Zu einer Fraktur des Schenkelhalses kommt es vor allem durch Stürze oder Gewalteinwirkung. Bei älteren Menschen, die eine geringere Knochendichte aufweisen kann es durch einen simplen Sturz sehr rasch zu einem Bruch kommen. Bei jüngeren Menschen bedarf es starker Gewalteinwirkung z.B in Form eines Traumata, im Rahmen eines Autounfalls etwa. Die Therapie richtet sich nach dem zugrunde liegenden Bruch. Dafür gibt es ein Klassifikationssystem welches je nach Schweregrad eine konservative oder operative Therapie der Fraktur vorsieht.
Eine Schenkelhalsfraktur ist der hüftgelenksnahe Bruch des Halses des Oberschenkelknochens, in der medizinischen Fachsprache auch Collum femoris genannt.
Die Verletzung tritt meist infolge eines Sturzes oder von anderweitiger Krafteinwirkung auf den Schenkelhals auf und ist typisch für das höhere Lebensalter. Das Risiko, eine Schenkelhalsfraktur zu erleiden korreliert in hohem Maße mit der Sturzneigung des Individuums, welche durch die Faktoren hohes Lebensalter, häufige Kreislaufbeschwerden mit Kollapsneigung oder Einnahme von Schlaf- oder Schmerzmedikamenten deutlich erhöht sein kann.
Bei jungen Menschen kommt eine Schenkelhalsfraktur deutlich seltener vor und ist meist auf massive Gewalteinwirkung auf den Oberschenkelknochen zurückzuführen, wie sie beispielsweise bei Traumata im Rahmen von Verkehrsunfällen auftritt.
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Das Vorhandensein einer Osteoporose, welche mit einer Verminderung der Knochendichte und Herabsetzung der Knochenstabilität einhergeht, erhöht deutlich die Gefahr bei einem Sturzereignis einen Schenkelhalsbruch zu erleiden.
Da Frauen im fortgeschrittenen Lebensalter wesentlich häufiger von Osteoporose betroffen sind als gleichaltrige Männer, tritt die Schenkelhalsfraktur häufiger beim weiblichen Geschlecht auf.
Die Ursache für eine Fraktur des Schenkelhalses ist in jedweder Krafteinwirkung auf den Schenkelhals zu suchen.
Beim jungen Organismus ist der Oberschenkelknochen als tragender Bestandteil des Bewegungsapparates auf extrem hohe Belastungen ausgelegt. Rotations-, Biegungs- und Abscherungskräfte, wie sie beim Laufen, Springen aber auch bei Stößen und Stürzen auftreten, werden ohne weiteres verkraftet.
Nimmt die Knochendichte und damit die Knochenstabilität in höherem Alter, meist zusätzlich begünstigt durch Osteoporose ab, können bereits Bagatelltraumen, wie zum Beispiel Stürze im häuslichen Umfeld, zum Bruch des Oberschenkelhalses führen. Bei stark fortgeschrittener Ausdünnung der Knochensubstanz kann ein spontaner Bruch schon unter normaler Belastung auftreten.
Junge Patienten mit gesunder Knochenstruktur erleiden Schenkelhalsfrakturen meist nur unter massiver Gewalteinwirkung. Typisch sind hier Verkehrsunfälle wie zum Beispiel das Auffahren auf einen anderen PKW mit großer Geschwindigkeit oder ein Sturz mit dem Motorrad.
Tritt eine Schenkelhalsfraktur bei einem jungen Menschen infolge eines Bagatelltraumas oder gar spontan ohne besondere Krafteinwirkung auf, muss an eine krankhafte Ausdünnung der Knochenstruktur beispielsweise im Rahmen von hormonellen Erkrankungen oder eines Tumors gedacht werden.
Ein Oberschenkelhalsbruch geht zumeist mit starken Schmerzen einher, die sich durch einen Bewegungsversuch im Hüftgelenk und besonders durch Druck auf den großen Rollhügel, den sogenannten Trochanter major verstärken lassen.
Selten und vor allem bei eingestauchten und nicht verschobenen Brüchen treten lediglich mäßige Schmerzen auf, die mit einer Prellung der Hüfte verwechselt werden können. In aller Regel klagen die Betroffenen jedoch über stärkste Schmerzen, welche mit dem Grad der Verschiebung der Bruchstücke zunehmen und sind nicht mehr gehfähig.
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Für den erfahrenen Untersucher ist die Feststellung einer Schenkelhalsfraktur meist eine Blickdiagnose, gekennzeichnet durch Verkürzung und Außenrotation der verletzten Extremität. Die Außenrotation entsteht durch Muskelzug, der am großen Rollhügel (Trochanter major) ansetzenden Muskulatur des Gesäßes. Die Verkürzung der Extremität resultiert aus der Verschiebung der Bruchlinie oder gar durch das extrem schmerzhafte Abkippen des Hüftkopfes.
Je nach Unfallhergang können Blutergüsse im Bereich des Hüftgelenkes auftreten.
Die Verdachtsdiagnose, die meist schon aufgrund des Unfallmechanismus und der typischen Stellung des verletzten Beines gestellt werden kann, wird durch weitere diagnostische Schritte ergänzt. In der körperlichen Untersuchung werden eine Druckschmerzhaftigkeit über dem großen Rollhügel und die Bewegungsschmerzhaftigkeit bei Mobilisierung des Hüftgelenkes geprüft.
Im Rahmen der Frakturdiagnostik wird die Durchblutung der unteren Extremität durch Feststellung der Fußpulse und der Erhalt der Sensibilität unterhalb des Bruches kontrolliert. Der aufnehmende Arzt wird zudem eine Röntgenaufnahme des Beckens sowie des Hüftkopfes anordnen.
Die Einteilung nach Pauwels erfolgt über die Feststellung des Neigungswinkels der Bruchlinie. Sie hat in der Klinik die größte Relevanz zur Abschätzung von Schweregrad und Prognose der Verletzung.
Die Einteilung in die drei Schweregrade richtet sich nach dem Winkel zwischen Bruchlinie und Horizontale. Beträgt dieser zwischen 0°und 30°, sprich man von Pauwels Grad I, bei 30°bis 50° von Pauwels Grad II. Bei einem Neigungswinkel von mehr als 50° spricht man von einer Abscherfraktur mit dem schwersten Pauwels Grad III.
Der steigende Schweregrad nach Pauwels zeigt eine zunehmende Instabilität der Fraktur an. Die Grade Pauwels II und III sind stets eine Indikation für eine operative Wiederherstellung des Knochens , einer sogenannten Osteosynthese.
Auch die Garden Klassifikation zeigt mit steigendem Schweregrad eine Abnahme der Bruchstabilität an. Die vor allem in den USA gebräuchliche Einteilung unterscheidet vier Stufen.
Garden I bezeichnet einen inkompletten Bruch mit Stauchung, der eher stabil ist. Es besteht keine Verschiebung der Bruchfragmente. Bei Garden II ist der Bruch zwar komplett, die Bruchstücke berühren sich jedoch noch und sind nicht gegeneinander verschoben oder rotiert. Der Bruch ist noch stabil.
Garden III bezeichnet einen kompletten Schenkelhalsbruch, bei dem die Bruchfragmente zwar gegeneinander verschoben sind und der Oberschenkelknochenschaft gegenüber dem körpernahen Bruchteil rotiert ist, trotzdem aber noch Kontakt haben. Dieser Kontakt ist bei Grad IV der Klassifikation nach Garden gänzlich aufgehoben, die Bruchfragmente berühren sich an keiner Stelle, eine ausgeprägte Dyslokation liegt vor.
Die Prognose bei den Garden I und II ist gut, wohingegen Patienten mit vorliegenden Schenkelhalsfrakturen klassifiziert mit Garden III und IV einer operativ versorgt werden sollten.
Wie aus dem vorangegangenen Abschnitt bereits hervorgeht, ist nicht in jedem Fall eine operative Versorgung einer Schenkelhalsfraktur notwendig.
Die Notwendigkeit leitet sich aus der beschriebenen Einteilung in die Klassifikationssysteme nach Garden und Pauwels ab, ist jedoch stets eine Einzelfallentscheidung, bei der auch Faktoren wie Alter und Beschwerden des Patienten berücksichtigt werden.
Eine konservative Behandlung, das heißt eine Behandlung ohne Operation, bietet sich, wie bereits aus den Empfehlungen zu den einzelnen Klassifikationssystemen ersichtlich, bei stabilen oder eingekeilten Brüchen an (Pauwels I und Garden I bis II). Die konservative Behandlung besteht in einer Ruhigstellung der betroffenen Extremität damit die gebrochenen Knochenteile darunter wieder zusammen wachsen können. Verschieben sich die immobilisierten Knochenenden im Laufe der konservativen Behandlung doch, sollte sofort eine Operation angestrebt werden.
Um gerade beim älteren Menschen die körperlichen Folgen der Ruhigstellung möglichst gering zu halten, muss, sobald möglich, eine Mobilisierung der betroffenen Extremität unter professioneller Anleitung erfolgen.
Wird ein instabiler Bruch aufgrund einer Inoperabilität des Patienten konservativ behandelt, obwohl eine operative Versorgung angezeigt wäre, muss auf eine ausreichend lange Ruhigstellung und eine effektive Prophylaxe von Begleiterkrankungen wie Thrombosen oder Embolien geachtet werden.
Die Operation einer Schenkelhalsfraktur bietet sich bei instabilen Bruchverhältnissen an und zeichnet sich durch bessere Stabilität und kürzere Immobilisation aus. Das Auftreten von Komplikationen bei langer konservativer Behandlung instabiler Brüche lässt meistens eine Operation notwendig werden. Diese sollte notfallmäßig innerhalb von sechs Stunden nach der Verletzung erfolgen. Bei Patienten jüngeren Lebensalters kann die Versorgung unter Erhalt des Hüftkopfes mit einer dynamischen Hüftschraube (DHS) vorgenommen werden. Dabei wird die verletzte Extremität vor der Operation in die richtige Stellung gebracht und der Bruch anschließend unter Anwendung von Röntgentechnologie über einen Hautschnitt mit der Hüftschraube fixiert.
Bei Patienten über 65 Jahren sollte die Implantation einer Hüftprothese erwogen werden. Bei dieser Operation wird der Hüftkopf und teilweise auch die Hüftgelenkspfanne komplett durch künstliche Strukturen ersetzt. Die Aufbelastung kann relativ bald nach der Operation beginnen, sodass Komplikationen durch lange Immobilisation möglichst vermieden werden.
Eine frühzeitige Mobilisation der Patienten ist das Schlüsselelement der erfolgreichen Behandlung. Gerade im fortgeschrittenen Lebensalter kann die Schenkelhalsfraktur zu lebensbedrohlichen Umständen führen, wenn beispielsweise Blutgerinnsel oder Druckgeschwüre als Komplikationen der langen Immobilisation bei konservativer Behandlung oder nach Operation auftreten. Auch Lungenentzündungen treten gehäuft bei längeren Krankenhausbehandlungen auf.
All diese Komplikationen können durch eine frühe Betreuung des Patienten durch die Physiotherapie in der Rehabilitationsphase (Rehabilitation nach einem Oberschenkelhalsbruch) effektiv vermieden werden. Eine adäquate Schmerztherapie ermöglicht die zeitnahe Mobilisation der betroffenen Extremität, die in der Regel zwei bis drei Wochen durch den Physiotherapeuten angeleitet wird. Auf die Entlassung aus der stationären Behandlung folgt in der Regel eine Anschlussheilbehandlung.
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Um einer Schenkelhalsfraktur vorzubeugen, muss gerade bei älteren Menschen die Hauptursache, eine generelle Sturzneigung, beseitigt oder reduziert werden.
Auslösende Faktoren für Stürze sind neben Kreislaufproblemen, die zum Kollaps führen können, auch Überdosierung oder fehlerhafte Einnahme von Schlaf-, Schmerz- oder Beruhigungsmedikamenten. Gerade bei der Medikation mit vielen unterschiedlichen Medikamenten sollte der Medikamentenplan kritisch auf Wechselwirkungen der einzelnen Präparate geprüft werden.
Bei bestehender Gangunsicherheit sollten eine Versorgung mit Gehhilfen und eine umfangreiche Schulung in deren Gebrauch auch im häuslichen Umfeld erfolgen. Die Wohnung muss im Einzelfall auf Barrierefreiheit und ihre Tauglichkeit für den betagten Bewohner untersucht und gegebenenfalls umgebaut werden. Geschultes Pflegepersonal in der häuslichen Pflege erkennt häufig „Stolperfallen“ wie Teppiche oder Türschwellen und kann helfen, die alltägliche Umgebung gefahrlos zu gestalten.
Vor allem bei Frauen in fortgeschrittenem Lebensalter ist eine sogenannte Knochendichtemessung hilfreich, um eine bestehende Osteoporose zu erkennen und z.B durch Einnahme von Kalzium- und Vitamin-D-Präparaten am Fortschreiten zu hindern. Auch Männer erkranken gelegentlich an Osteoporose. Bei beiden Geschlechtern kann die Erkrankung durch Einnahme bestimmter Medikamente begünstigt werden.
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