die Hirnkammern (Bereich des subkortikalen, periventrikulären Marklagers). Auch der Hinterseitenstrang des Rückenmarks kann betroffen sein.
Die betroffenen Strukturen sind insbesondere für Aspekte des Tastsinns und für die Körpereigenwahrnehmung im Raum (Propriozeption) zuständig. Aus den Schäden dort erklärt sich die Symptomatik. Das MRT-Bild wird mit der Aufnahmetechnik der sogenannte T2-Gewichtung aufgenommen, in der sich Hirnwasser und aufgequollenes Gewebe hell darstellen. Dementsprechend können in den genannten Bereichen des Rückenmarks helle Flecken gesehen werden. Das restliche Rückenmark stellt sich dunkel dar.
Die funikuläre Myelose wird mittels Vitamin B12-Gabe als Spritze oder Infusion behandelt. Diese Substitution ist mitunter jahrelang notwendig sein, bis die eigentliche Ursache für den verminderten Vitamin B12-Gehalt im Körper behoben werden kann.
Die Prognose der funikulären Myelose ist sehr gut und eine vollständige Heilung ist möglich, wenn das Krankheitsbild beziehungsweise der auslösende Vitamin-B12-Mange rechtzeitig erkannt wird. Wird die funikuläre Myelose innerhalb von drei Monaten diagnostiziert und sofort entsprechend mit Vitamin-B12 behandelt normalisieren sich die Blutzellen in kürzester Zeit. Die Enzephalopathie, also die tatsächliche Schädigung des Hirns ist nach wenigen Wochen wieder zurückgebildet. Die neurologischen Symptome und Ausfälle können trotzdem noch für einige Monate auftreten.
Wird die funikuläre Myelose erst später erkannt und behandelt so können Teile der Enzephalopathie und/oder der neurologischen Symptome zurückbleiben und für das restliche Leben vorhanden sein.
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