Alpha-Glukosidase-Hemmer

Alpha-Glukosidase-Hemmer hemmen im Darm Enzyme, die Kohlenhydrate in Traubenzucker (Glukose) spalten. Alpha-Glukosidase-Hemmer werden über die Leber abgebaut. Alphaglukosidasehemmer können die Leberfunktion beeinträchtigen.

Alpha-Glukosidase-Hemmer

Was sind Alpha-Glukosidase-Hemmer und wie wirken diese?

Die Wirkstoffe aus der Stoffgruppe der Alpha-Glukosidase-Hemmer hemmen im Darm Enzyme, die mit der Nahrung aufgenommene Kohlenhydrate in Traubenzucker (Glukose) spalten. Dadurch steigt der Blutzucker nach dem Essen nur langsam an.

Bei der Aufnahme von stark zuckerhaltigen Lebensmitteln (Limonade, Cola, Kuchen) oder gar reinem Traubenzucker haben die Alpha-Glukosidase-Hemmer jedoch keine Wirkung und der Blutzuckerspiegel steigt sofort an. Auf die Insulinfreisetzung der Bauchspeicheldrüse haben diese keine Wirkung.

In Langzeitstudien konnte allerdings ein längerfristiger Nutzen bei Diabetes sowie eine Wirksamkeit gegen Diabetes-Folgeerkrankungen nicht nachgewiesen werden. Lediglich die Blutzuckerspitzen werden mit beiden Medikamenten ausgeglichen, sodass der Restfunktion der Bauchspeicheldrüse noch eine Chance gegeben wird. Mehr als 30% der Diabetespatienten einer Studie haben die Medikamente wegen unerwünschten und unangenehmen Wirkungen im Bereich des Magen-Darm-Traktes wieder abgesetzt.

Indikationen

Alpha-Glucosidase-Hemmer, wie zum Beispiel Acarbose und Miglitol, sind Medikamente, welche im menschlichen Darm das Enyzm Alpha-Glucosidase deaktivieren. Dieses Enzym spaltet den Zucker, welcher mit der Nahrung aufgenommen wird. Folglich kann der Zucker nicht mehr so gut abgebaut und auch aufgenommen werden. Der  Blutzuckeranstieg nach einer Mahlzeit wird auf diese Weise verzögert bzw. der Peak wird verringert. Langfristig führt dies auch zu einer Senkung des nüchternen Blutzuckers.

Es handelt sich bei ihnen gewissermaßen um ein Nahrungsergänzungsmittel, welches unmittelbar vor dem Essen immer eingenommen werden sollten. Anwendung finden die Alpha-Glucosidase-Hemmer vor allem bei Patienten mit Diabetes Typ 2, welche eine Resistenz gegen das blutzuckersenkende Hormon Insulin entwickelt haben.
Auch um ein Entstehen von Diabetes zu verhindern, können Alpha-Glucosidase-Hemmer eingesetzt werden.

Da es sich bei den Alpha-Glucosidase-Hemmern um eher schwach wirksame Medikamente handelt, sollten sie stets mit einer dem Diabetes entsprechenden Diät kombiniert werden. In der Regel werden sie zusätzlich zu anderen Medikamenten, z. B. Sulfonylharnstoffen, eingesetzt.

Erfahren Sie hier mehr zum Thema Insulinresistenz und die optimale Therapie

Dosierung

Zu Beginn der Therapie mit Alpha-Glucosidase-Hemmern sollte man mit einer geringen Dosis beginnen, welche je nach Bedarf und Verträglichkeit erhöht werden kann. Die beiden verbreitesten Hemmer, Acarbose und Miglitol, sind in Form von teilbaren Tabletten zu je 100mg erhältlich.

Man kann mit 50mg dreimal täglich beginnen. Nach einigen Wochen kann bei guter Verträglichkeit die Dosis verdoppelt werden. Bei empfindlichen Patienten sollte man mit 50mg zweimal täglich beginnen. Die Dosis sollte hierbei vorsichtig erhöht werden. Die Tabletten sollten regelmäßig vor dem Essen eingenommen werden, da sie nur auf die anschließend eingenommene Mahlzeit Wirkung zeigen.

Bei Überdosierung kann es zu Durchfällen und starken Blähungen kommen.

Lesen Sie hier mehr zum Thema Acarbose und die Wirkweise.

Nebenwirkungen

Die Alpha-Glukosidase-Hemmer bremsen das Darm-eigene Enzym zur Verdauung der Kohlenhydrate. Die im Darm verbleibenden Kohlenhydrate werden stattdessen von Bakterien im Dickdarm gespalten. Dabei entwickeln sich Gase, die den Darm blähen und zu unerwünschten Abgang von Winden führen. Außerdem führt die Enzymhemmung zu lebhaften Darmgeräuschen und Durchfall. Bei mehr als 50% der Behandelten treten solche „Nebenwirkungen“ auf und führen oftmals zum eigenmächtigen Absetzten der Medikamente.

Alpha-Glukosidase-Hemmer werden über die Leber abgebaut und können die Leberfunktion beeinträchtigen. Ihr Arzt sollte daher alle 3 Monate die Leberwerte in einer Blutuntersuchung kontrollieren. Wenn Sie sich nach Einnahme von Alpha-Glukosidase-Hemmer unwohl fühlen sollten, Übelkeit, Erbrechen oder eine Gelbfärbung der Augen oder Haut wahrnehmen, sollten Sie unverzüglich Ihren Arzt aufsuchen, um die Leber zu untersuchen.

Kontraindikationen

Wenn Sie bereits an einer Darmerkrankung wie Morbus Crohn, Colitis ulzerosa leiden, sollten Alpha-Glukosidase-Hemmer nicht eingenommen werden, um die Darmstrukturen nicht noch mehr zu strapazieren.
Da durch die erhöhte Gasbildung im Darm auch der allgemeine Druck im Bauch ansteigt, sollten Alpha-Glukosidase-Hemmer nicht bei Hernien (Leistenbruch, Nabenbruch, Zwerchfellbruch) eingenommen werden. Auch Herzbeschwerden können die Einnahme von Alpha-Glukosidase-Hemmer verbieten.

Ihr Arzt wird eine Kosten-Nutzen-Abwägung mit Ihnen gemeinsam besprechen. Bei schweren Nierenfunktionsstörungen sind Alpha-Glukosidase-Hemmer unbedingt zu vermeiden, um eine Verschlechterung der Organfunktion zu vermeiden.

Wenn Sie aufgrund beruflichen oder privaten Gründen eine Überproduktion an Darmgasen und einen manchmal unwillkürlichen Abgang von Winden vermeiden möchten, ist die Einnahme von Alpha-Glukosidase-Hemmer nicht zu empfehlen.

Mögliche Wechselwirkungen

Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten

Wenn Sie Alpha-Glukosidase-Hemmer und zusätzlich ein anderes blutzuckersenkendes Medikament einnehmen, steigt die Gefahr einer Unterzuckerung (sog. Hypoglykämie).
Der Insulinbedarf sinkt bei zusätzlicher Einnahme von Alpha-Glukosidase-Hemmern, da ein steiler Blutzuckeranstieg von vorn herein unterdrückt wird.

Wechselwirkungen mit Alkohol

Spezifische Wechselwirkungen zwischen Alkohol und Alpha-Glucosidase-Hemmern sind nicht bekannt. Dennoch ist für Patienten mit Diabetes Typ 2 bei Alkohol Vorsicht geboten!
Alkohol hemmt die Bereitstellung von Glucose in der Leber, wodurch der Blutzuckerspiegel sinkt. Dies kann noch Stunden nach dem Alkoholgenuss zu einer Unterzuckerung führen.

Dies muss nicht heißen, dass Diabetiker vollständig auf Alkohol verzichten müssen. Hin und wieder kann man moderate Mengen (bei Frauen bis 10g/Tag, bei Männern bis 20g/Tag; entspricth einem 0,33l Bier bzw. einem Glas Wein) in Verbindung mit kohlenhydratreichen Mahlzeiten konsumieren. Die wirkt sich kaum spürbar auf den Blutzucker aus. 

Die Kosten

Alpha-Glucosidase-Hemmer sind in Deutschland nur auf Rezept erhältlich. Sowohl Miglitol als auch Acarbose können in großen und kleinen Packungen gekauft werden.
Acarbose gibt es zur Zeit in 21er-Packungen und 105er-Packungen, Miglitol in 30er- und 120er-Packungen.

Die Preise ähneln sich, jedoch werden in den meisten Fällen die Kosten bis auf einen Selbstbehalt von 10% bzw. mindestens 5€ von der Krankenkasse übernommen.

Alternativen zu einem Alpha-Glucosidase-Hemmer

Neben den Alpha-Glucosidase-Hemmern gibt es einige weitere Medikamente, um den Diabetes zu bekämpfen und den Blutzucker zu senken.
Das einfachste Möglichkeit ist das Insulin, welches unter die Haut gespritzt wird und als Hormon unmittelbar den Blutzucker senkt. Insulin erleichtert die Aufnahme von Zucker in die Leberzellen und hemmt zudem die Bereitstellung von neuem Zucker in der Leber. 

Die Sulfonylharnstoffe, zum denen beispielsweise Metformin zählt, stimulieren die insulinproduzierenden B-Zellen in der Bauchspeicheldrüse und sorgen auf diesem Wege ebenfalls für eine Blutzuckersenkung.
Mithilfe von sogenannten SGLT2-Hemmern kann außerdem die Rückresorption von Zucker in der Niere gehemmt und somit die Ausscheidung über den Urin erhöht werden.

Mehr Informationen zum Thema Insulin können Sie hier nachlesen.

 

Einnahme in Schwangerschaft und Stillzeit

Schwangeren Frauen und Müttern in der Stillzeit wird von der Einnahme von Alpha-Glucosidase-Hemmern abgeraten.
Auch Kinder und Jugendliche unter 18 Jahre sollten darauf verzichten. Es sind leider zu wenige bzw. kaum Erfahrungen vorhanden, inwiefern sich Alpha-Glucosidase-Hemmer auf die Entwicklung des menschlichen Körpers auswirken.

Darüber hinaus sollte auch bei entzündlichen Darmerkrankungen, schwerer Niereninsuffizienz und bestehenden Hernien vom Einsatz von Alpha-Glucosidase-Hemmern abgesehen werden (s.o. Kontraindikationen). 

Hinweis: Unterzuckerung

Wenn Sie einmal eine Unterzuckerung bei Einnahme von Alpha-Glukosidase-Hemmern und einem anderen blutzuckersenkenden Medikament wahrnehmen sollten, können Sie dies nicht einfach mit Würfelzucker abfangen. In diesem Fall müssen Sie reinen Traubenzucker einnehmen, um den Blutzuckerwert wieder zu normalisieren.
Die Einnahme von Aktivkohle oder Medikamenten gegen erhöhte Blutfette (Colestyramin) können die Wirkung von Alpha-Glukosidase-Hemmern abschwächen.

Unterzuckerung - was tun? Lesen Sie hier mehr dazu

Weitere Informationen zum Thema

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 18.05.2008 - Letzte Änderung: 18.09.2024