Die Betazellen der Bauchspeicheldrüse sind beim Diabetes mellitus Typ 1 zerstört und damit funktionsunfähig, d.h. sie produzieren kein Insulin mehr. Der Zelluntergang, meistens ist die Anzahl der Zellen auf unter 10 % des eigentlichen Zellbestands reduziert, wird durch eine Autoimmunerkrankung verursacht und führt zu einem absoluten Insulinmangel. Der Diabetes Typ 1 wird auch als angeborener Diabetes bezeichnet
Diabetes mellitus, Zuckerkrankheit, juveniler Diabetes, Jugenddiabetes
Englisch: diabetes type 1
Der veraltete Begriff für den Typ 1 Diabetes lautet „juveniler Diabetes“ und kommt daher, dass hauptsächlich Kinder und Jugendliche zum ersten Mal mit dieser Krankheit diagnostiziert werden. Diese Bezeichnung ist zwar immer noch weit verbreitet, gilt allerdings als überholt, da man mittlerweile weiß, dass Erwachsene genauso gut einen Diabetes Typ 1 entwickeln können.
Der Diabetes Typ 1 ist eine Autoimmunerkrankung und beruht auf einem absoluten Mangel an Insulin. Das bedeutet, dass das Hormon Insulin, das für die Regulation des Blutzuckerspiegels zuständig ist, gar nicht oder nicht in ausreichendem Maße vom Körper produziert wird. Das führt dazu, dass Betroffene einen zu hohen Blutzuckerspiegel haben. Da der Zucker (Glucose) nicht mehr vom Blut in die Zellen aufgenommen wird, ergibt sich das nächste Problem, nämlich der Zuckermangel in den Zellen, wo er als Energielieferant fehlt.
Das häufigste und charakteristischste Symptom eines Diabetes Typ 1 ist eine rasche Gewichtsabnahme innerhalb kürzester Zeit. Diese wird begleitet von einem dauernden Durstgefühl, häufigem und ausgeprägtem Wasserlassen und einer damit verbundenen Austrocknung. Das kommt daher, dass der Körper ab einer bestimmten Glucose-Konzentration im Blut nicht mehr in der Lage ist, den gesamten Zucker aus dem Urin zu resorbieren, wodurch mehr ausgeschieden wird. Um diese Ausscheidung zu ermöglichen, müssen vermehrte Mengen von Wasser hinzugefügt werden, was den Harndrang und auch den kompensatorischen Durst erklärt. Besonders aufmerksam werden sollte man, wenn diese Symptome während oder kurz nach einer Virusinfektion auftreten.
Außer der Blutzuckerregulierung ist das Insulin auch ein wichtiger Bestandteil des Fetthaushaltes des Körpers und sorgt normalerweise dafür, dass Fettsäuren in den Zellen behalten werden. Bei einem Mangel kommt es demnach zu einer vermehrten Anhäufung von Fettsäuren im Blut, die wegen ihrer großen Menge nicht in ausreichendem Maße abgebaut werden können und deswegen zu sogenannten Ketonkörpern umgebaut werden. Da sowohl Fettsäuren als auch Ketonkörper saure Strukturen sind, kommt es zu einer Übersäuerung des Blutes (einer Ketoazidose). Da der Säure-Basen-Haushalt des Körpers nur sehr geringe Schwankungen toleriert, kommt es bei einem Überschuss an Säuren schnell zur Entgleisung sämtlicher Stoffwechselwege.
Hinzu kommen allgemeine Symptome wie zum Beispiel Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Sehstörungen und Müdigkeit, die vor allem auf den Zuckermangel innerhalb der Körperzellen zurückzuführen sind.
Im schlimmsten Falle verfällt ein Betroffener in ein ketoazidotisches Koma, was einen lebensgefährlichen Zustand darstellt.
Symptome bzw. Folgeerkrankungen des Diabetes, die allerdings nur auftreten, wenn der Diabetes unerkannt bleibt oder schlecht behandelt wird, sind unter anderem Bluthochdruck, Herzinfarkt, Gefäßerkrankungen (vor allem im Bereich der Netzhaut, was zur diabetischen Retinopathie und im schlimmsten Fall zur Erblindung führen kann), Neuropathie und Niereninsuffizienz.
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Es gibt mehrere Möglichkeiten, um einen Diabetes zu diagnostizieren, die sowohl beim Diabetes Typ 1 als auch beim Diabetes Typ 2 angewandt werden.
Zunächst einmal sollte der Blutzuckerspiegel gemessen werden, der sich im Nüchternzustand normalerweise unter 110 mg/dl befinden sollte. Wenn er höher ist als 126 mg/dl, liegt ein Diabetes vor.
Außerdem stehen verschiedene Labortests zur Verfügung, allen voran die Messung des HbA1c. Dies ist ein Wert, der das Hämoglobin, also den roten Farbstoff der Blutkörperchen, betrifft. Normalerweise ist nur ein sehr geringer Teil des Hämoglobins mit Glukose verbunden. Bei einem Zuckerüberschuss im Blut, wie es bei Diabetes der Fall ist, ist dieser Anteil deutlich über die normalen 4-6% des Hämoglobins erhöht. Da dieser Wert den Blutzuckerspiegel der letzten Wochen widerspiegelt, ist er nicht nur eine gute Möglichkeit zur Diagnose, sondern auch zur Überprüfung, ob die Therapie des Diabetes erfolgreich ist. Liegt er im Normalbereich, ist das Entstehen von Folgeschäden eher unwahrscheinlich.
Darüber hinaus besteht noch die Option der Messung von Zucker oder Ketonkörpern im Harn, die beim Gesunden unter einem bestimmten Wert liegen sollten. Um die Insulineigenproduktion des Körpers zu bestimmen, kann im Blut das sogenannte C-Peptid gemessen werden. Dieses wird von der Bauchspeicheldrüse immer in gleicher Menge abgegeben wie das Insulin, wodurch man auf dessen Freisetzung schließen kann.
Eine weitere Möglichkeit, Diabetes früh zu erkennen, ist die Durchführung des Zuckerbelastungstest. Erfahren Sie mehr dazu unter: Glukosetoleranztest - Das sollten Sie wissen!
Eine Besonderheit beim Diabetes Typ 1 sind zudem Autoantikörper, die sich gegen die B-Zellen der Bauchspeicheldrüse richten. Diese sind jedoch nur in ungefähr 80% der Fälle nachweisbar.
Eine Liste vieler Autoantikörper und die durch sie hervorgerufenen Krankheitsbilder finden Sie unter: Autoantikörper
Bei diesem Diabetes-Typ muss der Mangel an Insulin mit Hilfe von einem künstlich zugeführten Insulin ausgeglichen werden. Hier gibt es verschiedene Präparate, die sich vor allem bezüglich ihrer Wirksamkeitsdauer unterscheiden. Zum einen gibt es Normalinsulin, das allerdings einen etwas verzögerten Wirkungseintritt zeigt, weshalb es in gewissem Abstand zu einer Mahlzeit eingenommen wird, und zum anderen gibt es Insulinanaloga, bei denen das Insulin ein wenig in seiner Struktur verändert wurde, um schneller und/oder länger wirksam zu sein.
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Diese Therapie muss lebenslang erfolgen, da ja nicht die Ursache des Insulinmangels behoben wird. Deshalb ist es wichtig, die Patienten so weit zu schulen, dass sie sich das Insulin selbst spritzen können. Die Diabetiker müssen auch lernen, inwiefern sich die Nahrungsaufnahme auf ihren Blutzuckerspiegel auswirkt, um entsprechend die Dosis des Insulins anpassen zu können. So lange sie darauf achten, können sich normalgewichtige Typ-1-Diabetiker allerdings völlig normal ernähren.
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Orale Antidiabetika wie sie beim Typ 2 Diabetes eingesetzt werden, sind bei dieser Erkrankung von keinem Nutzen, da sie dazu dienen, die Insulinfreisetzung aus der Bauchspeicheldrüse anzuregen, was ja allerdings beim Typ 1 wegen des absoluten Insulinmangels nicht möglich ist.
In Deutschland leben zurzeit schätzungsweise etwa 7 Millionen Menschen mit Diabetes mellitus. Davon hat allerdings nur ungefähr jeder 20. einen Diabetes mellitus Typ 1, was in etwa 50.000 Erkrankten entspricht.
Der Diabetes Typ 1 stellt mit 95% die mit Abstand häufigste Stoffwechselerkrankung von Kindern und Jugendlichen dar. In Deutschland sind ungefähr 21.000 bis 24.000 Kinder betroffen. Die Rate der Neuerkrankungen steigt jedes Jahr um etwa 3 bis 5% an.
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Ursachen für Diabetes sind vielfältig und in der Regel müssen mehrere Faktoren zusammentreffen, damit eine Person tatsächlich auch einen Diabetes Typ 1 entwickelt. Es gibt sowohl eine genetische Veranlagung als auch diverse Umweltfaktoren, die hier entscheidende Rollen spielen.
Ein Erbfaktor, der bei fast allen Diabetikern zu finden ist, betrifft ein Oberflächenmerkmal der weißen Blutkörperchen. Allerdings gibt es auch Gesunde, die das gleiche Merkmal auf ihren Zellen tragen. Mittlerweile sind mindestens 20 Gene identifiziert worden, die in Zusammenhang mit der Entstehung eines Diabetes mellitus Typ 1 gebracht werden. Umweltfaktoren, die erwiesenermaßen mit der Entstehung dieser Krankheit assoziiert werden können, sind unter anderem diverse Viren (zum Beispiel Röteln-, Echo- und Herpesviren), der frühe Konsum von Kuhmilch oder von Gluten.
Das Resultat des Zusammenspiels dieser Faktoren ist eine Autoimmunreaktion des Körpers. Das bedeutet, dass das Immunsystem, also das Abwehrsystem, sich gegen körpereigene Strukturen wendet, da es diese fälschlicherweise als fremd und gefährlich identifiziert. Im Falle des Diabetes Typ 1 richtet sich diese Abwehrreaktion gegen die B-Zellen der Bauchspeicheldrüse, die für die Produktion von Insulin verantwortlich sind. Das Absterben der Zellen führt zum absoluten Insulinmangel, wobei sich die Erkrankung erst manifestiert, wenn nur noch 10 bis 20% der Zellen vorhanden sind.
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