Plastische Chirurgie - Was ist das?

Die plastische Chirurgie ist ein Teilgebiet der Medizin und lässt sich in vier verschiedene Anwendungsbereiche unterteilen: die wiederherstellende Chirurgie, die Verbrennungschirurgie, die Handchirurgie und die ästhetische Chirurgie. Ihre Ursprünge liegen bereits 1000 v. Chr. und sind heutzutage nicht mehr wegzudenken.

Plastische Chirurgie - Was ist das?

Definition

Die plastische Chirurgie ist ein Teilgebiet der Chirurgie, das sich mit formverändernden oder wiederherstellenden Eingriffen am menschlichen Körper beschäftigt. Gründe hierfür können entweder ästhetischer Natur  (klassische „Schönheitschirurgie“ oder ästhetische Chirurgie) oder wiederherstellender Art sein (rekonstruktive Chirurgie, z.B. nach Unfällen oder ein Brustaufbau nach Brustkrebs).

Ein weiterer Hauptzweig der plastischen Chirurgie ist die Verbrennungschirurgie, wo Brandverletzten in spezialisierten Zentren geholfen wird. Ein letztes Spezialgebiet der plastischen Chirurgie ist die Handchirurgie, die das Zusammenwirken mit den Fachgebieten der Orthopädie und Unfallchirurgie erfordert und sich mit Verletzungen, Fehlbildungen und anderen Erkrankungen von Hand und Unterarm beschäftigt.

Auch die Schönheitschirurgie im engeren Sinne (die sog. ästhetische plastische Chirurgie) entwickelte sich im 20. Jh. durch immer feiner werdende Operationstechniken und die Anti-Aging-Chirurgie wurde populär. So wurden Anfang des 20. Jh. erste Gesichtsstraffungen, AugenlidstraffungenLippenaufspritzungen und Brust- und Bauchdeckenstraffungen durchgeführt. Heutzutage ist die plastische Chirurgie mit ihren Teilgebieten nicht mehr wegzudenken aus einem Krankenhaus der Maximalversorgung und es sind feste Standards und OP-Techniken etabliert.

Anwendungsbereiche

Die plastische Chirurgie unterteilt sich in vier große Säulen, die sich in ihren Anwendungsgebieten grundlegend unterscheiden.

Die erste Säule, die rekonstruktive plastische Chirurgie schafft eine Wiederherstellung der Körpergewebe nach Tumoroperationen, Unfällen oder bei angeborenen Fehlbildungen. Häufige Krankheitsbilder sind zum Beispiel die Entfernung von Tumoren (z.B. Hautkrebs oder Weichteiltumoren) mit der anschließenden Defektdeckung. Auch der Brustwiederaufbau nach einer Brustentfernung (Mastektomie) bei Brustkrebs gehört hier zu den häufigen Indikationen. Ähnliche Plastiken werden auch nach Unfällen angewendet. Auch häufige angeborene Fehlbildungen bei Kindern wie eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte (sog. „Hasenscharte“) oder eine Trichterbrust werden durch die rekonstruktive plastische Chirurgie behandelt.

Die zweite Säule der plastischen Chirurgie, die Verbrennungschirurgie, kann auch als Unterzweig der rekonstruktiven Chirurgie angesehen werden, da sie sich mit der Behandlung von Brandopfern beschäftigt. Zu den Hauptaufgaben gehört hier z.B. die Narbenkorrektur mittels Hauttransplantation oder speziellen Plastiken, sowie konservative Verfahren wie Lasertherapie oder Hautabschleifung. Durch neue Behandlungsoptionen wie der Züchtung patienteneigener Haut im Labor und mikrochirurgischer Techniken sind Amputationen der Extremitäten heute größtenteils vermeidbar geworden. 

Der dritte Zweig der plastischen Chirurgie, die Handchirurgie, beschäftigt sich mit den komplexen Funktionen der menschlichen Hand. Durch eine Vielzahl an Knochen, kleinsten Gelenken, Sehnen und Bändern ist die Hand eines unserer komplexesten, aber auch verwundbarsten Körperteile. Die Handchirurgie beschäftigt sich sowohl mit altersbedingten Veränderungen der Gewebe der Hand, als auch mit Unfallfolgen und angeborenen Fehlbildungen. Im Vordergrund steht immer, die Funktionalität der Hand als unserer wichtigstes Werkzeug zu erhalten, da sonst eine hochgradige Behinderung in Alltag und Berufsleben droht.

Die vierte Säule, die ästhetische plastische Chirurgie (Schönheitschirurgie) ist das Teilgebiet, das viele Menschen umgangssprachlich als plastische Chirurgie bezeichnen. Hierbei geht es nicht um wiederherstellende Techniken (z.B. Brustaufbau nach Brustkrebs) oder die Funktionalität (z.B. Lippen-Kiefer-Gaumenspalten oder Handchirurgie), sondern rein um das ästhetische, kosmetische Ergebnis der Operation. Ein eigener Facharzt für kosmetische Chirurgie existiert nicht, ebenso wenig ist die Definition der „Schönheitschirurgie“ ein geschützter Begriff. Patienten sollten also in  jedem Fall darauf achten, dass der behandelnde Arzt eine Facharztweiterbildung im Gebiet „Plastische und Ästhetische Chirurgie“ besitzt. Zu den häufigsten Behandlungen gehören zum einen die nichtoperative Faltenbehandlung durch Botox-Spritzen oder Hyaloronsäure-Injektionen. Aber auch operative Eingriffe am Gesicht wie eine Lidstraffung, Nasenkorrekturen oder das sogenannte Facelifting haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Brustoperationen (hauptsächlich Brustvergrößerungen oder Bruststraffungen, aber auch Brustverkleinerungen) sind ebenfalls ein wichtiges Teilgebiet der Schönheitschirurgie. Ebenso beliebt sind Straffungen an Bauchdecke oder Oberschenkeln oder Fettabsaugungen an Bauch, Flanken oder Oberschenkel. In den letzten Jahren sind zahlreiche neue Verfahren entwickelt worden, so erfreut sich auch die Schamlippenkorrektur aus ästhetischen Gründen oder die Handrückenverjüngung großer Beliebtheit. Im Prinzip sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt, da heutzutage so gut wie jedes Körperteil kosmetisch verändert werden kann.

Operationskosten

Die plastische Chirurgie im Sinne der wiederherstellenden, Verbrennungs- und Handchirurgie wird im Sinne der Wiederherstellung von Körperteilen und deren Funktionalität von den Krankenkassen übernommen. Es wird sich immer die Frage gestellt, ob die Funktionalität des jeweiligen Körperteils eingeschränkt ist (wenn z.B. Rückenschmerzen oder Verkrümmungen entstehen durch zu große Brüste, eine Nasenatmungsbehinderung durch eine verkrümmte Nasenscheidewand oder ein funktionelles Problem durch übergroße Schamlippen). In diesem Fall kann der Arzt einen Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse stellen. Geht es jedoch um rein kosmetische Probleme wie eine höckerige Nase ohne Behinderung der Atmung oder eine Lippenvergrößerung, so müssen die Kosten vom Patienten selbst getragen werden. Die Kosten variieren hierbei stark abhängig von der Komplexität des Eingriffes und der jeweiligen Klinik. So beginnt die Preisspanne bei einer nichtoperativen Faltenbehandlung bei wenigen hundert Euro und kann bei komplexen Eingriffen mit Narkose und mehreren Tagen stationärem Krankenhausaufenthalt in den  5-stelligen Bereich gehen.

Risiken von plastischen Eingriffen

Wie jede Operation bergen plastische Eingriffe gewisse Risiken, über die der behandelnde Arzt aufklären muss. Im Falle einer rein ästhetischen Operation muss die Aufklärung besonders gründlich erfolgen, da der Patient kein funktionelles Problem hat, der Eingriff aber teils ernste Risiken mit sich bringt.

Das Risiko ist abhängig von Art und Komplexität des Eingriffes, so ist offensichtlich eine Botoxbehandlung risikoärmer als eine komplexe Brustvergrößerung oder schwierige Eingriffe am Gesicht. Zu den Risiken einer jeden Operation gehört die Gefahr von Infektionen, die Risiken einer Narkose, das Durchtrennen von Blutgefäßen oder Nerven und somit Funktionseinbußen. Zudem besteht die Gefahr, dass das Ergebnis der Operation nicht den Wünschen und Vorstellungen des Patienten entspricht, sodass hier dem Patienten im Vorfeld ein ehrliches und realistisches Bild des Ergebnisses präsentiert werden sollte. Besonders bei rein kosmetischen Eingriffen sollte also der Kosten-Nutzen-Faktor sorgfältig abgewogen werden. Hierzu ist es unabdingbar, dass der Arzt ein ehrliches Aufklärungsgespräch führt, bei dem kritisch hinterfragt wird und der Patient nicht das Gefühl hat, sich etwas aufdrängen zu lassen.

Geschichte der plastischen Chirurgie

Die plastische Chirurgie, insbesondere die ästhetische Chirurgie hat besonders in den letzten Jahrzehnten einen starken Aufschwung erfahren und ist heutzutage kein Privileg von Superreichen und Filmstars mehr und somit gesellschaftstauglich geworden.

Die Ursprünge der plastischen Chirurgie finden sich jedoch entgegen einer häufig verbreiteten Annahme bereits mehr als 1000 v. Chr..Dokumente belegen regelmäßig durchgeführte Nasenoperationen um 1200 v.Chr. in Indien, wobei ein Gewebelappen aus der Stirn entnommen und daraus eine Nase geformt wurde. Im Hintergrund steht hierbei, dass nach altem indischem Recht Verbrechern als Zeichen der Brandmarkung die Nase amputiert wurde. Auch an alten ägyptischen Mumienfunden entdeckte man schönheitschirurgische Eingriffe wie etwa angenähte Ohren.

Durch den griechischen Arzt und Gelehrten Hippokrates (460-377 v.Chr.) wurden bereits Verfahren zur Korrektur deformierter Nasen beschrieben und im 1. Jh.n.Chr. erklärte der römische Gelehrte Celsus Methoden zur Operation von „Hasenscharten“ (Lippen-Kiefer-Gaumenspalten).

Im dunklen Mittelalter hingegen gerieten derlei Künste und Experimente vollkommen in Vergessenheit, so war es sogar verpönt und strafbar sich anmaßen zu wollen, die gottgewollte Gestalt des Menschen zu ändern.

Erst in der Renaissance (frz. für Wiedergeburt) blühten Wissenschaften wie die Medizin und operative Techniken wieder auf. Eines der bekanntesten Werke „De curtorum chirurgica“ (die Wiederherstellung der Nase) von Gaspare Tagliacozzi (1546-1599) beschreibt eine Weiterentwicklung der indischen Nasenplastik, bei der die Haut durch einen gestielten Fernlappen vom Oberarm stammt. Ein häufiges Anwendungsgebiet zu dieser Zeit ist die Wiederherstellung von Gewebsdefekten wie an Nasen oder Ohren durch die schon zu dieser Zeit weit verbreitete Geschlechtskrankheit Syphilis.

Einen weiteren Aufschwung erfuhr die plastische Chirurgie im 19. Jh. wo bahnbrechende Erkenntnisse in Anatomie und Naturwissenschaft neue Verfahren ermöglichten. Im deutschsprachigen Raum ist hierbei vor allem der Arzt Johann Friedrich Dieffenbach (1795-1847)  zu nennen, der sich mit Operationstechniken an Nase, Sehnen und mit Transplantationen beschäftigte. Nach dem 2. Weltkrieg, der natürlich eine Vielzahl an Verwundeten mit sich brachte, ermöglichte die Mikrochirurgie eine neue Ära der plastischen Chirurgie.Es war nun möglich, winzige Blutgefäße und Nerven zu zusammenzufügen und so Gewebe an neue Körperregionen anzunähen, indem man die Blutversorgung sicherte. So wurde beispielsweise die Wiederannaht von Armen, Beinen oder die freie Übertragung von Haut auf nicht verschließbaren Wunden ermöglicht.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 01.11.2017 - Letzte Änderung: 22.10.2021