Schilddrüsenüberfunktion in der Schwangerschaft

Schilddrüsenüberfunktion in der Schwangerschaft

Definition

Bei einer Schilddrüsenüberfunktion handelt es sich um eine vermehrte Aktivität der Schilddrüse, die damit die Hormone Triiodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) verstärkt produziert.

Dabei kommt es zur Größen- und Volumenzunahme der Schilddrüse. Die gebildeten Hormone sind wesentlich für den menschlichen Organismus und bewirken bei zu hohen Wirkspiegeln einen beschleunigten Stoffwechsel mit vielen daraus resultierenden Symptomen.

Eine Schilddrüsenüberfunktion in der Schwangerschaft kann bereits vorher bestanden haben durch einen Morbus Basedow beispielsweise oder eine Schilddrüsenautonomie. Ist die Überfunktion aber neu aufgetreten, spricht man von einer schwangerschaftsassoziierten Hyperthyreose.  

Ursachen einer Schilddrüsenüberfunktion in der Schwangerschaft

Eine Schilddrüsenüberfunktion in der Schwangerschaft kann unterschiedliche Ursachen haben.

Oft besteht die Hyperthyreose bereits vor der Schwangerschaft, meistens aufgrund eines Morbus Basedow.

Auch eine Schilddüsenautonomie oder eine entzündete Schilddrüse können mögliche Ursachen sein.

Jedoch kann die Schilddrüsenüberfunktion auch in der Schwangerschaft neu auftreten. Dies ist im ersten Trimenon, also dem ersten Schwangerschaftsdrittel, am wahrscheinlichsten. Die schwangerschaftsassoziierte Hyperthyreose kann durch einen stark erhöhten hCG-Spiegel im Blut bedingt sein.

Dieses Hormon, welches im Mutterkuchen gebildet wird, ist in jeder Schwangerschaft, vor allem im ersten Drittel und besonders bei Mehrlingsschwangerschaften, erhöht. Er kann aber auch bei extrem hohen Werten Ausdruck einer zugrundeliegenden Trophoblastenerkrankung sein.

HCG wirkt stimulierend auf die Schilddrüse und bewirkt so eine Größen- und Funktionszunahme, was zur Überfunktion führt. Die schwangerschaftsassoziierte Hyperthyreose wird nur selten symptomatisch. Meist sind die Werte zwar erhöht, haben aber keinen Krankheitswert (subklinische Hyperthyreose) und bedürfen lediglich regelmäßiger Verlaufskontrollen.

In den meisten Fällen ist die Schilddrüsenüberfunktion durch wieder sinkende HCG-Spiegel ab der zweiten Schwangerschaftshälfte selbstlimitierend und bedarf keiner Medikamente.

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Diagnose

Bei Verdacht auf eine in der Schwangerschaft neu aufgetretene Schilddrüsenüberfunktion beziehungsweise zur Verlaufskontrolle bei bereits bekannter Hyperthyreose erfolgt zunächst eine ausführliche Anamnese. Hierbei liegt das Augenmerk auf schilddrüsenspezifische Symptome.

Anschließend erfolgt eine Tastuntersuchung der Schilddrüse.

Es wird außerdem Blut abgenommen, um die Schilddrüsenwerte (TSH, fT3, fT4) und mögliche Antikörper zu prüfen.

Es kann auch der hCG-Wert abgenommen werden, welcher bei der schwangerschaftsassoziierten Schilddrüsenüberfunktion eine Rolle spielen kann. Zusätzlich wird ein Ultraschall des Halses durchgeführt, bei dem die Größe und das Volumen der Schilddrüse beurteilt werden.

Begleitende Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion in der Schwangerschaft

Die Symptome einer fortbestehenden unterbehandelten Schilddrüsenüberfunktion sind dieselben wie vor der Schwangerschaft. Bei der schwangerschaftsassoziierten Hyperthyreose fallen die Beschwerden häufig milder aus, da es sich um eine meist selbstlimitierende Form der Überfunktion handelt.

Im Falle einer subklinischen Überfunktion kann die Hyperthyreose auch völlig symptomfrei sein. Zu den möglichen Symptomen zählen durch einen beschleunigten Stoffwechsel erhöhter Blutdruck und Puls, Gewichtsverlust trotz gutem Appetit und häufiger Durchfall.

Wärmeunverträglichkeit und Schweißausbrüche sind ebenfalls häufige und charakteristische Symptome. Auch können Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen, Nervosität und vermehrte Reizbarkeit im Rahmen einer Schilddrüsenüberfunktion auftreten. Es kann zu vermehrtem Haarausfall und brüchigen Nägeln kommen.

Es gibt zahlreiche weitere, seltenere Symptome die Ausdruck einer Hyperthyreose sein können. Nicht alle genannten Beschwerden müssen bei jeder Patientin auftreten, bereits wenige davon lassen beim Arzt den Verdacht einer Schilddrüsenerkrankung aufkommen.

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Übelkeit bei Schilddrüsenüberfunktion der Schwangerschaft

Eine Schilddrüsenüberfunktion in der Schwangerschaft ist häufig mit Übelkeit und Erbrechen verbunden, vor allem wenn es sich hierbei um die schwangerschaftsassoziierte und nicht bereits vorbestehende Formen der Hyperthyreose handelt.

Es kann sich dann um den Symptomkomplex der ‚Hyperemesis gravidarum bei transienter Hyperthyreose‘ (THHG) handeln, also einem starken schwangerschaftsbedingten Erbrechen bei vorübergehender Schilddrüsenüberfunktion.

Des Weiteren wirkt der erhöhte Spiegel des im Mutterkuchen gebildeten Hormons hCG stimulierend auf die Schilddrüsenfunktion und das Erbrechen.

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Therapie der Schilddrüsenüberfunktion in der Schwangerschaft

Während der Schwangerschaft ist der Bedarf an Schilddrüsenhormonen und demnach auch der Hormonspiegel bei vielen Schwangeren erhöht.

Handelt es sich jedoch um eine Schilddrüsenüberfunktion durch eine Schilddrüsenautonomie oder einen Morbus Basedow, muss eine medikamentöse Therapie erfolgen, da sonst gesundheitliche Folgen für Mutter und Kind drohen.

Diese Risiken können bei einer regelrechten Therapie stark reduziert werden. Hierbei ist es wichtig, die richtige Dosierung anzuwenden und die Medikamente nach dem vom Arzt empfohlenem Einnahmeschema einzunehmen, da sonst die umgekehrte Stoffwechsellage, die Schilddrüsenunterfunktion beim Fetus beziehungsweise beim Neugeborenen folgen kann.

Bei einer schwangerschaftsassoziierten Hyperthyreose müssen meist keine Medikamente eingesetzt werden. Diese sogenannte Gestationshyperthyreose verschwindet meistens während des zweiten Schwangerschaftsdrittels von alleine. Lediglich regelmäßige Kontrollen der Schilddrüsenwerte sollten erfolgen.

Welche Themen dürfen eingesetzt werden?

Während dem ersten Schwangerschaftsdrittel ist der Wirkstoff Propylthiouracil (PTU) das Mittel der Wahl.

Es wird nur zeitlich begrenzt eingesetzt, da das Risiko eines PTU-induzierten Leberversagens bei längerer Anwendung erhöht ist.

Erst im zweiten und dritten Trimenon können die bei gewöhnlicher Hyperthyreose standardmäßig verwendeten Wirkstoffe Carbimazol oder Thiamazol eingesetzt werden, da diese in der frühen Schwangerschaft ein erhöhtes Missbildungsrisiko mit sich bringen.

Bei den eingesetzten Medikamenten wird in der Regel ein Schilddrüsenhormonspiegel im oberen Referenzbereich angestrebt.

Bei der hCG-abhängigen Form der Überfunktion können beta-Blocker zum Einsatz kommen.

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Was sind die Folgen der Schilddrüsenüberfunktion in der Schwangerschaft?

Die Folgen einer nicht behandelten Hyperthyreose beginnen bereits vor der Schwangerschaft.

Oft ist die Empfängnisbereitschaft erniedrigt und Frauen, die unter einer Schilddrüsenüberfunktion leiden, versuchen lange vergeblich schwanger zu werden.

Daher sollten Frauen, welche eine Schwangerschaft planen, eine angemessene Therapie durchlaufen.

Dies ist umso wichtiger, da falls dann eine Schwangerschaft eintritt, diese wie bei den meisten Frauen über einen Zeitraum von zwei bis drei Monaten oder sogar länger unbemerkt bleiben kann.

Eine optimale Versorgung mit Schilddrüsenhormonen ist jedoch gerade in den ersten Schwangerschaftswochen wichtig, um eine regelrechte Entwicklung des Kindes zu unterstützen und gesundheitliche Risiken für Mutter und Kind kleinzuhalten.                

Eine weitere mögliche Folge nicht behandelter Hyperthyreose kann auch nach der Schwangerschaft auftreten und steht mit dieser im unmittelbaren Zusammenhang. Es kann zur sogenannten Postpartum Thyreoiditis der Mutter, also einer Schilddrüsenentzündung während des Wochenbetts, kommen die sich etwa 4-24 Wochen nach der Entbindung entwickelt.

Diese Erkrankung läuft meist in zwei Phasen ab. Nach der anfänglichen Verschlimmerung der hyperthyreotischen Stoffwechsellage kommt es zum Abfall der Schilddrüsenhormone mit einer dann folgenden (zum Teil dauerhaften) Schilddrüsenunterfunktion. Jedoch können im Zuge der Entzündung auch nur eine Hyper- oder Hypothyreose auftreten.

Die Rolle von Iod

Der Bedarf an Jod ist in jeder Schwangerschaft auch bei einer Schilddrüsenüberfunktion erhöht.

Dadurch kann die Schilddrüsenhormonversorgung des Feten gewährleistet werden.

Allgemein lautete die Empfehlung, dass insgesamt 250 Mikrogramm Jod pro Tag aufgenommen werden sollten. Da diese Dosis über die Ernährung alleine in den meisten Fällen nicht aufgenommen wird, sollten Schwangere täglich Jod-Präparate mit einer Dosierung von 150 Mikrogramm  einnehmen.

Es gibt Kombinationspräparate mit der für die Schwangerschaft ebenfalls essentiellen Folsäure.

Ist die Jodversorgung während der Schwangerschaft mangelhaft, kann es zur Kropfausbildung (Struma) und einem erhöhten Risiko für Fehl- und Totgeburten kommen. Eine ausreichende Jodzufuhr ist darüber hinaus auch in der Stillzeit wichtig, wo ebenfalls jodhaltige Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden sollten.

Andernfalls kann es durch jodarme Milch zu Entwicklungsbeeinträchtigungen des Neugeborenen kommen.

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Welches Risiko besteht bei einer Schilddrüsenüberfunktion bei Schwangerschaft?

Eine symptomatische Hyperthyreose in der Schwangerschaft ist mit zahlreichen Risiken behaftet.

Das Risiko der Mutter steigt an einer Präeklampsie, einer Erkrankung mit erhöhtem Blutdruck, Wassereinlagerungen und Eiweiß im Urin, zu erkranken.

Dies kann zu Frühgeburtlichkeit oder Totgeburt führen. Auch kann die Schwangere eine Herzinsuffizienz entwickeln, bei der das Herz nicht mehr ausreichend im Stande ist, seiner Pumpfunktion nachzukommen.

In sehr seltenen Fällen kann es zu einer sogenannten thyreotoxischen Krise kommen. Dabei handelt es sich um eine akute und lebensbedrohliche Stoffwechselentgleisung der Mutter mit Auswirkungen auf das Kind.

Auch ist das Risiko für komplizierte Schwangerschaftsverläufe erhöht. Es kann zur Plazentaablösung, also der vorzeitigen Ablösung des Mutterkuchens kommen mit Lebensgefahr für das Kind. Allgemein betrachtet steigen die Fehlbildungs- und Fehlgeburtsraten. Bei einer nichtsymptomatischen, also subklinischen Überfunktion sind die genannten Risiken nicht erhöht.

Die Auftretenswahrscheinlichkeit genannter Komplikationen ähnelt dann der von schilddrüsen-gesunden Schwangeren.

Wie gefährlich ist die Schilddrüsenüberfunktion in der Schwangerschaft für das Baby?

Besonders in den ersten Schwangerschaftswochen ist eine ausgeglichene Schilddrüsenfunktion der Mutter wichtig für die regelrechte Entwicklung des Kindes.

Ist eine symptomatische Schilddrüsenüberfunktion nicht richtig therapiert, können Frühgeburtlichkeit, Aborte oder Todgeburt drohen.

Auch ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind mit einem verminderten Geburtsgewicht von weniger als 2500 Gramm zur Welt kommt erhöht.

Zudem weisen Neugeborene von Müttern mit Schilddrüsenüberfunktion öfter schlechtere Apgar-Scores bei der ersten Untersuchung direkt nach der Geburt vor.

Das Risiko einer Präeklampsie der Mutter steigt und kann bei Manifestation dieser Erkrankung zu Frühgeburtlichkeit oder aber zu lebensgefährlichen Komplikationen für Mutter und Kind führen. Des Weiteren besteht ein erhöhtes Risiko für kindliche Schilddrüsenfunktionsstörungen.

Es kann ebenfalls zur Schilddrüsenüberfunktion kommen. Dieses Risiko ist umso größer, je höher die Schilddrüsenwerte der Mutter ausfallen oder falls wie beim Morbus Basedow Antikörper ursächlich sind. Auf der anderen Seite kann bei einer Schilddrüsenüberfunktion, welche mit Medikamenten übertherapiert wird, der umgekehrte Fall eintreten und eine Schilddrüsenunterfunktion beim Neugeborenen hervorrufen.

Die genannten Gefahren für das ungeborene Kind gelten nicht bei Schwangeren mit nichtsymptomatischer Überfunktion. Hierbei herrscht das allgemeine Risiko für Komplikationen.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 29.07.2017 - Letzte Änderung: 22.10.2021